Was können wir von unseren europäischen Nachbarn lernen Wilm Quentin, Natalie Baier, Mickael Bech, David Bernstein, Thomas Cowling, Terri Jackson, Johan van Manen, Andreas Rudkjøbing, Alexander Geissler PD Dr. med Wilm Quentin, MSc HPPF Department of Health Care Management Berlin University of Technology WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management European Observatory on Health Systems and Policies 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 1
Eine Reform der Notfallversorgung steht in vielen Ländern auf der Tagesordnung 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 2
Grund: steigende Anzahl von Notfällen in Notaufnahmen Daten beziehen sich auch auf ambulante Behandlungszentren Daten beziehen sich nur auf stationäre Notfälle 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 3
Internationaler Vergleich: Wo? Wer? Wie? Was? 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 4
Im Vergleich: Notfallstrukturen Überall weniger als in D Fast überall weniger als in D Schätzung! 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 5
Im Vergleich: Notfälle international > In D < in D Meist höher als in D Meist niedriger als in D Immer niedriger als in D 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 6
Interessante Ansätze: Übersicht Dänemark Konzentration der Notfallversorgung Steuerung des Zugangs per Telefon England Mehr ambulante primärärztliche Notfalleinrichtungen Konzentration der Notfallversorgung für komplexe Fälle Niederlande Systematisches Monitoring der Erreichbarkeit Notfallpraxen an Krankenhäusern 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 7
Dänemark: Konzentration der Notfallversorgung 56 KH mit Notaufnahme (2000) 22 mit Notaufnahme (2015)* 1 Krankenhaus pro 255.000 Einw. * Tagsüber stehen an 26 Kh. auch nurse-led clinics zur Verfügung Bevölkerungsdichte: Dänemark: 133 / km 2 Deutschland: 232 / km 2 Für D würde das bedeuten: 318 Krankenhäuser mit Notaufnahme 24/7 Verfügbarkeit : Fachärzte (u.a. Kardiologie, Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie, Anästhesie/ Intensivmedizin) CT, MRT, Labor Betten, um Patienten bis zu 48h aufzunehmen (dann Entlassung oder Verlegung auf normale Stationen) 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 8
Dänemark: Steuerung des Zugangs per Telefon Zugang zur Notaufnahme Entweder per Rettungswagen (nach Tel. 112) oder nach Telefonkontakt mit dem regionalen Notfalldienst (sitzt in der Regel im selben Raum wie 112) Gibt medizinischen Rat übers Telefon Information für alle Haushalte Vermittelt Termin im hausärztlichen Notfallzentrum: 46 landesweit (häufig in der Nähe der Krankenhäuser) Vermittelt Termin in der Notaufnahme ( Patienten können zu Hause warten) 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 9
England: mehr ambulante Notfalleinrichtungen A&E department How (Access) Where (Location) What (Activity) Who (Staff-Mix) Emergency department Others Urgent care centre Minor injuries unit Walk-in centre walk-in (a few with triage service) at hospital consultation diagnosis by ambulance (from home treatment or other A&E providers) triage referral (from other A&E departments) walk-in Entweder located at am urgent primary care by ambulance hospital treatment for minor ailments and Krankenhaus injuries with access to the full services of the hospital located away from hospital walk-in at hospital or in community walk-in no appointment no registration oder unabhängig at hospital or in community Verringerung der Inanspruchnahme von Notaufnahmen nur wenn angegliedert ans Krankenhaus 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 10 urgent primary care treatment for minor ailments and injuries acting as a mini-ed urgent primary care treatment for less serious injuries than would be treated at an urgent care centre urgent primary care routine primary care treatment for minor ailments and injuries emergency medicine specialist physicians in training nurses Behandlung durch speziell geschulte Schwestern oder Hausärzte GPs emergency nurse practitioners access to the full staff of the hospital nurse GP emergency nurse consultant non-clinical advisor specially trained nurses, e.g. emergency nurse practitioners nurse GP emergency nurse consultant non-clinical advisor
England: mehr ambulante Notfalleinrichtungen Mehr ist nicht immer besser 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 11
England: Konzentration der Versorgung schwerer Notfälle Rettungswagen fahren gezielt Krankenhäuser an, die für die Behandlung bestimmter Patienten ausgewiesen sind: Seit 2012 werden Schwerverletzte von Rettungswagen direkt zu einem von 26 Major Trauma Centres in England gefahren (1 pro 2 Millionen Einwohner) Herzinfarkt Patienten werden von Rettungswagen direkt zu Heart Attack Centres mit Katheterlaboren Wiederbelebte gefahren (8 in London, Bevölkerung: 8,5 Mio) Seit 2010 werden Schlaganfallpatienten direkt zu Hyperacute Stroke Units gefahren (8 in London) Stimmt nicht ganz bzw. betrachtet nur Fothergill et al. 2014 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 12
