Risikomanagement: Realität und Herausforderungen in der Bauindustrie - Unterstützung des Projekt- und Risikomanagements



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BEURTEILUNGS GESPRÄCHEN

Transkript:

Risikomanagement: Realität und Herausforderungen in der Bauindustrie - Unterstützung des Projekt- und Risikomanagements 1. EINLEITUNG Obwohl Basel II und KonTraG nach einem ausreichenden Risikomanagement streben, definieren sie nicht die Mindestvoraussetzungen und Regeln für eine wirksame Risikobearbeitung, sondern überlassen Umfang und Qualität des Risikomanagements den Unternehmern. Aus Gründen, wie z. B. finanzielle Engpässe oder ungenügendes Risikobewusstsein, können daher unerkannte Risiken entstehen. Die Risiken können die Zielsetzungen der obengenannten Gesetze gefährden und im schlimmsten Fall eine total verzerrte Realität beschreiben und somit die Hauptziele der Unternehmer (Wirtschaftlichkeit, Vision, u. ä.) gefährden. Als Beispiel können wir die Insolvenz der Philipp Holzmann AG betrachten. Die Philipp Holzmann AG hatte 63 % ihrer Verluste aufgrund Angebotsrisiken erlitten, die meisten hiervon speziell in der Kalkulation und den vertraglichen Risiken [1, 8]. Aus diesem Grund ist eine effiziente Kommunikation von Information unter festgelegten Mindestanforderungen an die einzusetzenden Risikomanagementverfahren sowie eine Festlegung der Hauptmerkmale unabdingbar für jedes Unternehmen. 2 RISIKOMANAGEMENT Ungewissheit und Risiko sind Bestandteile des Risikomanagements. Risiken lassen sich durch ihre Quantifizierbarkeit von Ungewissheiten unterscheiden: Ein Risiko ist messbar, quantifizierbar und definiert, während eine Ungewissheit eine unberechenbare Natur hat und sich nicht messen bzw. quantifizieren lässt [2]. Risiken sind möglicherweise auftretende Faktoren, aus denen, wenn sie eintreten, Zielabweichungen mit positiven oder negativen Ergebnissen folgen können. Eine positive Abweichung ist als Chance anzusehen, während eine negative Abweichung als Gefahr gekennzeichnet ist (Abb. 1). Risiken lassen sich abhängig von ihrer Entstehung in zwei Arten klassifizieren: die globalen Risiken und die Projektrisiken. Die ersten haben ihre Projektstart Entwicklung Planung Entwicklung Gewährleistung Nutzung Chance Gefahr Risiko Entstehung außerhalb des Projektes und sind vom Unternehmer nicht kontrollierbar. Die zweiten entstehen innerhalb des Projektes und sind bis zu einem gewissen Grad kontrollierbar. Risikomanagement lässt sich als: die strukturierte regulierte Annäherung (Analyse, Bewertung und Kontrolle) an Risiken [3] definieren. Mittels Risikomanagement werden die Risiken nach unternehmerischen Betrachtungen bewertet und analysiert. Anschließend werden die Bewertungen und Analyseergebnisse für eine Optimierung der Ressourcen des Unternehmens angewendet. Ziel Abbildung 1: Risiken bei Bauprojekten; eigene Darstellung

2.1 RISIKOMANAGEMENTPROZESS Risikomanagement ist eine zyklische Abfolge von Prozessen, die eine spezifische Reihenfolge aufweisen und definierte Funktionen abdecken. Risikomanagement wird im Allgemeinen in vier Prozesse gegliedert, dazu kommt ein Koordinierungsprozess Risikocontrolling (Abb. 2): Risikoidentifizierung, Risikoanalyse, Risikobewältigung, Risikoüberwachung 2.1.1 RISIKOIDENTIFIZIERUNG Risikoidentifizierung ist die wichtigste Aufgabe im Risikomanagementprozess, da jedes nicht identifizierte Risiko automatisch eine Ungewissheit wird, demzufolge nicht bewertet werden kann. Somit gibt es keine adäquate Reaktion oder Prävention. Für die Identifizierung von Risiken werden verschiedene Verfahren verwendet, z. B.: Brainstorming Abwägen [Pondering] Checklisten Befragungen (im Gespräch oder Fragebogen) Abbildung 2: Risikomanagementprozess; eigene Darstellung Diese Verfahren haben bis heute eine geeignete Funktionalität und Effektivität bewiesen. Die Wirksamkeit der Checklisten, Befragungen und Fragebögen ist abhängig von ihrer Vorbereitung, z. B.: Die Checklisten spiegeln das Know-how des Unternehmers wider und sollen nach den Unternehmenszielen spezifiziert und entwickelt werden. Im Anschluss an die Identifizierung der Risiken wird eine Klassifikation und die Zuordnung durchgeführt. In der Regel werden Risikoarten [6] (z. B. Technik, Finanzen, Sicherheit, Management, Termin, etc.) und Risikofelder (z. B. Projektplanung, Garantien, Politik, Kunden, Personal, etc.) unterschieden. 