Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks eröffnete die 31. Vortragsveranstaltung zum Thema Arbeiten mit Gefahrstoffen

Ähnliche Dokumente
Das Expositionsverzeichnis über Beschäftigte, die durch krebserzeugende Stoffe gefährdet sind und die Zentrale Expositionsdatenbank ZED

Expositionsverzeichnis nach 14 GefStoffV. Verordnungsgrundlage und Zentrale Expositionsdatenbank (ZED)

Bloß kein Staub aufwirbeln

Zentrale Expositionsdatenbank ZED

Gesundheitsschutz Staub ein Thema für Koordinatoren?

FASI-Vortragsveranstaltung September 2016 in Berlin

Sicherheitsdatenblätter und Gefährdungsbeurteilung. Dr. Kerstin Rathmann Norbert Kluger Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Frankfurt am Main

Expositionsverzeichnis nach 14 GefStoffV Verordnungsgrundlage und Zentrale Expositionsdatenbank (ZED)

Risikokonzept für krebserzeugende Stoffe des AGS

ZED Zentrale Expositionsdatenbank

Zentrale Expositionsdatenbank - ZED. Dr. Beatrice Spottke, Sparte 2 Chemie - Papier - Zucker Präventionszentrum Hamburg / Langenhagen

VDRI Veranstaltung - Aktuelle Entwicklungen im Gefahrstoffrecht Wichtige Beschlüsse und Infos aus der AGS-Sitzung 11/2016

Krebserzeugende Stäube beim Bauen und Renovieren - Probleme und Lösungen Teil 2 von 2

Fachtagung bei der IHK Karlsruhe Gefahrstoffe Aktuelle Entwicklungen im deutschen und europäischen Gefahrstoffrecht. Karlsruhe 5.

2

Zentrale Expositionsdatenbank - ZED Stefan Gabriel*, Dr. Susanne Zöllner*, Benno Gross*, Dr. Roger Stamm*, Dr. Harald Wellhäußer**

Schwerpunkte aus der Gefahrstoffverordnung 2015

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge

Staub bei Elektroinstallationsarbeiten

Prävention durch Gesundheitsschutz praxisnah Der Bremer Weg. Tuku Roy-Niemeier, Handwerkskammer Bremen 13. September 2016


Grenzwerte und ihre Auswirkungen

Tagungsdokumentation XI. Potsdamer BK-Tage 2016

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge

Das Risikokonzept in der neuen GefStoffV

Neue Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 400 Gefährdungsbeurteilung TRGS 500 Schutzmaßnahmen TRGS 526 Laboratorien

Neue Entwicklungen im Gefahrstoffrecht

Risikobezogene Maßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen auf der Grundlage der TRGS 910. Torsten Wolf

Regionalforum. Arbeitsschutz Aktuell Oktober 2016 in Hamburg

Die Branchenregel ein neues Präventionsinstrument (Mustervortrag gemäß KoK FB / Stand ) Vortragstitel, Autor, Veranstaltung

Neues aus dem Technischen Regelwerk Gefahrstoffe

zu Punkt der 947. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2016

Jahrestagung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit in Königswinter

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge. nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 19 Dimethylformamid

Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit/am Arbeitsplatz

Aktuelles von BMAS und INQA

Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach 6 Gefahrstoffverordnung

Staub ein Problem in vielen Branchen

- herzlich Willkommen -

Dieselmotoremissionen an Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund des ERB-Konzepts

Die neue Gefahrstoffverordnung

Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz - Alles beim Alten? Susanne Arndt-Zygar

Arbeitsschutz. Welche Potentiale bieten sich durch die Umsetzung von REACH? Dr. Heiner Wahl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bonn REACH

Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz als Instrument der Entlastung

Inhaltsverzeichnis Der Erste Gefahrstoffcheck Toxische Wirkungen Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)

Inhaltsverzeichnis Der Erste Gefahrstoffcheck Toxische Wirkungen Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)

Gefahrstoffe in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge. nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 36 Vinylchlorid

2. Erfahrungsaustausch Asbest. Sachstand zur Novelle der Gefahrstoffverordnung im Jahr 2015 Torsten Wolf. Historie. 4.6/Wo. Dortmund, 4.11.

