Neues Verbraucherrecht ab 13. Juni 2014 Änderungen beim Widerrufsrecht und erweiterte Informationspflichten Ein Merkblatt der Industrie- und Handelskammer Hannover Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie tritt am 13. Juni 2014 in Kraft. Eine Übergangsfrist wird es nicht geben. Die Änderungen müssen zu diesem Stichtag umgesetzt werden, da sonst Abmahnungen drohen. Kernstück der Reform sind die Änderungen beim Widerrufsrecht, die sich besonders auf Fernabsatzgeschäfte, wie zum Beispiel den Onlinehandel auswirken. Das bisherige Widerrufsrecht bei sogenannten Haustürgeschäften wird zudem auf alle außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verbraucherverträge erweitert. Immobilienmakler und Finanzdienstleister sind daher auch betroffen. Daneben werden grundlegende Informationspflichten, auch im stationären Einzelhandel eingeführt. Überblick: Die Änderungen beim Widerrufsrecht Die wichtigsten Änderungen ergeben sich beim Widerrufsrecht, das europaweit harmonisiert wird, so dass Unternehmer künftig die gleiche Widerrufsbelehrung in ganz Europa verwenden können. Im Einzelnen: Die bisherige Möglichkeit, dem Verbraucher alternativ zum Widerrufsrecht ein Rückgaberecht einzuräumen, gibt es nicht mehr. Verbraucher müssen künftig den Widerruf ausdrücklich gegenüber dem Verkäufer erklären, die bisherige Möglichkeit das Widerrufsrecht durch bloßes Zurücksenden der Ware auszuüben, fällt ersatzlos weg. Beim Widerruf muss zwar das Wort Widerruf nicht ausdrücklich verwendet werden, aber ein Hinweis des Verbrauchers, dass die Ware zurückgeschickt wird oder Retoure reichen nicht aus, da dies nicht eindeutig ist und etwa auf eine Reklamation wegen der Lieferung mangelhafter Ware hindeuten könnte. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Im Fall einer unterbliebenen oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung besteht anders als bisher kein ewiges Widerrufsrecht mehr, sondern die Widerrufsfrist endet spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen. Wie bisher muss der Verkäufer im Fall des Widerrufs die Hinsendekosten tragen. Anders verhält es sich bei den Rücksendekosten. Diese trägt in jedem Fall der Käufer, sofern er vom Verkäufer darauf hingewiesen wurde. Die deutsche Sonderregelung mit der 40-Euro-Klausel wird es also nicht mehr geben. Die Widerrufserklärung ist nicht mehr an eine bestimmte Form gebunden. Sie kann wie bisher per E-Mail, Fax oder Brief erfolgen; es reicht aber künftig auch aus, wenn der Widerruf telefonisch oder über ein Online-Formular erklärt wird. Seite 1 von 5
Widerrufsrecht gilt für alle außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge Dem Verbraucher steht wie bisher bei Fernabsatzverträgen ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Als Fernabsatzvertrag sind alle Verträge anzusehen, die ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, SMS sowie Rundfunk und Telemedien. Der bisherige Begriff der sogenannten Haustürgeschäfte, für den ebenfalls ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, wird ersetzt durch den Begriff außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (sogenannter Direktvertrieb), wodurch sich der Anwendungsbereich erweitert. Darunter fallen zum Beispiel Verträge, die in der Privatwohnung, am Arbeitsplatz, in einem Restaurant, das kein Geschäftsraum des vertragsschließenden Unternehmers ist, in einem Kurhaus oder auf allgemein zugänglichen Verkehrsflächen geschlossen werden. Ein Widerrufsrecht besteht auch, wenn der Kunde von einem Vertreter aufgesucht wurde oder ein Kunde vor einem Ladengeschäft angesprochen und der Vertrag anschließend im Laden geschlossen wird. Vertragsschlüsse auf Messen und Märkten sind ebenfalls als Direktvertrieb anzusehen. Auch Finanzdienstleister und Immobilienmakler sind grundsätzlich in die Neuregelung einbezogen, da Verträge auch in Privatwohnungen, am Arbeitsplatz, über Internetportale oder bei der Besichtigung von Objekten geschlossen werden. Ausnahmen vom Widerrufsrecht Teilweise entsprechen die Ausnahmen vom Widerrufsrecht der bisherigen Rechtslage, teilweise werden sie modifiziert bzw. erweitert. So heißt es im Gesetz nicht mehr, dass das Widerrufsrecht bei der Lieferung von Waren ausgeschlossen ist, wenn diese nach Kundenspezifikation angefertigt wurde; vielmehr gilt der Ausschluss für die Lieferung Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist. Außerdem wird der Ausnahmekatalog auf Waren erweitert, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung entfernt wurde. Beim Bezug von Printmedien als Zeitung, Zeitschrift, Illustrierte, gibt es ein Widerrufsrecht nur noch bei Abonnementverträgen. Die einzelnen Ausnahmen sind im neuen 312g Abs. 2 BGB aufgelistet. Achtung: Das Benennen von Ausnahmen darf nicht in der Widerrufsbelehrung selbst erfolgen. Besonderheit bei Dienstleistungen Werden Dienstleistungen erbracht, so erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung erteilt und gleichzeitig seine Kenntnis bestätigt hat, dass sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung erlischt. Empfehlenswert ist es daher, in solchen Fällen (aber nur dann) eine Einwilligung zur Ausführung der Dienstleistung einzuholen und darüber vorab Seite 2 von 5
