Harntransportstörungen beim Neugeborenen

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Transkript:

Kinderspital Luzern Kinderchirurgische Klinik Chefarzt: Prof. Dr. med. Philipp Szavay Harntransportstörungen beim Neugeborenen was ist dringlich was hat Zeit? Hans-Walter Hacker

Diagnose? primär abwartende Therapie? rasche operative Therapie?

Ursachen des fetalen Harnstaus 50 % Hydronephrose (Ureterabgangsstenose) 20 % vesikoureteraler Reflux 20 % obstruktiver Megaureter 10 % sonstige

Kongenitale urologische Fehlbildungen Ureterabgangsstenose (Hydronephrose) primär obstruktiver Megaureter vesiko-ureteraler Reflux (VUR) Doppelnieren neurogene Blase Urethralklappen (PUV) seltene: Sinus urogenitalis/kloakenfehlbildung, Prune-Belly-S., Megacystis-Megaureteren-Syndr. sonstige: zystische Nierenveränderungen, Nierenagenesie

Therapieziele Beseitigung einer Obstruktion Prophylaxe einer Pyelonephritis

Therapieentscheidung? 50 % asymptomatisch! Maturation möglich: primärer VUR (vor allem Grad I und II) Ureterabgangsstenose (intrinsische Stenose) Uretermündungsstenose keine Maturation: Urethralklappen Pathologie bei Doppelnieren Ureterabgangsstenose (aberrierendes Polgefäss) neurogene Blase

Dringliche Therapie Urethralklappen beidseitige obstruktive Uropathie höhergradiger VUR mit Gefahr für Pyelonephritis neurogene Blase

Diagnostik

Diagnostik in der Kinderurologie Sonographie Furosemid-Isotopennephrogramm (MAG-3) Miktionscystourogramm (MCUG) funktionelle MR-Urographie (intravenöses Pyelogramm - IVP) Urodynamik Urethrocystoskopie

Fall-Beispiel (Zwillinge mit identischen Befunden) Diagnose?

Fall-Beispiel (Zwillinge mit identischen Befunden) MCUG

Furosemid-Isotopennephrogramm MAG-3 Fall-Beispiel (D.Z. 12 Mon) Urosepsis, OI POM re bei Hufeisenniere 1. PCN 2. UCNST mit Modellage re

MR-Urographie Ureterabgangsstenose Uretermündungsstenose

Komb. statisch-dynamische MR-Urographie* Rechts 34 % Links 66 % Rechts 34 % Links 66 % *Rohrschneider WK, Ludwigshafen

Dynamische MR-Nephrography Vorteile keine Strahlenbelastung keine nephrotoxische Kontrastmittelgabe unabhängig von Lebensalter + Nierenfunktion dreidimensionale kontinuierliche Darstellung der ableitenden Harnwege eine Untersuchung für Morphologie und Funktion untersucherunabhängig Nachteile nicht gestauter Ureter Urolithiasis

Urethro-Zystoskopie Hintere Harnröhrenklappen Typ I nach Young

Urodynamik Gefährdung des oberen Harntrakts Low compliance bladder LPP > 40 cm H 2 O

Therapie

Flowcharts SwissPU Schweizerische Gesellschaft für Kinderurologie

SwissPU-Flowchart für pränatale Harntraktdilatation Prof. Dr. Ricardo González gebürtige Argentinier und international anerkannter Experte in der Kinderurologie. Tätigkeit als Professor an der Thomas Jefferson Universität (Philadelphia), sowie an mehren Universitäten und Krankenhäuser in den USA, Argentinien, Deutschland und der Schweiz, sowie zahlreiche internationale Auszeichnungen und Fachaufsätze auf dem Gebiet der Kinderurologie. 20

SwissPU-Flowcharts für Hydronephrose und primär obstruktiven Megaureter 21

Therapie-Entscheidung Operation konservativ 22

Indikationstellung POM (Great Ormond Street)* pränatal US 20% Ureterdilatation 80 % Pyelondilatation US 3m, 12m, weiter jährlich Diurese-Szintigraphie 3m, 6m, 12m, 2J, dann US jährlich komplette Rückbildung ( 3,1 J): 34 % OP-Indikation Partial-Fkt < 40 %, Fkt 10 %, Durchbruchsinfektion OP bei 3/18 Kindern mit Ureterweite < 6 mm OP bei 7/14 Kindern mit Ureterweite > 10 mm * Liu HY A, Dhillon HK, Ransley PG et al.: J Urol 1994

