MP R 1/2008. Nomos Medizin Produkte Recht. pmi Verlag. Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht Technologie Ökonomie Innovation

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Transkript:

MP R Medizin Produkte Recht Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht Technologie Ökonomie Innovation Herausgeber Peter von Czettritz Dr. Peter Dieners Dr. Thilo Räpple Joachim M. Schmitt Inhalt MPR Aktuell Aufsätze Berichte Stellungnahmen Strafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels? Aktuelles zur Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Gesundheitswesen Jan von Hassel und Dr. Thomas Graefe 1 Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) Thorsten Beyerlein 3 Medizinproduktehaftung Straf- und zivilrechtliche Haftung der Anwender und Betreiber von Medizinprodukten Teil 4 Dr. Tobias Weimer 6 Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? Szahra Haghiri-Tehrani und Dr. Thomas Graefe 11 I 1/2008 Jahrgang 8 Seiten 1 28 ISSN 1618-9027 Nomos www.nomos.de Buchbesprechung 17 Rechtsprechung Ohrabdrucke für Hörgeräte und Ohrwasserschutzvorrichtungen an einer nicht genehmigten Betriebsstätte ÖstOGH Wien, Urt. v. 12.06.2007 17 Bewerbung von Hopi-Ohrkerzen LG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2007 19 Rechtmäßiger Sofortvollzug gegen Aufbereitung von Kathedern ohne erforderliche Zertifizierung OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.11.2007 23 Gesetze/Verordnungen/Richtlinien Neuregelungen zur Erstattungsfähigkeit von Medizinprodukten nach 31 Abs. 1 SGB V 26 Neue Verordnung zur Ausrüstung von Schiffen mit Arzneimitteln und Medizinprodukten 26 pmi Verlag www.pmi-verlag.de

MPR AKTUELL Ausnahmeliste für arzneimittelähnliche Medizinprodukte beim GBA Verbandmittel nicht betroffen Von der Erstellung einer Ausnahmeliste zu arzneimittelähnlichen Medizinprodukten durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) sind Verbandmittel nicht betroffen. Darauf hat der Bundesverband Medizinprodukte, BVMed, hingewiesen. Auch bei arzneimittelbeschichteten Verbandmitteln und Verbandmitteln in flüssiger, gelartiger oder Sprühform handelt es sich nach Ansicht des BVMed um Verbandmittel im Sinne des Sozialgesetzbuches. Der MedTech- Verband regte beim GBA in dieser Frage eine Klarstellung an, da sonst befürchtet werden muss, dass die Krankenkassen diese Produkte entgegen der bisherigen Regelung nicht mehr erstatten. Hintergrund ist, dass nach dem 2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften der GBA für die Zeit nach dem 1. Juli 2008 festlegen muss, in welchen medizinisch notwendigen Fällen so genannte arzneimittelähnliche Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden können. Betroffen von der Regelung sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte (nach 3Nr.1oder 2 Medizinproduktegesetz) zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind. Dies können nach Angaben des BVMed bei bestimmten Indikationen beispielsweise Hyaluronsäure, isotonische Kochsalzlösung oder Citrate sein. Das Antragsverfahren zur Aufnahme in die Ausnahmeliste will der GBA offiziell erst zum 1. Juli 2008 eröffnen. Zur Erstellung einer Rohliste bittet der GBA aber die Hersteller, deren Medizinprodukte nach eigener Einschätzung in die Ausnahmeregelung einzuordnen wären, Informationen mit fundierter Begründung zu übermitteln. Bei Verbandmitteln (nach 31 Abs. 1 S. 1 SGB V) ist jedoch kein Antrag zu stellen, da sie von der Regelung nicht erfasst und wie bisher vergütet bzw. erstattet werden. Nähere Informationen zum Verfahren gibt es im Internet unter: www.g-ba.de/ downloads/17-98-2506/2007-12-20- Medizinprodukte.pdf. Einzelheiten zum formellen Antragsverfahren und den Gebühren ab dem 1. Juli 2008 will der GBA zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen. Hinsichtlich der Gebühren will er sich an den tatsächlich entstehenden Kosten orientieren. Welche Anforderungen an die medizinische Notwendigkeit gestellt werden, hat der GBA auch noch nicht abschließend geklärt. Register für künstliche Gelenke gefordert Ein europaweites Register implantierter Gelenkprothesen plant der europäische Fachverband der Orthopäden. Bereits seit einigen Wochen fordert die deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie ein solches chen Hüft- und Kniegelenke halten mindestens zehn Jahre, bevor wegen Lockerung oder Verschleiß eine neue Prothese eingesetzt werden muss. Bei den restlichen Fällen ist jedoch ein frühzeitiger Austausch nötig. Operation mit Leim aus Meeresfrüchten Für Schnittwunden und kleinere Verletzungen ist bereits Kleber aus schnell härtendem Acryl-Kunststoff auf dem Markt. Der in der Anwendung nicht teurer als die Behandlung mit Nadel und Faden. Und die Wunde sei sofort steril. Der Kunststoff ist aber nicht biologisch abbaubar, eignet sich also nicht für innere Verletzungen. Auf der Suche nach verträglichen Klebern für diesen Bereich orientieren sich Forscher an der Miesmuschel. Wie zementiert klebt sie an Felsen, Pollern und Schiffen. Ihr Geheimnis: Fäden aus Muscheladhäsions- MPR 1/2008 Register. So könnte festgestellt werden, ob bestimmte Prothesenmodelle durch häufige Wechseloperationen auffallen oder eine Klinik hinter den Anforderungen zurück bleibt. Mehr als 90 Prozent der in Deutschland eingesetzten künstliproteinen (MAPs). Das sind klebrige Eiweiße, die einen hohen Anteil der Aminosäure Dopa enthalten. In einem Gemeinschaftsprojekt haben Wissenschaftler der Universitäten Greifswald und Rostock einen Kleber aus künstlichen MAPs entwickelt, mit dem innere Wunden und Knochenverletzungen geheilt werden können. Zusammen mit drei Industriepartnern wird gerade die Rezeptur optimiert, um das Produkt marktreif zu machen. Auch am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen haben Forscher einen MAP-Klebstoff entwi- ckelt, der zunächst an Zahnimplantaten erprobt wird. Er soll nicht nur gut haften, sondern auch verhindern, dass unter dem Implantat Hohlräume bleiben, in denen sich Bakterien festsetzen können. Um das umliegende Zahnfleisch zum Wachstum anzuregen, werden die künstlichen Aminosäuren mit Wachstumsproteinen verbunden. In den nächsten zwei Jahren wollen die Bremer Forscher gemeinsam mit der Uniklinik Frankfurt und dem Biotechnik-Zentrum der TU Darmstadt das Funktionieren ihres Klebstoffs beweisen. I

MPRAktuell Newsletter-Service MedTech ambulant für KVen und Medizinische Fachgesellschaften Der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, hat einen neuen Informationsservice für Ärzte im niedergelassenen Bereich gestartet. Der vierteljährliche Newsletter MedTech ambulant informiert in kurzer und knapper Form über Medizinprodukte- Themen, die für den niedergelassenen Arzt relevant sind. Der kostenfreie elektronische Newsletter richtet sich insbesondere an die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Medizinischen Fachgesellschaften. Er kann unter www.bvmed.de (Publikationen MedTech ambulant) kostenfrei abgerufen werden. Der neue BVMed-Informationsservice bietet Detailinformationen zu Studien, Abrechnungsfragen, Produktinnovationen, Strukturverträgen sowie gesundheitspolitischen Entwicklungen und Tendenzen. Die erste Ausgabe widmet sich dem Schwerpunktthema Verbandmittel. Zur Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit erklärt der Newsletter, dass Verbandmittel Medizinprodukte und keine Arzneimittel sind. GKV-Versicherte haben Anspruch auf die Versorgung mit Verbandmitteln. Verbandmittel werden durch einen zugelassenen Vertragsarzt verordnet. Sie fallen nicht unter die Ausschlussregelung von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und auch nicht unter die Neuregelungen des AVWG. Die wichtigste Information für den Vertragsarzt lautet: Verbandmittel können nach wie vor zu Lasten der GKV verordnet werden. Sie sind richtgrößenrelevant und regional unterschiedlich auch als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig. Darüber hinaus berichtet MedTech ambulant über eine IGSF-Studie zur Situation der Wundversorgung in Deutschland sowie über eine CEP- TON-Studie, die belegt, dass moderne Wundversorgungstherapien die Heilungsraten steigern und die Therapiekosten senken. Thema des zweiten Newsletters werden die Erstattungsmöglichkeiten von Medizinprodukten im ambulanten Bereich sein. Weitere vorgesehene Schwerpunktthemen sind Homecare, der EBM 2008 und seine Auswirkungen auf die Erstattung bzw. Abrechnung von Medizinprodukten, sowie die Tracheostoma- und Laryngektomieversorgung. Der Direktlink zum ersten Medtech ambulant -Newsletter lautet: http://www.bvmed.de/publikationen/ MedTechambulant 2007/ Medizinprodukterecht: Marktüberwachung muss harmonisiert werden Durch harmonisierte Prozesse, abgestimmte Kommunikationsprozesse und besseres Meldeverhalten kann die Marktüberwachung von Medizinprodukten weiter verbessert werden. Das war eines der Ergebnisse der BVMed- Konferenz Das Medizinproduktegesetz in der praktischen Umsetzung. Die jährliche Veranstaltung mit rund 180 Teilnehmern dient dem Erfahrungsaustausch zwischen Herstellern und Behörden zur Marktüberwachung. Nach Ansicht von Dr. Dirk Wetzel, Abteilungsleiter Medizinprodukte im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), gibt es ein krasses Missverhältnis bei der Meldung von Vorkommnissen mit Medizinprodukten zwischen Herstellern und Anwendern in Kliniken und Arztpraxen: Die Anwenderseite meldet zu wenig. Die Unternehmensvertreter plädierten vor allem für global harmonisierte Prozesse und Fristen, da die Hersteller meist international aktiv seien. Dazu Impressum Schriftleiter: Peter Hoffmann (ViSdP) Die Zeitschrift, sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind RA Prof. Dr. Klaus Letzgus urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Namentlich ge- Manuskripte erbeten an: Karin Hoffmann pmi Verlag AG kennzeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Herausgeber/Redaktion wiederge- Oberfeldstraße 29 60439 Frankfurt/Main ben. Unverlangt eingesandte Manuskripte für die keine Haftung übernommen wird Telefon 069/548000-0 gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu den Bedingungen des Verlages. Es werden Fax 069/548000-66 nur unveröffentlichte Originalarbeiten angenommen. Die Verfasser erklären sich mit ei- E-Mail pmiverlag@t-online.de ner nicht sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung einverstanden. Druck und Verlag: Erscheinungsweise: 6mal jährlich Nomos Verlagsgesellschaft mbh & Co. KG Bezugspreis 2007: Waldseestraße 3-5 D-76530 Baden-Baden Jährlich 190, c. Alle Preise zzgl. Vertriebs-/Direktbeorderungsgebühren inkl. MwSt. Telefon 07221/2104-0 Fax 07221/2104-27 Bestellungen nehmen entgegen: Anzeigen: Der Buchhandel und der Verlag; Abbestellungen mit Drei-Monats-Frist zum Kalenderjahsales friendly Verlagsdienstleistungen resende. Zahlungen jeweils im Voraus an: Nomos Verlagsgesellschaft, Postbank Karls- Siegburger Str. 123 53229 Bonn ruhe, Konto 73636-751 (BLZ 66010075) und Stadtsparkasse Baden-Baden, Konto 5-002266 Telefon 0228/978980 Fax 0228/9789820 (BLZ 66250030). E-Mail roos@sales-friendly.de ISSN 1618-9027 II MPR 1/2008

MPRAktuell gehört die Harmonisierung der Kodierung für die Meldung von Vorkommnissen. Die Industrievertreter forderten zudem einen Sicherheitsbeauftragten in den Krankenhäusern, um die Kommunikationsflüsse zwischen Hersteller und Klinik zu optimieren. Aktuelle Entwicklungen im europäischen und nationalen Medizinprodukterecht beleuchtete Dr. Matthias Neumann vom Referat Medizinprodukte des Bundesgesundheitsministeriums. Die Änderungen der europäischen Medizinprodukte-Richtlinien (93/42/ EWG und 90/385/EG) hätten dabei in vollem Umfang ab dem 21. März 2010 mehr Auswirkungen auf die Hersteller als derzeit bekannt. Beispielsweise müssten nun für alle implantierbaren Produkte (Klasse III) klinische Studien durchgeführt werden. Für Ausnahmen gebe es strenge Anforderungen. Eine klinische Bewertung müsse für jedes Produkt aktuell vorhanden sein. Software könne ein Medizinprodukt sein und müsse validiert werden. Auswirkungen auf die Hersteller habe auch die repräsentative Auslegungsprüfung bei Produkten mit mittlerem bzw. höherem Risiko (Klasse IIa/IIb). Bis zum 21. März 2010 müssten die Hersteller dafür sorgen, dass die neuen bzw. geänderten Grundlegenden Anforderungen von ihren Produkten erfüllt sind. Dr. Neumann warnte davor, dass die Berücksichtigung der neuen Bewertungsverfahren und Anforderungen zu einem Zeitdruck führen könnten, wenn die Konformitätsbewertungsverfahren zu spät begonnen werden. Die nationale Umsetzung der Richtlinien müsse bis Ende 2008 abgeschlossen sein. Dabei sollten die Entbürokratisierungsaspekte mit berücksichtigt werden, so Dr. Neumann. Die Beteiligung aller Betroffenen werde dabei sichergestellt. Über die Erfahrungen und die bundesweite Koordinierung der Länderüberwachungsbehörden berichtete Dieter Weibelzahl vom Gesundheitsministerium Thüringen. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Medizinprodukte der Länder (AGMP), in der die für den Vollzug medizinprodukterechtlicher Vorschriften verantwortlichen Länderreferenten versammelt sind. Der Vorsitz wechselt für die Jahre 2008 und 2009 nach Schleswig-Holstein. Zugeordnet ist die AGMP der Arbeitsge- MPR 1/2008 meinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) und dem Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI). Themenschwerpunkt der Länderexperten ist die Einführung eines länderübergreifenden Systems der Qualitätssicherung der Medizinprodukteüberwachung. Das System basiert auf Verfahrensanweisungen, beispielsweise zur Überwachung nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung, zur Überwachung klinischer Prüfungen und zur Überwachung von Betrieben und Einrichtungen, die Medizinprodukte für Andere hygienisch aufbereiten. Im Entwurf liegt zudem eine Verfahrensanweisung zur Überwachung des erstmaligen Inverkehrbringens von Medizinprodukten vor. Gemeinsame Leitfäden gibt es zur Einstufung und Klassifizierung von Medizinprodukten, zu Bußgeldern und derzeit in Arbeit für eine bundeseinheitliche Auslegung und Überwachung der Aufbereitung nach der RKI-/ BfArM-Empfehlung. Dr. Joachim Wilke von Medtronic, Sprecher des BVMed-Arbeitskreises Regulatory Affairs, bewertete die Marktüberwachung aus Herstellersicht. Hier seien globale Strategien erforderlich, da viele Unternehmen international tätig seien. Probleme seien die sprachlichen Hürden, aber auch besondere nationale Anforderungen. Dr. Wilke plädierte für eine europaweite Harmonisierung von Meldefristen nach der neuen europäischen Medizinprodukte-Vigilanz-Leitlinie (MEDDEV 2.12/1 rev. 5). Auch die deutsche Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) sollte entsprechend angepasst werden. Ein weiterer Wunsch der Industrie sei ein sicherer elektronischer Datentransfer. Dr. Wilke begrüßte, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sich bereit erklärt hat, an entsprechenden Pilotprojekten mitzuwirken. Weiterhin forderte er eine gesetzliche Verankerung von Vigilanz- Beauftragten und Kommunikationsadressen (E-Mail) für medizinische Einrichtungen und Organisationen, um Kommunikationsprobleme innerhalb der medizinischen Einrichtung zu minimieren. Die Änderungen an der europäischen Medizinprodukte-Vigilanz-Leitlinie stellte Dr. Ekkehard Stößlein, Fachgebietsleiter Aktive Medizinprodukte beim BfArM, vor. Es handele sich dabei um ein Konsensusdokument zwischen Herstellern und zuständigen Behörden unter der Beteiligung der Kommission und der Benannten Stellen. Die Leitlinie gelte auch für Invitro-Diagnostika, sei aber rechtlich nicht bindend und werde in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich implementiert. Die Meldefristen richten sich dabei nach dem Gefährdungsgrad. Bei besonders hohen Gesundheitsbedrohungen müsse unverzüglich, spätestens aber innerhalb von zwei Kalendertagen, nachdem der Hersteller die besonders hohe Gesundheitsbedrohung identifiziert habe, gemeldet werden. Unverzüglich ist dabei definiert als ohne Verzögerung, die nicht begründet werden kann. Bei Tod oder unerwartet schwerwiegender Verschlechterung des Gesundheitszustandes muss innerhalb von zehn Kalendertagen gemeldet werden, bei allen anderen Vorkommnissen innerhalb von 30 Kalendertagen. Gemeldet werden muss an die europäische Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Vorkommnis passierte. Neu eingeführt werden soll der Begriff der sicherheitsrelevanten korrektiven Maßnahme des Herstellers, da es sich nicht immer um einen Rückruf handeln muss. Angestrebt werde eine einheitliche Maßnahme im Europäischen Wirtschaftsraum. Dr. Rainer Edelhäuser, Abteilungsleiter Medizinprodukte bei der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG), beschrieb die Rolle der Benannten Stellen in der Marktüberwachung. Die Aufgaben der Benannten Stellen beschränkten sich eigentlich auf die Phase vor dem Inverkehrbringen eines Medizinprodukts. Allerdings forderten die Richtlinien auch eine Überwachung des Qualitätsmanagement- Systems des Herstellers. Dies schließe das Post-Market-Surveillance-Verfahren, also die Marktüberwachung mit ein. Insofern sind die Informationen aus dem Markt wesentlich für die Benannten Stellen, so Dr. Edelhäuser. Die Informationen kommen direkt vom Hersteller und von den vor Ort zuständigen Behörden. Die Benannte Stelle prüfe, ob die Bescheinigungen weiterhin Bestand haben. Ziel sei ein III