2.1.2 RISIKOANALYSE UND VERFAHREN Die Risikoanalyse beginnt nach der Identifizierung der wichtigsten Risiken. Ihre zentrale Aufgabe ist die Bewertung und Analyse der identifizierten Risiken um eine Quantifizierung zu ermöglichen. Art Komplexität Grundsatz Methode Qualitative methode einfach mittel grafisch/ Dokumentarisch grafisch/ Unterlage Pondering Checklists Brainstorming Historic review Risk register Interviewing *Quelle: [9,7] Analysis of inter-connected decision areas (AIDA)* Strategic options development and analysis (SODA)* Strategic choice method* Soft systems methodology (SSM)* *Quelle: [7] Es stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Die Auswahl erfolgt anhand der Natur und Eigenschaften der jeweiligen Risiken. einfach mittel Index nicht Probabilistisch Delphi Method* Key Indicator Method* Risk Potential Method* *Quelle: [7] Sensibility Analysis* *Quelle: [9,7] Die gemeinsame Basis aller Verfahren wiederum ist die Risikobewertung anhand der Eintrittswahrscheinlichkeit [ W in %] und der Einwirkung [ E oftmals in ]. Aus der einfachen Multiplikation dieser Werte ergibt sich die Risikobewertung, oftmals als Risikofaktor bezeichnet. Quantitative methode mittel bis hoch mittel bis hoch hoch Statistisch Stochastisch Künstliche Intelligenz Volatility Method* Value at Risk* Quantitativity Risk Analysis* *Quelle: [9] Program Evaluation and Review Technique (PERT)* Monte Carlo Simulation* Latin Hyper-Cube Sampling* Probability Sensitivity Analysis* *Quelle: [9,7] Neuronal Risk Assessment System (NRAS) Quelle: [3] Support Vector Machine Quelle [10] Abbildung 3: Zuordnung der Risikobewertungsverfahren; eigene Darstellung

Bei der Risikoanalyse sind die qualitativen und quantitativen Verfahren zu unterscheiden. Die qualitativen Verfahren werden unterschieden in Grafisch / Dokumentarisch und Grafisch / Unterlage. Sie finden Einsatz bei der Risikoidentifizierung, können aber auch in der Risikoanalyse weiterverwendet werden (Abb. 3). Historic review und Check Lists z. B. sind geeignet, wenn ein ähnliches Projekt bereits durchgeführt wurde. Dagegen eignet sich das Interview, wenn das Projekt zum ersten Mal stattfindet. Die Checklisten und die Graphisch / Unterlage Verfahren entsprechen einer fast reinen dokumentarischen Natur und sind geeignet für die Vorbereitung von Risiko-Daten Banken. Die quantitativen Verfahren sind in fünf Gruppen unterteilt; die Verfahren, welche auf Indexerstellung basieren; die non-probabilistischen Verfahren; die statistischen Verfahren; die stochastischen Verfahren; neue auf künstlicher Intelligenz basierende Verfahren. Verfahren aus den statistischen und stochastischen Bereichen, wie z. B. Var at Risk, Monte Carlo Simulation (MCS) und Latin Hypercube sind diejenigen, welche sich, aufgrund stabiler Leistung und vielfältiger Anwendungsmöglichkeit, auf dem Markt und in der Bauindustrie durchgesetzt haben. Auch stehen hierzu geeignete Softwareanwendungen zur Verfügung. 