58 PRAXIS: MUSIKLEHRE imago/imagebroker Rondo philipp vandré 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Arbeitsblätter Beethoven: Rondo A-Dur, WoO 49 (Noten) S. 62-63 Hörbeispiele CD HB 29: Béla Bartók: 3 Rondos über slowakische Volksweisen, Sz. 84, Nr. 1 HB 30: Beethoven: Rondo A-Dur, WoO 49 Dateien DVD Béla Bartók: Rondo über slowakische Volksweisen, Sz. 84, Nr. 1 (Noten) Rondo-Plakat (Beispiel) schott-musikpädagogik.de Beitrag als PDF-Datei Das Rondo oder auch Rondeau entstammt dem volkstümlichen Rundtanz, wie er noch heute in vielen europäischen Ländern gebräuchlich ist: Man stellt sich im Kreis auf und alle tanzen gemeinsam den Refrain. Zu den Couplets tritt jeweils ein Paar in die Mitte und tanzt sein Solo, um sich anschließend mit der Wiederkehr des Refrains wieder in den Kreis einzuordnen. Ein solches Rondo dauert so lange, bis alle Paare reihum ihr Solo getanzt haben. Das Rondo ist also ursprünglich ein Rundtanz in offener Reihungsform. Es beginnt und endet mit dem Refrain und erhält dadurch sowie durch die regelmäßige Wiederkehr des Refrains seinen formalen Halt. Der besondere Reiz liegt im Wechselspiel von Refrain und Couplets, von Gleichem und Wechselndem, von Tutti und Soli. EIN RONDO MALEN Geben Sie Ihren SchülerInnen drei bis vier leere Papierbögen in DIN A3 und fordern Sie sie auf, die Musik, die sie gleich hören werden, mit Farbstiften auf dem Papier im Querformat abzubilden. Für die verschiedenen musikalischen Ereignisse und Verläufe sollen sie eigene grafische Entsprechungen erfinden: Punkte, Linien, Balken, Figuren, Formen Bei dieser Partnerarbeit (s. Kasten Ein Rondo malen ) können sich die SchülerInnen austauschen, während die Musik vorgespielt wird, sollten sie jedoch aufmerksam zuhören (HB 29). Im Rondo von Béla Bartók heben sich die Couplets deutlich vom Refrain ab. Wieder - holen Sie das Hörbeispiel abschnittweise, sodass die SchülerInnen gut folgen können. Zu Ihrer
59 Das Rondo was für ein Thema! Mit seiner schlichten wie offenen Form eröffnet es eine Vielzahl von Möglichkeiten für lebendige Musikstunden. Dieser Beitrag beschreibt, wie SchülerInnen durch Malen, Erfinden, Lesen und Musizieren den sehr alten und noch immer lebendigen Tanz erforschen. Gemalte Musik von zwei Schülern EIN RONDO MALEN Benötigte Materialien: große Papierbögen, Farbstifte, HB 29 Sozialform: Partnerarbeit Unterrichtsverlauf / Aufgaben: 1. Hört das Hörbeispiel mehrmals und in Abschnitten aufmerksam an und findet Zeichen, um die musikalischen Ereignisse und den Verlauf möglichst präzise grafisch darzustellen. 2. Gebt eure grafische Notation an eure Nachbarn weiter, hört die Musik noch einmal und überprüft die Notation: Wie präzise entspricht die grafische Umsetzung der Musik? Was ist dar - gestellt, was nicht? Erscheinen die gewählten grafischen Mittel angemessen? Welche Alternativen wären möglicherweise besser? 3. Stellt die Notation eurer Mitschüler der Klasse vor und begründet eure Beobachtungen. eigenen Orientierung finden Sie die Partitur auf der Heft-DVD. Gegebenenfalls kann thematisiert werden, wie schwierig es ist, Musik abzubilden, und dass Notation immer auch Fragen offen lässt. Ermuntern Sie Ihre SchülerInnen, eigene Darstellungsformen zu entwickeln. Wenn alle Notationen fertiggestellt sind, sollen sie von den jeweiligen Nachbarn beurteilt und der ganzen Klasse vorgestellt werden (s. Aufgaben 2 und 3 im Kasten). Dabei ist wichtig, dass alle die jeweils besprochene grafische Notation sehen können. Hinführung zum Begriff Rondo In den Besprechungen der Notationen werden einige Aspekte der Komposition benannt werden, wie dynamische Kontraste, abrupte Übergänge etc. Sammeln Sie diese und greifen Sie die Be - obachtungen