MIC in der Kinderurologie J. Fuchs, G. Seitz, P. Szavay Endoskopische Operationsverfahren in der Kinderurologie MoKi, 2002

Beispiele für rasche Intervention Urethralklappen Sinus urogenitalis/kloakenfehlbildung Hymen mikroperforatus mit Megazystis und Harnverhalt Ureterocele mit Obstruktion des kontralateralen Ostiums und des Blasenausgang neurogene Blase

Urethralklappen

Posteriore Urethralklappen (PUV) praenataler Ultraschallbefund grosse Variation minimal valves bis subtotale Urethra-Obstruktion abgeschwächter bzw. unterbrochener Harnstrahl Blasenwandhypertrophie Megaureter (obstruktiv - refluxiv) Hydronephrose zystisch-dysplastische Nieren (kongenital)

fetale Chirurgie bei PUV vesiko-amniotischer Shunt Besserung der Urinelektrolyte Mortalität 43 % (n=36) 35 % erfolgreich 6 % nicht möglich 40 % intrauterine Dislokation 19 % Urinaszites (Shunt-Migration, Blasenfistel) Holmes N, Harrison MR, Baskin CS, Pediatrics (2001) Jul, 108 (1), San Francisco Johnson MP & Freedman AL: Mind The Gap. International Symposium On Fetal Therapy; Zurich, April 25-26, 2003

fetale Chirurgie bei PUV kommt zu spät, da Nierendysplasie vor 12. SSW entsteht Nephrektomie bei PUV: 80 % primäre Dysplasie

Primäre Therapie bei Urethralklappen unmittelbar postnatal transurethrale Harnableitung: ungeblockter Katheter CH 4-6 frühzeitige endoskopische Klappenresektion (Laser) in der Neonatalperiode, falls nicht möglich Vesicostoma bei Niereninsuffizienz oder zunehmnder Stauung des oberen Harntrakts: PCN oder cutane Ureterostomie (Sober-Loop) diskutieren

PUV Typ III nach Young

Valve Bladder Syndrome kleine, dickwandige Harnblase mit multiple Pseudodivertikeln unabhängig von primärer endoskopische Resektion vs Diversion inkomplette Resektion (knapp 50 %) Nachresektion sekundäre Blasenhalsobstruktion endoskopische Resektion -Blocker nächtliche Dauerableitung Dilatation oberer Harntrakt, Nierenfunktion, Blasenfunktion Glassberg KI: The Valve Bladder Syndrome: 20 Years Later. J Urol (2001) 166: (4): 1406-14

sekundäre Therapie bei Urethralklappen sekundärer VUR zunächst konservativ UCNST erst nach Rückgang der Blasenwandhypertrophie Nephrektomie bei funktionsloser (refluxiver) Niere (Hypertonie, HWI) CIC (myogenic failure mit Restharn) Blasenaugmentation mit CIC (valve bladder syndrome)

Wir unterscheiden: praedisponierende therapeutisch nicht beeinflussbare Faktoren primäre Nierendysplasie Oligohydramnion, niedriges Geburtsgewicht Obstruktionsschweregrad therapeutisch beeinflussbare Risikofaktoren Zeitpunkt Diagnosestellung und Therapiebeginn fieberhafte HWI, VUR fortbestehende Obstruktion nach primärer Klappenresektion (subvesikal, intramural) Klappenkrankheit

Langzeitprognose bei PUV abhängig von Obstruktiongrad, primärer Nierendysplasie Therapiebeginn rezidivierender Pyelonephritis (VUR) persistierender Obstruktion (subvesikal, intramural) persistiernde Miktionsstörungen Niereninsuffizienz 20 % bis 70 %

Postnataler Harnverhalt bei Megazystis Befunde: tastbarer Unterbauchtumor keine Hymenalöffnung sichtbar US: Megazystis MCUG: kein VUR Diagnose: Hymen mikroperforatus Therapie: transurethraler BK Urethrozystoskopie unauffällig Hymenalplastik follow up 8 J.: keine Probleme 36

Obstruierende Ureterocele bei Doppelniere praenatal Hydronephrose Oberpol einer Doppelniere rechts bei Ureterocele Ureterocele füllt Blasenlumen subtotal aus Gefahr für Obstruktion der Gegenseite und des Blasenausgangs 37

