Frauenhandel in der Schweiz Eva Andonie, 4. April 2017 Sozialtätigentreff Innerschwyz FIZ 2017
Mission Wir arbeiten für die Würde und die Rechte von Migrantinnen und kämpfen gegen Ausbeutung und Gewalt!
Über uns: Verein seit über 30 Jahren Politisch und konfessionell neutral Interkulturelles Team von 24 Mitarbeiterinnen Finanzierung:
FIZ: Arbeitsbereiche und Angebote Opferschutzprogramm Makasi für Betroffene von Frauenhandel (ca. 200 Fälle pro Jahr) Mit Schutzwohnung Beratung für Migrantinnen (ca. 400-500 Fälle pro Jahr) Sexarbeiterinnen, Cabaret-Tänzerinnen, illegalisierte Frauen, gewaltbetroffene Frauen Bildungsangebote Politische Arbeit
Menschenhandel ist: Vermittlung in ein Ausbeutungsverhältnis unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechts
Menschenhandel ist:
Menschenhandel hat drei Hauptmerkmale Aktion (Rekrutierung, Transport, Transfer, Beherbergung, Entgegennahme von Menschen), Mittel (Gewalt, Täuschung, Drohung, Ausnutzung von Hilflosigkeit, Zwang) Zweck (Sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung der Arbeitskraft, Entnahme von Organen).
Menschenhandel ist nicht; Sexarbeit Menschenschmuggel Menschenhandel
Ursachen von Frauenhandel Strukturelle Faktoren Wachsender Migrationsdruck für Frauen Ungleichstellung der Frau weltweit Nachfrage in Zielländern Repressive Einwanderungs-/Ausländergesetzgebung in Zielländern Lukrativ und relativ risikoarm für MenschenhändlerInnen Persönliche Faktoren
Anwerbung des Opfers Direkt durch Freunde, Verwandte Vorgetäuschte Liebe / Heirat (Vermittlung, Versprechen etc.) Angebot von Arbeitsstellen Durch Drohung, Gewalt und Entführung Durch Versprechen sehr guter Verdienstmöglichkeiten in der Prostitution
Mechanismen der Ausbeutung Migration (meist freiwillig) in Zwangslage Verschuldung, überhöhte Vermittlungssummen Gewalt psychische, physischer, sexueller Art Drohungen, auch gegen Familienangehörige Illegalität, Wegnahme der Dokumente Zwang zur Arbeitstätigkeit unter ausbeuterischen Bedingungen Ausnutzung Abhängigkeitsverhältnisse und sozio-kulturelle Disposition
Zahlen zu Menschenhandel Weltweit: Jährlich 21 Millionen Menschen Opfer von Zwangsarbeit, darunter auch Menschenhandel (gemäss ILO 2012) EU: 140 000 Opfer von Menschenhandel zwecks sexueller Ausbeutung in Europa (gemäss UNODC 2010) Schweiz: 1500 3000 Opfer pro Jahr laut Bundesamt für Polizei (BJ 2002) FIZ Opferschutzprogramm für Betroffene von Frauenhandel: ca. 200 Fälle pro Jahr
Fälle FIZ Makasi: 2004 bis 2016 250 225 229 233* 200 184 186 193 209 198 167 160 150 100 50 0 133 116 85 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 *2016: 233 Fälle, davon 102 neu. Ausbeutung überwiegend in der Prostitution, wenige im Haushalt oder anderen Branchen
Makasi Fälle Asyl 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 2013 2014 2015 2016
Makasi Fälle Asyl Vergleichbar wenig Fälle Zunahme in den letzten Jahren Sehr komplex Fälle, hoch traumatisierte Personen Keine weiteren Angaben /keine Aufnahme im Makasi Programm 1/3 Nigeria Fälle
Situation der Betroffenen Physisch Allgemein schlechter gesundheitlicher Zustand Erschöpfung Desorientierung schlecht verheilte Wunden Geschlechtskrankheiten, HIV Suchtprobleme Somatisierung Psychisch Misstrauen, Feindseligkeit Verlust des Zeitgefühls Erinnerungslücken Apathie Wut, Scham, Schuld Traumafolgestörung Sozial Kein soziales Umfeld Einsamkeit, Perspektivlosigkeit Keine/wenige Sprachkenntnisse Trennung von Familie Druck zum Geldverdienen
