Praxisdialog 2016 02. Dezember 2016 Update Selbsthilfe Das selbsthilfefreundliche Krankenhaus Antje Liesener, Dipl. Soz.Päd. (FH), MPH Netzwerkkoordinatorin
Ein Netzwerk für mehr Patientenorientierung 2009 Gründung des Netzwerks Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen von: GsP - Gesellschaft für soziale Projekte mbh (Paritätischer LV NRW) NAKOS - Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen IMSG - Institut für Medizinische Soziologie, Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf BKK Bundesverband und BKK-Landesverband NORDWEST Ziel: Kooperation von Gesundheitseinrichtungen und gemeinschaftlicher Selbsthilfe anregen, unterstützen und fördern > 150 Mitglieder bundesweit gefördert durch: Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 2
Selbsthilfe in Deutschland - Eckdaten ca. 3,5 Mio Engagierte in ca. 100.000 Selbsthilfegruppen: 2/3 gesundheitsbezogene Themen 56% Frauen, jeweils ca. die Hälfte +/- 60 Jahr > 75% direkt Betroffene ca. 20% Angehörige 4% engagierte Fachleute in über 300 Selbsthilfeorganisationen auf Bundesebene: ca. 3/4 gesundheitsbezogen über 300 Selbsthilfekontaktstellen und -büros Seit 2004 Patientenbeteiligung und Mitspracherechte im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 3
Welche Ziele verfolgen Selbsthilfegruppen? Quelle: SHILD-Studie, 2015 www.uke.de/extern/shild Mitglieder befähigen, mit Erkrankung/Problem umzugehen Wissen der Mitglieder über Erkrankung/Problem erhöhen Neue Mitglieder gewinnen Wissen bei anderen Betroffenen erhöhen Einstellungsänderung bei Angehörigen/Freunden Mitglieder für aktive Aufgaben gewinnen Interessen aller Betroffenen nach außen vertreten Kooperation mit Fachleuten herstellen/verbessern Wissen bei Fachleuten erhöhen SHG (in %, absteigend sortiert nach Prioritäten) Institutionen (z.b. Krankenhäuser, Ärzteschaft) verändern 0 20 40 60 80 100 Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 4
Erreichen Selbsthilfegruppen ihre Ziele? Quelle: SHILD-Studie, 2015 www.uke.de/extern/shild Mitglieder für aktive Aufgaben gewinnen Mitglieder befähigen, mit Erkrankung/Problem umzugehen Wissen der Mitglieder über Erkrankung/Problem erhöhen Kooperation mit Fachleuten herstellen/verbessern Wissen bei anderen Betroffenen erhöhen Neue Mitglieder gewinnen SHG Interessen aller Betroffenen nach außen vertreten Institutionen (z.b. Krankenhäuser, Ärzteschaft) verändern Wissen bei Fachleuten erhöhen ( gelingt sehr gut / gut in %) Einstellungsänderung bei Angehörigen/Freunden 0 20 40 60 80 100 Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 5 5
DIE SICHT VON ÄRZTEN UND PSYCHOTHERAPEUTEN Was sind Ihre Gründe für eine Zusammenarbeit mit Selbsthilfe? (Mehrfachantworten) n = 270 Stärken Patientenkompetenz im Umgang mit Krankheit Sind sinnvolle Ergänzung zur professionellen Therapie Aktivieren zu eigenverantwortl. Umgang mit Krankheit Fangen psychosoziale Begleitprobleme auf 82,6% 82,6% 75,9% 68,5% Vermitteln von Fachwissen an Betroffene 57,4% Können Betroffene u. Angehörige zeitaufwendiger beraten Ich lerne von Ihnen Entlasten Praxisalltag 37,4% 37,0% 42,2% Ich lerne Kooperationspartner kennen 24,1% Kann über Selbsthilfe Schwerpunkt i. d. Praxis ausbauen Ich gewinne Patienten durch sie Die professionellen Möglichkeiten sind erschöpft Ich werde wettbewerbsfähiger 9,3% 7,8% 5,9% 3,3% Quelle: Umfrage zur Kooperation ärztlicher und psychotherapeutischer Qualitätszirkel mit Selbsthilfegruppen in Hessen, 2002
SELBSTHILFE MACHT STARK "Krankheit ist nie nur ein Problem des rein somatischen Bereichs, sondern umfasst sämtliche Dimensionen des Menschseins. Trotz optimaler Versorgung durch "Professionelle" bleiben diese Hilfestellungen zumindest in einem Punkt defizitär, da sie von Nichtbetroffenen an Betroffene gegeben werden. Dieser Unterschied kann durch Ärzte und Pflegende nie ganz aufgehoben werden. Einen Brückenschlag können Selbsthilfegruppen bieten: Betroffene helfen Betroffenen. Die eigene Krankheit kann besser verstanden werden und die vielen Fragen, Sorgen, Probleme, Lebensängste können durch Menschen, die ähnliches durchgemacht haben, kompetenter und authentischer aufgearbeitet werden. Auch dadurch geschieht Heilung. Von daher stellen Selbsthilfeaktive einen integralen Bestandteile in einem mehrdimensionalen Heilungsprozess dar. Qualitätsbericht Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Oktober 2016
Unsere Vision: Selbsthilfefreundlichkeit Selbsthilfefreundliche Kooperationen, die sich auf die gesamte Gesundheitseinrichtung beziehen alle indikationsrelevanten Selbsthilfegruppen berücksichtigen auf Augenhöhe stattfindet sich am Bedarf aller Kooperationspartner orientiert Das Konzept Selbsthilfefreundlichkeit als Qualitätsmerkmal als Leitfaden: 1 Selbsthilfefreundliche Strukturen 2 Arbeitsprinzip: Kooperationsdreieck auf Augenhöhe 3 Qualitätskriterien 4 Methode: systematische Qualitätszirkelarbeit 5 Auszeichnung für besonderes Engagement Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 9