Zum Vergleich: London vs. Berlin London: 8, 5 Millionen Einwohner 60 Krankenhäuser 27 mit Notaufnahmen 8 Heart Attack Centres 8 Hyperacute Stroke Units + 24 Stroke Units Berlin 3,5 Millionen Einwohner 81 Krankenhäuser 39 mit Notaufnahmen 13 mit Herzkatheterlabor 15 mit Stroke Unit Mehr Krankenhäuser in Frankfurt als in London Aber bessere Versorgung? 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 13
Niederlande: Systematisches Monitoring der Erreichbarkeit Bevölkerungsdichte: NL: 413 / km 2 D: 232 / km 2 Indikator: Zeit vom Notruf bis Ankunft Krankenhaus Standard: 45 min 99.8% der Bevölkerung erreichen Notaufnahme in 45 min NL: 0,54 NA/1000; D: 1,35/1000 Effekt der Schließung von Notaufnahmen wird evaluiert. Seit 2013: Schließung von 5 Notaufnahmen, Aufbau von 13 Ambulanzstandorten Erreichbarkeit innerhalb von 45 min weiterhin gegeben. Ländliche Krankenhäuser mit niedrigen Fallzahlen erhalten Förderung zur Sicherstellung des 45 min Ziels. 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 14
Niederlande: Notfallpraxen an Krankenhäusern Hausärztlicher Notdienst organisiert von 121 Kooperativen ( Huisartsenposten ) mit durchschnittlich 64 Hausärzten An 79 von 89 Krankenhäusern mit Notaufnahmen gibt es auch einen Huisartsenposten (2017) gemeinsamer Eingang oder gemeinsame Triage Gefördert durch Anreize der Krankenkassen: Zusammenarbeit als Voraussetzung für Vertragsabschluss Krankenhäuser verzichten freiwillig auf ambulante Notfälle wenig rentabel Wenn Ausgaben der Krankenkassen für Huisartsenposten niedriger als bisher für Notaufnahmen Krankenhäuser werden an Einsparungen beteiligt 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 15
Vergütung der Notfallversorgung HÄ Notdienst Dänemark Notfallpauschale + zusätzliche Einzelleistungen England Variiert in Abhängigkeit vom Vertrag mit CCG Frankreich Niederlande Budget Grundpauschale, Notfallpauschale + zusätzliche Einzelleistungen Notaufnahme Vorwiegend fixes Budget, in einigen Regionen mit aktivitätsbasierter Anpassung (DAGS) Stationäre Aufnahmen: Eine Zahlung Fallpauschale (HRG), lokal unterschiedlich (Budget, Pilotprojekte) Stationäre Aufnahmen: zwei Zahlungen Budget für Vorhaltekosten + Fallpauschale + Einzelleistungen (z.b. Labor) Stationäre Aufnahmen: Eine Zahlung Fallpauschale (DBC), teilweise Zuschläge für KH in ländlichen Gebieten Stationäre Aufnahmen: eine Zahlung 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 16
Im Vergleich über alle betrachteten Länder: Bessere Koordination Denmark England France Netherlands mit einem Schwerpunkt auf den Trends Ugent care + emergency hotline Non-emergency call centre coordinates care, linked with electronic ED booking system NHS 111 + emergency hotline + GP out-ofhours service One number: emergency + urgent care (most départements) Primare Care Centre (PCC) hotline + emergency hotline Urgent primary care Out-of-hours service centres, often next to hospital EDs, referral from call centre GPs, Walk-in Centres, Minor Injury Units, Urgent Care Centres some near hospitals Maison Médicales de Garde PCC, located next to hospitals, often with common triage Bessere Verzahnung Hausärzte/NA Verstärkte Konzentration Emergency department Access only with referral, concentration of EDs Concentration of care (trauma, AMI, stroke) Concentration of care (AMI) Concentration of care (trauma, stroke) 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 17
Zusammenfassung Zunehmende Steuerung des Patientenstroms: Dänemark Zugang zur Notaufnahme nur nach Telefonkontakt Zunehmende Koordination/Integration hausärztlicher Notdienst Notaufnahmen: Beispiel Holland (aber auch England und Dänemark) Zunehmende Konzentration der Versorgung schwerer Notfälle: Beispiel England (aber auch Niederlande, Frankreich) Konzentration der Notfallversorgung: Beispiel Dänemark (aber Versuche auch in England, Niederlande) 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 18
Übertragen auf Deutschland 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 19
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Weitere Infos und Folien unter http://www.mig.tu-berlin.de/ Dr. med Wilm Quentin, MSc HPPF Department of Health Care Management Berlin University of Technology WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management European Observatory on Health Systems and Policies 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 20
5. Conclusion The co-location of GP posts and emergency departments together with the introduction of telephone triage systems seem to be the preferred interventions if they are designed according to evidence-based insights.[ ] Although the evidence suggests that cost sharing has an effect on ED use, it may have unintended consequences, like delaying needed care or limiting patient choice. As such, these interventions might in the long-run result in worse health outcomes and increased costs for the health-care system. 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 21
Krankenhaus-Sterblichkeit beim Akuten Herzinfarkt, 2013: Deutschland deutlich über EU-Durchschnitt Age-sex standardised rates per 100 admissions of adults aged 45 years and over 2003 2008 2013 25 20 15 5.3 8.7 10 5 0 22. Juni 2018 Fachgespräch Bundestag Berlin 22