MPRAktuell geschlossener Informationskreislauf zwischen Behörde, Hersteller und Benannter Stelle. Marktüberwachung sei dabei ein im Medizinprodukterecht nicht definierter Begriff. Die New- Approach-Revision auf europäischer Ebene wolle aber eine Definition einführen. Marktüberwachung in einem Unternehmen ist mehr als das Überprüfen von Vorkommnissen, so Konrad Kobel, Leiter Qualitätsmanagement/ Regulatory Affairs bei B. Braun AESCULAP. Bei 45.000 verschiedenen Produkten, die global vertrieben würden, sei Marktüberwachung nichts anderes als Risikomanagement. Das Vigilanzsystem sei dabei nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher. Eine wichtige Rolle spielten auch Reklamationen aus dem Markt, Negativinformationen, Medienberichte, Internet- oder Kongressinformationen, Service- bzw. Reparaturberichte und Produkthaftungsfälle. Holschuld oder Bringschuld? Kobel beantwortet die Frage mit dem Motto: Wir müssen das Ohr am Kunden haben! Jede Kundenunzufriedenheit müsse überprüft werden. Zu den Problemen des globalen Handelns gehörten die internationalen Unterschiede im Verständnis von Vorkommnissen, uneinheitliche Definitionen und Festlegungen sowie unter- schiedliche Codes (UMDNS, GMDN, FDA). Kobel bemängelte auch, dass es gegenwärtig keine allgemein gültige Definition für Post Market Surveillance gebe und dass es bei den Anwendern an festgelegten Kommunikationsstellen fehle. Er forderte einen kompetenten Ansprechpartner in den Kliniken für alle Vorkommnisse. Dr. Renate Laby, Gruppenleiterin im DIMDI, stellte das Medizinprodukte- Informationssystem vor. Nach dem Medizinproduktegesetz ( 33 MPG) gehört der Aufbau eines datenbankgestützten Informationssystems zu den gesetzlichen Aufgaben des DIMDI. Hinzu kommt der Datenaustausch zwischen Deutschland und den zuständigen europäischen Behörden. Ziel des Informationssystems ist die Unterstützung der Überwachung des Marktes mit Medizinprodukten durch die zuständigen Behörden, um dadurch die Sicherheit, Gesundheit und den Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten zu gewährleisten. Grundlage des Systems sind die verschiedenen Anzeigen- und Meldepflichten nach dem MPG. Dazu gehören klinische Prüfungen von Medizinprodukten, das erstmalige Inverkehrbringen und das Aufbereiten von Medizinprodukten oder der Sicherheitsbeauftragte. Seit 2003 wurde das Anzeigeverfahren schrittweise auf internetbasierte Erfassungs- systeme umgestellt. Neu hinzugekommen ist die Übermittlung aller Entscheidungen bzw. Stellungnahmen der zuständigen Behörden und des BfArM über die Klassifizierung und Abgrenzung von Medizinprodukten. Künftig würden die Nomenklatur von UMDNS auf GMDN umgestellt und die Recherche-Möglichkeiten weiter verbessert werden. BfArM-Abteilungsleiter Dr. Dirk Wetzel gab einen Erfahrungsbericht aus Sicht der Behörde. Zu den Aufgaben des BfArM gehört neben dem Medizinprodukte-Beobachtungs- und Meldesystem das Konsultationsverfahren bei Medizinprodukten, die befristete nationale Sonderzulassung von Medizinprodukten, Stellungnahmen zur Klassifizierung von Medizinprodukten und zur Abgrenzung oder die Registrierung von Ethikkommissionen. 85 Prozent der Verfahren laufen gut, so Dr. Wetzel. Zu den Mängeln gehöre, dass Meldepflichten oder Fristen nicht eingehalten und korrektive Maßnahmen zu spät mitgeteilt werden. Ein großes Problem sei, das bei Vorkommnissen vor allem von der Anwenderseite zu wenig gemeldet wird. Zwischen Hersteller- und Anwendermeldungen gebe es ein krasses Missverhältnis von 3 zu 1. Dabei liege es ja im Interesse des Anwenders, die Vorgänge klar und gut verständlich zu schildern. BVMed-Webseiten 2007 mit Plus 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr Über 1,5 Millionen einzelne Internetnutzer kamen im Jahr 2007 auf die Internetseiten des Bundesverbandes Medizintechnologie, BVMed, unter www.bvmed.de. Das sind knapp 60 Prozent mehr als im Vorjahr (898.000 einzelne Besucher). Insgesamt verzeichnete der Internetauftritt im Jahr 2007 mehr als 23 Millionen Hits. Hinzu kommen weitere, getrennt erfasste Internetauftritte wie der TV-Service Medizintechnologie des BVMed unter www.tv-service.bvmed.de, der Filmmaterial zu innovativen Medizintechnologien bietet. Die durchschnittliche Besuchsdauer auf den über 6.000 einzelnen Internetseiten des BVMed betrug knapp über vier Minuten. Jeder Besucher rief im Durchschnitt zwölf verschiedene Unterseiten auf, was für die Qualität und Tiefe der BVMed-Internetseiten spricht. Nach der Startseite sind die beliebtesten Rubriken das RSS-Feed (Benachrichtigung bzw. Anzeigen neuer Inhalte), die Publikationen und Veranstaltungen des Verbandes sowie die Linklisten, Pressemeldungen, Infokarten und Merkblätter. Gerne genutzt werden auch der Bilderpool, die Innovationspool-Einträge sowie die Erläuterungen zu verschiedenen Begriffen im BVMed-Glossar. Die Besucher kamen aus insgesamt über 80 Ländern. Knapp 85 Prozent der Zugriffe auf die BVMed-Seiten erfolgten direkt, also über Links oder Bookmarks bzw. Favoritenlisten. 15 Prozent erfolgten über externe Links, davon 10 Prozent über Suchmaschinen, vor allem Google. Verwendet wurden dabei Suchbegriffe wie Hilfsmittel, Medizinprodukteberater, Krankenhausbedarf, chirurgische Instrumente, Wundbehandlung, Tracheostomie oder Brachytherapie. IV MPR 1/2008

MPR 1 /2008 Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht 8. Jahrgang, Seiten 1 28 Herausgeber: Peter von Czettritz, Rechtsanwalt, München Dr. Peter Dieners, Rechtsanwalt, Düsseldorf Dr. Thilo Räpple, Rechtsanwalt, Frankfurt Joachim M. Schmitt, BVMed e.v., Berlin Herausgeberbeirat: Dr. EhrhardAnhalt, Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.v., Bonn Maximilian Guido Broglie, Rechtsanwalt, Wiesbaden Hans-Peter Bursig, ZVEI-Fachverband Elektromedizinische Technik, Frankfurt Dr. med. vet. Volker Daum, Aesculap AG, Tuttlingen/Donau Prof. Dr. med. Dr. jur. Alexander P.F. Ehlers, Rechtsanwalt, München Dr. med. Peter W. Gaidzik, Rechtsanwalt, Hamm Dr. med. Dr. rer. nat. Hans-Peter Graf, Freiburger Ethikkommission International, Freiburg Dr. Horst Hasskarl, Rechtsanwalt, Ludwigshafen Rainer Hill, Rechtsanwalt, BVMed, Berlin Hans-Georg Hoffmann, Rechtsanwalt, Köln Dr. med Christian Jäkel, Rechtsanwalt, Berlin Prof. Dr. Thomas Klindt, Rechtsanwalt, München Dr. med. Dr. iur. Adem Koyuncu, Rechtsanwalt, Köln Dierk Meyer-Lüerßen, Rechtsanwalt, VDGH, Frankfurt Prof. Dr. med. Lothar Rabenseifner, Klinikum Offenburg, Offenburg Ministerialrat, MinR WilfriedReischl, Bonn Dr. Axel Sander, Rechtsanwalt, Frankfurt Professor Dr. med. GerhardSchultze-Werninghaus, Bochum BurkhardSträter, Rechtsanwalt, Bonn Prof. Dr. Jochen Taupitz, Universität Mannheim Prof. Dr. Wolfgang Voit, Sprecher der Forschungsstelle für Pharmarecht der Philipps-Universität, Marburg Herbert Wartensleben, Rechtsanwalt, Stolberg Marcus Wenzel, ZVEI, Frankfurt Hans-Georg Will, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bonn Schriftleiter: Peter Hoffmann, Oberfeldstraße 29, 60439 Frankfurt/Main Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Letzgus, Waldseestraße 3 5, 76530 Baden-Baden AUFSÄTZE BERICHTE STELLUNGNAHMEN Strafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels? Aktuelles zur Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Gesundheitswesen Jan von Hassel unddr. Thomas Graefe Die Zeiten sind lange vorbei, in denen die Hersteller von Pharmazeutika und Medizinprodukten auf Arlberger Skipisten einluden zum Praxistest diamantenbesetzter Blutdruckmessgeräte, die sich nachher als einzig die Zeit und das Datum anzuzeigen geeignet erwiesen, dafür aber anschließend behalten werden durften. Gleichwohl können Ärzte und Industrievertreter sich derzeit nicht sicher wähnen, auch für in ihren Augen völlig sozialtypisches Verhalten plötzlich zum Gegenstand einer Strafverfolgungsmaßnahme zu werden. Auf Basis des 331 StGB und verwandter Rechtsvorschriften kommt insbesondere die Staatsanwaltschaft München derzeit mit der Forschergemeinde auf beiden Seiten des Drittmittelwesens gerne und intensiv ins Gespräch. Dieser Artikel soll Hinweise geben, wie man einen solchen Dialog, den Verlust wichtiger Dokumente und Meriten des beruflichen Wirkens kurzum die Freuden der Strafverfolgung vermeiden kann. Die 331 ff. des Strafgesetzbuches, geschärft durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997, sollen der gesetzgeberischen Intention nach bereits jeden Anschein von Käuflichkeit und unlauterer Beeinflussung einer Ausübung dienstlicher Tätigkeiten verhindern. Wo allgemein Forscher, im Blickwinkel dieses Beitrages speziell Ärzte im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, laufen sowohl sie selbst, als auch in der Auftragsforschung aktive Unternehmen Gefahr, wegen Tatbeständen aus dieser Deliktsgruppe belangt zu werden. Mit Strafe bedroht ist dabei das, was umgangssprachlich Korruption genannt wird, vornehmlich in zwei Grundkonstellationen, nämlich der Annahme von Vorteilen für dienstpflichtgemäße (Vorteilsannahme und Vorteilsgewahrung, 331 und 333 StGB) oder dienstpflichtwidrige (Bestechlichkeit und Bestechung, 332 und 334 StGB) Dienstausübung in verschiedenen Handlungsalternativen der jeweils Beteiligten. MPR 1/2008 1

AUFSÄTZE Hassel/Graefe, Strafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels? Vorteil ist dabei jede Leistung, die den Amtsträger in irgendeiner materiellen oder auch immateriellen Weise besser stellt und wird damit wesentlich weitgehender definiert, als etwa der Vermögensvorteil aus dem Betrugsstrafrecht. In diese Strafbarkeit fallen zumindest nach der Rechtsauffassung einiger Strafverfolgungsbehörden auch aus der Amtsstellung heraus ermöglichte Nebentätigkeiten, jedenfalls dann, wenn sie mit der Dienstausübung in einem engen Zusammenhang stehen, etwa weil ein Hochschullehrer gerade wegen seines professoralen Rufes oder seiner professoralen Expertise zum Auftragnehmer einer Nebentätigkeit (Kongressteilnahme, Auftragsgutachten, Advisory Board, Publikationen etc.) wurde. Hier wird, in erstaunlich sportlichem Umgang mit dem Analogieverbot des Strafrechts, das Rechtsinstitut des strafwürdigen Gesinnungsunwertes sogenannter dienstnaher Tätigkeiten bemüht, und somit jede dienstnahe Tätigkeit dem Anwendungsbereich der genannten Normen unterworfen, egal ob die Tätigkeit tatsächlich dienstlich oder nur dienstnah war. Ausgeräumt werden kann dieses Gesinnungsunrecht durch eine Nebentätigkeitsgenehmigung des Dienstherren oder seiner Personalabteilung, wobei hier nur sozialtypisches Verhalten überhaupt genehmigungsfähig ist. Jede Form von Luxus etwa bei Dienstreisen oder dienstnahen Kongressteilnahmen ist demnach schon nicht genehmigungsfähig. Wird dennoch Luxus genehmigt, nimmt dies die Strafbarkeit nicht (insbesondere nicht bei Täuschung des Dienstherren oder seiner Personalbteilung über das tatsächliche Vorliegen luxuriöser Elemente der Neben - Tätigkeit), vielmehr steht dann zulasten des Dienstherren zusätzlich eine Strafbarkeit wegen Verleitens Untergebener zu einer Straftat im Raume. Diese Rechtsanwendung ist äußerst umstritten, was dem im Einzelfall betroffenen Forscher oder Manager eines forschenden Unternehmens zunächst aber recht wenig hilft. Es hat sich jedoch gezeigt, dass man die Gefahr der Strafverfolgung deutlich minimieren kann, wenn sich die Beteiligten an folgende Grundsätze halten: Oberste Prinzipien: Trennungsprinzip Transparenz/Genehmigungsprinzip Dokumentationsprinzip Äquivalenzprinzip (angemessenes Verhältnis Leistung / Gegenleistung). Daher sollte man niemals inadäquate Vorteile fordern, annehmen oder sich versprechen lassen! Inadäquat (Luxus) ist alles, was im kargen Arbeitsalltag des guten alten Berufsbeamtentums nicht vorzukommen hat. Wenn also beim Arbeitsessen ein armer Musikstudent im Hintergrund klimpert, geht das wohl in Ordnung. Dient jedoch ein renommierter Pianist als Werbeträger und besondere Zierde einer Kongressveranstaltung, so ist der Genuss seines Spieles bereits inadäquater Vorteil, selbst wenn er so schlecht spielt, dass der kulturkennende Nichtberufs- beamte sich mit Grausen abwenden wurde. Taucht ein solches Programmhighlight auf dem Tagungsprogramm auf, ist der Punkt beim Veranstalter explizit abzusagen, pauschale Anmeldung zum gesamten Programm erfüllt die Alternative des sich versprechen Lassens von Vorteilen, ebenfalls strafbar nach 331 StGB. Tauchen solche Programmpunkte vor Ort überraschend auf: Nicht teilnehmen, beweisbare Alibis für die Nichtteilnahme beschaffen (das ist kein Scherz, sondern tatsachlich von Staatsanwalten so vorgetragen) und nach Rückkehr den Dienstherren bzw. die Personalabteilung durch schriftliche Anzeige von dieser luxuriösen Normabweichung in Kenntnis setzen. Daher merke: Für Hochschullehrer sind Forschung und Lehre immer Dienstaufgabe. Daher keine Forschung in Nebentätigkeit! Splittingverbot bei Studien (kein Beratervertrag neben einer Studie, nicht als LKP in ein Advisory-Board gehen!) Tätigkeit für die Universität ist immer Hauptaufgabe, daher sind andere Tätigkeiten (in bestimmten Fällen auch in der Krankenversorgung in Kooperationshäusern) Nebentätigkeit, die einer grundsätzlichen Anzeige- und ggf. Genehmigungspflicht unterliegen, sofern sie nicht dienstlich veranlasst sind. Im Zweifel JEDE Nebentätigkeit genehmigen lassen, bei der es irgendeinen geldwerten Vermögensvorteil gibt, daher insbesondere auch Beraterverträge der Personalabteilung vorlegen. Ein Beratungsvertrag sollte den Beratungsgegenstand genau definieren. Honorare müssen einem Fremdvergleich mit Honoraren in der Industrie bzw. freien Wirtschaft standhalten, als strafrechtsfester Vergütungsmaßstab werden derzeit etwa 200 300 c pro Stunde angesehen. Für andere Nebentätigkeiten, insbesondere bei Gutachten kann auch die GoÄ als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Auch schriftstellerische, gutachterliche und Vortragstätigkeiten sind nur nach den oben genannten, von der Justiz als sozialadäquat angesehenen Grundsätzen zu vergüten. Auch hier sind inadäquate Vorteile wie genannt weder anzunehmen, noch sich versprechen zu lassen. Es sind gegenüber der Personalabteilung immer vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen, da erschlichene Genehmigungen unwirksam sind und schon von daher eine Strafbarkeit begründen können. Bei Kongressen innerhalb Deutschlands unbedenklich sind Fahrtkosten (günstigstesverkehrsmittel), Übernachtung (nur wenn Hin- und Rückreise am selben Tag nicht möglich) und auch nicht im Luxushotel, im Rahmen des Kongresses angebotene Verpflegung im Sinne eines Arbeitsessens, KEIN Luxusbuffet bzw. Essen mit Showeinlage! Bei Kongressen außerhalb Deutschlands: Genehmigungsfähig nur, wenn nicht nur für Teilnehmer aus Deutschland, ansonsten inadäquat. Inadäquat auch abgelegene Ferienparadiese. Maximal Business-Class, kein Luxus-Hotel (mehr als 150 c pro Nacht können problematisch werden, Verpflegung wie oben. 2 MPR 1/2008

Beyerlein, Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) AUFSÄTZE Kein Rahmenprogramm annehmen, auch nicht dazu anmelden ( sich versprechen lassen von Vorteilen, 331 StGB), daher Programme genau durchlesen! Veranstaltung muss insgesamt wissenschaftlich sein, Alibivorträge zählen nicht! Gesamtzeit des Aufenthaltes muss in diesem Sinne angemessen zur Dauer des Tagungsprogrammes sein. Wenn Transfer/Unterkunft/Verpflegung vom Veranstalter unbeziffert übernommen werden, gleichwohl auf Sozialadäquanz achten, bei Anhaltspunkten für Überschreitungen im vorausausschließen (Rahmenprogramm) oder im Überraschungsfalle vor Ort im Nachhinein der Personalabteilung anzeigen. Bei Tagungsberichts als Gegenleistung : Nicht einfach nur kopieren oder abschreiben. Folgende Kodizes gelten als von den Strafverfolgungsbehörden dahingehend akzeptiert, dass ihre Einhaltung vor Strafverfolgung schützen kann: Kodex der Mitglieder des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.v. http://www.vfa.de/de/vfa/fs-arzneimittelindustrie/fsamdokumente/fsa-kodex.html Kodex Medizinprodukte http://www.bvmed.de/themen/kodex Medizinprodukte/ article/kodex Medizinprodukte.html Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie also bitte Ihren Anwalt und zwar rechtzeitig Anschrift der Verfasser: RA Jan von Hassel RA Dr. Thomas Graefe GRAEFE Rechtsanwälte Nymphenburger Straße 70 80335 München Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) 1 Thorsten Beyerlein* I. Einleitung Zu den bedeutendsten Rechtsentwicklungen im Hinblick auf Parallelimporte von Arzneimitteln und Medizinprodukten zählt für das Jahr 2007 das Urteil des EuGH vom 26.04.2007 in der Rechtssache C-348/04 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EGV in dem Verfahren mit dem nicht gerade kurzen Rubrum Boehringer Ingelheim KG, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG./. Swingward Ltd. und Boehringer Ingelheim KG, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG./. Dowelhurst Ltd. und Glaxo GroupLtd../. Swingward Ltd. und Glaxo GroupLtd., The Wellcome Foundation Ltd../. Dowelhurst Ltd. und SmithKline Beecham plc, Beecham Group plc, SmithKline & French Laboratories Ltd../. Dowelhurst Ltd. und Eli Lilly and Co../. Dowelhurst Ltd. 2 Dieser Boehringer II -Entscheidung des EuGH ging eine Vielzahl weiterer Entscheidungen zum Parallelimport von Arzneimitteln und den hieran zu stellenden Voraussetzungen im Hinblick auf eine markenrechtliche Erschöpfung voraus. Lediglich exemplarisch genannt werden sollen dabei die Entscheidungen Boehringer I (C-143/00) 3, Upjohn (C-379/97) 4 und Bristol-Myers Squibb (C-427/93, C-429/93 und C-436/93) 5. Auch Judikatur nationaler Gerichte ist zahlreich und breit gefächert vorhanden. Gleichwohl sind trotz dieser Fülle an gerichtlichen Entscheidungen nach wie vor zahlreiche Fragen des Parallelimports von Arzneimitteln und auch von Medizinprodukten ungeklärt und es herrscht Rechtsunsicherheit. Hierauf weist die Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträ- gen vom 06. April 2006 in dem Verfahren Boehringer II ausdrücklich hin und fordert nachträglich zu deren (endgültiger) Beseitigung auf. Ob die Beseitigung aller verbliebenen Unsicherheiten und Unklarheiten im Hinblick auf den Parallelimport von Arzneimitteln und auch Medizinprodukten durch die Entscheidung Boehringer II gelungen ist oder ob (zumindest für die nationalen Gerichte) weiterhin offene Fragen und (breite) Auslegungsspielräume verbleiben, soll nachfolgend dargestellt werden. II. Anwendbarkeit der Parallelimport- Grundsätze für Arzneimittel auf Medizinprodukte Zunächst soll festgehalten werden, dass die vom EuGH und den nationalen Gerichten entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit des Parallelimports von Arzneimitteln aus markenrechtlicher Sicht entsprechend auf den Parallelimport von Medizinprodukten angewandt werden können. Eine vergleichbare Interessenlage sowohl im Hinblick auf den Markeninhaber und dessen Interessen am Schutz Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Sozietät Gerstenberg Rechtsanwälte in München. 1 Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag, den der Verfasser anlässlich des Deutschen Medizinprodukte Recht Tages 2007 am 26.10.2007 in Frankfurt am Main (pmi Verlag/ / Nomos Verlag) gehalten hat. Der Vortragstil wurde im Wesentlichen beibehalten. 2 Im Folgenden wird diese Entscheidung schlicht Boehringer II -Urteil genannt; GRUR 2007, S. 586ff. 3 Slg. 2002, I-3759; GRUR 2002, S. 879ff. 4 Slg. 1999, I-692. 5 Slg. 1996, I-3457. MPR 1/2008 3