2.1.3 RISIKOBEWÄLTIGUNG Bei der Risikobewältigung ist die Hauptüberlegung, die effektivste und wirtschaftlichste Behandlung der Risiken zu finden. Diese Maßnahmen werden gemäß der Ziele des Unternehmers und den daraus folgenden Festlegungen der Manager getroffen (Abb. 4). Risiken werden durch folgende Maßnahmen behandelt: Risikovermeidung: o Wenn die Gefahren sehr hoch sind, o Wenn Gefahren nicht behandelt werden können o Wenn diese Gefahren andere Risiken oder Risikofelder betreffen Risikominderung durch: o Informationsbeschaffung o Detaillierte Betrachtung (Tests, Bewertungen) o Reduktion der Eintrittswahrscheinlichkeit oder Folgen (Behandlung) o Bereitstellung von Ressourcen o Verbesserung der Management- oder Kommunikationsbedingungen Risikoübertragung oder -teilung mittels: o Versicherungen o Partnerschaft o Allianzen Risikoakzeptanz weil: o Die Behandlung nicht wirtschaftlich ist o Risiken sehr gering sind. o Die Chancen so groß sind, dass die Gefahren irrelevant sind Gesamte Risiko Risiko Niveu RisIkovermeidung Risikomanagementmaßnahmen/-aktionen Risikoteilung Bekannte Risiken Tolerierbare Risiken Ungewissheit Risikominderung Risikoakzeptanz quantifizierbar nicht quantifizierbar RisIkoreduktion Risikoübertragung Risikoremanent Abbildung 4: Risikobewältigungsmaßnahmen; eigene Darstellung auf der Basis von Risknet 12.08.08 (http://www.risknet.de)

Die Manager (Geschäfts- oder Projektmanager) haben die Aufgabe, entsprechende Entscheidungen zu treffen und somit das Projekt wirtschaftlich zu strukturieren. Jede Behandlung oder Übertragung von Risiken impliziert gleichzeitig Kosten. Daher soll die Kostenverfolgung und -analyse immer zusammen mit den entsprechenden Vor- und Nachteilen betrachtet werden. 2.1.4 RISIKOÜBERWACHUNG Zum Risikomanagement gehören Überprüfungs-, Überwachungs- und Kommunikationsaufgaben. Da Abweichungen mit neuen Risiken gleichzusetzen sind, ist eine permanente Überwachung notwendig, um gegebenenfalls eingreifen zu können. 2.1.5 RISIKOCONTROLLING Beim Risikomanagementprozess spielt die Kommunikation eine sehr wichtige Funktion. Die Information soll frei und ohne Behinderungen zwischen allen Projektteilnehmern und jedem einzelnen Risikomanagementprozess fließen, um somit viele Managementrisiken zu vermeiden. Dies gewährleistet ein effektives Controlling. Das Controlling ist zusätzlich die Basis für die Entwicklung der notwendigen Datenbanken, Risikoregister, Optimierung von Checklisten und Beurteilungskriterien der Risikobewältigungsmaßnahmen. Aus diesem Grund ist das Risikocontrolling zusammen mit der Risikoidentifizierung der wichtigste Prozess innerhalb des Risikomanagementprozesses, um die Funktionalität des Risikomanagements zu gewährleisten. 3. RISIKOMANAGEMENT IN DER PRAXIS Um wirtschaftlich zu bleiben, muss die Baukalkulation heutzutage extrem hohe Anforderungen an die Qualität, Detailliertheit und den Umfang einer Risikobetrachtung stellen. In Deutschland sind Gefahren und Chancen unter der Position Wagnis und Gewinn erfasst und werden als Zuschlag zu den Selbstkosten addiert. Die ständig steigende Konkurrenz und der damit entstandene dichte Preiswettbewerb der Bauindustrie, besonders in den Angebotsphasen, hat die Notwendigkeit der Untersuchung der Risiken in den Vordergrund gerückt, um Wagnis und Gewinn genauer zu ermitteln. Risikomanagementsystem Globale-Koordinationsfunktionen Risikomanagement Business Risikomanagement Enterprise Risikomanagement Risk Silo Risk Silo Strategic RM Kunden Mitarbeiter & Lieferanten Prozessorientiert Finanzvermögen Prozessorientiert Finanzvermögen Prozessorientiert Finanzvermögen Risk Silo Strategic RM Integrated RM Risk and Value Management Kunden Mitarbeiter & Lieferanten Traditionelles operatives Risikomanagement Operatives bis strategisches Risikomanagement Strategisches & operatives Risikomanagement Integration & gesamtes Controlling Abbildung 5: Entwicklung von Risikomanagementsystemen; Basis [4] Unter diesen Bedingungen bieten Verfahren wie die Monte Carlo Simulation sehr gute Unterstützungsmöglichkeiten an. Mittels der Analyse der Hauptfaktorenverhältnisse wird hierbei die Wahrscheinlichkeit, dass der ermittelte Wert (Risikofaktor und/oder Einwirkungen) eingehalten wird, bestimmt. 