Verantwortungsvoller Umgang mit Nanomaterialien in der chemischen Industrie

Grundsatzthema: Risikobewertung von krebserzeugenden Stoffen

Vortragsprogramm Bühne Trend Forum Safety & Security - Halle 11 /A66

Beurteilungsmaßstäbe nach TRGS 402

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge

Global Harmonisiertes System zur. Chemikalien

Sehr geehrte Damen und Herren,

Überwachungsprojekt Krebserzeugende Stoffe in Baden - Württemberg erste Erfahrungen. Dr. Friederike Ziethe,

Neuer Staubgrenzwert - Absenkung für die A-Staubfraktion in der TRGS 900

Dr. Heiner Klein Arzt für Allgemeinmedizin Dudweiler

Alcointerlocks in der Logistik. Ulrich Süßner, Fachtagung Warenlogistik 2015

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge. nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 44 Hartholzstäube

6. Sankt Augustiner Expertentreff Gefahrstoffe. Aktuelles aus dem Gefahrstoffrecht. Königswinter 28. März 2017

Verantwortung im Arbeits- und Gesundheitsschutz Der kompetente Meister hat immer ein Ass im Ärmel!

Tätigkeiten mit Gefahrstoffen

Richtiger Umgang mit Asbestzement

Die Europäische Sicht: Arbeitsfähigkeit fördern Wettbewerbsfähigkeit stärken

Psychische Belastungen Erfahrungen aus der betrieblichen Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung

Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Kontraktlogistik

Expositionsszenarien und Gefährdungsbeurteilung:

Risikobezogene Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Gefahrstoffe

Gefahrstoffverordnung Dipl.-Ing. Martin Worbis, VDRI Veranstaltung, Trostberg,

Schutz vor Baulärm der Beitrag der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

Dr. Michael Türk Gefahrstoffbeauftragter

Sicherheitsdatenblatt FLEX

Staubbelastung und Staubminimierung an Arbeitsplätzen Arbeitsmedizinisches Kolloquium der DGUV Hamburg, Dr. Roger Stamm

Die Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung in der Europäischen Union (1997)

Pflege Erfolgsfaktor Arbeits- und Gesundheitsschutz

Gefahrstoffe ohne Arbeitsplatzgrenzwert

Die neue Gefahrstoffverordnung 2004

Grenzwerte für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz: Fragen und Antworten für die betriebliche Praxis

Leseprobe zum Download

Gefahrstoffe. Einführung in das Chemikalienrecht Dr. Oliver Koepler

Die 7 Schritte der Gefährdungsbeurteilung

Die neue TRGS 551 Teer und andere Pyrolyseprodukte aus organischem Material

Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)

Die Gefahrstoffverordnung 2005

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg

Arbeitsschutz in der 4.0-Welt

Informations- und Dialogveranstaltung Energiewende und REACH BAuA, Dortmund, Erfolgreich substituieren wann und wie geht das?

Prävention macht stark auch Deinen Rücken

Was bringt REACH für den Arbeitsschutz aus der Sicht einer mittelständischen Unternehmensgruppe?

Berufsgenossenschaften

Gefährdungsbeurteilung Dokumentation

Leseprobe zum Download

Instandhaltung in der Industrie. Die europäische Kampagne zur Instandhaltung: Sachstand

Gefährdungsbeurteilung

Warum Arbeitsschutz in der Ausbildung?

hygnormdata Diversity Management by Medical Device Reprocessing Fulda Seite 1

Transkript:

Nachbericht Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks eröffnete die 31. Vortragsveranstaltung zum Thema Arbeiten mit Gefahrstoffen -1- Gefahrstoffe spielen im Beruf noch immer eine herausragende Rolle als Verursacher schwerwiegender gesundheitlicher Schädigungen. Nahezu alle Branchen sind davon betroffen. Auf diesen Sachverhalt verwies Cornelia Prüfer-Storcks, Hamburgs Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz in ihrer Begrüßung. Wenn wir beispielsweise auf tödlich verlaufende Berufskrankheiten schauen, besteht in den allermeisten Fällen ein Bezug zu Gefahrstoffen. Allein 2016 waren dies gut 85 Prozent von den über 2.500 Fällen, wie ein Blick in den Bericht der Bundesregierung über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit verrät. Auch wenn viele Belastungen und Gefährdungen durch Gefahrstoffe in den letzten Jahren reduziert werden konnten, verlangt das Thema weiterhin verstärkte Aufmerksamkeit. Auch der sorglose Umgang mit aromatischen Aminen und Benzol in der Vergangenheit schlägt sich in der Berufskrankheiten-Statistik mit weiter steigenden Zahlen von Krebserkrankungen nieder. Ebenso ist bei der Entstehung von beruflich bedingten Hauterkrankungen häufig an chemische Stoffe zu denken. Selbst Wasser kann bei falscher Anwendung eine Gefährdung für die Haut darstellen", ergänzte die Senatorin. Über 150 Fachleute aus dem Arbeitsschutz informierten sich am 8. Februar 2018 im Grand Elysée Hotel Hamburg über den Sachstand im Umgang mit Gefahrstoffen. Dr. Bettina Schröder (Amt für Arbeitsschutz) ging zunächst auf die Dauerbaustelle Gefahrstoffrecht ein und erläuterte Verfahren und Inhalte der kommenden Novellierung GefStoffV sowie die Regelungen zu krebserzeugenden Stoffen. Ein Kernstück im Technischen Regelwerk sind die sogenannten Exposition-Risiko-Beziehungen (ERB), aus denen sich stoffspezifische Konzentrationen ableiten lassen. Die anstehenden Anpassungen waren schon früher angedacht, doch gerade die Asbestregelungen wurden kontrovers diskutiert ( Welche Tätigkeitsverbote brauchen wir? Wieviel Bürokratie muss sein? Wie bekommen wir die Auftraggeber ins Boot? ). Bei den krebserzeugenden Stoffen sieht die GefStoffV künftig eine Verknüpfung von EU-Krebs-Richtlinie und dem Risikokonzept TRGS 910 vor, wie die Expertin ausführte.

-2- Gerade vor dem Hintergrund der Erkrankungszahlen beschäftigt man sich auch auf europäischer Ebene verstärkt mit der Problematik. Arbeitsbedingte Krebserkrankungen werden noch immer wesentlich durch Gefahrstoffe ausgelöst mit einer hohen Quote an Todesfällen, wie Lothar Lieck (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, EU-OSHA) zu berichten wusste. Er präsentierte die aktuelle Kampagne der EU-OSHA mit dem Schwerpunkt Gefährliche Stoffe, die in über 30 europäischen Ländern stattfinden wird. Zu ihren zentralen Zielen gehört u.a. eine Sensibilisierung für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz, die Förderung einer Präventionskultur und die Informierung über Karzinogen-Risiken. Aufklärung, unter anderem durch das Bereitstellen von Rechtsvorschriften, hat für Lothar Lieck oberste Priorität: Knapp 20 Prozent der Arbeitnehmer in der EU sagen, dass sie mindestens in einem Viertel ihrer Arbeitszeit chemische Produkte oder Stoffe handhaben oder Hautkontakt mit ihnen haben. Und über zehn Prozent von ihnen atmen Rauch, Dämpfe, Pulver oder Staub ein. Diese Angaben beruhen auf Selbsteinschätzungen, deshalb gehen wir davon aus, dass diese Zahlen zu niedrig sind." Kurz beleuchtet wurden die verschiedenen Materialien: von Fallstudien und Publikationen bis zu einer Datenbank mit rund 700 Dokumenten. Startschuss der Kampagne ist April 2018. Staub macht krank und sorgt jedes Jahr für 30 Todesfälle und 150 Neuerkrankungen, mit deutlichen Worten eröffnete Norbert Kluger (BG BAU) seinen Beitrag zur Staubminimierung beim Bauen. Staubbelastungen ergeben sich aus unterschiedlichen Tätigkeiten: Abbruch- und Umbauarbeiten, stemmen, schleifen und fräsen, Putz- und Reinigungsarbeiten, anrühren von Trockenmörtel. Staub auf Baustellen bleibt weiterhin eine Herausforderung, obwohl es gute technischen Lösungen gibt: Entstauber, Absauger (z.b. beim Bohren in Beton), Staubschutzwände, Luftreiniger (z.b. bei Putzarbeiten), deren Anschaffungskosten von der BG BAU teilweise sogar übernommen werden. Doch offenbar haben noch zu wenige Unternehmen Kenntnis von diesen Angeboten oder unterschätzen die Gefahren. Der Ausschuss für Gefahrstoffe hat den Arbeitsplatzgrenzwert für A-Staub von bisher 3 mg/m³ auf 1,25 mg/m³ abgesenkt. Hätten Sie es gewusst? Zwei Gramm Staub reichen aus, um den seit April 2014 bestehenden Grenzwert zu überschreiten so viel wie dieses Stück Würfelzucker, demonstrierte Norbert Kluger und appellierte an den Willen zur Kooperation. Nur wenn alle Akteure zusammenwirken, lassen sich Schutzmaßnahmen im Sinne der Beschäftigten umsetzen. Vor diesem Hintergrund ist auch das zent-

