Ausgewählte Fragen zum Finanzmarktrecht HS 2016 TBTF-en ausserhalb der Bankenbranche Carole Beck, MLaw, Rechtsanwältin Institut für Wirtschaftsrecht Universität Bern Tel.: 031 631 55 87 carole.beck@iwr.unibe.ch
Übersicht I. Finanzmarktinfrastrukturrechtliche en II. III. TBTF-sbedarf für Versicherungen? TBTF-sbedarf ausserhalb der Finanzbranche? 31. Oktober 2016 2
Funktionierende Finanzmarktinfrastrukturen sind unerlässlich für effiziente Finanzmärkte Börsen, multilaterale Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Zahlungssysteme, Transaktionsregister Ausfall birgt Gefahr für Stabilität des Finanzsystems Internationale Ebene: Principles for financial market infrastructures (PFMI) vom April 2012 24 Prinzipien für zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme und 5 Verantwortlichkeiten für ihre Beaufsichtigung und Überwachung 31. Oktober 2016 3
Besondere Anforderungen an systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen Absicherung der von ihnen ausgehenden Risiken Mögliche systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen: Zentrale Gegenparteien (Art. 48 FinfraG) Zentralverwahrer (Art. 61 FinfraG) Zahlungssysteme (Art. 81 FinfraG) Aufsicht heute (Art. 83 Abs. 1 FinfraG i.v.m. Art. 19 NBG): Institutsaufsicht durch die FINMA Komplementäre Systemüberwachung durch SNB; u.u. auch Infrastrukturen mit Sitz im Ausland erfasst 31. Oktober 2016 4
Qualifizierung von Finanzmarktinfrastrukturen als systemisch bedeutsam (Art. 22 Abs. 1 FinfraG): Nichtverfügbarkeit führt zu schwerwiegenden Verlusten, Liquiditätsengpässen oder operationellen Problemen bei Finanzintermediären oder Finanzmarktinfrastrukturen/ schwerwiegende Störung des Finanzmarktes Zahlungs- oder Lieferschwierigkeiten einzelner Teilnehmer können über sie auf andere Teilnehmer oder Finanzmarktinfrastrukturen übertragen werden und bei diesen zu Verlusten, Liquiditätsengpässen oder operationelle Problemen führen/ schwerwiegende Störung des Finanzmarktes Nur einzelne Geschäftsprozesse einer Finanzinfrastruktur systemisch bedeutsam (Art. 22 Abs. 2 FinfraG) 31. Oktober 2016 5
SNB stellt mittels Verfügung systemische Bedeutsamkeit fest Kriterien u.a. (Art. 20 NBV): Art der Geschäfte (Devisen-, Geldmarkt-, Kapitalmarkt,..) Transaktionsvolumina und beträge Teilnehmer der Finanzmarktinfrastruktur Verbundene Kredit- und Liquiditätsrisiken Verbindung mit anderen Finanzmarktinfrastrukturen Etc. Zurverfügungstellung aller Auskünfte und Unterlagen auf Verlangen der SNB zur Beurteilung der systemischen Bedeutsamkeit (Art. 20 Abs. 1 NBG) 31. Oktober 2016 6
Besondere Anforderungen für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen gem. Art. 23 Abs. 2 FinfraG i.v.m. Art. 21a ff. NBV, betreffend: die vertraglichen Grundlagen die verwendeten Zahlungsmittel das Risikomanagement die Geschäftskontinuität informationstechnische Systeme Auskunfts-, Herausgabe- und Meldepflicht gegenüber der SNB; gilt auch für ihre Prüfgesellschaften (Art. 20 Abs. 2 NBG i.v.m. Art. 35 NBV) 31. Oktober 2016 7
Erstellung eines Stabilisierungsplans durch die systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur (Art. 24 Abs. 1 FinfraG i.v.m. Art 20 f. FinfraV) Ziel ist die ununterbrochene Fortführung der systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse Massnahmen zur Verbesserung der Sanier- und Liquidierbarkeit (Art. 21 FinfraV) Strukturelle Verbesserung und Entflechtung Finanzielle Entflechtung zur Begrenzung der Ansteckungsrisiken Operative Entflechtung zur Sicherung von Daten und zur Weiterführung wichtiger betrieblicher Dienstleistungen 31. Oktober 2016 8
FINMA erstellt ihrerseits einen Abwicklungsplan (Art. 24 Abs. 2-4 FinfraG i.v.m. Art 20 f. FinfraV) Dient der Vorbereitung einer Sanierung oder Liquidation durch die FINMA Keine Unterscheidung zwischen Abwicklungs- und Notfallplan Vorgesehene Massnahmen sind vorbereitend umzusetzen, soweit dies für die ununterbrochene Weiterführung der systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse notwendig ist 31. Oktober 2016 9
Von der SNB wurden bisher folgende Finanzmarktinfrastrukturen als systemisch bedeutsam qualifiziert: > Mit Sitz in der Schweiz: Das Zahlungssystem Swiss Interbank Clearing (SIC) Die zentrale Verwahrungsstelle SIX SIS und das Effektenabwicklungssystem SECOM Die zentrale Gegenpartei SIX x-clear > Mit Sitz im Ausland: Das Devisenabwicklungssystem CLS (Sitz: USA) Zentrale Gegenpartei London Clearing House (Sitz: England) Eurex Clearing AG (Sitz: Deutschland) 31. Oktober 2016 10
II. TBTF-sbedarf für Versicherungen? TBTF- für Schweizer Versicherungen? Bereits 2010 Überprüfung durch Expertenkommission Traditionelles Versicherungsgeschäft schafft grundsätzlich keine Systemrisiken Systemrisiken primär im nichttraditionellen und versicherungsfremden und kapitalmarktbezogenen Geschäft der Versicherer 2014 erneute Überprüfung durch eine Expertengruppe Fazit: Weiterhin keine systemrelevanten Versicherer in der Schweiz 31. Oktober 2016 11
II. TBTF-sbedarf für Versicherungen? Auf internationaler Ebene: Association of Insurance Supervisors (IAIS): Grundsätze zur Identifikation von Systemrisiken in Versicherungsunternehmen und entsprechendes Massnahmenpaket FSB: Liste mit neun global systemically important insurances («G-SIIS»): Aegin, AIG, Allianz, Aviva, Axa, Metlife, Prudential Financial (USA), Prudential PLC (UK), Ping AN 31. Oktober 2016 12
III. TBTF-sbedarf ausserhalb der Finanzbranche? Systemrelevante Unternehmen existieren auch ausserhalb der Finanzbranche: Qualifikation von weiteren Infrastrukturunternehmen als TBTF? Bahn, Post, Telekommunikation, Energiekonzerne? Gegenwärtige finanzielle Krisen von Axpo und Alpiq 31. Oktober 2016 13
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Carole Beck, MLaw, Rechtsanwältin Universität Bern Institut für Wirtschaftsrecht Schanzeneckstrasse 1 CH-3001 Bern Tel.: 031 631 55 87 carole.beck@iwr.unibe.ch 31. Oktober 2016 14