3.1 ENTWICKLUNG VON RISIKOMANAGEMENTSYSTEMEN Historisch gesehen, liegen die Wurzeln des Risikomanagements in der Betrachtung der operativen Risiken. Wichtig war zu diesem Zeitpunkt ausschließlich die Betrachtung wichtiger Aktivitäten und Kernaufgaben innerhalb des Unternehmens. Nachträglich wurden noch weitere unternehmerische Faktoren eingefügt, diese Entwicklung wurde als das Business Risk Management bekannt. Heutzutage ist Risikomanagement eine umfassende Zusammenbindung von verschiedenen Philosophien, Verfahren und Bereichen, die in einem Unternehmen die Entscheidungen und Strategien vorgeben und fest-

legen. Diese neue Form von Risikomanagement wird als Enterprise Risikomanagement (ERM) bezeichnet. Die Hauptaufgaben des ERM sind die Koordination der Risikobereiche, sowie der organisatorischen und kommunikativen Funktionen des Risikomanagements (Abbildung 5). Daher werden alle Risikobetrachtungen aus allen Risikobereichen vereinigt und das Unternehmensrisiko als ein Ganzes angesehen. 3.2 RISIKOMANAGEMENT: ZIELSTELLUNG UND PROBLEME FÜR BAUPROJEKTE Mit dem Ziel bessere Transparenz, höhere Sicherheit sowie bessere Wettbewerbsbedingungen für jeden Unternehmer zu schaffen, haben sich zusätzlich zu den neuen oben genannten Möglichkeiten Gesetze wie Basel II und KonTraG entwickelt. Obwohl Basel II und KonTraG nach Mindestkapitalanforderungen und der Entwicklung von Früherkennungssystemen verlangen, geben sie keine Mindestvoraussetzungen, Merkmale und Bestandteile für die Entwicklung von Risikomanagementsystemen. Trotz des Fortschritts in der Unterstützung des Risikomanagements durch die Rahmengesetzgebung und der Weiterentwicklung des Risikomanagements an sich bestehen immer noch unterschiedliche Schwierigkeiten und Probleme, welche sich wie folgt klassifizieren lassen: Mangel an Risikokenntnissen o Die Projektbeteiligten verfügen über einen gravierenden Mangel an Risikokenntnissen und können die Information nicht verstehen. Falsche Risikoannahme o Es werden Risiken, welche nicht zum Projekt gehören, bewertet. Falsche Verwendung von Risikomaßstäben o Die Maßstäbe (Eintrittswahrscheinlichkeiten oder Einwirkungen) auf denen die Risikobewertung basiert, sind inadäquat oder sogar absichtlich falsch ermittelt (Manipulation von Informationen). Fehlmessung von Faktoren o Die Quantifizierung von Risiken ist inadäquat (falsche Erfassung) oder das Risikobewertungsverfahren wurde falsch ausgewählt. Fehlerhafte Risikobewältigung o Die Risikobewältigungsmaßnahmen sind ungeeignet oder ineffektiv. Fehlerhafte Risikoüberwachung o Es existieren wenig bis keine Überwachungsinstrumente, oder die Verfolgung der bewältigten Risiken geschieht unzweckmäßig. Falscher oder fehlender Risikobericht o Berichte bezüglich Risiken sind fehlerhaft oder existieren nicht. Ungeeignete Risikoberichtmechanismen o Die Darstellung von Informationen ist undeutlich, wird von den Managern nicht verstanden oder falsch interpretiert. Ausübung von nicht zugehörigen Tätigkeiten o Die Tätigkeiten, die n zuzuordnen sind, sind nicht adäquat zugeordnet oder haben nicht zugehörige Tätigkeiten ausgeübt. Eine typische Fehlerquelle ist die sachfremde Vermischung der Kompetenzen und Aufgaben eines Managers und eines s. Die Hauptaufgabe eines s ist die Ermittlung von entscheidungsunterstützenden Informationen, um die Entscheidungen des Managers (je nach Projekt in top, middle oder operativer Ebene) vorzubereiten. Hierzu erstellt der einen entscheidungsunterstützenden Bericht, welcher Informationen über Probabilität, Quantität und Qualität der Risiken enthält und die Entscheidung erleichtern, absichern und dokumentieren soll. Risikomanagement (Zusammenarbeit zwischen und Manager) bedeutet folglich nicht hauptsächlich, Verluste zu vermeiden, sondern die existierenden Risiken zu verstehen [5] und daraus Gewinne abzuleiten.