rale Aktionsprogramm Staubminimierung beim Bauen zu bewerten, in dem sich ein breites Bündnis von Partnern zusammengeschlossen hat. Klugers Fazit: Weniger Staub beim Bauen ist machbar doch wir dürfen nicht nur fördern, sondern müssen auch fordern! -3- In der von Dr. Beatrice Spottke (BG RCI) moderierten Gesprächsrunde diskutierten Dieter Fuhrmann (Handwerkskammer), Dr. Thomas Martin (BG RCI), Dr. Susanne Zöllner (IFA der DGUV) über effektive Instrumente speziell für kleine und mittlere Unternehmen. Zu diesen Angeboten gehört das gerade neu aufgelegte Hamburger Arbeitsschutz-Handbuch, das die betriebliche Organisation im Arbeitsschutz berücksichtigt und somit gerade für kleine Betriebe eine sehr praktikable Informationsquelle darstellt. Aufgelistet sind rund 100 Dokumente mit betrieblichen Hilfestellungen (z.b. zur Gefährdungsbeurteilung) sowie Materialien und Check-Listen zur Selbstbewertung. Wichtig ist es, eine Selbstbetroffenheit im Betrieb zu erzeugen, die motiviert, nach geeigneten Instrumenten zu schauen, erläuterte Dieter Fuhrmann. Ab Mitte April 2018 soll das Handbuch zum Download bereitstehen, die Druckversion wird am 25. April zum Start der EU-OSHA-Kampagne vorgestellt. Beim Umgang mit krebserzeugenden Stoffen besteht Dokumentationspflicht. Die Zentrale Expositionsdatenbank für Beschäftigte leistet Hilfe, die Gefährdungen in Bezug auf das geforderte Expositionsverzeichnis abzuschätzen. Bis zur Bereitstellung der ZED in 2015 waren die Anforderungen in der Praxis oft schwierig umsetzbar, insbesondere die lange Archivierungsfrist von 40 Jahren. Der Vorteil nun: Der Arbeitgeber kann mit diesem freiwilligen und für ihn nicht mit weiteren Kosten verbunden Angebot die Archivierungsund die Aushändigungspflicht bei Nutzung der ZED komplett auf den UV-Träger übertragen: Die Beschäftigten können jederzeit und kostenfrei aus der ZED Auskunft erhalten, verdeutlichte Dr. Susanne Zöllner. Das Gefahrstoffinformationssystem Chemikalien ( GisChem ) ist ein Portal, das Betriebe bei wesentlichen Aspekten des Gefahrstoff-Managements unterstützt. So gibt es ein Modul, mit dem man zu jedem beliebigen Gefahrstoff anhand eines vorliegenden Sicherheitsdatenblattes eine Betriebsanweisung erzeugen kann. Braucht es überhaupt so viele verschiedene Angebote? Die ist notwendig, weil die verschiedenen Branchen wie Handwerk, Chemie oder Metall ganz unterschiedliche Anforderungen haben, erklärte Dr. Martin.