Laser-Schlitzung Ureterocele (NG, 10 d alt) 38

Neurogene Blase

Neurogene Blase und Spina bifida primär neurogene Störung keine Harntraktanomalie sekundär Gefahr der Niereninsuffizienz Ohne Therapie in 40-90 % Verschlechterung des oberen Harntrakts im Alter von 10 Jahren

Schädigung des oberen Harntrakts bei neurogener Blase Infektion VUR, Restharn Stauung low compliance bladder sekundär obstruktiver Megaureter Letalität im ersten Lebensjahr vor 40 Jahren: 37,1 % * heute: nahezu 0 % *Greig, J.D. et al., Eur J Pediatr Surg 1 (1991): 5-9

Aktuelles Luzerner Therapiekonzept bei NG mit neurogener Blase Diagnostik mit 5 d: US, Retentionswerte, Urin mit 6 W: Urodynamik, MCUG, Urin follow up mit 3 M, 6 M, 12 M, dann jährlich: US, Urodynamik, Retentionswerte, Urin Therapiebeginn nach Geburt CIC 5-6x/d Oxybutynin 0.5 mg/kg/d AB-Prophylaxe bei VUR 42

Was hat Zeit?

Ureterabgangsstenose

Hydronephrose (Ureterabgangsstenose) passagere Hydronephrose mit Defektheilung innerhalb der ersten Lebensmonate permanente Obstruktion mit progredientem Parenchymverlust intermittierende Hydronephrose (aberriendes unteres Polgefäss)

Therapie der Hydronephrose Konservativ (bis zu 90 % bei fetalem HS) operativ (MAG-3-Szintigraphie) Funktionsanteil < 40-45 % dekompensierte Abflussstörung im Verlauf progredienter Funktionsverlust Klinik: HWI, Koliken, Hämaturie Pyeloplastik nach Anderson-Hynes

Laparoskopische Anderson-Hynes-Plastik (aberrierendes unteres Polgefäss) Prognose: 97 % Funktionsanteil besser oder gleich 3 % Verschlechterung des Funktionsanteils

Results I downgrading of hydronephrosis* Preoperative US HN IV Postoperative US HN I *Heyne-Pietschmann M, Hacker HW, Szavay P: Functional outcome after laparoscopic pyeloplasty in children 48

Results II DRF / tracer clearance* Preoperative MAG3 - scan DRF 54% : 46% Postoperative MAG3 - scan DRF 50% : 50% *Heyne-Pietschmann M, Hacker HW, Szavay P: Functional outcome after laparoscopic pyeloplasty in children 49

tracer activity (%) Results III improvement of tracer clearance 20 min after application of Furosemide 200.0 180.0 160.0 140.0 120.0 100.0 median = 100 ± 34 80.0 60.0 40.0 median = 38 ± 22 20.0 0.0 preoperative postoperative 50

Fall-Beispiel: konnatale Hydronephrose mit 3 Mon. US + MAG3-Szintigr. über 2 Jahre nur US-Kontrollen! mit 2 J. US + MAG3-Szintigr

Primär obstruktiver Megaureter (POM)

Spontanverlauf POM (Ära vor pränataler US-Diagnostik) Nephrektomierate bei Auftreten von Symptomen 14 % Schärli AF: Z Kinderchir 1988

Primär obstruktiver Megaureter Erstbeschreibung: Caulk JR (J Urol 1923) > 6 mm, NB häufig wenig dilatiert Inzidenz: 0,36 : 1000 : = 4 : 1 links > rechts, 20 % beidseits assozierte Fehlbildungen 13 % normaler Harnleiter bei Erwachsenen bis 7 mm weit (Sektionsbefunde)

Klinik POM asymptomatisch HWI, Pyonephrose Koliken Steinbildung Hypertonie beidseitig: zunächst Polyurie, dann Oligourie

Therapie POM Observation < 90 % > 50 % komplette Rückbildung in ersten 3 J < 50 % partielle Rückbildung oder gleichbleibend 10-15 % Abnahme der Partialfunktion Antibiotikaprophylaxe? Obstruktion: Symptome u/o MAG-3-Szintigraphie UCNST mit/ohne Modellage

Prognose POM Erwachsene: symptomatisch (3. Dekade): Operation HWI, Urolithiasis (30 %) Niereninsuffizienz (bis 10 %) Karzinomentstehung Langzeit follow up bis zum Erreichen des Erwachsenenalters Shukla AR: J Urol 2005, Hemal AK: Urol 2003, Halachmi S: Ped Urol 2008