4. PRAXISBEISPIEL (PROBLEMDARSTELLUNG) Mit dem Ziel, das Risikomanagement zu verbessern, haben es sich das Institut für Baubetrieb der Bundeswehr Universität München und ein deutsches Bauunternehmen (BU) zur Aufgabe gemacht, das Risikomanagementsystem (RMS) des BU zu analysieren und zu optimieren. Das BU verwendet Checklisten, welche auf der Grundlage der Erfahrung des Unternehmens entwickelt wurden und zudem eine Risikobewertung beinhaltet. Die Hauptziele des Unternehmens sind: Analyse und Bewertung der bestehenden Checklisten und des Risikomanagementsystems Entwicklung einer verbesserten Risikoanalyse/-bewertung Entwicklung eines neuen Risikomanagementsystems Darstellung der Rückmeldung des Risikomanagementsystems in einfacher Form für alle Projektbeteiligten 4.1 RISIKOMANAGEMENTSYSTEM BEWERTUNG UND EMPFEHLUNG Da die Checklisten das einzige Instrument zur Erfassung und Bewertung der Risiken waren, wurde die Analyse auf das organisatorische Umfeld der Checklisten und die Checklisten selbst angelegt. Die Analyseergebnisse des RMS lassen sich in den folgenden Punkten zusammenfassen: Vorteile: Die Checklisten beinhalten alle notwendigen Faktoren für die Entscheidungsvorbereitung. Sie ermöglichen die Kriterienzuordnung in Hauptgruppen. Die Checkliste ist ein geeignetes Risikoidentifizierungsinstrument. Sie präsentiert eine erste Darstellung der Wichtigkeit der Risiken und identifiziert die Hauptrisiken. Nachteile: Die Risikobewertung ist empirisch und beinhaltet keine Wahrscheinlichkeitserfassung. Es existiert kein Risikobericht. Der bekommt keine Rückmeldung aus den Ergebnissen. Die Hauptrisiken werden nicht ausreichend bewertet. Es wird keine erhöhte Sicherheit in den Entscheidungen geboten. Die Darstellung der Ergebnisse ist verwirrend Um die Effektivität und Sicherheit für die Entscheidung zu erhöhen, wurde ein neues RMS vorgeschlagen. Der Ablauf des bestehenden und des vorgeschlagenen RMS sind in der Abb. 6 dargestellt. Es ist zu sehen, dass das entwickelte RMS eine Beteiligung der in einer zweiten spezifischen Stufe fordert, aber die Ergebnisse genauer sind und es dem ermöglichen, Informationen aus der Risikoanalyse zu bekommen. Das neue RMS integriert eine Risikobewertung auf der Basis des Monte Carlos Simulation (MCS) Verfahrens, MCS ist weltweit verwendet, um Risiken zu bewerten und bietet gleichzeitig eine große Auswahl von Software. Somit wird ein anerkanntes Risikobewertungsverfahren verwendet, um die Risiken zu quantifizieren und Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen. Die Checkliste wurde für das neue RMS als reines Risikoidentifizierungsinstrument verwendet. Für ermittelte Hauptrisiken werden noch weitere Details nötig: Maximal-, Minimal- und der erwartete Wert; Verteilungsgrafik. Auf dieser Basis wird die MCS durchgeführt und die Ergebnisse in einem Risikobericht abgebildet. Hierbei wird gezeigt, wie sich das Gesamtrisiko des Projektes in den verschiedenen Hauptgruppen (z. B.: Kalkulationsrisiken, Vertragsrisiken, Entwurfsrisiken, etc.) verteilt und wie es sich darstellt (z. B.: Das Gesamtprojektrisiko ist 100 %, dabei können 40 % Kalkulationsrisiken und 18 % Vertragsrisiken beinhaltet werden). Somit können die Entscheidungen der Manager unterstützt werden, indem sie wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der ermittelte Risikofaktor und die errechneten Kosten, eingehalten werden können.