zu belehren, damit das Widerrufsrecht erlischt. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass für den Zeitraum bis zum Widerruf keine Vergütung verlangt werden kann. Neues Muster-Widerrufsformular Zur Ausübung des Widerrufsrechts wird ein einheitliches Muster-Widerrufsformular eingeführt, über das der Unternehmer den Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen informieren muss. Damit soll dem Unternehmer die technische Abwicklung bei Ausübung des Widerrufsrechts erleichtert werden. Achtung: Das Muster-Widerrufsformular ist strikt von der Widerrufsbelehrung zu unterscheiden. Macht der Verbraucher von der Möglichkeit des Musterformulars Gebrauch, so muss ihm der Unternehmer unverzüglich und auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung über den Eingang des Widerrufs übermitteln, zum Beispiel per E-Mail, Fax, Brief. Ein dauerhafter Datenträger muss es ermöglichen, dass der Empfänger die an ihn gerichtete Erklärung so aufbewahren oder speichern kann, dass sie ihm eine angemessene Zeit zugänglich ist und nicht verändert werden kann. Eine herkömmliche Internetseite reicht dazu nicht aus, selbst wenn dort die Bestätigung gespeichert oder ausgedruckt werden kann. Neue Informationspflichten Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wie zum Beispiel Geschäften des täglichen Lebens, die sofort erfüllt werden, gelten für alle ab dem 13. Juni 2014 geschlossenen Verbraucherverträge, dass den Händler, das heißt auch im stationären Einzelhandel, erweiterte Informationspflichten treffen. Sofern sich dies nicht aus den Umständen ergibt, hat der Unternehmer den Verbraucher vor Abgabe der Vertragserklärung zu unterrichten über: die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung die Identität des Unternehmens, wie zum Beispiel Handelsname, Anschrift mit Ort und Telefonnummer Gesamtpreis der Ware sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten Zahlungs- und Lieferbedingungen, Lieferbeschränkungen und der Liefertermin. Mit Liefertermin ist kein konkretes Datum, sondern der Lieferzeitraum gemeint, wie zum Beispiel die Angabe Lieferzeit 3-5 Tage das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsanspruchs und ggf. über das Bestehen und den Inhalt von Garantien oder Kundendienstleistungen ggf. die Vertragslaufzeit oder die Kündigungsbedingungen Die Beweislast für die Erfüllung der Informationspflichten liegt beim Unternehmer. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers sind nicht zulässig. Seite 3 von 5
Neu ist auch, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Bezahlung von Fracht-, Lieferoder Versandkosten und sonstigen Kosten nur verlangen kann, wenn der Unternehmer den Verbraucher darüber hinreichend informiert hat. Damit nicht genug: Mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand ist zu rechnen, weil Einzelhändler beim Direktvertrieb (außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag) dem Verbraucher alsbald auch eine Vertragsbestätigung oder eine Abschrift des unterzeichneten Vertrags in Papierform zur Verfügung stellen müssen. Die Bestätigung oder Abschrift kann durch einen dauerhaften Datenträger ersetzt werden, wenn der Verbraucher zustimmt. Bei Fernabsatzverträgen ist eine Vertragsbestätigung, aus der sich der Vertragsinhalt ergibt, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens bei der Lieferung der Ware oder bevor eine Dienstleistung ausgeführt wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Zusatzentgelte werden beschränkt Unternehmen können keine zusätzlichen Entgelte bei Verwendung bestimmter Zahlungsmittel verlangen. So dürfen zum Beispiel bei Zahlung mit Kreditkarte nur die Transaktionskosten selbst verlangt werden. Für Kundenhotlines dürfen nur noch die Grundtarifkosten berechnet werden. Rechtsfolgen Bei Verstößen gegen die neuen Bestimmungen ist unweigerlich mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zu rechnen. Diese können von qualifizierten Verbrauchereinrichtungen, Wirtschaftsverbänden oder Mitbewerbern ausgesprochen werden. Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden und Fernabsatzgeschäften, kann nur bei Erfüllung der gesetzlichen Informationspflichten die Zahlung von Fracht-, Liefer-, Versandkosten und sonstiger Kosten verlangt werden. Fehlen die erforderliche Informationen, wird also nur eine Zahlungspflicht für die Hauptleistung, nicht aber für darüber hinausgehende Zahlungen begründet. Im elektronischen Geschäftsverkehr führt das Weglassen eines Bestellbuttons mit dem Hinweis zahlungspflichtig bestellen sogar dazu, dass gar kein Vertrag zustande kommt. Hinweis Dieses Merkblatt soll als Service Ihrer Industrie- und Handelskammer Hannover nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung auf die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Stand: Mai 2014 (entspricht der Rechtslage zum 13.06.2014) Seite 4 von 5
Autor Jürgen Hahn Abteilung Recht Tel. 0511/3107-399 Fax 0511/3107-400 hahn@hannover.ihk.de Industrie- und Handelskammer Hannover Schiffgraben 49 30175 Hannover www.hannover.ihk.de Seite 5 von 5