AUFSÄTZE Beyerlein, Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) seiner Marke im Rahmen des Erschöpfungseinwandes als auch im Hinblick auf den sich auf den freien Warenverkehr berufenen Parallelimporteur zwingen dazu, den Parallelimport von Arzneimitteln und Medizinprodukten aus markenrechtlicher Sicht parallel zu behandeln. Auch in der Rechtsprechung ist diese Parallelität bei der rechtlichen Beurteilung mittlerweile anerkannt 6. III. Einzelheiten des EuGH-Urteils Boehringer II Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse der Boehringer II -Entscheidung des EuGH dargestellt und insbesondere im Hinblick auf ihre spätere Umsetzung durch die nationalen Gerichte kritisch hinterfragt. Hinsichtlich der Reihenfolge der einzelnen Punkte wird auf die Reihenfolge der Beantwortung der Vorlagefragen durch den EuGH zurückgegriffen. 1. Zusätzliche äußere Aufkleber Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 ist nach Auffassung des EuGH dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Union eingeführten Arzneimittels bzw. Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn, es ist erwiesen, dass die Geltendmachung der Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Marke unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Marke zwischen den Mitgliedstaaten beitragen würde; es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann; auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist; das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann. Das Etikett darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware. Bereits in der Entscheidung Boehringer I 7 bezog der EuGH u.a. die Neuetikettierung in den Begriff des Umpackens (als Oberbegriff) ein. Die Neuetikettierung der mit der Marke versehenen Arzneimittel bzw. Medizinprodukte beeinträchtige ebenso wie deren Neuverpackung den spezifischen Gegenstand der Marke, so dass im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Parallelimports dahingestellt bleiben kann, welche konkreten Auswirkungen die vom Importeur vorgenommene Handlung, sei es nun die Neuverpackung oder die bloße Neuetikettierung, hat. Das Umpacken, also jede Art der Neuverpackung oder Neuetikettierung eines mit einer Marke versehenen Arzneimittels oder Medizinprodukts, schafft mit der dadurch verbundenen Veränderung der Ware tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie der betroffenen Marke. Die in der Bristol-Myers Squibb -Entscheidung des EuGH 8 aufgestellten fünf Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Parallelimports von Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten gelten damit auch dann, wenn das Umpacken durch den Parallelimporteur sich in bloßen Aufbringen eines zusätzlichen Aufklebers auf der Originalverpackung erschöpft. 2. Erforderlichkeit des Umpackens (Neuverpackung oder Überkleben) Die Voraussetzung, dass das Umpacken des Arzneimittels oder Medizinprodukts durch Neuverpackung und Wiederanbringung der Marke auf der Verpackung oder durch Aufkleben eines Etiketts auf der Verpackung der Ware für deren weiteren Vertrieb im Einfuhrmitgliedstaat erforderlich ist, betrifft nur das Umverpacken als solches und nicht die Art und Weise, in der das Umverpacken vorgenommen wird. Der EuGH beantwortete damit die Frage, ob die Erforderlichkeit des Umpackens sich nur auf das ob der Umverpackung oder auch das wie der Umverpackung bezieht, zugunsten der Parallelimporteure. Nach Ansicht des EuGH betrifft diese Voraussetzung der Erforderlichkeit nur das Umpacken der Ware als solches, sowie die Wahl zwischen Neuverpackung und Überkleben im Hinblick darauf, den Vertrieb dieser Ware auf dem Markt des Einfuhrmitgliedstaates zu ermöglichen, und nicht die Art und Weise, in der das Umverpacken durchgeführt wird. Insoweit folgte der EuGH in seiner Entscheidung dem Urteil des EFTA-Gerichtshofes in Sachen Paranova/Merck 9. 3. Rufschädigung durch Neuverpackung oder Überkleben Zunächst stellte der EuGH in seiner Entscheidung Boehringer II fest, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Marke oder ihres Inhabers durch die Aufmachung der umgepackten und parallel importierten Ware nicht auf die Fälle beschränkt ist, in denen die durch das Umpacken geschaffene Verpackung schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist. Beispielsweise könne eine die Rechtmäßigkeit des Parallelimports ausschließende Rufbeeinträchtigung der Marke oder ihres Inhabers dann vorliegen, wenn eine Neuverpackung oder ein aufgebrachter Aufkleber auf einer vorhandenen Verpackung eines Arzneimittels bzw. Medizinprodukts so beschaffen ist, dass sie den Wert der Marke beeinträchtigen, in dem sie das mit einer solchen Ware verbundene Image der Zuverlässigkeit und Qualität sowie das Vertrauen, dass sie bei den betroffenen Verkehrskreisen wecken kann, schädigen. Denkbar ist nach Ansicht des EuGH insbesondere, dass der Ruf der Marke geschädigt werden kann, wenn der Parallelimporteur 6 LG Hamburg, MD 2005, S. 106ff.; OLG Hamburg, Urt. v. 14.12.2006, Az.: 3 U 113/05 (über juris). 7 Slg. 2002, I-3759; GRUR 2002, S. 879ff. 8 Slg. 1996, I-3457. 9 EFTA-Gerichtshof, E-3/02, EFTA Court Report 2004, S. 1 Paranova/ Merck. 4 MPR 1/2008

Beyerlein, Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) AUFSÄTZE die Marke nicht auf dem neuen äußeren Karton anbringt ( de-branding ) oder entweder sein eigenes Logo oder ein Firmenmarkenzeichen, eine Firmenaufmachung oder eine für eine Reihe verschiedener Waren verwendete Aufmachung au dem neuen äußeren Karton anbringt ( co-branding ) oder auf dieser Verpackung einen zusätzlichen Aufkleber so anbringt, dass die Marke des Inhabers ganz oder teilweise überklebt wird oder auf dem zusätzlichen Aufkleber nicht den Inhaber der Marke angibt oder den Namen des Parallelimporteurs in Großbuchstaben schreibt, allerdings ist die Klärung, ob tatsächlich eine Rufschädigung vorliegt, eine Sachfrage, über die im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten eines jeden Einzelfalles vom nationalen (deutschem) Gericht zu entscheiden sein wird. Es ist demnach zu erwarten, dass sich eine extensive Kasuistik herausbilden wird, die im Wege der Generalisierung (ohne die Besonderheiten des Einzelfalls dabei zu verkennen) dem Parallelimporteur und dem Markeninhaber mehr Rechtsicherheit bieten dürfte. 4. Beweislastverteilung Zunächst weist der BGH in der Boehringer II -Entscheidung darauf hin, dass für den Fall, dass die Frage der Beweislast in die Zuständigkeit des nationalen Rechts der Mitgliedsstaaten fiele, sich für die Markeninhaber je nach dem betroffenen Recht ein unterschiedlicher Schutz ergeben würde. Dies wäre mit dem Ziel eines einheitlichen Schutzes im Recht aller Mitgliedsstaaten 10 nicht zu vereinbaren, so dass eine durch den EuGH vorgegebene gemeinschaftsweit gleiche Regelung der Beweislastverteilung damit unumgänglich ist. Der EuGH stellte sodann fest, dass die Beweislast, sobald erwiesen ist, dass die parallel importierten Arzneimittel bzw. Medizinprodukte umgepackt worden sind, den Parallelimporteur trifft. Dieser hat zu beweisen, dass die fünf Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Parallelimport gemäß der EuGH-Entscheidung Bristol-Myers Squibb vorliegen und sich der Markeninhaber deshalb dem weiteren Vertrieb der betroffenen Arzneimittel bzw. Medizinprodukte nicht widersetzen kann. Eine Ausnahme von dieser klaren Beweislastregelung normiert der EuGH jedoch für zwei der fünf Voraussetzungen gemäß der Entscheidung Bristol-Myers Squibb. Im Hinblick auf die Nicht-Beeinträchtigung des Originalzustandes der in der Verpackung enthaltenen Ware durch das Umpacken genügt es, wenn der Parallelimporteur Beweise erbringt, die vernünftigerweise vermuten lassen, dass diese Voraussetzung erfüllt sei. Gleiches gilt (nach dem EuGH erst Recht) für die Voraussetzung, dass die Aufmachung der Ware nicht so sein darf, dass sie den Ruf der Marke und ihres Inhabers schädigen kann. Im Hinblick auf die Rufschädigung gilt nach einem erfolgreichen vom EuGH sog. Anfangsbeweis, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn es dem Markeninhaber nicht gelingt, selbst zu bewei- sen, dass das Umpacken doch seinen Ruf oder den Ruf seiner Marke schädigen kann. Begründet wird dies durch den EuGH im Wesentlichen damit, dass im Hinblick auf die Rufschädigung die größere Sachnähe beim Markeninhaber vorhanden ist und es damit letztlich ihm obliegt, eine an sich fern liegende Rufschädigung positiv darzulegen und ggf. zu beweisen. Dieser damit vom EuGH herangezogene Anfangsbeweis ist am ehesten wohl mit dem Anscheinsbeweis im Sinne der Zivilprozessordnung (ZPO) vergleichbar und dürfte von den deutschen Gerichten auch so verstanden werden. 5. (Fehlende) Unterrichtung des Markeninhabers vor dem Parallelimport Um zum Umpacken der mit einer Marke versehenen Arzneimittel bzw. Medizinprodukte berechtigt zu sein, muss der Parallelimporteur auf jeden Fall die Voraussetzung der vorherigen Unterrichtung des Markeninhabers beachten. Tut er dies nicht, so kann sich der Markeninhaber der Vermarktung des umgepackten Arzneimittels widersetzen. Es ist dabei der Parallelimporteur selbst, der den Markeninhaber direkt unterrichten muss. Eine auf andere Weise zustande gekommene Kenntnis des Markeninhabers vom Parallelimport genügt dieser Voraussetzung der vorherigen Unterrichtung nicht. Dabei wies der EuGH in seiner Boehringer II -Entscheidung besonders darauf hin, dass der Parallelimporteur, der die vorherige Unterrichtung des Markeninhabers bezüglich eines umgepackten Arzneimittels bzw. Medizinproduktes unterlassen hat, die Rechte dieses Markeninhabers bei jeder späteren Einfuhr dieses Arzneimittels verletzt, solange er ihn nicht (selbst) unterrichtet. Dies vorausgeschickt, hatte der EuGH in der Boehringer II - Entscheidung nun zu klären, welche Rechtsfolgen an eine solche Rechtsverletzung durch Unterlassen der vorherigen Unterrichtung des Markeninhabers über dem Parallelimport ausgelöst wird. Da das Gemeinschaftsrecht keine spezifischen Sanktionen für diesen Fall vorsieht, obliegt es nach Auffassung des EuGH den nationalen Stellen, geeignete Maßnahmen zu erlassen, um einer solchen Rechtsverletzung zu begegnen. Dabei müssen diese Maßnahmen nicht nur verhältnismäßig, sondern auch zugleich effektiv und abschreckend genug sein, um den Markenschutz des Markeninhabers wirksam sicherzustellen. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen den einzelnen (fünf) Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Parallelimports von Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten. Der Markeninhaber kann sich mit den gleichen Verbotsrechten einem Parallelimport ohne vorherige Unterrichtung hierüber widersetzen, wie er sich der Einfuhr von gefälschten Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten aus markenrechtlicher Sicht widersetzen könnte. Dies bedeutet nach den Ausführungen des EuGH, dass eine nationale Maßnahme, die für den Fall des Parallelimports ohne vorherige Unterrichtung des Markeninhabers ein Anspruch auf finanzielle Entschädigung auf derselben Grundlage wie im Fall einer Fälschung zum Gegenstand hat, nicht 10 EuGH, Rs. C-405/03, Slg. 2005, I-8735- Class International. MPR 1/2008 5

AUFSÄTZE Weimer, Medizinproduktehaftung als solche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerspricht. Gleichwohl betont der EuGH, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, im Einzelfall insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs des dem Markeninhaber durch den Verstoß des Parallelimporteurs entstandenen Schadens und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Höhe der finanziellen Entschädigung zu bestimmen. In diesem Punkt bleibt die Boehringer II -Entscheidung des EuGH am Unklarsten. Zwar stellt der EuGH einerseits fest, dass Schadensersatzansprüche in voller Höhe grundsätzlich nicht unverhältnismäßig seien. Andererseits legt der EuGH dem nationalen Gericht nahe, von dieser Maximalposition des vollen Schadensersatzes zugunsten des Parallelimporteurs abzuweichen, indem er die Höhe der finanziellen Entschädigung auch geringer als den angerichteten Schaden ausfallen lassen möchte. Da nach dem deutschen Recht der Schadensersatz bei einer Markenverletzung in dreifacher Weise (entstandener Schaden, Verletzergewinn und Lizenzanalogie) berechnet werden kann, bleibt dabei weiter offen, wie diese einzelnen Berechnungsmethoden des deutschen Rechts mit der vom EuGH angesprochenen finanziellen Entschädigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Einklang zu bringen sind. Es bleibt also abzuwarten, ob und in welcher Höhe nationale (deutsche) Gerichte bereit sind, Abschläge vom Schadensersatz wegen Markenverletzung für den Fall hinzunehmen, dass die Markenverletzung (lediglich) auf der fehlenden vorherigen Unterrichtung des Markeninhabers vom Parallelimport beruht. Medizinproduktehaftung IV. Zusammenfassung undausblick Durch die Boehringer II -Entscheidung des EuGH ist eine weitgehende Klärung offener Rechtsfragen zum Parallelimport von Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten erfolgt. Viele offene Fragen wurden beantwortet, bereits bekanntes wurde noch einmal verdeutlicht. Insbesondere zur Thematik der Rufschädigung im Rahmen des Parallelimports wird durch eine Öffnung dieser Fallgruppe jenseits der schadhaften, unordentlichen oder minderwertigen Verpackung bzw. Aufklebers eine Verbreitung der bislang schon vorhandenen Rechtsprechung hierzu erfolgen. Es bleibt abzuwarten, welche der vom EuGH noch angedachten Beispielsfälle für eine Rufschädigung ( d-branding, co-branding, etc.) von der nationalen Rechtsprechung als Rufschädigung anerkannt werden. Ebenfalls mit Spannung zu erwarten ist die Ahndung der fehlenden Unterrichtung des Markeninhabers vor dem Parallelimport im Hinblick auf Schadensersatzansprüche bzw. deren betragsmäßige Berechnung. Nur dann, wenn die Rechtsprechung hier im Rahmen der Schadensberechnung bereit ist, spürbare Schadensersatzleistungen auszuurteilen, kann die Voraussetzung der vorherigen Unterrichtung des Markeninhabers vom Parallelimport als eine der fünf Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittel-/Medizinprodukte-Parallelimports faktisch durchgesetzt werden. Anschrift des Verfassers: Thorsten Beyerlein Rechtsanwalt GERSTENBERG RECHTSANWÄLTE München Straf- und zivilrechtliche Haftung der Anwender und Betreiber von Medizinprodukten Teil 4 * Dr. Tobias Weimer III. Strafrecht und Ordnungswidrigkeiten 1 1. Allgemeines Während das MPG und die MPBetreibV keine Normen zur zivilrechtlichen Haftung enthalten, weisen sie doch einige Bestimmungen zur strafrechtlichen Haftung des Betreibers und Anwenders auf ( 40, 41, 42 MPG, 13 MPBetreibV). Nach dem MPG werden vorsätzliche Verstöße gegen die wichtigsten Betreiberpflichten mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ( 40 Abs. 1, 3 MPG). Auch der Versuch ist strafbar. Bei Fahrlässigkeit drohen Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe ( 40 Abs. 2, 4, 41 MPG). Weniger gravierende Verstöße gegen sonstige Betreiberpflichten werden als Ordnungswidrigkeiten eingestuft und mit einem Bußgeld bis zu 25.000,00 Euro belegt ( 42 MPG). Die MPBetreibV sieht bei Verstößen gegen Betreiber- Anwenderpflichten nach der Medizinproduktebetreiberverordnung einen Katalog an Ordnungswidrigkeiten vor, die ebenfalls mit einem Buß- geld bis zu 25.000,00 Euro belegt werden können (vgl. 13 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG). Neben den Strafbestimmungen des MPG sind insbesondere die allgemeinen Straftatbestände des Strafgesetzbuches (StGB) zu beachten, namentlich die der fahrlässigen Körperverletzung ( 229 StGB) und Tötung ( 222 StGB). 2. Übersicht der strafrechtlichen BetreiberundAnwenderhaftung 2 a) Betreiben aa) Strafvorschriften 40 Abs. 1 Nr. MPG i.v.m. 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG: Betreiben eines Medizinproduktes, wenn der begründete Teil 1 ist in MPR Heft 3/07, Teil 2 ist in MPR Heft 4/07 und Teil 3 ist in MPR 5/07 erschienen 1 Vgl. ausführlich Taschke, in: Anhalt/Dieners, Handbuch des Medizinprodukterechts, 2003, 19. 2 Nach Taschke, in: Anhalt/Dieners, Handbuch des Medizinprodukterechts, 2003, 19. 6 MPR 1/2008

Weimer, Medizinproduktehaftung AUFSÄTZE Verdacht besteht, dass es die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und seiner Zweckbestimmung entsprechenden Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinaus gefährdet. Versuch und fahrlässige Begehung sind strafbar ( 40 Abs. 2, 4 MPG). 40 Abs. 1 Nr. 4 MPG i.v.m. 14 S. 2 MPG: Betreiben eines Medizinproduktes, das Mängel aufweist, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. Versuch und fahrlässig Begehung sind strafbar ( 40 Abs. 2, 4 MPG). bb) Ordnungswidrigkeiten 42 Abs. 2 Nr. 1 MPG i.v.m. 4 Abs. 1 Nr. 2 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Betreiben eines Medizinproduktes, bei dem das Verfalldatum abgelaufen ist. 13 Nr. 1 i.v.m. 2 Abs. 6 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.v.m. 37 Abs. 5 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Betreiben eines Medizinproduktes, das in den Anwendungsbereich der MPBetreibV fällt, in Anlage 2 zur MPBetreibV aufgeführt ist und die Fehlergrenzen des 11 Abs. 2 MPBetreibV nicht einhält. 13 Nr. 3 i.v.m. 5 Abs. 1 S. 1 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.v.m. 37 Abs. 5 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Betreiben eines in der Anlage 1 zur MPBetreibV aufgeführten Medizinproduktes, ohne dass der Hersteller oder eine dazu befugte Person, die im Einvernehmen mit dem Hersteller handelt, das Medizinprodukt am Betriebsort einer Funktionsprüfung unterzogen hat und die vom Betreiber beauftragte Person anhand der Gebrauchsanweisung sowie beigefügter sicherheitsbezogener Informationen und Instandhaltungshinweise in die sachgerechte Handhabung, Anwendung und den Betrieb des Medizinproduktes sowie in die zulässige Verbindung mit anderen Medizinprodukten, Gegenständen und Zubehör eingewiesen hat. b) Anwenden aa) Strafvorschriften 40 Abs. 1 Nr. 1 MPG i.v.m. 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG: Anwenden eines Medizinproduktes, wenn der begründete Verdacht besteht, dass es die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und seiner Zweckbestimmung entsprechenden Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehend gefährdet. Versuch und fahrlässige Begehung sind strafbar ( 40 Abs. 2, 4 MPG). 40 Abs. 1 Nr. 4 MPG i.v.m. 14 S. 2 MPG: Anwenden eines Medizinproduktes, das Mängel aufweist, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. Versuch und fahrlässige Begehung sind strafbar ( 40 Abs. 2, 4 MPG). bb) Ordnungswidrigkeiten 42 Abs. 2 Nr. 1 MPG i.v.m. 4 Abs. 1 Nr. 2 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Anwenden eines Medizinproduktes, bei dem das Verfalldatum abgelaufen ist. 42 Abs. 2 Nr. 9 MPG i.v.m. 14 Abs. 4 S. 3 MPG: Vorsätzliches oder fährlässiges Anwenden eines In-Vitro- Diagnostikums, das nach 12 Abs. 4 MPG ausgestellt ist, an Proben, die von einem Besucher der Ausstellung stammen. 13 Nr. 1 MPBetreibV i.v.m. 2 Abs. 6 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.v.m. 37 Abs. 5 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Anwenden eines Medizinproduktes, das in den Anwendungsbereich der Medizinproduktebetreiberverordnung fällt, in Anlage 2 zum MPBetreibV aufgeführt ist und die Fehlergrenzen des 11 Abs. 2 MPBetreibV nicht einhält. 13 Nr. 4 MPBetreibV i.v.m. 5 Abs. 2 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.v.m. 37 Abs. 5 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Anwenden eines in Anlage 1 zur MPBetreibV aufgeführten Medizinproduktes von einer Person, die die Voraussetzungen des 2 Abs. 2 MPBetreibV (erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung) nicht erfüllt oder eine solche, die nicht durch den Hersteller oder durch eine gem. 5 Abs. 1 Nr. 2 MPBetreibV vom Betreiber beauftragte Person unter Berücksichtigung der Gebrauchsanweisung in die sachgerechte Handhabung dieses Medizinproduktes eingewiesen worden ist. c) Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Instandhaltung 13 Nr. 2 MPBetreibV i.v.m. 4 Abs. 1 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Beauftragen einer Person, eines Betriebs oder einer Einrichtung mit der Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Aufbereitung) von Medizinprodukten, die die Sachkenntnis, Voraussetzungen und die erforderlichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführung dieser Aufgabe nicht besitzen, durch den Betreiber. 13 Nr. 3 MPBetreibV i.v.m. 4 Abs. 2 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Reinigung, Desinfektion oder Sterilisation von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten, auch von solchen, die vor der erstmaligen Anwendung desinfiziert oder sterilisiert werden, wird vorsätzlich oder fahrlässig nicht oder nicht richtig durchgeführt. d) Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit sicherheitstechnischen oder messtechnischen Kontrollen 13 Nr. 5 MPBetreibV i.v.m. 6 Abs. 1, 11 Abs. 1 S. 1, 15 Nr. 6 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Die sicherheitstechnische oder messtechnische Kontrolle wird vorsätzlich oder fahrlässig nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig durchgeführt und nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt gelassen. 13 Nr. 6 MPBetreibV i.v.m. 6 Abs. 3 S. 2 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Das Protokoll einer MPR 1/2008 7