Ablauf des bestehenden Risikomanagementprozess Festlegung des s Ermittlung des Angebotes Ausfüllen der Checkliste Ermittlung des Risikofaktors mittels Checkliste Darstellung des Risikofaktors und der Angebotssumme Entscheidung über die Projektteilnahme Entscheidung durch: Geschäftsleitung Entscheidung durch: Geschäftsleitung entsprechende Entscheidungsträger Ablauf des vorgeschlagenen Risikomanagementprozess Festlegung des Projektsplaners Ermittlung des Angebotes Ausfüllen der Checkliste Ermittlung des Risikofaktors mittels Checkliste Identifizierung der Hauptrisiken Anforderung an Informationen der Hauptrisiken Entscheidung durch: Geschäftsleitung Quantifizierung der Hauptfaktoren und Verteilungskurven Durchführung der Simulation Ermittlung der Wahrscheinlichkeiten und Hauptindikatoren Erstellung des Risikoberichtes Darstellung des Risikofaktors und der Angebotssumme Integriert Wahrscheinlichkeiten für Kosten und Risikofaktor Entscheidung über die Projektteilnahme Entscheidung durch: Geschäftsleitung entsprechende Entscheidungsträger Abbildung 6: Bestehendes und vorgeschlagenes Risikomanagementsystem; eigene Darstellung 4.2 ERGEBNISSE Das Hauptziel des Unternehmens: die Entwicklung eines neuen RMS, wurde erreicht. Die Ergebnisse sind in Tabellen dargestellt, in welchen deutlich zu sehen ist: Verteilung der Risiken in jeder der Hauptgruppen. Ermittlung des Risikofaktors und der Angebotssumme mit den zugehörigen Wahrscheinlichkeiten. Darstellung der Risiken in hierarchischen Diagrammen, welche im Projekthandbuch eingefügt werden können. Der /Bauleiter kann schnell einen Überblick über die wichtigsten Risiken erhalten. Diese Rückmeldung an den und/oder Bauleitung ist eine wesentliche Verbesserung des RMS zusammen mit Gesamtrisiko 100 % Baukalkulation 35 % Vertragsrisiken 5 % Ausführungsrisiken 15 % Baugrundrisiken 30 % Entwurfsrisiken 15 % der quantitativen Bewertung mittels MCS. Die Ergebnisse unterstützen somit die Sicherheit und Transparenz der Entscheidungen der Manager. 20% 10% 5% 5% 8% 7% 25% 5% Risiko A1 Risiko B1 Risiko C1 Risiko A2 Risiko A3 Risiko B3 Risiko A4 Risiko B4 Risiko A5 Risiko B5 Risiko C5 Abbildung 7: Hierarchische Darstellung der erfassten Risiken; eigene Darstellung 3% 8% 4% 5. ZUSAMMENFASSUNG Das neue Risikomanagementsystem hat ein großes Potenzial aufgezeigt. In Bezug auf den Risikomanagementprozess, hatte der BU drei der fünf Prozesse systematisch integriert: die Risikoidentifizierung, die Risikoanalyse und das Risikocontrolling. Daher die anderen zwei Prozesse, die Risikobewältigung und Risikoüberwachung, zu entwickeln. Hierdurch lässt sich das RMS weiter verbessern und durch die Anwendung der gewonnenen Informationen genauere Ergebnisse ermitteln.