1 Selbsthilfefreundliche Strukturen Gesundheitseinrichtungen schaffen Strukturen für eine verbindliche Zusammenarbeit: Beschluss auf Leitungsebene Steuerkreis einrichten Selbsthilfebeauftragter benennen Implementierung in internes QM Qualitätszirkel einrichten Bestandsaufnahme bisheriger Kooperationen Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 10
2 Arbeitsprinzip Alle Beteiligten an einen Tisch, denn jede Perspektive zählt! Mit dem Ziel einer partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe wird ein Kooperationsdreieck gebildet aus: Gesundheitseinrichtung Selbsthilfe- Kontaktstelle Selbsthilfegruppen Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 11
Unverzichtbar: Selbsthilfekontaktstelle Informationen rund um Selbsthilfe Übersicht der Selbsthilfegruppen vor Ort Vermittlung von Interessierten und Angehörigen in bestehende Selbsthilfegruppen oder entsprechende Beratungsstellen Beratung und Information von Selbsthilfegruppen Zur organisatorischen und inhaltlichen Arbeit, Gruppengründung Vernetzung der Selbsthilfegruppen untereinander Unterstützung und Stärkung der Selbsthilfegruppen in der Kooperation Einladung und Ermutigung zur Mitwirkung in Kooperationen und Ressourcenklärung Mittlerin zwischen Selbsthilfegruppen und Gesundheitseinrichtung Herstellen von Augenhöhe Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 12
3 Qualitätskriterien 1. Selbstdarstellung wird ermöglicht* Bereitstellung von Räumen, Infrastruktur, Präsentationsmöglichkeiten für die Selbsthilfe 2. Auf Teilnahmemöglichkeit wird hingewiesen* Regelhafte Information der Patienten über Selbsthilfe 3. Die Öffentlichkeitsarbeit wird unterstützt 4. Ein Ansprechpartner ist benannt* 5. Der Informations- und Erfahrungsaustausch ist gesichert 6. Zum Thema Selbsthilfe wird qualifiziert* 7. Partizipation der Selbsthilfe wird ermöglicht z.b. durch Mitwirkung an Qualitätszirkeln, Ethikkommissionen o.ä. 8. Kooperation ist verlässlich gestaltet, formal beschlossen und dokumentiert.* Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 13
4 Qualitätszirkel Systematische, gemeinsame Erarbeitung von Zielen und Maßnahmen für mehr Selbsthilfefreundlichkeit, die niedrigschwellig machbar erfolgversprechend erkennbar und gut überprüfbar sind Überprüfung von Maßnahmen Selbstbewertung Ist- Analyse Formulierung von Zielen Alle Ziele und Maßnahmen werden dokumentiert und regelmäßig überprüft: Tun wir das Richtige? Tun wir das Richtige richtig? Erarbeitung von Maßnahmen Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 14
5 Auszeichnung Selbsthilfefreundlichkeit 21 selbsthilfefreundliche Krankenhäuser 6 selbsthilfefreundliche Rehabilitationskliniken für Einrichtungen, die ihr ärztliches und pflegerisches Handeln durch das Erfahrungswissen der Selbsthilfe erweitert haben und nachhaltig den Kontakt zwischen Patienten und der Selbsthilfe fördern. Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 15
1 Selbstdarstellung wird ermöglicht Die Gesundheitseinrichtung informiert Patienten und Angehörige an zentralen Stellen in ihren Räumen und Medien über Selbsthilfe und die Zusammenarbeit Plakat und Flyerhalter im Eingangsbereich St. Johannisstift Paderborn Infofilm Augusta Kranken Anstalten Bochum Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 16
2 Auf Teilnahmemöglichkeit wird hingewiesen Patienten bzw. Angehörige werden regelhaft und persönlich auf die Möglichkeit zur Teilnahme an einer für sie geeigneten Selbsthilfegruppe hingewiesen. Vorabinformation in den Patientenunterlagen Hinweis in Patientenveranstaltungen auf Angebote der Selbsthilfe im Haus Hinweis im persönlichen Therapieplan Hinweis auf Selbsthilfegruppen in den Entlassungsunterlagen Dokumentation des Hinweises auf die Selbsthilfe auf einer Patientenkurve, Ev. Lukas-Krankenhaus Gronau Die Zuständigkeit für den persönlichen Hinweis auf eine Selbsthilfegruppe ist geregelt Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 17
5 Zum Thema Selbsthilfe wird qualifiziert Mitarbeiter der Gesundheitseinrichtung sind zum Thema Selbsthilfe allgemein und hinsichtlich der häufigsten Erkrankungen, die in der Einrichtung vorkommen, qualifiziert. Regelmäßige Thematisierung von Selbsthilfe durch die Selbsthilfebeauftragten im Zuge von Besprechungen Informationen im Intranet Vorstellung von Selbsthilfegruppen in Teambesprechungen / ärztliche Fortbildung Teilnahme von Fachkräften an Selbsthilfegruppen Interne Fortbildung, Klinikum Bielefeld relevante Fort- und Weiterbildungen werden gemeinsam mit der Selbsthilfe geplant und durchgeführt. Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 19
Vielen Dank! Kontakt: Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen Antje Liesener Tel: 030-890 96 254 info@selbsthilfefreundlichkeit.de www.selbsthilfefreundlichkeit.de Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit 21