auf, wenn Sie anschließend die Aufmerksamkeit auf die Form des Klavierstücks richten. Fragen Sie, in welcher Weise sich Formteile unterscheiden, gleichen oder auch gleiche Formteile variieren. Stellen Sie den formalen Aufbau an der Tafel mit unterschiedlichen Farben und Zeichen dar, die die Charakteristik und Länge der Formteile abbilden, bevor Sie die Teile abstrahierend mit A B A C A benennen. Erst jetzt soll der Begriff Rondo eingeführt werden. Erklären Sie das Rondo als einen volkstümlichen, sehr alten Rundtanz im anfangs beschriebenen Sinn mit dem Wechselspiel von Refrain und Couplets und ersetzen Sie die Benennung der Formteile durch R C1 R C2 R. Sprechen Sie aber auch an, dass Béla Bartók in dem gehörten Rondo zwar slowakische Volksweisen verwendet, diese jedoch in eine Kunstform überführt. Es ist Musik zum Hören, nicht zum Tanzen. Daher auch die Freiheit, den Refrain zu verkürzen und abzuwandeln. Nun können die grafischen Notationen als Spielanweisung benutzt und mit dem vorhandenen Instrumentarium aufgeführt werden. Eine solch experimentelle Erfahrung könnte wiederum Auslöser für das Erfinden eines eigenen Rondos sein. EIN RONDO KOMPONIEREN Die offene Reihungsform des Kettenrondos bietet sich geradezu für eine Gestaltungsarbeit an, denn die Couplets können vollkommen unabhängig voneinander in Gruppen erfunden werden. Jeder kann sich seinen Fähigkeiten entsprechend ein-
60 PRAXIS bringen, und man läuft dennoch nicht Gefahr, dass die Ergebnisse unvermittelt nebeneinander stehen bleiben, da die Verschiedenheit der Couplets am Ende durch den Refrain gebunden wird. Teilen Sie Ihre Klasse in eine Refrain-Gruppe und mehrere Couplet-Gruppen ein. Aufgabe der Refrain-Gruppe In der Refrain-Gruppe sollten möglichst auch SchülerInnen mitarbeiten, die musikalisch schon etwas fortgeschritten sind. Sie erfinden den alles bindenden Refrain. Dieser sollte Spaß machen, im besten Fall ein Ohrwurm werden, auf dessen Wiederkehr sich alle freuen. Wenn der Refrain auch gesungen werden soll, dann lassen Sie zunächst den Text in Versform (er)finden. Als Tonraum für die Melodie des Refrains bietet sich Pentatonik an. Sie ist auch für musikalisch wenig erfahrene SchülerInnen dankbares Mate - rial, denn pentatonische Melodien klingen nie falsch und sind gut sing- und spielbar. Und dann lassen Sie der Fantasie Ihrer SchülerInnen freien Lauf einzige Bedingung: Im Refrain sollten alle SchülerInnen der Klasse mitsingen bzw. -spielen können. Aufgabe der Couplet-Gruppen In den Couplet-Gruppen sollten die SchülerInnen von Anfang an wissen, dass sie ihr Couplet selbst aufführen werden. Art und Länge der Couplets sind frei: Es kann ein Rap sein, eine sich wandelnde Klangfläche, eine Folge punktueller Klang ereignisse, eine inszenierte Stille oder eine experimentelle Geräuschkomposition, die aus einer kurzen Geschichte oder Szene heraus entsteht. Wenn Sie möchten, spornen Sie Ihre SchülerInnen mit einem Preis für das originellste Couplet an. Die Refrain-Gruppe könnte die Jury sein. Schließlich werden die Arbeiten zusammenge - fasst. Alle Gruppen stellen ihre Couplets bzw. den Refrain vor. Bei der Besprechung der Ergebnisse geben Sie nochmals Raum für Änderungen oder Ergänzungen. Setzen Sie schließlich Refrain und Couplets zu einem Rondo zusammen, studieren Sie es ein und führen Sie es in einem angemes - senen Rahmen auf. Partitur-Skizze als Idee für ein experimentelles Couplet Das Rondo A-Dur, das Beethoven als Kind komponierte, eignet sich hervorragend für eine Analyse im Unterricht (Bonner Meister: Beethoven ca. 1783) EIN RONDO LESEN Nachdem die SchülerInnen hörend, notierend und erfindend das Rondo erforscht haben, können die erworbenen Kenntnisse in einer