Allgemeine Finanzverwaltung (Einzelplan 60) 69 Sondervermögen Entschädigungsfonds: Bundesministerium der Finanzen lässt Einnahmemöglichkeiten ungenutzt (Kapitel 6003 Titel 634 02) 69.0 Weder das BMF noch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen und die zuständigen kommunalen Stellen besitzen einen vollständigen Überblick über mehrere Tausend ehemals in der DDR staatlich verwaltete Vermögenswerte und ihren Verbleib. Sie können dadurch nicht zugunsten des Entschädigungsfonds verwertet werden. Dort fehlende Einnahmen muss der Bund weiterhin durch Zuschüsse ausgleichen. Der Bundesrechnungshof hat empfohlen, mit einer kurzfristig einzurichtenden Arbeitsgruppe die Vermögenswerte flächendeckend und abschließend zu ermitteln. 69.1 Der Entschädigungsfonds und seine Einnahmen Der Entschädigungsfonds, ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes, erbringt Entschädigungen und sonstige Leistungen auf der Grundlage verschiedener Bundesgesetze. Er wird vom Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (Bundesamt) mit seinen insgesamt rund 1 900 Beschäftigten auf Weisung und unter Aufsicht des BMF verwaltet. Seit dem Jahr 2008 sind die Ausgaben des Entschädigungsfonds höher als die ihm gesetzlich zustehenden Einnahmen. Der Bund gleicht dies durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt aus.
2 Zu den Einnahmequellen des Entschädigungsfonds zählen auch ehemals in der DDR staatlich verwaltete Vermögenswerte bzw. deren Veräußerungserlöse. Voraussetzung ist, dass sich die Berechtigten oder ihre Rechtsnachfolger nicht gemeldet haben und auch durch ein öffentliches Aufgebotsverfahren nicht mehr ermittelt werden können. Mindestens 72 000 Vermögenswerte unterstanden zum Jahresende 1988 laut Statistik der DDR der staatlichen Verwaltung. Dies betraf vor allem Grundstücke und Immobilien von Personen mit Wohnsitz außerhalb des Hoheitsgebietes der DDR. Die staatliche Verwaltung endete kraft Gesetzes zum 31. Dezember 1992. Seitdem verwalten im Regelfall kommunale Wohnungsgesellschaften diese Vermögenswerte. Das Bundesamt sowie die Landkreise und kreisfreien Städte (kommunale Stellen) haben nicht beanspruchte Vermögenswerte und ihre Berechtigten zu ermitteln. Nach erfolglosem Aufgebotsverfahren verwertet die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bundesanstalt) die dem Entschädigungsfonds zustehenden Grundstücke. Nach Angaben des BMF umfasst ihr Bestand aktuell 850 bis 1000 Grundstücke, aus denen sie neben den Verwertungserlösen auch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Frühere Prüfungen des Bundesrechnungshofes Der Bundesrechnungshof hatte bereits in den 1990er- und 2000er-Jahren beanstandet, dass dem Bundesamt bzw. seinem Rechtsvorgänger ein umfassender Überblick über die ehemals staatlich verwalteten, nicht beanspruchten Vermögenswerte fehlt. Das BMF erklärte im Jahr 2004, dieser Überblick sei mit einer systematischen Sichtung des Altaktenbestandes zu erreichen. Weisungen zur Erfassung solcher Vermögenswerte erließ das BMF gegenüber dem Bundesamt nicht. Das Bundesamt machte die kommunalen Stellen mit allgemeinen Rundschreiben auf ihre Meldepflicht aufmerksam. Eingehende Meldungen prüfte es jedoch weder inhaltlich noch auf Vollständigkeit. Fehlanzeigen wertete es nicht systematisch aus. Prüfungen vor Ort fanden nicht statt.