AUFSÄTZE Weimer, Medizinproduktehaftung sicherheitstechnischen Kontrolle wird vorsätzlich oder fahrlässig nicht bis zur nächsten sicherheitstechnischen Kontrolle aufbewahrt. 13 Nr. 7 MPBetreibV i.v.m. 6 Abs. 4 S. 1, 11 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Durchführen einer sicherheitstechnischen oder messtechnischen Kontrolle durch eine Person, die die Voraussetzungen des 6 Abs. 4 S. 1 nicht erfüllt. 13 Nr. 8 MPBetreibV i.v.m. 6 Abs. 5, 11 Abs. 6 MPBetreibV i. V. m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Vorsätzliche oder fahrlässige Beauftragung einer Person mit einer sicherheitstechnischen oder messtechnischen Kontrolle, die die Voraussetzungen nach 6 Abs. 4, 5 bzw. 11 Abs. 5 S. 1, Abs. 6 MPBetreibV nicht erfüllt. 13 Nr. 11 MPBetreibV i.v.m. 11 Abs. 5 S 2 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Personen, die messtechnische Kontrollen durchführt, zeigt diese Tätigkeit vorsätzlich oder fahrlässig nicht vor deren Aufnahme der zuständigen Behörde an. 13 Nr. 12 MPBetreibV i.v.m. 11 Abs. 7 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Derjenige, der eine messtechnische Kontrolle durchführt, trägt vorsätzlich oder fahrlässig die Ergebnisse der messtechnischen Kontrolle unter Angabe der ermittelten Messwerte, der Messverfahren und sonstiger Beurteilungsergebnisse nicht, nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder nicht unverzüglich in das Medizinproduktebuch ein, soweit es nach 7 Abs. 1 MPBetreibV zu führen ist. 13 Nr. 13 MPBetreibV i.v.m. 11 Abs. 8 MPBetreibV i. V. m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Medizinprodukt wird nach erfolgreicher messtechnischer Kontrolle vorsätzlich oder fahrlässig nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig gekennzeichnet. e) Sonstige Ordnungswidrigkeiten 13 Nr. 9 MPBetreibV i.v.m. 7 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 1 S. 1, 15 Nr. 8 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Der Betreiber führt vorsätzlich oder fahrlässig ein Medizinproduktebuch, das er für die in den Anlagen 1 und 2 zur Medizinproduktebetreiberverordnung mit den Angaben in 7 Abs. 2 S. 1 MPBetreibV zu führen hat, oder ein Bestandsverzeichnis, das er für alle aktiven nicht implantierbaren Medizinprodukte der jeweiligen Betriebsstätte nach 8 Abs. 2 S. 1 MPBetreibV zu führen hat, nicht, nicht richtig oder nicht vollständig. 13 Nr. 10 MPBetreibV i.v.m. 10 Abs. 1 MPBetreibV i.v.m. 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Die für eine Implantation verantwortliche Person händigt dem Patienten, dem ein aktives Medizinprodukt implantiert wurde, nach Abschluss der Implantation vorsätzlich oder fahrlässig eine schriftliche Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig aus. D. Übungsfälle I. Fall 1 1. Sachverhalt Ein 47 Jahre alter Patient P1 wird mit einem Herzinfarkt in das Kreiskrankenhaus B auf der internistischen Intensiv- station aufgenommen. Wegen der instabilen Herz-Kreislauf-Situation verordnet der behandelnde Arzt A1, dem Patienten P1 über ein Perfusor intravenös Adrenalin in einer Dosierung von 0,2 µg zu geben. Der Perfusor des Herstellers H1 wird durch eine Anwendungssoftware des Herstellers H2 mittels eines PC des Herstellers H3 gesteuert. PC und Perfusor sind durch eine Datenleitung gekoppelt. Dabei entsteht ein programmierbares elektrisches medizinisches System. Jede Einheit des Systems aus Perfusor, PC und Software trägt eine eigene CE-Kennzeichnung. Der Hersteller H2 entschließt sich, ein update, seiner Steuerungssoftware vorzunehmen und beauftragte seinen Service-Mitarbeiter M1 vor Ort, beim Betreiber im Kreiskrankenhaus B die neue Software aufzuspielen. Der Außendienstmitarbeiter M1 besuchte vor einer Woche die Intensivstation und wies die dort tätigen Pflegekräfte in die neue Benutzeroberfläche der Software ein. Er beantwortete Fachfragen zum Produkt. In diesem Zusammenhang hob er hervor, dass mit der Software nur bestimmte Infusionspumpen im Rahmen der Zweckbestimmung betrieben werden dürfen, und dass der zur Zeit am PC angeschlossene Perfusor des Herstellers H1 nicht dazu gehört. Er teilt mit, dass die überarbeitete Gebrauchsanweisung, die zur Zeit noch nicht ganz fertig sei, in den nächsten Tagen per Post zugesandt wird. M1 unternimmt sonst weiter nichts. Die diensthabende Stationsschwester S1 bereitet die handelsüblichen Ampullen, bei denen 1 ml Lösung 1 mg Adrenalin enthalten, aus praktischen Gründen so auf, dass 10 mg Adrenalin mit physiologischer Kochsalzlösung auf 50 ml aufgezogen werden. Der 80 kg schwere Patient P1 erhält somit 16 µg Adrenalin/min ( 0,96 mg/h), dies entspricht einer Förderrate des Perfusors von 4,8 ml/h (Therapiezeit < 10 Std.). S1, die an der Einweisung teilgenommen hat, schaltet den Perfusor des Herstellers H1 von lokalem Betrieb auf Fernbedienung mittels PC um. Die neue Anwendungs-Software erleichtert ihr die Überwachung des Patienten. Durch einen von ihr unbemerkten Initialisierungsfehler der neuen Software wird die Dosis allerdings von 4,8 ml/h auf 48 ml/h verstellt. Der Patient erhält nun Adrenalin in einer Dosierung von 2 µg/kg/min. Nach einigen Minuten zeigt der Monitor am Patientenbett Herzkammerflimmern an. Der Arzt A1 defibrilliert den Patienten P1 mit 200 J und die Herzaktion normalisiert sich wieder; nach kurzer Zeit tritt erneut Kammerflimmern ein. Wieder wird der Patient P1 mit 200 J defibrilliert. Die Herzaktion normalisiert sich kurzzeitig, dann tritt wieder Kammerflimmern ein. Der Patient erhält zusätzlich Antiarrythmika und Magnesium; Blut zur Kaliumkontrolle wird abgenommen. Die erneute Defibrillation bleibt erfolglos, auch eine Steigerung auf 360 J kann das Kammerflimmern nicht beenden. Nach einer Stunde zeigt ein akustisches Alarmsignal an, dass die in dem Perfusor eingelegte mit Adrenalin gefüllte Spritze leer ist. Erst jetzt fällt dem Arzt A1 und der Stationsschwester S1 der Fehler bei der Adrenalindosierung (10-fach zu hoch/schnell) auf. Weitere Reanimationsmaßnahmen bleiben erfolglos. Der Patient verstirbt, obwohl unter medizintechnischen Bedingungen schon beim ersten Auftreten von Kammerflimmern die medizinisch richtigen Maßnahmen ergriffen wurden. 8 MPR 1/2008

Weimer, Medizinproduktehaftung AUFSÄTZE Die Angehörigen des Patienten stellen Strafanzeige gegen alle Beteiligten (B, A1, S1, M1, H1, H2, H3) bei der Staatsanwaltschaft des zuständigen Landgerichts. Außerdem machen sie zivilrechtliche Haftungsansprüche geltend. Der Staatsanwalt ermittelt strafrechtlich wegen fahrlässiger Tötung. 2. Fragen Bitte überprüfen Sie den Sachverhalt auf mögliches Fehlverhalten von folgenden Personen Behandelnder Arzt (A1) Stationsschwester (S1) Servicemitarbeiter des Software Herstellers (M1) Software Hersteller (H2) Betreiber Krankenhaus (B) Hersteller des Perfusors (H1) Hersteller des PC (H3) anhand folgender Fragen: 1. Lieg(t)en Behandlungsfehler vor? 2. Durch welche Maßnahmen hätte der Todesfall verhindert werden können? 3. Wer war für das einwandfreie Funktionieren der eingesetzten Geräte (einschließlich der Software) verantwortlich? 4. Worin bestand das Fehlverhalten von M1? 5. Worin bestand das Fehlverhalten von B, A1 und S1? 6. Nach welcher Bedienung (die Gebrauchsanweisung fehlte noch) wurde die Einstellung für die Adrenalindosis am PC plus Software vorgenommen? 7. Hat die eingewiesene Stationsschwester S1 bei Anwendung der neuen Software einen Bedienungsfehler gemacht? 8. Hätte der Servicemitarbeiter seinen zuständigen Sicherheitsbeauftragten über die unerlaubte Gerätekombination vorab informieren müssen? 3. Lösungen 1. Liegt ein Behandlungsfehler vor? A1 hat grds. aus medizinischer Sicht die richtige Therapie veranlasst. Allerdings hätte A1 als auch S1 die Funktionstauglichkeit und den Zustand des MP vor Inbetriebnahme gemäß 2 Abs. 5 MPBetreibV überprüfen müssen. Der Einsatz eines fehlerhaften MP stellt grds. einen Behandlungsfehler dar. 2. Durch welche Maßnahmen hätte der Der Todesfall ist eingetreten als Folge einer Kausalkette verschiedener Fehler- Todesfall verhindert werden können? ursachen: Softwarefehler, fehlende Gebrauchsanweisung unzulässige Gerätekombination aus Perfusor, Software und PC, Inbetriebnahme gegen Anweisung von M1, unterlassene Kontrolle des Perfusors nach Auftreten der Komplikationen bei P1 durch A1 bzw. S1. Die Vermeidung jeder einzelnen Ursache (Unterlassung!) für sich genommen, hätte möglicherweise ausgereicht, den Tod von P1 zu verhindern. 3. Wer war für das einwandfreie Funk- Gemäß 2 Abs. 5 MPBetreibV muss sich der Anwender vor Anwendung eines tionieren der eingesetzten Geräte (ein- Medizinproduktes bzw. eines medizinischen Systems von der Funktionsfähigschließlich der Software) verantwortlich? keit und dem ordnungsgemäßen Zustand überzeugen. Dieser Sorgfaltspflicht ist A1 & S1 nicht nachgekommen. Darüber hinaus darf B als Betreiber des Anlage 1 MPs dieses nur betreiben, wenn die Voraussetzungen nach 5 MPBetreibV erfüllt sind (Funktionsprüfung, Einweisung, Dokumentation). Dafür, dass die Geräte zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens sicher sind, liegt die Verantwortung beim jeweiligen Hersteller. 4. Worin besteht das Fehlverhalten von Das Fehlverhalten von M1 liegt darin, dass er die Software aufgespielt hatte, M1? obwohl er erkannt hatte, dass diese mit dem vorhandenen Perfusor nicht kompatibel ist. Neben der mündlichen Einweisung des Pflegepersonals bestand zudem die Pflicht, eine schriftliche Gebrauchsanweisung zeitgleich zu hinterlassen, da der Perfusor ein aktives MP zur unmittelbaren Einbringung von Substanzen & Flüssigkeiten in den Blutkreislauf unter potenziellem Druckaufbau nach Anlage 1 zu 5 Abs. 2 MPBetreibV ist. Unter den gegebenen Umständen hätte er dafür sorgen müssen, dass die Inbetriebnahme der neuen Software inkl. System durch das Pflegepersonal vorerst nicht möglich ist. Zivilrechtlich haftet zudem H2 aus 831 BGB, wegen der Erfüllungsgehilfenstellung von M1. MPR 1/2008 9

AUFSÄTZE Weimer, Medizinproduktehaftung 3. Lösungen (Fortsetzung) 5. Worin bestand das Fehlverhalten von Miteinander verbundene Medizinprodukte sowie mit Zubehör einschließlich B, A1 und S1? Software oder mit anderen Gegenständen verbundene Medizinprodukte dürfen nur betrieben und angewendet werden, wenn sie dazu unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung und der Sicherheit der Patienten, Anwender, Beschäftigten oder Dritter geeignet sind, vgl. 2 Abs. 3 MPBetreibV. B, S1 und A1 haben das MP außerhalb der Zweckbestimmung betrieben/angewendet. 6. Nach welcher Bedienung (die Gebrauchs- S1 hat die Bedienung nach dem bisherigen Gebrauch des Systems vorgenomanweisung fehlte noch) wurde die Einstel- men. Über die Warnung von M1, den angeschlossenen Perfusor nicht über die lung für die Adrenalindosis am PC plus PC-Steuerung zu betreiben, hat sie sich hinweggesetzt. Software vorgenommen? 7. Hat die eingewiesene Stationsschwes- Wir unterstellen, dass die Eingabe von 4,8 ml/h völlig korrekt durch S1 erter S1 bei Anwendung der neuen Soft- folgte. Für den Initialisierungsfehler der Software (von H2) ist S1 nicht verantware einen Bedienungsfehler gemacht? wortlich. Sie konnte den Fehler von außen nicht erkennen. Der Bedienungsfehler lag daran, dass sie den Perfusor entgegen der Warnung von M1 vom PC aus über die neue Benutzeroberfläche der Software bedient hat und damit außerhalb der Zweckbestimmung handelte, vgl. 2 Abs. 3 MPBetreibV. 8. Hätte der Servicemitarbeiter seinen zu- Ganz abgesehen davon, dass M1 das medizinische System nicht betriebsbereit ständigen Sicherheitsbeauftragten über hätte zurücklassen dürfen, wäre er zu einer schriftlichen Unterrichtung ( 31 die unerlaubte Gerätekombination vorab Abs. 4 MPG) des zuständigen Sicherheitsbeauftragten verpflichtet gewesen. Er informieren müssen und ist das Unterlas- hätte den Sicherheitsbeauftragten schriftlich darüber informieren müssen, das sen strafbewährt? ein nicht erlaubtes Medizinprodukt mit ihrer Software kombiniert wird. Diese Unterlassung von M1 ist gem. 42 Abs. 2 Nr. 15 MPG bußgeldbewährt. II. Fall 2 1. Sachverhalt Die Gewerbeaufsicht beanstandet bei einer Begehung im Krankenhaus, dass nicht alle Anwender in die Handhabung eines aktiven Medizinprodukts der Anlage 1 zur MPBetreibV vom Hersteller ersteingewiesen sind. Der Verantwortliche im Krankenhaus macht geltend, dass im Hinblick auf die hohe Fluktuation des Personals eine solche Anforderung nicht ohne erheblichen Kostenaufwand realisiert werden kann, zumal es genügend eingewiesene Personen gebe, die in der Lage sind, neues Personal in die Handhabung einzuweisen. 2. Frage Verlangt die MPBetreibV eine Einweisung der Anwender von aktiven Medizinprodukten der Anlage 1 durch den Hersteller? 3. Lösung 5 Abs. 2 MPBetreibV verlangt für die Anwendung von aktiven Medizinprodukten der Anlage 1, dass die Anwender die Voraussetzungen nach 2 Abs. 2 erfüllen (erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung) und dass sie durch den Hersteller oder durch eine vom Betreiber beauftragte Person in die Handhabung dieses Medizinproduktes eingewiesen worden sind. Eine Einweisung aller Anwender durch den Hersteller ist also nicht erforderlich. Es genügt, wenn die vom Betreiber beauftragte Person vom Hersteller oder einer vom Hersteller dazu befugten Person ersteingewiesen wurde. Anschrift des Verfassers: Dr. Tobias Weimer Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht c/o Kahlert Padberg Willy-Brandt-Platz 9 58065 Hamm Tel.: 02381/9199201 Fax.: 02381/9199100 Mobil: 0179/4872947 www.erfolgreich-arzt-sein.de 10 MPR 1/2008

Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? AUFSÄTZE Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? Szahra Haghiri-Tehrani unddr. Thomas Graefe Arzneimittel, Medizinprodukte und Kosmetika sind zunehmend im online-markt verfügbar und vereinfachen den Handel in vielerlei Hinsicht. Was sich allerdings organisatorisch als flexibler darstellen mag, kann rechtliche Probleme mit sich bringen: denn zum einen gelten für Online- Shops per se Besonderheiten zu Vertragsschluss und Rückabwicklung. Hinzu kommen bei Gesundheitsshops gesundheitsrechtliche Spezifikationen im Wettbewerbsrecht. Diese zweifache Sondersituation gilt es als Betreiber eines Gesundheitsshops im Internet zu berücksichtigen. I. Widerrufsbelehrung Die hohe Relevanz einer wirksamen Widerrufsbelehrung für den Beginn der zweiwöchigen Widerrufsfrist gebietet Aufmerksamkeit hinsichtlich Wortlaut und Verortung der Widerrufsbelehrung. a. Wo muss die Widerrufsbelehrung stehen? Bei Internetshops stellt sich hinsichtlich der Verortung der Widerrufsbelehrung bereits die grundsätzliche Frage, ob im Volltext auf das Widerrufsrecht hinzuweisen ist oder etwa ein auf dieses hinweisender Link ausreichend ist. Eine pauschale Beantwortung dieser Frage ist aufgrund der durch die Rechtsprechung aufrecht erhaltenen Unsicherheit nicht möglich. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom 14.12.2006, Az: 6 U 129/06) hat zwar festgestellt, dass eine Verlinkung an sich zulässig ist, lässt jedoch die Frage, ob der Kunde im Rahmen eines Kaufabschlusses mit dem gesamten Text der Widerrufsbelehrung zu konfrontieren ist, offen. Gleichzeitig stellt es an die Verlinkung strenge Voraussetzungen an die Klarheit und Verständlichkeit. Dies bedeutet, dass die Kennzeichnung des Links hinreichend klar erkennen lassen muss, dass überhaupt eine Widerrufsbelehrung vorliegt; nicht etwa darf man vom rechtskundigen Käufer ausgehend das Auffinden von Hinweisen zur Widerrufsbelehrung in jeglicher Weise erschweren. Dies erfordert die Bereitstellung eines Links mit entsprechender Kennzeichnung, die Informationen zum Widerrufsrecht erkennbar macht. Damit nähert sich die Verlinkung den Anforderungen an die Bereitstellung eines Volltext mit dem gravierenden Unterschied, dass die Verlinkung mangels eindeutiger Rechtsprechung weiterhin rechtliche Unsicherheit in sich birgt. Zu empfehlen ist aus diesem Grunde rein vorsorglich die Bereitstellung des Volltextes des Widerrufsrechts. Unzulässig ist außerdem die unauffällige Einbettung der Widerrufsbelehrung in Allgemeine Geschäftsbedingungen, da 1 Abs. 4, 3 BGB-Informationspflichtenverordnung eine hervorgehobene und deutlich gestaltete Form der Belehrung verlangt. In Internetshops ist im Rahmen des Bestellvorgangs auf das Widerrufsrecht hinzuweisen b. Inhaltliche Ausgestaltung der Widerrufsbelehrung Bei der inhaltlichen Ausgestaltung kommt es auf präzise und neue Grundsätze der Rechtsprechung beachtende Formulierungen an. Die Belehrung über den Fristbeginn ist nach jüngster Rechtsprechung nicht wortgetreu der Muster-Widerrufsbelehrung für die Informationspflichten im Internet anzupassen. Hier hat das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 05.12.2006, Az.: 5 W 295/06) die Formulierung die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung als unzureichend erachtet. Die Formulierung, so das Kammergericht, sei hinsichtlich der Bedingungen der Ausübung des Widerrufs nicht klar und verständlich. Unabhängig von der Frage, ob das amtliche Muster zu Recht als unzureichend angesehen wird, empfiehlt es sich, die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin bei der Formulierung der Widerrufsbelehrung zu beachten. Ein Abweichen von der Muster-Widerrufsbelehrung ist dabei unumgänglich. Nach Auffassung des Kammergerichts Berlin soll statt der Formulierung Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung zu laufen die Formulierung Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform mitzuteilenden Widerrufsbelehrung erforderlich sein. Diese Änderung bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Information im Internethandel selbst; bei Internetshops also auf die Widerrufsbelehrung bei entsprechenden Links oder im Rahmen der Informationen während des Bestellvorgangs. c. 14-tägiges oder einmonatiges Widerrufsrecht? Um wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zu vermeiden, ist zudem auf die Widerrufsfrist zu achten. Hierzu hat das Kammergericht Berlin (Entscheidung vom 18.07.2006, Az.: 103 O 91/06) zu Ebay Verkäufen entschieden, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist unzulässig ist. Das Kammergericht bezieht sich dabei auf den durch 355 BGB bezweckten Verbraucherschutz, der eine umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung erfordert. Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist gemäß 355 Abs. 2 S. 2 BGB zwar zwei Wochen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die in Textform mitzuteilende Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird, 355 Abs. 2 S. 2 BGB; dann beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Das Kammergericht ging davon aus, dass die Belehrung im Internet-Auftritt zum einen keine Belehrung in Textform darstellt und zum anderen dem Verbraucher nicht mitgeteilt wird. Textform erfordert gemäß 126b BGB, dass die Erklärung beispielsweise durch Brief, Fax oder Email in geeigneter Weise abgegeben ist. Bei Texten, die in das Internet eingestellt, dem Empfänger aber nicht übermittelt worden sind, ist 126b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zur Perpetuierung der Erklärung beim abrufenden Verbraucher kommt. Wird die Belehrung jedoch erst nach Vertragsschluss etwa mit MPR 1/2008 11

AUFSÄTZE Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? Übersendung der Ware erteilt beträgt die Widerrufsfrist gemäß 355 Abs. 2 S. 2 BGB einen Monat. Bei Online- Shops ist daher unbedingt anzuraten, auf die Bestellung des Kunden mit einer automatischen Bestellbestätigung ( 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB) per E-mail zu reagieren und mit dieser E-mail die Widerrufsbelehrung zu versenden. Auf diese Weise entspricht die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist zwei Wochen beträgt. d. Modalitäten der Vertragsrückabwicklung Ist ein Widerruf wirksam erfolgt, bleibt zu klären, welche Rechte und Pflichten bei der Rückabwicklung zu beachten sind. Bei Gesundheitsshops im Internet von ist dabei die Frage nach der Kostentragung der Versandkosten sowie Einzelheiten zur Ware und Originalverpackung von besonderer praktischer Bedeutung. e. Kostentragung für Versandkosten Hinsichtlich der Rücksendekosten ist die gesetzliche Regelung eindeutig: 357 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt bei Rückgabe und Widerruf die Kostentragungspflicht des Unternehmers. Bei Waren, die einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigen sowie bei zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht bezahlten Waren (dann auch bei einem 40 Euro übersteigenden Wert) kann durch vertragliche Vereinbarung eine Kostentragung des Verbrauchers festgelegt werden, es sei denn die Ware entspricht nicht der Bestellung. Das Amtsgericht Aachen (Entscheidung vom 23.08.2006, Az. 10 C 206/06) hat jedoch entschieden, dass lediglich die erforderlichen Versandkosten vom Käufer zu tragen sind; zusätzliche Versandkosten des Käufers, wie etwa solche einer Express-Sendung sind hingegen nicht zu erstatten. Dem liegt der Gedanke von Treu und Glauben zugrunde, da ausschließlich dem Käufer zugute kommende Zusatzleistungen nicht vom Verkäufer getragen werden müssen. Unklar ist die rechtliche Lage hinsichtlich der für die Hinsendung der Ware aufgewendeten Kosten. 357 Abs. 1 BGB verweist für die Rechtsfolgen eines Widerrufs oder einer Rückgabe auf 346 BGB, der eine Rückgewährpflicht der empfangenen Leistungen festsetzt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hingegen hat mit Urteil vom 28.11.2001 (Az.: 9 U 148/01) entschieden, dass der Verkäufer auch die Hinsendekosten zu erstatten hat. Dieses Urteil beruhte allerdings auf dem alten Fernabsatzgesetz, dürfte aber auch nach der jetzigen Rechtslage noch Bestand haben. In diesem Urteil heisst es: Aus Sicht des Verbrauchers handelt es sich bei den bezahlten Versandkosten ebenfalls um seine Leistung an den Unternehmer, weshalb sie ihm gemäß 346 BGB zurückzuerstatten ist. Soweit er seinerseits als Leistung des Unternehmers die Übersendung an sich erhalten hat, wäre er gemäß 346 BGB durch Bereithalten der Ware zur Abholung, höchstens aber zur kostenlosen Rücksendung verpflichtet. Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht: Schon nach dem Wortlaut des 346 BGB sind Hinsendekosten hiervon nicht erfasst, da der Käufer die Hinsendekosten weder empfangen hat noch in sonstiger Weise durch diese bereichert ist, da der Ver- sand zur Verkäuferpflicht gehört. Gegen eine Erstattung spricht ferner, dass gemäß 357 Abs. 4 BGB keine weitergehenden Ansprüche bestehen. Von Modifizierungen von Widerrufs- oder Rückgabeerklärungen hinsichtlich der Hinsendekosten ist stark abzuraten. f. Rückgabe nur mit Originalverpackung? Gerade im Gesundheitsbereich ist bei Entfernung oder Beschädigung der Originalverpackung der Ware aus hygienischen Gründen der (Wieder-)Verkauf allenfalls mit erheblichen Abschlägen möglich. Ob Klauseln wie Rückgabe nur in Originalverpackung samt Innenverpackung hier Abhilfe schaffen können, ist zu bezweifeln, denn diese hat die Rechtsprechung (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.11.2005; Az: 1 U 127/05) grundsätzlich als unzulässig angesehen. Etwas anderes gilt in den gesetzlich geregelten Fällen des 312 d Abs. 4 BGB, der eine Einschränkung des Widerrufs- oder Rückgaberechts vorsieht, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit ( ) nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können ( ). Zwar schließt der Wertverlust der Ware das Widerrufsrecht nicht aus. Bei freiverkäuflichen Arzneimitteln und angebrochenen Kosmetik- und Hygieneartikeln ist jedoch eine Rücksendung in der Regel schon wegen der Gefahr des Verderbs ausgeschlossen (Becker/Föhlisch NJW 05, 3377/3379). Ob Gesundheitsshops unter Hinnahme des Wertverlustes aus Kullanzgründen die angebrochene Ware zurücknehmen bleibt ihnen überlassen. Denkbar wäre in diesen Fällen auch die Aufnahme von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche eine Teilrückerstattung des Kaufpreises entsprechend dem Warenzustand festsetzen, zum Beispiel: Wertersatz Der Verkäufer kann den zurückzuzahlenden Kaufpreis angemessen verringern, wenn die Ware sich verschlechtert hat oder untergegangen ist. Dies gilt auch für die Verschlechterung oder den Untergang der Ware durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware, es sei denn die Verschlechterung oder der Untergang sind ausschließlich auf die sorgsame und vorsichtige Prüfung der Ware zurückzuführen. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Ware nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. II. Impressum Seit dem 1. Januar 2002 besteht eine Impressumspflicht für Internetseiten. Diese dient in erster Linie dem Verbraucherschutz aber auch den Mitbewerbern, die sich über den Inhaber einer Website informieren oder gerichtlich gegen ihn vorgehen wollen. Gemäß 5 TMG unterfällt der Impressumspflicht jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Folgende Pflichtangaben, die in der selben Sprache wie der Rest der Homepage verfasst sein müssen, sind zu beachten: 12 MPR 1/2008

Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? AUFSÄTZE 1. Name und ladungsfähige Anschrift des Anbieters Name und Firmenbeschreibung sind vollständig anzugeben. Ferner ist die Rechtsform zu nennen. Die Anschrift muss Strasse, Hausnummer, Postleitzahl und Ort umfassen. Die Angabe einer bloßen Postfachadresse genügt daher nicht. Bei juristischen Personen ist die Angabe des Sitzes und der Vertretungsberechtigten erforderlich. Bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften (auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts) sind die Vertretungsberechtigten anzugeben. Dies müssen bei juristischen Personen allerdings nicht die gesetzlich Vertretungsberechtigten sein, da die Benennung eines Prokuristen oder eines anderen Bevollmächtigten genügt. 2. Angaben zur schnellen Kontaktaufnahme Erforderlich ist die Angabe einer Telefonnummer, Faxnummer (sofern vorhanden), Emailadresse. Die Angabe einer Telefonnummer, unter der nur ein Anrufbeantworter zu erreichen ist, genügt nicht. 3. Aufsichtsbehörde Den Nutzern soll ermöglicht werden, sich bei einer Anlaufstelle zu informieren und gegebenenfalls Beschwerden anzubringen. Im Gesundheitsbereich kommen als Aufsichtsbehörden beispielweise Landesregierungspräsidien, (Landes-) Apothekerkammern etc. in Betracht. Die Mitteilung der Behördenadresse ist nicht erforderlich. 4. Register und Registernummer Das Handelsregister, Vereinsregister oder Partnerschaftsregister ist mit entsprechender Registernummer anzugeben. 5. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Wenn eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach 27 a des Umsatzsteuergesetzes vorhanden ist, ist diese anzugeben. Hinsichtlich der Art der Anbringung gilt, dass die Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein müssen. Dies bedeutet, dass der Nutzer nicht lange nach dem Impressum suchen muss und nicht mehr als zwei Schritte benötigt werden um die Identifizierungsinformation zu erhalten. Hierzu kann das Impressum entweder auf jeder einzelnen Webseite angebracht werden oder es wird eine Seite mit den Pflichtangaben angelegt und von der Startseite aus verlinkt, die wiederum von jeder anderen Seite aus erreichbar sein muss. Die ständige Verfügbarkeit umfasst die Möglichkeit der dauerhaften Archivierung durch den Nutzer durch Ausdruck. Die leichte Erkennbarkeit erfordert eine gut lesbare Schriftgröße und nutzerfreundliche Terminologie (beispielsweise Anbieterkennzeichnung ). Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen 5 TMG stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese kann mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Weiterhin können Wettbewerbsvereine und Verbraucherschutzverbände einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Schließlich können kostenpflichtige Abmahnungen von Konkurrenten ergehen. III. Preisangabeverordnungen Mit der Preisangabeverordnung soll dem Verbraucher ermöglicht werden, sich Klarheit über die Preisgestaltung zu verschaffen. Bei sogenannten Offline-Geschäften (Kaufhäuser etc.) ist die Bewerbung von Brutto-Preisen anders als im Internethandel mit der Formulierung inkl. USt. üblich. Um Wettbewerbsvorteile durch das Verschweigen der Umsatzsteuer zu vermeiden, fordert die PAngV Transparenz im Onlinehandel. Betreibern von Onlineshops obliegt damit die Angabe derjenigen (End-)Preise, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile wie Liefer- und Versandkosten zu zahlen sind. Erforderlich ist insbesondere auch der Hinweis, dass Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile im geforderten Preis enthalten sind. Für den Fall, dass zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen, ist dies einschließlich der Höhe der Kosten anzugeben. Damit sind beispielsweise Nettopreise mit der Angabe zzgl. MwSt. ohne Angabe des tatsächlichen Endpreises unzulässig. Die Ermittlung des Endpreises darf in keinem Falle dem Verbraucher auferlegt werden. Verstöße gegen die PAngV können wettbewerbswidrig gemäß 1 UWG sein, da die Vorschriften der PAngV das Marktverhalten regeln und damit auch Wettbewerbsbezug aufweisen. Die Rechtsprechung stellt besonders darauf ab, ob der durchschnittlich informierte und aufmerksame Verbraucher durch eine fehlerhafte Preisgestaltung irregeführt oder ihm ein Preisvergleich erheblich erschwert würde. IV. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) AGB vereinfachen den Geschäftsablauf und bezwecken vorwiegend eine Risikoabwälzung zugunsten des Unternehmers. Um diese Zwecksetzung nicht zu verfehlen ist bei der Gestaltung der AGB Vorsicht geboten. Im folgenden werden einige Hinweise hierzu dargestellt. 305 310 BGB regeln das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die verbraucherfreundliche Tendenz der 305ff. BGB beschränkt die Gestaltungsmöglichkeiten von Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern nahezu ausschließlich auf die gesetzlichen Bestimmungen. In der Praxis ist die geringste Konsequenz die Unwirksamkeit von AGB mit der Folge, dass das Vertragsverhältnis dem Gesetz unterfällt. Weitaus problematischer ist jedoch die wettbewerbsrechtliche Folge solcher unwirksamer AGB, da im Falle der Wettbewerbswidrigkeit Kostenpflichten und Abmahnungen erfolgen können. Beim Fernabsatzhandel kommt erschwerend hinzu, dass der Gesetzgeber Fragen des Fernabsatzhandels erst im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung im Jahre 2002 geregelt hat, während die 305ff. BGB durch die Eingliederung des früheren AGBG in das BGB ohne Anpassung an neue Vertriebsformen zustande kamen. Dies bedeutet für den Betreiber eines Gesundheitsshops im Internet die Empfehlung zur ständigen Mitberücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzeslage. Häufig werden Nebenabreden an die Schriftform geknüpft, etwa wie folgt: alle Nebenabreden bedürfen der schriftlichen Bestätigung. Diese Klausel ist gemäß 305 BGB unwirksam. MPR 1/2008 13

AUFSÄTZE Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? Nebenabreden können nicht an ein Schriftformerfordernis geknüpft werden, da individuelle Abreden Vorrang gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben. Deshalb können Allgemeine Geschäftsbedingungen keine Formvorschriften für Nebenabreden begründen. Unzulässig sind auch pauschale Schadensersatzforderungen, etwa wie folgt formuliert: Ist der Verkäufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 20 % geltend machen 309 Nr. 5 BGB schließt die Geltendmachung eines pauschalen Schadensersatzes aus, sofern dem Vertragspartner nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, der Schaden sei nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Von Bedeutung ist im Onlinehandel auch die Unzulässigkeit von Klauseln, welche Mängelansprüche auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränken wie etwa Mängelansprüche werden auf die Einräumung der dem Verkäufer gegen den Hersteller zustehenden Ansprüche beschränkt. Solche Klauseln sind gemäß 305 Nr. 8 b aa) BGB unwirksam. Was die Gewährleistung anbelangt, so können auch Klauseln wie Wir räumen eine Gewährleistung von sechs Monaten ein keinerlei Verkürzung der Gewährleistungsfrist von 24 Monaten bei Neuwaren bewirken. Diese Frist gilt erst seit 01.01.2002, so dass veraltete Klauseln in AGB der geltenden Rechtslage anzupassen sind. Klauseln zu Rücksendekosten für Mängelhaftung, etwa Bei Mängeln ist der Käufer verpflichtet, das Produkt auf eigene Kosten an und zurückzusenden verstoßen gegen 309 Nr. 8 b cc) BGB, da die gesetzlichen Vorschriften im Gewährleistungsfall dem Käufer die Transportkosten auferlegen. Auch Gefahrtragungsklauseln für den Versandhandel werden häufig unter Missachtung der gesetzlichen Lage formuliert. Klauseln wie Der Versand erfolgt auf Verantwortung und Gefahr des Käufers oder alle Risiken und Gefahren der Versendung gehen auf den Kunden über, soweit die Ware von uns an den beauftragten Logistikpartner übergeben worden ist sind insofern unwirksam, als im Falle der Beschädigung oder des Untergangs der Sache gemäß 474 II BGB die Gefahr erst dann auf den Käufer übergeht, wenn dieser tatsächlich die Ware erhalten hat. Schließlich ist beim Versandhandel mit Verbrauchern von Gerichtsstandvereinbarungen, etwa Gerichtsstand ist das Amtsgericht xy abzusehen. Gemäß 29 ZPO können Gerichtsstandvereinbarungen nur zwischen Kaufleuten wirksam getroffen werden. V. Wettbewerbsrechtliche Besonderheiten Wie eingangs erwähnt bestehen bei Gesundheitsshops wettbewerbsrechtliche Besonderheiten, welche sich aus der rechtlichen Sonderstellung der vertriebenen Produkte, Arzneimittel, Kosmetika, Nahrungsergänzungsmittel und diätische Lebensmittel, ergeben. Bei der Bewerbung dieser Produkte kommt es häufig vor, dass Werbeaussagen nicht vom Betreiber des jeweiligen Internetshops stammen son- dern vom Hersteller oder Importeur. Eine Abmahnung des Händlers bleibt dennoch wettbewerbsrechtlich zulässig. In solchen Fällen empfiehlt sich deshalb die vorzeitige Vereinbarung einer Freistellungsverpflichtung mit den eigenen Vertragspartnern (Hersteller oder Importeur), um nicht für fremde Wettbewerbsverstöße verantwortlich gemacht zu werden. 1. Rechtsgrundlagen Die Werbung für kosmetische Mittel ist rechtlich zum einen durch die Kosmetikrichtlinie und zum anderen durch das Gemeinschaftsrecht geprägt. Daneben ist das Heilmittelwerberecht zu beachten, da kosmetische Mittel als Heilmittel im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes gewertet werden können. Die Werbung für Arzneimittel regelt das Heilmittelwerbegesetz, welchem der Ausgleich zwischen den Besonderheiten dieser Warengruppe und dem angemessenen Einbezug der vielfältigen Interessen obliegt. aa. Kosmetik-Richtlinie (76/768/EWG) Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 der Kosmetik-Richtlinie bestimmt ein Verbot der Irreführung. Demnach haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass bei (.) Werbung für kosmetische Mittel nicht Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen. Damit bestimmt die Kosmetik-Richtlinie ein Verbot der Irreführung durch die Werbung für kosmetische Mittel (vgl. Reinhart in Fezer, UWG Rn. 487). bb. Lebensmittel- und Futtergesetzbuch (LFGB) Das LFGB erfasst sowohl kosmetische Mittel als auch Lebensmittel und deren Bewerbung. Gemäß 1 Abs. 1 LFGB umfasst das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) ausweislich des 2 Abs. 1 LFGB auch kosmetische Mittel. Das LFBG bezweckt unter anderem den Schutz vor Täuschungen beim Verkehr mit kosmetischen Mitteln ( 1 Abs. 1 Nr. 2 LFBG). Der vierte Abschnitt des LFGB regelt den Verkehr mit kosmetischen Mitteln gesondert, 26 29 LFBG. In 27 LFGB werden die Regelungen des Täuschungsschutzes für kosmetische Mittel gebündelt. Für Lebensmittel finden sich Irreführungsvorschriften in 11,12 LFGB; diese sind besonders bei Nahrungsergänzungsmitteln und diätischen Lebensmitteln relevant. cc. Kosmetik-Verordnung Die Vorschriften des LFBG für kosmetische Mittel werden durch die Kosmetik-Verordnung ergänzt, welche insbesondere die Kennzeichnung kosmetischer Mittel regelt. dd. Heilmittelwerbegesetz (HWG) Das Heilmittelwerbegesetz betrifft die Werbung von Heilmitteln. Dies können in weiter Auslegung des Wortlauts des 1 I Nr. 2 HWG auch Kosmetika sein, soweit sich die Werbung auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaf- 14 MPR 1/2008

Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? AUFSÄTZE ten Beschwerden bezieht ( 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG). In erster Linie dient das HWG jedoch dem Ausgleich der bei der Arzneimittelwerbung bestehenden Interessenskonflikte. Einerseits soll hierbei das Recht Arzneimittelherstellers auf Bewerbung seiner Arzneimittel berücksichtigt werden, andererseits auch das Recht des Verbrauchers auf Selbstmedikation. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers als Adressat der Heilmittelwerbung spielt dabei stets eine besondere Rolle. ee. UWG Die 1 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthalten zwei Generalklauseln, die das gesamte bundesdeutsche Werberecht beherrschen. Danach sind Handlungen unzulässig, die gegen die guten Sitten verstoßen oder über geschäftliche Verhältnisse irreführen. Die Werbung wird dabei bestimmten ethischen Mindestanforderungen sowie einem Wahrheitsanspruch unterworfen. Die Einhaltung dieser Doktrin wird von den Gerichten überprüft. 2. Täuschungsschutz bei Kosmetikwerbung und Lebensmittelwerbung, 27 Abs. 1 LFGB Die Vorschrift des 27 LFGB ist die zentrale Norm für den Täuschungsschutz bei kosmetischen Mitteln. Gemäß 27 I LFGB ist es verboten, kosmetische Mittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für kosmetische Mittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. 27 LFGB beinhaltet eine umfassende Regelung zum Täuschungsschutz und verbietet das gewerbsmäßige Inverkehrbringen kosmetischer Mittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung. 27 LFGB Abs. 1 Satz 2 führt exemplarisch ( insbesondere ) einige Irreführungstatbestände an. Hiervon sind beispielsweise Fälle erfasst, in welchen einem kosmetischen Mittel Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend erwiesen sind. Auch die Aufmachung, Bezeichnungen, Angaben etc. eines Kosmetikartikels können unter Umständen eine solche Irreführung bewirken. Ähnlich verhält es sich bei Lebensmitteln. Hier verbietet 11 LFGB das Inverkehrbringen von Lebensmitteln unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung sowie das Werben mit irreführenden Darstellungen und Aussagen. Gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln ist daher darauf zu achten, dass diesen keine Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht gesichert sind oder ihnen gar der Anschein eines Arzneimittels gegeben wird. Gleiches gilt für diätische Lebensmittel, deren Bewerbung leicht einer Irreführung nahekommen kann. 3. Grenzen der Arzneimittelwerbung nach HWG Das HWG differenziert nach Fach- und Publikumswerbung. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist die Werbung nur gegenüber den Angehörigen der Heilberufe erlaubt, die solche verordnen dürfen und gegenüber solchen Personen, die mit verschreibungspflichtigen Arznei- mitteln erlaubterweise Handel betreiben, 10 Abs. 1 HWG. Gegenüber dem Publikum darf außerdem nicht für Arzneimittel zur Beseitigung von Schlaflosigkeit und psychischen Störungen oder zur Beeinflussung der Stimmungslage geworben, 10 Abs. 2 HWG. Hinzu kommen die im Katalog der Anlage zu 12 HWG angeführten Arzneimittel für Krankheiten, die einer Selbstmedikation nicht zugänglich sind. Relevant sind vorliegend hauptsächlich die Grenzen der Publikumswerbung. Hier sind zahlreiche Werbemethoden unzulässig, die den Laien in seiner Vorstellung vom Arzt als Autorität beeinflussen können, da dieser einem empfohlenen Präparat unkritischer gegenüber stehen könnte. Auch die Bewerbung mit Dankes- und Empfehlungsschreiben Dritter ist nicht erlaubt, 11 Nr.11 HWG. Schließlich ist die Werbung mit Personen in Berufskleidung nicht erlaubt, 11 Nr.4 HWG. Gleiches gilt für die Werbung mit vorher-nachher-vergleichen von kranken und gesunden Körperteilen. 3 HWG beinhaltet Irreführungsverbote, etwa das Verbot der Bewerbung mit Wirkungen, die dem Arzneimittel nicht zustehen oder mit Aussagen, die eine Erfolgszusage beinhalten. Auch irreführende Aussagen zur Zusammensetzung und Beschaffenheit des Arzneimittels sind unzulässig. 4. UWG: Werbende Produktangaben insbesondere Alleinstellungswerbung, vergleichende Werbung, Werbung mit Selbstverständlichkeiten Relevant für Gesundheitsshops im Internet sind dabei insbesondere werbende Produktangaben, da diesen ein entscheidender Einfluss auf den potentiellen Käufer zuteil wird. Bei Gesundheitsshops wird zum einen die Alleinstellungswerbung zu beachten sein. Eine solche liegt vor, wenn für das Produkt eine Spitzenstellung auf dem Markt behauptet wird. Dabei ist nicht etwa die Behauptung einer alleinigen Spitzenstellung erforderlich; vielmehr ist schon die Behauptung ausreichend, Mitbewerber zu übertreffen. Keine Probleme bestehen freilich für den Fall, dass die behauptete Alleinstellung tatsächlich zutrifft dies aber lediglich solange diese deutlich und dauerhaft besteht. Die Grenze der Zulässigkeit ist jedoch bereits dann überschritten, wenn auch nur annähernd gleich große Mitbewerber existieren. Dabei ist die Beweislast von entscheidender Bedeutung: ob dem Werbenden der Beweis der Alleinstellung oder demjenigen, der gegen die Werbung vorgeht der Beweis für das Nichtvorliegen der Alleinstellung obliegt, ist umstritten. Grundsätzlich trifft den Kläger die Beweislast, in der Regel werden diesem jedoch die innerbetrieblichen Verhältnisse des Werbenden unbekannt sein. Letzteres kann zu einer Beweislastumkehr führen. Darüber hinaus wird bei Internetshops die kritisierende vergleichende Werbung relevant sein. Diese liegt vor, wenn die Werbung auf die Waren eines Konkurrenten Bezug nimmt und die Ware des Konkurrenten gegenüber der eigenen in ein negatives Licht gestellt wird. Die Rechtsprechung lässt vergleichende Werbung nur dann zu, wenn ein sachlicher Grund für die Durchführung des Vergleichs besteht und die Kritik einen sachlichen Rahmen wahrt. Der Vergleich muss stets sachlich und wahr durchgeführt werden und darf das Konkurrenzprodukt nicht pauschal herabsetzen. Im Vergleich dürfen ferner nicht lediglich die Vorteile des eigenen Produkts MPR 1/2008 15

AUFSÄTZE Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet worauf muss geachtet werden? und die Nachteile der Konkurrenz aufgeführt werden; vielmehr sind die eigenen Mängel zur Vermeidung eines falschen Gesamteindrucks ebenfalls aufzuführen. Von Interesse ist bei Internet-Shops im Gesundheitsbereich zudem die Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Dass eine Selbstverständlichkeit werbend eingesetzt wird kann eine Irreführung zur Folge haben, falls ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnt, es handle sich um eine Besonderheit des beworbenen Produktes. Ist dem Konsumenten allerdings bekannt, dass es sich um Selbstverständlichkeiten handelt, liegt keine Irreführung vor. Beispiel: früher wurde die Werbung gegenüber dem Endverbraucher mit der Angabe eines Endpreises und dem Vermerk inklusive MWSt als irreführend und somit unzulässig angesehen. Nunmehr gehen die Gerichte davon aus, dem Endverbraucher sein bekannt, dass in allen Endpreisen die MWSt enthalten ist. Auch die Markenwarenanmaßung ist im Gesundheitsbereich, insbesondere im Kosmetikbereich von Bedeutung. Markenwaren sind solche Erzeugnisse, deren mindestens gleichbleibende Güte vom Unternehmer gewährleistet wird und die mit einer bestimmten Kennzeichnung, die ihre Herkunft offen legt, versehen sind. Zudem muss die jeweilige Ware eine besondere Wertschätzung der Verbraucher erworben haben. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen darf ein Produkt als Markenware beworben werden. Daran ändert auch die einwandfreie Qualität des Produkts nichts. Gemäß 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG sind bei der Beurteilung der Irreführung alle Bestandteile der Werbung zu berücksichtigen, insbesondere in ihr enthaltene Angaben über die Zwecktauglichkeit und Verwendungsmöglichkeit oder die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse. Eine Werbung, die auf die Gesundheit Bezug nimmt, unterliegt dabei besonders strengen Anforderungen hinsichtlich der Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen. Bei umstrittener Gesundheitsförderung ist die Bewerbung einer gesundheitsfördernden Wirkung unzulässig. Mit gesundheitsfördernden Wirkungen darf nur geworben werden, wenn diese abgesichert sind. Dabei ist wiederum zu beachten, dass neue Erkenntnisse nicht ohne weiteres eine wissenschaftliche Absicherung begründen können; hier ist zumindest eine Veröffentlichung in der wissenschaftlichen Fachliteratur zu fordern. Schließlich wurde kürzlich entschieden, dass Testhinweise Dritter ohne die Angabe von Fundstellen nach Ort und Datum der Veröffentlichung unzulässig sind (OLG Hamburg, Beschluss vom 15.01.2007, Az: 3 U 240/06). Bei diätischen Nahrungsmitteln ist ebenfalls Vorsicht geboten. Hier wurde beispielsweise vom LG Hamburg (Urteil vom 19.12.06, Az.: 416 0/05) entschieden, dass eine Werbung mit der Aussage Gesund abnehmen ohne zu hungern irreführend ist, weil ein Abnehmen ohne Hungergefühl angepriesen wurde, nachdem die Beweisaufnahme ergab, dass ein Abnehmen ohne ein Mehr an Hungergefühl nicht möglich war. VI. Weitere Besonderheiten des Onlinehandels mit Arzneimitteln Der Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln bedarf einer gesonderten Erlaubnis. Diese können nur Inha- ber einer Apothekenkonzession beantragen. Die Erlaubnis ist an verschiedene in 11 a ApoG dargelegte Voraussetzungen geknüpft. Wichtig ist dabei die Sicherstellung eines Qualitätssicherungssystems, welches unter anderem sachgerechte Verpackung, Transport und Auslieferung gewährleistet. Außerdem muss beispielsweise sichergestellt sein, dass das Arzneimittel der Person ausgeliefert wird, die vom Besteller bezeichnet ist. Ferner muss darauf hingewiesen werden, dass im Falle des Auftritts von Problemen bei der Medikation ein Arzt zu konsultieren ist. Schließlich bestehen Anforderungen hinsichtlich der Lieferdauer (2 Tage) und des Versandsystems. Nur wenn schriftlich versichert wird, dass die in 11 a ApoG genannten Voraussetzungen erfüllt werden, ist die Erteilung der Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln auf Antrag zu erteilen. Freiverkäufliche Arzneimittel ( 44 AMG) dürfen auch außerhalb einer Apothekenkonzession abgeben werden. Sie bedürfen keiner zusätzlichen Beratung durch einen Apotheker. Nach dem Arzneimittelgesetz fallen darunter Arzneimittel, die nur zu anderen Zwecken dienen als zur Beseitigung oder Linderung von Krankheiten. Die Apothekenpflicht wird aufgehoben, wenn keinerlei Gesundheitsgefährdung für den Verbraucher zu befürchten ist. Es handelt sich solmit vorwiegend um Vorbeugungsmittel wie etwa Vitamine, Heilwässer, einige Tabletten auf pflanzlicher Basis etc. Die jeweilige Verkaufsstelle muss die sachgerechte Lagerung gewährleisten. Ferner muss bei mindestens einer Person die besondere Sachkunde hinsichtlich des Wissens über sachgerechte Lagerung, Art der Inhaltsstoffe, Texten und Packungsbeilagen etc. gewährleistet sein. Der Nachweis erfolgt zumeist Ablegung einer Prüfung bei der zuständigen Behörde. VII. Fazit Betreiber von Gesundheitsshops im Internet unterliegen sowohl den verbraucherschützenden Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts als auch den wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen der Spezialgesetze. Aufgrund der persönlichen Anonymität des Internetshops bei gleichzeitiger Zugriffsmöglickeit einer breiten Öffentlichkeit besteht eine erweitertes Forum für rechtliche Streitigkeiten und wettbewerbsrechtliche Sanktionen. Diesen gilt es durch die strikte Beachtung der gesetzlichen Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers sowie durch aufmerksames Wettbewerbsverhalten Vorbeugung zu leisten. Dabei empfiehlt sich eine sorgfältige Überprüfung der Geschäftsbedingungen, Widerrufsregelungen, Impressum und Preisangaben unter Beachtung aktueller Rechtsprechung. Bei der Bewerbung ist eine kritische Durchsicht des Angebots unter Einbeziehung der dargelegten Grundsätze sicherlich ein erster, vorbeugender Schritt. Anschrift der Verfasser: Ass. jur. Szahra Haghiri-Tehrani RA Dr. Thomas Graefe GRAEFE Rechtsanwälte Nymphenburger Straße 70 80335 München 16 MPR 1/2008

RECHTSPRECHUNG BUCHBESPRECHUNG ZUSAMMENARBEIT DER PHARMAINDUSTRIE MIT ÄRZTEN Rechtliches Umfeld, Steuern und Compliance Governance. Von Dr. Peter Dieners. München, Beck 2007. 2. Auflage 2007, 509 Seiten, kartoniert, Euro 46,00. ISBN 978-3-406-54301-2. Ärzte spielen bei der Verordnung von Arzneimittel und Medizinprodukten eine entscheidende Rolle. Gleichzeitig arbeiten sie mit der Industrie bei der Erforschung, Erprobung und Beobachtung dieser Produkte eng zusammen. Dies bringt für beide Seiten Risiken unterschiedlichster rechtlicher und steuerlicher Natur. Anhand einer Vielzahl von Beispielen erläutert das vorliegende Werk die rechtli- che und steuerlichen Rahmenbedingungen. Zusätzlich werden die Regelungen des Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (einschließlich der jüngsten Umsetzung des EFPIA-Kodex) sowie die hierzu ergangene Spruchpraxis ausführlich dargestellt und kommentiert. Das Werk stellt heraus, was in der Praxis erlaubt und verboten ist und wie Unternehmen sich selbst, ihre Mitarbeiter und die mit Ihnen kooperierenden Ärzte wirksam schützen können. Es stellt somit eine unverzichtbare Hilfe zum Aufbau einer effektiven Compliance Governance dar. RA Maximilian G. Broglie, Wiesbaden RECHTSPRECHUNG Ohrabdrucke für Hörgeräte und Ohrwasserschutzvorrichtungen an einer nicht genehmigten Betriebsstätte* Österreichische GewO 31 ivm 94 Z 34 1. Es ist unzulässig, das Gewerbe des Hörgeräteakustikers in Betriebsstätten auszuüben bzw. ausüben zu lassen, die entgegen den Vorschriften der Gewerbeordnung nicht bei den zuständigen Gewerbebehörden angezeigt wurden. 2. Zum Gewerbe des Hörgeräteakustikers zählen u. a. die Abnahme von Ohrabdrucken für Otoplastiken und/oder für Ohrwasserschutzvorrichtungen. Oberster Gerichtshof Wien, Urt. v. 12.06.2007 4 Ob 50/07t Sachverhalt Die Klägerin vertreibt Hörgeräte und Ohrwasserschutzvorrichtungen, Die Beklagte betreibt das Gewerbe eines Augenoptikers mit Hauptstandort in L***** und einer weiteren Betriebsstätte in Bad R*****, ihr Geschäftsführer gestattete der Firma H***** einem Konkurrenzunternehmen der Klägerin Service und Beratungstage in einem separierten Raum seiner Betriebsstätte in Bad R***** durchzuführen. Die Klägerin begehrt, der Beklagten Handlungen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu untersagen, die gegen die guten Sitten verstoßen, wie insbesondere das Gewerbe des Hörgeräteakustikers in Betriebsstätten auszuüben, die entgegen den Vorschriften der Gewerbeordnung nicht bei der zuständigen Gewerbebehörde angezeigt wurden, wie es zum Beispiel durch die Abnahme von Ohrabdrucken für Otoplastiken und/oder für Ohrwasserschutzvorrichtungen in der nicht ordnungsgemäß nach der Gewerbeordnung für das konzessionierte Gewerbe der Hörgeräteakustiker bei der zuständigen Gewerbebehörde angemeldeten Betriebsstätte in der Gemeinde Bad R***** der Fall sei. Sie macht geltend, ihre Mitbewerberin H***** führe in den Geschäftsräumlichkeiten der Beklagten regelmäßig Hörgerätesprechtage durch und nehme dort auch Ohrabdrucke für Otoplastiken und/oder Ohrwasserschutzvorrichtungen ab. Diese Tätigkeit sei nach 31 ivm 94 Z 34 GewO einem Hörgeräteakustiker vorbehalten. Weder die Beklagte noch H***** verfügten an der Betriebsstätte in Bad R***** über eine derartige Gewerbeberechtigung. H***** setze sich in subjektiv vorwerfbarer Weise über die Gewerbeordnung hinweg, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber der gesetzestreuen Klägerin zu erlangen. Sie erspare sich dadurch die Kosten und den sonstigen Aufwand für die Anmeldung einer weiteren Betriebsstätte. Die Beklagte hafte als Mittäterin bzw Gehilfin, weil sie das wettbewerbswidrige Verhalten von H***** fördere und erst ermögliche. Die Gesetzesverletzung sei auch ihr subjektiv vorwerfbar, weil sie in einem verwandten Geschäftsfeld tätig sei und über die einschlägigen gewerberechtlichen Bestimmungen Bescheid wissen müsse. Für deutsche Unternehmen ist Österreich ein wichtiger Markt. Daher sind die Entscheidungen des ÖstOGH zum Medizinprodukterecht auch für deutsche Juristen relevant. MPR 1/2008 17