Partituranalyse des Rondos in A-Dur WoO 49 von Ludwig van Beethoven (s. Heft-DVD und HB 30) vertieft werden. Der junge Ludwig hat das Rondo bereits mit zwölf Jahren komponiert. Noch bevor die SchülerInnen das Rondo erstmals hören, sollen sie den Refrain am Beginn und an den Stellen, wo er wieder erscheint, farbig markieren. Weisen Sie darauf hin, dass der Auftakt des Refrains variieren kann, dass der erste Volltakt aber immer gleich ist. Zur Überprüfung wird das Rondo einmal ganz vorgespielt. Bemerkenswert ist der Schluss, wo Beethoven am Ende der kleinen Coda den Refrain noch einmal wie eine kurze Erinnerung aufscheinen lässt. Lenken Sie dann den Blick auf die Couplets: Wie lang sind sie? Was sind die Besonderheiten? Wo - rin unterscheiden sie sich voneinander? Welche Figuren oder Motive des Refrains sind in den Couplets wiederzuerkennen, welche neuen treten in Erscheinung? Für Fortgeschrittene: Wie ist die harmonische Ordnung: In welchem Bezug stehen die Tonarten der Couplets (1. E-Dur, 2. C- Dur / a-moll, 3. D-Dur) zur Grundtonart A-Dur? EIN RONDO LESEN 1. Markiere den gesamten Refrain am Beginn des Rondos farbig. 2. Suche und markiere alle weiteren Stellen, an denen der Refrain wieder erscheint. Beachte: Der Auftakt kann variieren, der erste Volltakt ist immer gleich. 3. Höre das Rondo an und überprüfe deine Markierungen. 4. Vergleiche dann die Couplets mit - einander hinsichtlich ihrer Länge, Besonderheiten, verwendeter Figuren und Motive, Dynamik und Tonarten. 5. Der Refrain ist die ruhende Konstante, die Couplets stehen für Wechsel und Bewegung. Welche Mittel setzt Beethoven dafür ein? Versuchen Sie die Aspekte so präzise wie möglich zu fassen. In diesem Rondo tritt das Wesen von Refrain und Couplet besonders deutlich hervor: der Refrain als (auch harmonisch) stabile, in sich ruhende Konstante, die durch die regelmäßige, periodische Gruppierung einen hohen Wieder - erkennungswert hat; und die Couplets, die für Bewegung und Wechsel stehen, sowohl im metrischen (Anzahl der Takte) und rhythmischen (Sechzehntel-Figuren) als auch im harmonischen Sinn. Beschränken Sie sich bitte nicht aus pragma - tischen Gründen auf die zuletzt dargestellte Partituranalyse. Form (malend) entdecken und (erfindend) gestalten zu lassen erfordert Mut, denn Verlauf und Ausgang sind nicht planbar. Der Gewinn eines solchermaßen selbst erfahrenden Heranführens ist jedoch unschätzbar. Vertiefung und Erweiterung Das Erarbeitete kann abschließend zusammen - gefasst und auch für andere Klassen nutzbar gemacht werden, indem Sie Ihre SchülerInnen ein Plakat zum Rondo für den Musikraum anfertigen lassen. Es könnte eine kurze Beschreibung, ein Notenbeispiel und eine grafische Darstellung der Form zeigen (s. das Beispiel). Später könnten Sie ein zweites Plakat mit der Darstellung von Bogen- und Sonatenrondo und dem verwandten Concerto ergänzen.
61 Was ist ein Rondo? PLAKAT: WAS IST EIN RONDO? R C1 R C2 R R Der Refrain (R) hat einen hohen Wiedererkennungswert. Er erklingt am Anfang und am Ende eines Rondos und nach jedem Couplet. Die Couplets (C1, C2 etc.) hingegen sind frei. Ein Rondo in einer solch offenen Reihungsform nennt man ein Kettenrondo. C1 C2! Das Rondo (auch Rondeau) ist ursprünglich ein volkstümlicher Rundtanz: Alle stellen sich im Kreis auf und tanzen gemeinsam den Refrain. Zu den Couplets tritt jeweils ein Paar in die Mitte, tanzt sein Solo und ordnet sich anschließend zum Refrain wieder in den Kreis ein. 1. Ihr kennt nun Aufbau, Formteile und den Begriff des Rondos. Fertigt ein Plakat für den Klassenraum zum Rondo an. Beispiel für einen Plakatentwurf
62 Ludwig van Beethoven: Rondo A-Dur, WoO 49 (1783)
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