3 Die Feststellungen waren Gegenstand der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes im Jahr 2005. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages nahm diese Bemerkung zustimmend zur Kenntnis. Er forderte das BMF auf, die nicht beanspruchten Vermögenswerte kurzfristig und abschließend zu erfassen. Im Jahr 2007 erklärte das BMF gegenüber dem Rechnungsprüfungsausschuss, die Vermögenswerte seien schwer zu ermitteln. Die Rückmeldungen der kommunalen Stellen entsprächen nicht den Erwartungen. Für den Bund ließen sich daraus keine nennenswerten Vermögenswerte erschließen. Weitere, flächendeckende örtliche Prüfungen seien angesichts des hohen organisatorischen, personellen und finanziellen Aufwandes nicht angezeigt. Erhebungen des Bundesrechnungshofes zu Vermögenswerten Der Bundesrechnungshof prüfte im Jahr 2014 erneut beim BMF, dem Bundesamt sowie bei zehn der 77 kommunalen Stellen. Durch Einsicht in Archivunterlagen u. a. der kommunalen Stellen nach unbeanspruchten, ehemals staatlich verwalteten Vermögenswerten erhielt er mit geringem Aufwand einen Überblick über mehrere tausend Fälle. Einem Teil der kommunalen Stellen waren diese Unterlagen und die Möglichkeit ihrer Recherche nicht bekannt. Weitere umfangreiche Aktenbestände zu ehemals staatlich verwalteten Vermögenswerten existieren beim Bundesamt, dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) und dem Sächsischen Hauptstaatsarchiv. Auch sie wurden bisher nicht systematisch ausgewertet. Die kommunalen Stellen hatten auch keine vollständigen Übersichten zu den Verwaltern der Vermögenwerte, den dort verwalteten Grundstücken oder Veräußerungserlösen sowie deren Verbleib. Aus Personalmangel und Kostengründen gingen sie diesen Fragen nur vereinzelt nach.
4 69.2 Der Bundesrechnungshof hat kritisiert, dass BMF, Bundesamt und kommunale Stellen noch immer keinen umfassenden Überblick über die Vermögenswerte besitzen, die für eine Verwertung zugunsten des Entschädigungsfonds in Frage kommen. Zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Entschädigungsfonds gehört es, die Einnahmen vollständig zu erheben und die ihm zustehenden Vermögenswerte vollständig zu erfassen. Die Feststellungen des Bundesrechnungshofes zeigen, dass die hierzu notwendigen Arbeiten mit geringem organisatorischen, personellen und finanziellen Aufwand zu erledigen sind. Die früheren Aussagen des BMF kann der Bundesrechnungshof insoweit nicht bestätigen. Nachforschungen wären daher auch mehr als 20 Jahre nach der Aufhebung der staatlichen Verwaltung erfolgversprechend. Die Zahl der Prüfstellen ist mit 77 kommunalen Stellen, einschließlich der ihnen angeschlossenen Archive, den fünf Landeshauptarchiven und des Archivs des BStU überschaubar. Der Bundesrechnungshof hat empfohlen, für eine umfassende Bestandsaufnahme kurzfristig eine Arbeitsgruppe beim Bundesamt einzurichten. 69.3 Das BMF hat sich bereit erklärt, die Empfehlung des Bundesrechnungshofes aufzugreifen. Das Personal im Bundesamt stehe allerdings erst Ende 2018 zur Verfügung, da es derzeit für andere, vorrangige Aufgaben eingesetzt sei. Einnahmen aus der Veräußerung ehemals staatlich verwalteter Grundstücke könnten dem Bund nicht dauerhaft verloren gehen. Zwar seien diese Grundstücke bislang nicht vollständig ermittelt worden. Ob aus ihrer Verwertung dem Entschädigungsfonds Einnahmen zuflössen, hinge aber weniger davon ab, ob sie vollstän-
5 dig erfasst seien. So habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass nur etwa 30 % der fraglichen Grundstücke nach einem Aufgebotsverfahren in Bundeseigentum überführt würden. 69.4 Der Bundesrechnungshof stimmt dem BMF grundsätzlich zu, dass die Ermittlung des Bestands nicht unmittelbar zu Veräußerungserlösen für den Entschädigungsfonds führt. Als Eigentümer erhält der Bund aber auch Pacht- und Mieteinnahmen. Diese Einnahmen gehen ihm verloren, solange kein Aufgebotsverfahren durchgeführt ist. Darüber hinaus ist für die Bundesanstalt die Kenntnis wichtig, welche Grundstücke ihr für eine Verwertung zur Verfügung stehen. Denn sie benötigt diese Informationen, um eine Verwertung der Grundstücke vorbereiten zu können bzw. Synergien in ihrem Immobilienbestand zu nutzen. Der Bundesrechnungshof hält es für geboten, schon jetzt und nicht erst ab dem Jahr 2019 die empfohlenen Maßnahmen einzuleiten. Der Bundesrechnungshof hält seine Empfehlung aufrecht, eine Arbeitsgruppe einzurichten, um den Bestand zu erfassen und zu sichern.