RECHTSPRECHUNG Die Beklagte bestritt und beantragte Klageabweisung. H***** halte in einem von den Geschäftsräumlichkeiten der Beklagten abgetrennten Raum Beratungstage ab, sie führe dort nur Beratungsgespräche und nehme Serviceaufträge an. Vom Inhalt dieser Gespräche wie auch der Serviceaufträge habe die Beklagte keine Kenntnis. Sie habe auch keine Möglichkeit, für die Abstellung eines allfälligen Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Die Arbeitsbereiche beider Unternehmen seien getrennt, sodass weder den Angestellten der Beklagten noch ihrem Geschäftsführer bekannt sei, welche Tätigkeit die Angestellte von H***** dort verrichte. Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte (zusammengefasst) es zu unterlassen, das Gewerbe des Hörgeräteakustikers in Betriebsstätten auszuüben bzw ausüben zu lassen, die entgegen den Vorschriften der Gewerbeordnung nicht bei der zuständigen Gewerbebehörde angezeigt wurden, wie z.b. durch die Abnahme von Ohrabdrucken für Otoplastiken und/oder für Ohrwasserschutzvorrichtungen in der nicht ordnungsgemäß angemeldeten (im Urteil näher bezeichneten) Betriebsstätte der Beklagten in Bad R***** Das Mehrbegehren, der Beklagten aufzutragen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen, die gegen die guten Sitten verstoßen, zu unterlassen, wies es ab. Es stellte fest, H***** habe ihre davor am Standort der Beklagten eingerichtete Betriebsstätte aufgelöst und führe seither dort regelmäßig Service- und Beratungstage durch. Ab der Auflösung verfüge die Beklagte über keine aufrechte Berechtigung für das Gewerbe des Hörakustikers für diesen Ort als Betriebsstätte. Die Abmeldung der Betriebsstätte sei dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt. Dessen ungeachtet habe er H***** einen vom Verkaufsraum der Beklagten abgetrennten Raum für die Durchführung von Beratungs- und Servicetagen weiter zur Verfügung gestellt, um den Wettbewerb beider Unternehmen zu fördern. Ende 2005 habe die Klägerin von Kunden erfahren, dass sie Hörgeräte bzw Wasserschutzvorrichtungen der Firma H***** in den Geschäftsräumlichkeiten der Beklagten erworben hätten. Ein Testkäufer der Klägerin habe sich in der Betriebsstätte der Beklagten nach einem Ohrwasserschutz erkundigt und sei dort an die Angestellte von H***** verwiesen worden. Diese habe ihn otoskopiert und einen Ohrabdruck erstellt. Der Testkäufer habe den von H***** angefertigten Ohrwasserschutz in der Betriebsstätte der Beklagten abgeholt, er sei ihm dort von einem Angestellten der Beklagten ausgehändigt worden. Dass der Geschäftsführer der Beklagten oder seine Mitarbeiter Kenntnis der wettbewerbswidrigen Vorgangsweise von H***** hatten, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Rechtlich ging das Erstgericht von einer Mittäterschaft der Beklagten aus. Sie stelle dem Mitbewerber der Klägerin Geschäftsräumlichkeiten in der Absicht zur Verfügung, den Wettbewerb beider Unternehmen zu fördern. Damit habe sie das wettbewerbswidrige Verhalten des Dritten erleichtert bzw ermöglicht. Dass der Geschäftsführer der Beklagten die Tatumstände, die die Rechtswidrigkeit des Verhaltens begründeten, nicht gekannt habe, schließe eine haftungsbegründende bewusste Förderung nicht aus, weil ihm die Unkenntnis vorzuwerfen sei. Er hätte sich nämlich ohne weiteres Kenntnis von Inhalt und Umfang der Tätig- keit verschaffen können und wäre dazu auch verpflichtet gewesen. Das (generell) auf Unterlassung eines gegen die guten Sitten verstoßenden Handelns gerichtete Begehren sei als zu weit gefasst abzuweisen. Die Teilabweisung ist in Rechtskraft erwachsen. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zulässig sei. Von den Feststellungen des Erstgerichts ausgehend beurteilte das Berufungsgericht die Beklagte als Gehilfin des unmittelbaren Täters. Für das wettbewerbswidrige Verhalten hafteten nicht nur der unmittelbare Täter, sondern auch Dritte, die gegen eine sie treffende Pflicht zur Prüfung auf mögliche Rechtsverletzungen verstoßen hätten. Die Beklagte habe dem Mitbewerber der Klägerin in Kenntnis seiner fehlenden Gewerbeberechtigung weiterhin ihre Geschäftsräumlichkeiten zur Verfügung gestellt und dadurch sein wettbewerbswidriges Verhalten erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht. Es wäre ihrem Geschäftsführer leicht möglich gewesen, sich Kenntnis von Inhalt und Umfang seiner Tätigkeiten zu verschaffen. Angesichts der gegebenen Verdachtsmomente sei seine Unkenntnis der Beklagten vorzuwerfen. Aus den Gründen Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung zur Haftung von Mittätern und Gehilfen abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt. 1. Die Vorinstanzen bejahten die Haftung der Beklagten als Mittäterin (so das Berufungsgericht) bzw als Gehilfin (so das Erstgericht) des unmittelbaren Täters. Als Mittäter haftet nach ständiger Rechtsprechung nur, wer tatbestandsmäßig handelt (4 Ob 221703h; RIS-Justiz RS0079462 [T13], RS0079765 [T30]). Eine bloß adäquate Verursachung reicht für eine wettbewerbsrechtliche Haftung nicht aus (RIS-Justiz RS0026577; 4 Ob 150/06x zu einem unmittelbar vergleichbaren Sachverhalt). Die Haftung als Gehilfe setzt eine bewusste Förderung des unmittelbaren Täters voraus (RIS-Justiz RS0031329), der Gehilfe muss die Tatumstände kennen, die den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründen; er muss also Kenntnis des Rechtsbruches des Dritten haben oder zumindest eine diesbezügliche Prüfpflicht verletzt haben (4 Ob 140/ 06a; RIS-Justiz RS0031329). Die Prüfpflicht ist auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße beschränkt (4 Ob 68/ OOd ÖB1-LS 2000/78 Prüfpflicht mwn; 4 Ob 140/ 06a). Nach allgemeinen Grundsätzen trifft die Behauptungs- und Beweislast die klagende Partei. 2. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist eine Haftung der Beklagten für wettbewerbswidriges Verhalten der Angestellten von H***** zu verneinen. Das wettbewerbswidrige Handeln bestand darin, dass die Angestellte von H***** an einer dafür nicht genehmigten Betriebsstätte Ohrabdrucke vorgenommen hat. Die Beklagte hat an deren Herstellung nicht mitgewirkt, eine Haf- 18 MPR 1/2008

RECHTSPRECHUNG tung als Mittäterin scheidet daher schon deshalb aus. Ihr Geschäftsführer hat H***** lediglich einen Raum zur Verfügung gestellt, um dort Beratungs- und Servicetage abzuhalten, somit um eine Tätigkeit auszuüben, die keineswegs gesetzwidrig ist. Die damit geschaffenen Voraussetzungen für eine betriebliche Tätigkeit reichen nicht aus, um eine wettbewerbsrechtliche Haftung der Beklagten zu begründen (4 Ob 150/06x). Dass der Geschäftsführer der Beklagten (oder seine Mitarbeiter) Kenntnis des Rechtsbruchs hatten, steht nicht fest. Als Haftungsvoraussetzung wäre dies von der Klägerin zu beweisen gewesen. Die (einmalige) Aushändigung der von H***** hergestellten Plastik an den Testkäufer durch einen Mitarbeiter der Beklagten sagt noch nichts darüber aus, dass die Beklagte bzw ihr Geschäftsführer das gesetzwidrige Verhalten von H***** hätten kennen müssen oder dass ihr Geschäftsführer seine Prüfungspflichl verletzt hätte. Er hatte den Raum H***** zur Durchführung von Beratungs- und Serviceleistungen zur Verfügung gestellt Er musste nicht annehmen, dass deren Angestellte die den Gewerbe der Hörakustiker vorbehaltene Tätigkeit ungeachtet der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung für diese Betriebsstätte ausübt. Der einmalige Verstoß aus Anlass des von der Klägerin initiierten Testkaufs konnte die auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße beschränkte Prüfpflicht der Beklagten schon deshalb nicht auslösen, weil dieser Verstoß von den Fest- stellungen der Vorinstanzen ausgehend dem Geschäftsführer der Beklagten nicht bekannt war. Die Beklagte haftet demnach weder als Mittäterin noch als Gehilfin für den Wettbewerbsverstoß der unmittelbaren Täterin. Das gegen sie gerichtete Unterlassungsbegehren ist in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf 41 und 50 Abs l ZPO. Zu den Verfahrenskosten erster Instanz ist festzuhalten, dass der Beklagten für ihre Äußerung zum Sicherungsantrag der Klägerin nicht der verzeichnete Einheitssatz von 100 %, sondern nur ein solcher von 50 % zusteht, bezieht sich doch 23 Abs 6 RATG neben anderen hier nicht maßgebenden anwaltlichen Leistungen lediglich auf Klagebeantwortungen. Im Übrigen verzeichnete die Beklagte Kosten für eine Streitverhandlung am 17. 2. 2006. An diesem Tag fand aber keine Streitverhandlung, sondern die Einvernahme von Auskunftspersonen im Rahmen des über den Sicherungsantrag durchgeführten Bescheinigungsverfahrens statt (ON 9). In der Aufforderung an die Parteienvertreter, die Auskunftspersonen für diesen Termin stellig zu machen, wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, die Einvernahmen würden ohne Rechtsanwaltsbeteiligung erfolgen (ON 6). Im Protokoll über dieses Bescheinigungsverfahren findet sich folgerichtig auch kein Hinweis auf die Teilnahme eines Rechtsanwalts. Bewerbung von Hopi-Ohrkerzen UWG 3,4Nr.11;HWG3Ziff.1 1. Die Bewerbung von Hopi-Ohrkerzen die ins Ohr gesteckt undabgebrannt werden sollen als Therapiemittel gegen Kopfschmerzen, Sinusitis, Ohrschmerzen, Tinnitus, Hyperaktivität, Migräne, Nervosität, Erkältung, Ohrdruck und Schlaflosigkeit ist zur Irreführung geeignet, da sich derlei Wirkungsbehauptungen nicht auf eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung stützen können. 2. Unerheblich ist, dass die Ohrkerzen als aktives Medizinprodukt der Klasse II a nach der Richtlinie 93/42/EWG zertifiziert sind. LG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2007 2-06 O 218/06 Sachverhalt Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung verschiedener Werbeaussagen für sog. Hopi-Ohrkerzen. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört. Gemäß 1 Ziff. 4 UKlaV ist er als branchenübergreifend und überregional tätiger Wettbewerbsverband im Sinne von 13 Abs. 5 Nr. 2 des Unterlassungsklagegesetzes festgestellt. Die Beklagte warb unter anderem in der Zeitschrift CCTMED Das Fachmagazin für Complementär-Medi- zin, Ausgabe 1/2006 für die von ihr hergestellten und vertriebenen Hopi-Ohrkerzen mit den aus dem Tenor ersichtlichen Angaben als Therapiemittel gegen Kopfschmerzen, Sinusitis, Ohrschmerzen, Tinnitus, Hyperaktivität, Migräne, Nervosität, Erkältung, Ohrdruck und Schlaflosigkeit (Anlage K 2). Bei den Ohrkerzen handelt es sich um aus Leinengewebe bestehende und in verschiedene Stoffe, insbesondere Bienenwachs getränkte Hohlkörper, die auf das Außenohr aufgesetzt und entzündet werden. Der Kläger behauptet, eine Wirksamkeit der Hopi-Ohrkerzen sei nicht gegeben. Die von der Beklagten beanspruchten physikalischen Wirkungen könnten beim Abbrennen einer ins Ohr gesteckten Kerze schon denklogisch nicht eintreten. Auch enthalte keines der Standardlexika (Röche Lexikon Medizin; Zetkin/Schaldach, Wörterbuch der Medizin; Pschyrembel, klinisches Wörterbuch; Stiftung Warentest, Handbuch Selbstmedikation; A Dictionary of Natural Produkts, Anlagen K 6 K 11) einen Eintrag über Hopi-Ohrkerzen. Aus den Gründen Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung der angegriffenen Werbeaussagen für ihre Ohrkerzen gemäß 3, 4 Nr. 11, UWG, 3 Ziff. 1 HWG verlangen. MPR 1/2008 19

RECHTSPRECHUNG Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die Aktivlegitimation ergibt sich nicht schon aus 3 Nr. 1, 4 UKSaG. Danach sind qualifizierte Einrichtungen anspruchsberechtigt, die nach einem Verzeichnis der EU-Kommission bzw. in einer Liste des Bundesverwaltungsamts geführt werden. Das Prozessgericht hat in diesem Fall die Eintragungsvoraussetzungen nicht zu prüfen, sondern ist an die Eintragung gebunden (vgl. Palandi/Bassenge, 65. Aufl., 3 UKIaG, Rn. 4, 4 UKIaG, Rn. 3). Die Eintragung in die Liste nach 4 UKIaG ist vorliegend nicht dargelegt. Der Kläger ist gemäß 1 Ziff. 4 der Unterlassungsklageverordnung vom 3.7.2002 lediglich als Wettbewerbsverband im Sinne von 13 Abs. 5 Nr. 2 des Unterlassungsklagegesetzes festgestellt (Anlage K 1). Hierbei handelt es sich um die Anspruchsberechtigung für einen Auskunftsanspruch gegenüber Telekommunikationsanbietern. Die Aktivlegitimation kann sich also nur aus 3 Nr. 2 UKIaG oder 8 III Nr. 2 UWG ergeben. Die Voraussetzungen beider Vorschriften sind nahezu identisch. Zunächst muss die Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen satzungsmäßige Zielsetzung des Vereins sein. Gewerblichen Interessen dient auch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (BGH GRUR 1990, 282, 284 Wettbewerbsverein IV). Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers gehört die Achtung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs darf allerdings nicht nur ein Vorwand sein, um sich selbst oder Anwälten Einnahmen zu verschaffen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 24. Aufl., 8 UWG, Rn. 3.34). Nicht jedes Bestreben eines Verbandes, durch die Gestaltung seines Vorgehens gegen Wettbewerbsverstöße auch Einnahmen in Form von Abmahnkostenerstattungen und/oder Vertragsstrafen zu erzielen, ist in diesem Sinne schädlich. Entscheidend ist, ob solche Überlegungen und Verhaltensweisen so bestimmend in den Vordergrund treten, dass der angebliche Vereinszweck als vorgeschobenes Mittel zur Verwirklichung der Ein-nahmeerzielung angesehen werden muss (BGH GRUR 1990, 282, 285 Wettbewerbsverein IV). Gegen einen Einnahmeerzielungsvorwand spricht es, wenn der Kläger seine Tätigkeit nicht auf Abmahnungen und die Verfolgung von eigenen Vertragsstrafeansprüchen beschränkt, sondern Verstöße in nicht unbeträchtlichem Umfang auch durch Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügungen und, soweit erforderlich, im Klagewege durch mehrere Instanzen verfolgt und wenn er bei Verstößen gegen gerichtliche Titel Ordnungsmittelverfahren betreibt (BGH a. a. O.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Abmahntätigkeit des Klägers nicht nur als Vorwand angesehen werden, um sich selbst oder seinen Prozessbevollmächtigten Einnahmen zu verschaffen. Unstreitig geht der Kläger gegen die Abgemahnten notfalls gerichtlich vor und hat bereits zahlreiche höchstrichterliche Entscheidungen erwirkt. Ebenso unstreitig betreibt der Kläger gerichtliche Ordnungsmittelverfahren. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe sich in der Vergangenheit nach erstinstanzlichen, vorläufig vollstreckbaren Urteilen sein Stillhalten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung abkaufen lassen, beruht ihre Behauptung auf einer nicht aus- reichenden Tatsachengrundlage. Nach Angaben des Klägers kam es zum Beispiel im Jahr 2004 gegenüber insgesamt 1388 Abmahnfällen nur in 7 Fällen zu einer Lösung dergestalt, dass der Kläger eine Aufbrauchfrist gewährte und der Schuldner im Gegenzug eine Zahlung an den Kläger leistete. Diese wenigen Fälle sind nicht ausreichend, um generell eine missbräuchliche Abmahntätigkeit anzunehmen. Die Beklagte hat selbst keinen konkreten Fall vorgetragen, in dem in dieser Weise verfahren wurde. Ein ausreichendes Indiz dafür, dass der angebliche Vereinszweck als vorgeschobenes Mittel zur Verwirklichung der Einnahmeerzielung angesehen werden könnte, kann auch nicht aus dem von der Beklagten angeführten Fall der Fa. La Vita GmbH abgeleitet werden. Der Kläger bot der Fa. La Vita GmbH die Rücknahme eines Ordnungsmittelantrags gegen Zahlung des hälftigen Ordnungsgeldes an den Kläger an. Die beschriebene Verfahrensweise erscheint nicht unbedenklich, wenn sie ungeachtet der Umstände des konkreten Falls stets angewendet wird. Der Kläger macht jedoch geltend, eine solche Verfahrensweise werde vom ihm nur in geeigneten Fällen praktiziert (Schriftsatz vom 27.11.2006, S. 13). Bei Vergleichsvorschlägen in der beschriebenen Art würden die konkreten Umstände des Falls berücksichtigt. In dem Fall der Fa. La Vita GmbH habe die finanzielle Situation der Antragsgegnerin eine Rolle gespielt. Diesen Vortrag konnte die Beklagte nicht widerlegen. Das Herausgreifen weniger Einzelfälle reicht ohnehin nicht aus, um die umfangreiche Tätigkeit des Klägers als generell missbräuchlich erscheinen zu lassen. Soweit die Beklagte behauptet, die Prozessbevollmächtigten des Klägers würden gegenüber den Abmahngegnern Gebühren nach dem RVG abrechnen, ohne zu berücksichtigen, dass der Kläger für jede Abmahnung an die Prozessbevollmächtigten pauschal EUR 17,90 bezahlt und dass die Anwaltskosten bereits in der Abmahnkostenpauschale des Klägers enthalten sind, erfolgt ihr Vortrag ins Blaue hinein und ist deshalb unbeachtlich. Der angebotene Zeugenbeweis ist unzulässig, weil er auf eine Ausforschung hinausliefe. Das gleiche gilt für die angebotene Parteivernehmung. Der Antrag auf Beiziehung von Akten des OLG Hamm ist ohne genaue Bezugnahme auf konkrete Dokumente ebenfalls unzulässig. Nach Angaben des Klägers wird die pauschale Beratungsgebühr bereits bei der Kalkulation der niedrigen Abmahnpauschale in Höhe von EUR 140,00 berücksichtigt. Es bestehen deshalb keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Abmahntätigkeit des Klägers nur ein Vorwand zur Einnahmeerzielung ist. Nach 8 III Nr. 2 UWG muss der Verein sachlich, finanziell und personell in der Lage sein, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen wahrzunehmen. Zur erforderlichen finanziellen Ausstattung des Verbandes gehört es, dass er in der Lage ist, seine Fixkosten aus der Existenz, Grundausstattung und Grundbetätigung abzudecken (BGH GRUR 1990, 282, 285 Wettbewerbsverein IV). Dies bedeutet, dass sich der Verein nicht weit überwiegend aus Abmahnpauschalen finanzieren darf. Die Abmahnpauschalen dürfen nicht in einem krassen Missverhältnis zu den sonstigen Einnahmen stehen (BGH GRUR 1998, 489, 20 MPR 1/2008