Regionales Opferschutzprogramm MAKASI Opferidentifizierung Krisenintervention & psychosoziale Begleitung Antrag auf Aufenthaltsbewilligung Organisation von Unterkunft (Schutzwohnung) Organisation von finanzieller Hilfe (OHG oder Sozialhilfe) Begleitung im Strafverfahren Netzwerk von RechtsanwältInnen, ÄrztInnen und TherapeutInnen Unterstützung bei Integration in der Schweiz oder bei der Rückkehr in die Heimat CASE MANAGEMENT: Vernetzung aller Beteiligten
Spezialisierte Beratung Makasi Wissen und Erfahrung über: die sozialen, ökonomischen und kulturellen Gegebenheiten im Herkunftsland sprachliche Kenntnisse (11 Sprachen) Anwerbungs-, Vermittlungs- und Ausbeutungsmechanismen straf-, ausländer-, und opferhilferechtlichen Bedingungen physischen, psychischen und sozialen Auswirkungen der Traumatisierung Verfahrensabläufe Zudem breite Vernetzung mit involvierten Akteuren, regional, schweizweit und international Gefahreneinschätzung und Risikoabwägung Unterstützung Rückkehr: Risiken, Gefahren und Unterstützungsmöglichkeiten
Opferidentifizierung ist ein Prozess Opfer öffnen sich nicht sofort, es braucht : Zeit und Vertrauen Druck muss weg! Respekt und Verständnis für: Misstrauen, Abgrenzung, evtl. Beeinträchtigung geschulten, sensibilisierten Blick (hinter die Kulissen schauen) gleiche Sprache (Kommunikation in der Muttersprache) Zusammenarbeit der Involvierten (FIZ wird nach Razzia beigezogen, etc.) Auftrag -nicht Illegale zu suchen, sondern Ausbeutungsmerkmale
Gruppenarbeit / Diskussion Stellen Sie sich vor, Sie kommen im Rahmen Ihrer Arbeit mit Chidi in Kontakt. Sie stellen fest, etwas stimmt nicht Was könnte es in Ihrem Bereich sein? Haben Sie ein Beispiel für etwas, dass ein komisches Bauchgefühl auslöste? (Diskussion in der Gruppe) Was unternehmen Sie? (Diskussion/Besprechung im Plenum) Was braucht Chidi? (Diskussion/Besprechung im Plenum)
Verdacht auf Menschenhandel : Handeln unbeobachtete Situationen schaffen Betroffene erzählen lassen Abschweifungen zulassen Kein Polizeibefragungsstil sie nicht als Verdächtige behandeln Psychische und körperliche Verfassung beachten Vertrauen aufbauen Den Betroffenen den Kontakt mit der FIZ ermöglichen oder mit dem Einverständnis der Betroffenen Kontakt zur FIZ aufnehmen (044 436 90 00) Keine Bedrängung oder über den Kopf der Betroffenen hinweg agieren
Don ts Sei kein Held Rufe Hilfe Hilfe zur Hilfe: Kontakt mit spezialisierten Beratungsstellen (FIZ, CSP, Astrée, Mayday) Opferidentifizierung ist nicht mit dem Verdacht auf Menschenhandel Detailfragen = Retraumatsierungsgefahr
Massnahmen gegen Menschenhandel Erkennen der Opfer (geschulte Augen!) Kontakt mit spezialisierter Opferberatung Zusammenarbeit der involvierten Stellen Umfassender Opferschutz: Aufenthaltsrecht für Opfer Entkriminalisierung der Opfer Legale Migrationsmöglichkeiten Schutz und Sicherheit in allen Kantonen standardisiert und langfristig garantiert
Stolpersteine Kantonale Unterschiede generieren Rechtsunsicherheit und Rechtsungleichheit Zu wenige Opfer werden identifiziert Aufenthalt nicht gewährleistet Finazierung Opferschutz, Strafverfolgung und Prävention prekär
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit fiz-info.ch