-4- Ist Mehl zugleich ein Lebensmittel und ein Gefahrstoff? Mit dieser interessanten Frage begann Jürgen Häcker (Häcker & Partner) seinen Vortrag zur Handhabung von Gefahrstoffen in Backbetrieben. Und ganz offensichtlich ist dies so, denn in Backbetrieben existieren Gefahrstoffe aufgrund chemischer Substanzen (u.a. Reinigungsmittel), Rohstoffe (Brezellauge) und Lebensmittel (Mehl). In diesem Praxisbeispiel wurden Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Mehlstaub bei der Lagerung, Verarbeitung und Aufarbeitung sowie Herstellung von Backwaren beschrieben. Der Kontakt mit diesen Gefahrstoffen kann zu Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten führen. In Deutschland erkranken jährlich 500 versicherte Bäcker an Bäckerasthma und Bäckerschnupfen ausgelöst durch Stäube, Milben, Vorratsschädlinge und Schimmelpilze, verdeutlichte Jürgen Häcker die Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen. Seine Erkenntnis: Nicht das Mehl ist der Gefahrstoff, sondern die Stäube von Mehlen und Backmitteln. Wie sich die Staubbelastungen minimieren lassen, hob er an einigen Beispielen hervor. Dazu gehören z.b. eine Silowaage mit Mehlstaubabsaugung, eine Punktabsaugung zur Mehlstauberfassung und speziell beschichtete Gärgutträger-Tücher. Prinzipiell ist auf die Verwendung möglichst staubarmer Streumehle und eine manuelle Zugabe von Mehl und Backmitteln aus geringer Fallhöhe zu achten. Der Erfolg des Präventionsprogramms ist bemerkenswert und führt zu einer Verbesserung der Atemwegserkrankungen bei Bäckern um 80 Prozent. Im zweiten Praxiseispiel schilderte Jörg Kunert (TEREG Gebäudedienste), wie Gefahrstoffe in der Gebäudereinigung vermieden und Beschäftigte besser zu schützen sind. Rund eine Million Menschen sind in dieser Branche tätig und diese verwenden regelmäßig Putzmittel. Die bei TEREG verwendeten Reinigungsmittel enthalten demnach nur im Originalgebinde Stoffe in Gefahrstoffkonzentration. Sie werden meist mit Wasser verdünnt z.b. in der Konzentration 1:10 oder 1:100. Es bleibt die Frage, ob die Reinigungslösung dann noch ein Gefahrstoff ist, zumal die Hersteller darauf keine Antwort geben. Zur Sicherheit werden die Lösungen in seinem Unternehmen wie ein Gefahrstoff behandelt. Hierbei gilt: nur die tatsächlich benötigten Mengen einsetzen, fachgerecht entsorgen, unter Verschluss halten und Umweltschutzvorschriften beachten. Neben den Unterweisungen, spielt auch für Jörg Kunert die Kommunikation nach innen und außen eine wesentliche Rolle. Mitarbeiter müssen wissen, dass Produkte oder Stoffe nicht unbedingt ungefährlich sind, nur weil kein Gefahrensymbol erkennbar ist. Im Zweifel sind die Fachleute zu fragen. Grundsätzlich gilt: nur ausgebildete und unterwiesene Mitarbeiter mit solchen

Tätigkeiten betrauen sowie regelmäßig nachschulen. Auch unsere Kunden können wir beraten und sie von besseren Produkten überzeugen oder erreichen, dass weniger gefährliche Verfahren und Mittel zum Einsatz kommen. Dazu stimmen wir uns mit den Herstellern ab. Dank ihrer hohen fachlichen Kompetenz sind Gebäudereiniger Vorreiter bei der Substitution, bemerkte Jörg Kunert. Zum Abschluss resümierte Christian Reinke (BGW) die Veranstaltung. Neben modernen Themen, wie dem Aufbau eines betrieblichen Gesundheitsmanagements, werden uns sogenannte Old-School-Themen weiterhin im Arbeitsschutz beschäftigen. Dies hat Frau Senatorin Prüfer Storcks Eingangs schon sehr treffend formuliert. Deswegen war unser diesjähriger Schwerpunkt auch gut gewählt denn die Vielzahl der Beiträge hat eines gezeigt: Arbeiten mit Gefahrstoffen ist branchenübergreifend von hoher Aktualität, nicht nur auf Baustellen und in Backstuben. -5-