RECHTSPRECHUNG 490 Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Anders als ihrem Wesen nach als Aufwendungsersatz gemäß Geschäftsführung ohne Auftrag ertragsneutral zu gestaltende Abmahnpauschalen sind Eingänge von Vertragsstrafen echte Einnahmen, deren Heranziehung zur Mitfinanzierung der Verbandstätigkeit grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (BGH GRUR 1990, 282, 285 Wettbewerbsverein IV). Die als Anlage B 1 vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers aus dem Jahr 2004 spricht nicht für ein solches Missverhältnis. Zwar sind die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen bei weitem niedriger als die Einnahmen aus Abmahnungen und Vertragsstrafen. Dies sprächt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend für ein Missverhältnis. Die vom Kläger gegenüber Verletzern geltend gemachte Abmahnpauschale beträgt nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers EUR 140,00. Dem stehen Kosten von EUR 163,04 gegenüber. Zur Finanzierung des Vereins tragen die Abmahnpauschalen also nichts bei. Die Vertragsstrafen, die in der Gewinn- und Verlustrechnung für 2004 insgesamt EUR 336.537,21 ausmachen, übersteigen die Mitgliedsbeiträge um mehr als das Dreifache. Dies ist aber gerade nicht zu beanstanden, da Vertragsstrafen zur Mitfinanzierung des Vereins herangezogen werden dürfen. Ein Missverhältnis ergibt sich auch nicht aus der Position zweckbestimmte Zuwendungen (EUR 297.225,00). Die Angabe des Klägers, dass sich hinter der Position im Wesentlichen einvernehmlich geregelte Vertragsstrafen und Ordnungsmittelverfahren verbergen, wird von der Beklagten bestritten. Die Beklagte konnte jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte vorbringen, die gegen diese Angabe sprechen. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass der Kläger wirtschaftlich in der Lage ist, seine Fixkosten aus der Existenz, Grundausstattung und Grundbetätigung abzudecken und damit seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen. Der Kläger ist auch personell in der Lage, die satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen. Zur erforderlichen personellen Ausstattung gehört es, dass der Kläger über eigenes Personal zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen verfügt. Er darf diese Aufgabe nicht komplett auf Anwälte auslagern (BGH GRUR 1994, 831 Verbandsausstattung I). Insofern kommt allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür in Betracht, dass er seine satzungsgemäßen Aufgaben auch wirklich erfüllt, wenn er jahrelang unbeanstandet als klagebefugt angesehen worden ist (vgl. BGH GRUR 1994, 831 Verbandsausstattung I; BGH GRUR 1986, 320, 321 Wettbewerbsverein I). Der Kläger hat zahlreiche BGH-Entscheidungen zitiert, in denen die Anspruchsberechtigung bejaht wird und die sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Der Beklagten ist es nicht gelungen, an der personellen Ausstattung ernsthafte Zweifel zu erwecken. Die Beklagte hat vorgetragen, die Position Prozesskostenfond II.5, Verbindlichkeit Anwaltskosten (EUR 24.845,20) in der Gewinn- und Verlustrechnung 2004 enthalte pauschale Beratungsgebühren in Höhe von EUR 17,90 für alle 1.388 ausgesprochenen Abmahnungen. Dies spreche dafür, dass der Kläger seine Tätigkeit komplett auf seine Prozessbevollmächtigten übertragen habe und nicht nur wie der Kläger behauptet in schwierigen Fällen rechtlicher Rat eingeholt werde. Dieser Schluss ist nicht gerechtfertigt. Der Kläge hat plausibel dargelegt, dass sich die Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten in vielen Fällen nur auf Unterstützungshandlungen, z. B. bei der Antragsfassung beschränkt. Für eine nur unterstützende Tätigkeit der Anwälte spricht insbesondere die geringe Höhe der veranschlagten Gebühr. Für eine eigene Tätigkeit des Klägers spricht auch, dass nach dem eigenen Vortrag der Beklagten die Firmen Almased Wellness GmbH und Govinda Natur GmbH von der Geschäftsführerin des Klägers persönlich rechtlich beraten wurden (vgl. Schriftsatz vom 18.10.06). Soweit die Beklagte vorträgt, dem Kläger fehle die nötige Fachkompetenz, weil in zwei Fällen Mitglieder des Klägers abgemahnt wurden, obwohl sie zuvor die fragliche Werbung beim Kläger auf rechtliche Unbedenklichkeit überprüfen ließen, kann sie kein Gehör finden. Die zwei genannten Fälle sind angesichts von 1.388 Abmahnungen pro Jahr nicht geeignet, grundsätzliche Zweifel zu wecken. Die angegriffene Werbung verstößt gegen 3 HWG. Gemäß 1 Nr. 1 a HWG findet das Gesetz unter anderem auf Medizinprodukte Anwendung, zu denen die Ohrkerzen unstreitig gehören. Unerheblich ist, dass sich die Werbung an Fachkreise richtet. 3 HWG findet auch bei Werbemaßnahmen gegenüber Fachkreisen Anwendung. Gemäß 3 Ziff. 1 HWG ist eine Webung irreführend und deshalb unzulässig, mit der Gegenständen und anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigemessen wird, die sie nicht haben. Nach ständiger Rechtsprechung trifft bei der Frage einer irreführenden Werbung zwar grundsätzlich den Kläger die Darlegungsund Beweislast für die Unrichtigkeit der Werbebehauptung (BGH GRUR 1985, 140, 142 Größtes Teppichhaus der Welt). Ist Gegenstand der Werbung jedoch eine fachlich umstrittene Meinung, ohne dass die Gegenmeinung erwähnt wird, ist der Beklagte für die Richtigkeit der Werbeaussage darlegungs- und beweispflichtig. Der Werbende übernimmt in einem derartigen Fall dadurch, dass er eine bestimmte Aussage trifft, die Verantwortung für ihre Richtigkeit, die er im Streitfall auch beweisen muss (vgl. grundlegend BGH GRUR 1958, 485, 486 O-dol). Dies gilt vor allem auch bei gesundheitsbezogenen Werbeaussagen, bei denen sich Irreführungen des Verkehrs besonders schädlich auswirken können und deshalb ein strenger Maßstab an den Wahrheitsgehalt anzulegen ist. Wenn die gesundheitsfördernde Wirkung eines Produkts umstritten ist, darf die Wirkung nicht beworben werden (BGH GRUR 2002, 273, 274 Eusovit; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 5 UWG, Rn. 4.178). Es reicht deshalb aus, wenn der Kläger substantiiert behauptet, einer von ihm als irreführend angegriffenen gesundheitsbezogenen Werbung fehle die wissenschaftliche Grundlage. Es ist dann Sache der Beklagte, die wissenschaftliche Absicherung der umstrittenen Werbeaussage zu beweisen (vgl. BGH GRUR 1991, 848, 849 Rheumalind II). Ob die physikalischen Wirkungen eines Unterdrucks und einer Vibrationswelle beim Abbrennen der ins Ohr gesteckten Kerze überhaupt eintreten können, kann dahingestellt MPR 1/2008 21

RECHTSPRECHUNG bleiben. Jedenfalls ist es wissenschaftlich ungesichert, dass diese unterstellten Effekte die dargestellten Krankheiten heilen oder lindern können. Dass eine Wirkung der Hopi- Ohrkerzen als Therapiemittel gegen Kopfschmerzen, Sinusitis, Ohrschmerzen, Tinnitus, Hyperaktivität, Migräne, Nervosität, Erkältung, Ohrdruck und Schlaflosigkeit wissenschaftlich ungesichert ist, hat der Kläger substantiiert dargelegt. Er hat ausgeführt, dass in der anerkannten wissenschaftlichen Fachliteratur (Anlagen K 6 K 11) die Ohrkerzen nicht einmal erwähnt werden. Dies ist ein starkes Indiz gegen die wissenschaftliche Absicherung. Der Beklagten ist es nicht gelungen, die wissenschaftliche Absicherung gleichwohl zu belegen. Unerheblich ist, dass die Ohrkerzen vom Regierungspräsidium Gießen als aktives Medizinprodukt der Klasse II a nach der Richtlinie 93/42/EWG zertifiziert sind. Voraussetzung für die Zertifizierung ist, dass bei einem Produkt, das zur Übertragung von Energie... zwischen einem aktiven Medizinprodukt und dem Patienten eingesetzt wird, eine wesentliche Veränderung von Energie... eintritt. Bei den Ohrkerzen tritt eine wesentliche Veränderung von Energie ein, weil die Energie der Kerze durch das Abbrennen in Wärme umgewandelt wird. Über die medizinische Wirksamkeit sagt dies nichts aus. In der Regel bedarf es zum Nachweis der Wirksamkeit von Medikamenten und Therapien klinischer Studien. Klinische Studien sehen in der Phase IH eine große Zahl von Versuchspatienten (100 bis 1000) vor, die sorgfältig ausgewählt werden müssen und bestimmte Kriterien erfüllen müssen. Die Patienten werden in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei die eine Gruppe konventionell behandelt wird und die andere Gruppe mit der neuen Therapie. Gibt es gegen eine Krankheit noch keine Therapie, muss die Vergleichsgruppe mit einem Scheinmedikament (Plazebo) behandelt werden (vgl. z. B. Broschüre klinische Studien der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft, www.krebshilfe.de). Keine der von der Beklagten vorgelegten Untersuchungen genügt diesen Anforderungen oder nähert sich ihnen wenigstens an. Insbesondere wurden keine Vergleichsgruppen gebildet. Deshalb lässt sich nicht der sog. Plazebo-Effekt ausschließen, bei dem eine Besserung des Befindens nur deshalb eintritt, weil den Patienten suggeriert wird, wirksam behandelt zu werden. Die Untersuchung des Dr. Raschka aus dem Jahr 1996 (Anlage B 9) ist zum Nachweis der Wirksamkeit der Ohrkerzen schon deshalb ungeeignet, weil in Verbindung mit der Ohrkerzentherapie eine chinesische Akupunktur ange- wandt wurde (Sog. Kombinationstherapie ) und deshalb unklar ist, welche Therapie die angeblichen Wirkungen erzielt hat. Der Studie von Dr. Rich in der Zeitschrift COXMED 11/ 1999 (Anlage B 10) kommt wegen der angewandten Untersuchungsmethode keine wissenschaftliche Bedeutung zu. Der Kläger hat durch Vorlage entsprechender Artikel aus Standardwerken hinreichend belegt, dass das in der Studie angewandte Diagnoseverfahren der Elektroakupunktur nach Voll wissenschaftlich ungesichert ist (Anlage K 26, K 28). Die Untersuchung von Jung in der Zeitschrift Naturheilpraxis (Anlage B 11) genügt nicht den medizinwissenschaftlichen Anforderungen, weil die Untersuchung nicht von einem Mediziner, sondern von einem Heilpraktiker durchgeführt wurde. Der Ohrkerzentherapie ist lediglich ein Absatz gewidmet. Andere Absätze widmen sich zweifelhaften Methoden wie z. B. dem Aderlass. Die Anwendungsbeobachtung von Dr. Heidi (Anlagen B 12 B 17) begegnet schon deshalb Zweifeln, weil sie nicht unabhängig erstellt wurde, sondern von der Beklagten in Auftrag gegeben und finanziert wurde. Die aus den Anlagen B 18, B 19, B 20 und B 27 ersichtlichen Untersuchungen beschreiben körperliche Auswirkungen der Ohrkerzen. Der Patient erfahre bei der Ohrkerzenbehandlung ein Entspannungsgefühl, eine Erwärmung oder eine Vibration des Trommelfells. Selbst wenn diese Wirkungen zutreffend sind, ist nicht ersichtlich, wie diese von den Patienten als angenehm empfundenen Auswirkungen Krankheiten wie Erkältungen, Sinuitis, Ohrenschmerzen oder Migräne heilen sollen. Die Untersuchungen sind deshalb für den medizinischen Nachweis ungeeignet. Dem Beweisantritt eines Sachverständigengutachtens zu der streitigen Wirksamkeit muss nicht nachgegangen werden. Die wissenschaftliche Ungesichertheit der behaupteten Wirkungen steht bereits fest. Der Kläger hat zwar keine Literatur vorgelegt, aus der hervorgeht, dass Wissenschaftler der Therapie explizit kritisch gegenüberstehen. Aus der fehlenden Befassung wissenschaftlicher Standardwerke mit der Ohrkerzentherapie ergibt sich gleichwohl die fehlende wissenschaftliche Grundlage, die durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten nicht ersetzt werden kann. Der Beklagte hätte deshalb seine Behauptung, die Ohrkerzen seien für die angegebenen Indikationen wirksam, wissenschaftlich untermauern müssen. Die vorgelegten Studien reichen aus den dargelegten Gründen nicht aus. Der angebotene Sachverständigenbeweis würde vor diesem Hintergrund auf eine Ausforschung hinauslaufen. 22 MPR 1/2008

RECHTSPRECHUNG Rechtmäßiger Sofortvollzug gegen Aufbereitung von Kathedern ohne erforderliche Zertifizierung MPBetreibV 4 Abs. 1, MPG 14 Fehlt einer Firma die Zertifizierung für die Aufbereitung von elektrophysiologischen Kathedern zum Einmalgebrauch der Risikoklasse kristisch C, ist eine dagegen gerichtete, für sofort vollziehbar erklärte Verfügung rechtmäßig. Denn die von nicht ordnungsgemäß aufbereiteten Medizinprodukten ausgehende Gefahr überwiegt den Hinweis, dass es bislang nicht zu konkreten Gefahren gekommen ist. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.11.2007, 13 B 1192/07 Aus den Gründen Die Beschwerde, über die der Senat gemäß 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gründe befindet, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 14. Juni 2007 gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2007 zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin ist nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Soweit die Antragstellerin zunächst eine Verletzung des 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO rügt, weil es an einer ausreichenden Auseinandersetzung mit den Gründen, die für und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung sprächen, fehle, die Antragsgegnerin sich vielmehr auf formelhafte, nicht einzelfallbezogene Erwägungen zurückgezogen habe, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg. Den Anforderungen des 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2006 8 B 212/ 06.AK, Juris, vom 15. März 2005 6 B 284/05, Juris, und vom 29. Juli 2004 13 B 888/04, Juris. Ausgehend hiervon genügt die im angefochtenen Bescheid vom 5. Juni 2007 erfolgte Begründung des Sofortvollzugs den Anforderungen des 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Begründung ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin sich des Ausnahmecharakters des 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bewusst war und aus einzelfallbezogenen Gründen, nämlich wegen der von nicht nachweislich ordnungsgemäß aufbereiteten Medizinprodukten ausgehenden Gesund- heitsgefährdung, eine sofortige Vollziehung für angezeigt erachtet hat. Darüber hinaus ist auch eine offenkundige Rechtswidrigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2007, die im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu einem für die Antragstellern positiven Ergebnis führen könnte, nicht erkennbar. Nach der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung ist nicht festzustellen, dass die Aufbereitung der elektrophysiologischen Katheter zum Einmalgebrauch durch die von der Antragstellerin beauftragte Firma N. H. den Anforderungen des Gesetzes über Medizinprodukte MPG und den Vorschriften der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten Medizinprodukte-Betreiberverordnung MPBetreibV genügt, sodass die Antragsgegnerin als zuständige Behörde nach 1 Abs. 2 Nr. 6 der Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz gemäß 28 Abs. 1, 2 MPG berechtigt ist, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte zu treffen. Nach 14 MPG dürfen Medizinprodukte nur nach Maßgabe der auf der Grundlage des 37 Abs. 5 MPG erlassenen MPBetreibV betrieben, angewendet und in Stand gehalten werden. Sie dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden. Gemäß 4 Abs. 1 MPBetreibV darf der Betreiber nur Personen, Betriebe oder Einrichtungen mit der Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Aufbereitung) von Medizinprodukten beauftragen, die die Sachkenntnis, Voraussetzungen und die erforderlichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführung dieser Aufgabe besitzen. Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten ist gemäß 4 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung wird nach 4 Abs. 2 Satz 3 MPBetreibV vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-lnstitut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird. Diese Vermutungsregelung greift vorliegend nicht ein. Die Empfehlungen des RKI und des BfArM werden bei der MPR 1/2008 23

RECHTSPRECHUNG Aufbereitung der elektrophysiologischen Katheder zum Einmalgebrauch nicht erfüllt. Nach den Empfehlungen des RKI und des BfArM (Bundesgesundheitsblatt 2001: 44: 1115) setzt die Aufbereitung kontaminierter Medizinprodukte u. a. ein Qualitätsmanagementsystem voraus, dass eine stets gleichbleibend hohe und nachweisbare Qualität des Aufbereitungsverfahrens gewährleistet. Erfolgt die Aufbereitung durch Dritte, soll das auftragnehmende Unternehmen das Qualitätsmanagementsystem nachweisen (vgl. 1.1 der Empfehlungen). Bei der Aufbereitung von Medizinprodukten mit besonders hohen Anforderungen an die Aufbereitung (kritisch C) sehen die Empfehlungen in Ziffern 1.2.1 und 1.4 als Form der externen Qualitätskontrolle eine Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen durch eine von der zuständigen Behörde (Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik) akkreditierte Stelle vor. Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für Inhaber einer Zertifizierung nach DIN EN 46001 und 46002, nachdem die Übergangszeit von drei Jahren mittlerweile abgelaufen ist (vgl. 1.4 der Empfehlungen) und den Zertifizierungsstellen die Möglichkeit offen stand, den Geltungsbereich ihrer Akkreditierung auf Antrag für den Geltungsbereich Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung,kritisch C1 zu erweitern (vgl. 2. der Speziellen Akkreditierungsregelungen für Zertifizierungsstellen für Qualitätsmanagementsysteme, Geltungsbereich DIN EN ISO 13485/DIN EN ISO 13488 für die Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung kritisch C ). Bei den von der Firma N. H. aufbereiteten elektrophysiologischen Kathedern zum Einmalgebrauch handelt es sich um Medizinprodukte der Risikoklasse kritisch C. Dies wird von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Für die Aufbereitung dieser Produkte fehlt der Firma N. H. die erforderliche Zertifizierung. Eine solche Zertifizierung mit dem Geltungsbereich... für die Aufbereitung von Medizinprodukten der Einstufung,kritisch C ist ihr von der DOS H. nicht erteilt worden. Eine solche konnte die DOS H. auch nicht erteilen, weil sie zwar über eine Akkreditierung mit dem Geltungsbereich Zertifizierungsverfahren für Qualitätsmanagementsysteme nach DIN EN ISO 13485:2003 und DIN EN 46003:1999 für aktive Medizinprodukte, nichtaktive Medizinprodukte, In-vitro-Diagnostika und keimarme oder sterile Medizinprodukte, 14 nicht aber über eine erweiterte Akkreditierung mit dem Geltungsbereich Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung,kritisch verfügt. Das der Firma N. H. im März 2007 ausgestellte Zertifikat für Production, cleaning, packaging and EO-sterilization gilt dementsprechend zwar für den von der DQS H. entsprechend ihrer Akkreditierung zertifizierten Bereich, nicht aber für die nicht zertifizierte Aufbereitung von Medizinprodukten mit der Risikoeinstufung kritisch C. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung der elektrophysiologischen Katheder zum Einmalgebrauch, für die der Hersteller keine geeigneten validierten Aufbereitungsverfahren entwickelt hat und für die er keine Garantie bei einer erneuten Anwendung übernimmt, vgl. Die Aufbereitung von Medizinprodukten nach dem neuen MPG, DZKF 1/2-2002, S. 14, lässt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht auf andere Weise feststellen. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, dass die ordnungsgemäße Aufbereitung mit geeigneten validierten Verfahren derzeit so durchgeführt wird, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Der von der Firma N. H. mit der M. J. H. O. im April 2007 geschlossene Überwachungsvertrag bezüglich eines Qualitätssicherungssystems unter Berücksichtigung der speziellen Anforderungen der RKI-Richtlinien gewährleistet keine nachweisbar ordnungsgemäße Aufbereitung der Medizinprodukte im Sinne des 4 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV. Der Überwachungsvertrag knüpft ausweislich der Regelungen in 3 Abs. 1, 7, 8, 11 des Vertrages an die Erteilung eines M1.-Zertifikats an. Ein solches Zertifikat ist abertrotz der Erklärung der Antragstellerin im Juni 2007, die Zertifizierung stehe unmittelbar bevor, bislang nicht vorgelegt worden. Wie und anhand welcher Standards für die Zeit bis zur Erteilung des Zertifikats die ordnungsgemäße Aufbreitung von Medizinprodukten der Risikogruppe kritisch C gewährleistet wird, ist weder dem Vertrag noch dem sonstigen Vorbringen der Antragstellerin zu entnehmen. Die mit der Firma N1. E. geschlossene Vereinbarung, wonach diese für die Firma N. H. die mikrobiologischen Untersuchungen durchführt, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer ordnungsgemäßen Aufbereitung mit geeigneten validierten Verfahren. Die Firma N1. E. verfügt nicht über die Akkreditierung für die Aufbereitung von Medizinprodukten mit der Risikoeinstufung kritisch C. Auch ist weder dargelegt worden noch sonst wie ersichtlich, wie diese die ordnungsgemäße Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung kritisch C auf sonstige Weise gewährleistet. Ausgehend von den besonderen Gefahren, die von nicht ordnungsgemäß aufbereiteten Medizinprodukten der Risikoeinstufung kritisch C ausgehen können, führt letztlich auch der Hinweis der Antragstellerin, bislang sei es nicht zu konkreten Gefahren gekommen, nicht dazu, im Rahmen der nach 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen Interessenabwägung zu ihren Gunsten ein überwiegendes Aussetzungsinteresse anzunehmen. Dieser Beschluss ist unanfechtbar. 24 MPR 1/2008