Vesiko-ureteraler Reflux (VUR)

Pathologie und Pathophysiologie des vesikoureteralen Refluxes (VUR) Erbliche Disposition Latero-craniale Mündungsektopie des Harnleiters mit kurzem intramuralen Kanal Kontraktionskraft des terminalen Ureters vermindert (Bindegewebe >> Muskulatur) Detrusorinstabilität, urethrale Dysfunktion (hoher intravesikaler Druck)

Klinik des VUR rezidivierende Pyelonephritis Blasenentleerungsstörung (ätiologischer Faktor) fortschreitender renaler Funktionsverlust Hypertonie MCUG: Grad-Einteilung I bis V heute: dilatierender VUR (I+II) vs nicht-dilatierender VUR (III-V)

Risiken des VUR Risiko der Nierenschädigung solange VUR besteht (Pediatr Nephrol 2002; 17: 477-481 und 481-4) Parenchymschaden bei bis zu 50% d. Pat mit hochgradigem Reflux nach 1. HWI (J Urol 2002; 168: 1708-10, Rev Med Chil 2002; 130: 1147-53) Sonographie bei Diagnose von Art und Ausmass des VUR nicht ausreichend sensitiv (Eur J Pediatr 2002; 161: 435-7, J Urol 1993; 150: 732-5) Steriler Reflux schadet nicht (?)

Prognose des VUR abhängig von: vorbestehender Nierendysplasie in Korrelation mit Refluxgrad rezidivierende Pyelonephritis unbehandelte Blasenentleerungsstörung follow-up: keine international akzeptierten Guidelines für Therapieentscheid spontane Maturation persistierend ohne weitere HWIs Heilung durch Operation fortschreitende Nierenfunktionseinschränkung

Therapie des VUR Keine (VUR I -II ohne HWI) Antibiotikaprophylaxe Durchbruchsinfektionen: subureterale Unterspritzung des Harnleiterostiums Ureterocystoneostomie (UCNST) n. Politano-Leadbetter

Unterspritzung bei VUR

Ureterocystoneostomie (UCNST) Komplikationen: ca. 3 % Refluxrezidiv sekundäre Obstruktion der Uretermündung höhere Komplikationsrate: fehlerhafte Indikation sekundärer Reflux (neurogene Blase, PUV) funktionelle Blasenentleerungsstörung Megaureterchirurgie im frühen Säuglingsalter

Prognose des VUR Hohe Maturationsrate bei VUR I und II Unterspritzung: Erfolg ca. 70 % Ureterocystoneostomie: Erfolg ca. 97 %

Doppelnieren

Doppelnieren Inzidenz: ca. 1-2% davon klinisch auffällig 20 % wbl : männl: 3 : 1

Pathologie der Doppelnieren vesikoureteraler Reflux (Unterpol) Obstruktiver Megaureter (Oberpol) Ektope Uretermündung (Vagina, Urethra) Ureterocele (Oberpol)

Operationsverfahren strukturelle Anomalie, daher OP bei Obstruktion und höhergradigem VUR im frühen Säuglingsalter Schlitzung Ureterocele (Laser) subureterale Unterspritzung bei VUR Heminephrektomie UCNST en bloc (mit Ureterozelenresektion) pyeloureterale Anastomose 70

Infantile Ureterocele ektop orthotop Caecoureterozele

laparoskopische Heminephrektomie häufigste Indikation: funktionsloser Oberpol bei Doppelniere mit ektoper Uretermündung/Ureterocele O pol Rest U pol NB Resez. U pol

laparoskopischen Nephrektomie: Indikation bei unilateraler funktionsloser Niere konservativ zystisch-dysplastische Nieren operativ: Refluxnephropathie Ureterabgangsstenose renale Hypertonie (V.a.) Malignom

Vorteile der praenatalen Sonographie des Sicht des Kinderurologen Beratung der Schwangeren frühzeitige postnatale Diagnostik frühzeitige (operative) Therapie organerhaltende Chirurgie Nephrektomierate rückläufig Niereninsuffizienzrate rückläufig (Bsp PUV KiChir TÜ: seit 1980 von 33 % auf 10 % rückläufig) aber: exakte Diagnose + Prognose i.d.r. praenatal nicht möglich