Eines der Hauptprobleme für das BU war die Einbindung der Projektbeteiligten, damit das Ausfüllen der Checklisten nicht als Belastung betrachtet wird, sondern als eine Unterstützung ihrer Aufgaben. Der Risikobericht und die Darstellung der Risiken als Rückmeldung der Risikoanalyse erweisen sich als sinnvoll für die sowie für die Bauleitung und sichern eine bessere Bearbeitung durch den. Somit wird die Einbindung der Mitarbeiter verbessert. MCS ist ein Verfahren, welches hohe Akzeptanz hat und für diesen Fall, aufgrund der 3- Wertermittlung und der Verwendung der Verteilungskurven, sowie die große Auswahl an Softwaremöglichkeiten, für die Durchführung der Risikoanalyse die besseren Möglichkeiten bietet. 6. AUSBLICK Die Entwicklung und Verbesserung von Risikomanagementsystemen gestaltet sich als ein Teil der Aufgaben bei Bauprojekten. Die ständige Analyse des RMS ist eine wesentliche Aufgabe um Risikomanagement zu optimieren. Trotzdem sind für das Projektmanagement nicht nur risikoabhängige Faktoren zu bewerten. Viele andere risikounabhängige Faktoren sind in Verfahren, welche die risikoabhängigen und risikounabhängigen Faktoren gleichzeitig betrachten und bewerten, zu berücksichtigen. Dies bedeutet ein besseres und herausforderndes Verfahren. Das Institut für Baubetrieb der Bundeswehr Universität München betreibt Schwerpunktforschung für die Entwicklung von Verfahren, welche das RM auf der Basis von Entscheidungstheorien, eine gleichzeitige Analyse und Bewertung von risikoabhängigen und risikounabhängigen Faktoren durchführen, ergänzen. LITERATUR 1. Göcke, Bettina.: Risikomanagement für Angebots- und Auftragsrisiken von Bauprojekten, Deutschland, DVP- Verlag Wuppertal, Deutscher Verband der Projektsteuerer - DVP e. V. 2002. 2. Knight, Frank H.: Risk, Uncertainty, and Profit, Boston, MA: Hart, Schaffner & Marx; Houghton Mifflin Company, 1921. 3. Maria-Sánchez, Pedro.: Neuronal risk assessment system for construction projects.: Renningen, Expert-Verl. 2005 4. Protiviti.: Guide to Enterprise risk Management Frequently asked questions, January 2006 (24.06.2008), http://www.protiviti.de/portal/site/pro-us 5. Stulz, René M.: Risk Management Failures: What Are They and When Do They Happen?, Dice Center WP 2008-18, Fisher College of Business WP 2008-03-017, October 2008. http://www.ssrn.com/abstract=1278073 6. Girmscheid G., Busch Th. A.: Risikomanagement in Bauunternehmen - Projektrisikomanagement in der Angebotsphase.: Bauingenieur (2003), Band 78 / Dezember (H. 12/2003), 2003, S. 571-580. 7. Smith, Nigel J. Merna, Tony. Jobling, Paul.: Managing risk in construction projects, Oxford 2006, 2. ed. Blackwell 8. Fischer, Peter. Maronde, Michael. Schwiers Jan.: Das Auftragsrisiko im Griff, Friedr.Vieweg & Sohn Verlag GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 9. Wolke, Thomas. Risikomanagement, München [u.a.], Oldenbourg, 2007 10. Härdle, Wolfgang. Lee, Yuh-Jye. Schäfer, Dorothea. Yeh, Yi-Ren. The Default Risk of Firms Examined with Smooth Support Vector Machines, SFB 649 Discussion Paper 2008-005; Economic Risk Berlin 2007. 04.12.2008 http://sfb649.wiwi.hu-berlin.de/papers/pdf/sfb649dp2008-005.pdf Verfasser: M.Sc.-Ing. J. Alfredo Sandoval-Wong Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schwarz Universität der Bundeswehr München Institut für Baubetrieb 85577 Neubiberg Deutschland http://www.unibw.de/bauv8/ alfredo.sandoval@unibw.de juergen.schwarz@unibw.de