CHECK AGAINST DELIVERY Speech EINLEITUNG Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren, Energiepolitik gewinnt immer mehr an Bedeutung für die EU, ihre Mitgliedstaaten und ihre Bürger. Sichere und erschwingliche Energie ist eine Voraussetzung für das Funktionieren unserer Gesellschaft, für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sowie letztlich auch für das Wohlergehen unserer Bürger. HERAUSFORDERUNGEN Die Hauptfrage der kommenden Jahrzehnte ist, wie gleichzeitig für Nachhaltigkeit, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Energiesystems gesorgt werden kann. Hier steht die EU am Scheideweg. Wir müssen den Mut aufbringen, bereits in den nächsten Jahren schwierige Entscheidungen zu treffen, damit die Investitionen unseren langfristigen Zielsetzungen dienen. Zudem müssen wir entscheiden, ob wir fortfahren und unsere Kooperationsbemühungen intensivieren oder ob die Mitgliedstaaten jeder für sich handeln sollten. Wie Sie wissen, plädiere ich sehr für eine umfassendere und intensivere Integration der EU in diesem Bereich. Lassen Sie mich einige Gründe nennen: - Erstens kann es keinen echten Energiebinnenmarkt geben, wenn die nationalen Politiken nicht abgestimmt und, bei Bedarf, harmonisiert werden. Ein Verzicht auf den Binnenmarkt bedeutet geringere Versorgungssicherheit und höhere Preise. - Zweitens wird die Energiewende teurer, wenn die Mitgliedstaaten in den Bereichen erneuerbare Energie, Infrastruktur usw. unterschiedliche Politiken verfolgen. - Drittens ist es unerlässlich, dass wir im internationalen Dialog unser gemeinsames Gewicht in die Waagschale werfen. Wenn wir mit einer
Stimme sprechen, verleiht uns dies mehr Überzeugungskraft gegenüber unseren Gesprächspartnern auf der internationalen Bühne. Verstehen Sie mich nicht falsch es gibt natürlich Raum für eigenständige Energiepolitiken der Mitgliedstaaten, aber diese Politiken müssen EU-weit abgestimmt werden, auch wenn sie nicht vollständig harmonisiert sind. - Kein europäisches Land ist in der Lage, die Energiezukunft Europas im Alleingang zu verändern. - Viele nationale Energieentscheidungen haben Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten. REAKTION Wo stehen wir nun heute? Die EU hat durchaus schon gute Fortschritte gemacht: - Die Mitgliedstaaten haben unserer gemeinsamen Energiestrategie für 2020 zugestimmt und sich der Vollendung des Energiebinnenmarktes bis 2014 verschrieben. - Die EU hat bereits gemeinsame Ziele für erneuerbare Energie und Energieeffizienz bis 2020 festgelegt und die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen im Rahmen des Europäischen Strategieplans für Energietechnologie. - Die Kommission hat die Fazilität Connecting Europe vorgeschlagen, aus der EU-Mittel für Projekte von gemeinsamem Interesse bereitgestellt werden. - Die (erlassenen und vorgeschlagenen) EU-Rechtsvorschriften gewährleisten, dass alle EU-Bürger in den Genuss höchster Verbraucherschutz- und Sicherheitsstandards kommen. - Die Kommission hat 2011 eine Mitteilung vorgelegt, wie sich die Zusammenarbeit in der externen Dimension der Energiepolitik verbessern lässt. - Diese Aufzählung ließe sich noch fortsetzen. Wir dürfen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen und darauf verharren, was bereits erreicht wurde. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass unsere Initiativen durchgeführt und unsere Vorschläge angenommen
werden, und vor allem dafür, dass wir uns ernsthaft mit der längerfristigen Perspektive befassen. Die Roadmap 2050 ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig. - Sie soll eine ganz konkrete Debatte mit den anderen EU-Organen, den Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft und letztlich unseren Bürgern anstoßen über die anstehenden strategischen Weichenstellungen im Interesse von Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit unseres Energiesystems in der Zeit bis 2050. - Unser Ehrgeiz muss der Umstellung des europäischen Energiesystems gelten, anstatt weiterzumachen wie bisher. Das europäische Selbstbewusstsein muss erstarken, statt nationalen Interessen Platz zu machen. Eine Initiative wie die Roadmap 2050 bietet natürlich keine Lösung auf alle Fragen. Aber bereits in den nächsten Jahren müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden, die nicht zuletzt CO 2 -arme Energie, Infrastruktur und Sicherheit betreffen. - Die Kommission wird schon in diesem Jahr wichtige Initiativen in den Bereichen erneuerbare Energie, Energiebinnenmarkt und nukleare Sicherung und Sicherheit präsentieren, auf die noch weitere Initiativen und Vorschläge folgen werden. Ich hoffe, dass wir auf die volle Unterstützung des Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschusses und der anderen EU-Organe für diese Initiativen zählen können. Ihre Unterstützung, Ideen und Inspirationen waren schon in der Vergangenheit äußerst hilfreich, und ich bin davon überzeugt, dass wir auch künftig in Sachen Energiepolitik konstruktiv zusammenarbeiten werden. DIE STELLUNGNAHME DES EWSA ZU EINER EUROPÄISCHEN ENERGIEGEMEINSCHAFT In diesem Zusammenhang wissen wir die Initiative des EWSA, diese Konferenz auszurichten, sehr zu schätzen, denn sie zeigt nicht zuletzt, wie sehr sich die Zivilgesellschaft für die Teilnahme an der politischen Debatte engagiert. Ich habe Ihre Arbeit zum Thema einer künftigen Europäischen Energiegemeinschaft mit Interesse verfolgt und zolle dem wichtigen Impuls, den Notre Europe hier gegeben hat, meine volle Anerkennung.
Ich weiß nun, dass wir in einer Reihe wichtiger Fragen derselben Meinung sind und dass Ihre Stellungnahme und unsere Roadmap 2050 in wesentlichen Punkten Hand in Hand gehen. - Es stimmt mich zuversichtlich, dass diese beiden Initiativen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln heraus zu weitgehend ähnlichen Schlussfolgerungen kommen hinsichtlich der Herausforderungen für Europa in den kommenden Jahren. Eine dieser Herausforderungen besteht darin, Zivilgesellschaft und Bürger in die Debatte einzubeziehen. Die Energiewende ist nur dann möglich, wenn wir angefangen bei neuen Energieinfrastrukturen über CCS bis hin zu den etwaigen Auswirkungen auf die Energiepreise die uneingeschränkte Zustimmung der Öffentlichkeit gewinnen. - Der EWSA könnte dabei sicherlich eine wichtige Rolle spielen. - Aber wir müssen auch eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um bis auf die lokale Ebene vorzustoßen und die Bürger zu erreichen. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir in bestimmten Punkten verschiedener Meinung sind. - Ich begrüße den Anstoß, den der EWSA der Debatte über einen geeigneten Governance-Rahmen gegeben hat, aber gehen wir hier nicht zu weit? - Brauchen wir wirklich einen eigenständigen Energievertrag für eine noch intensivere Zusammenarbeit im Energiebereich? Ich habe da erhebliche Zweifel. Wir haben bereits bedeutende Fortschritte erzielt, und ich bin sicher, dass wir auch ohne Änderungen des Governance-Rahmens oder der Verträge über das notwendige Rüstzeug verfügen. - Selbst wenn Änderungen geboten wären, müssen wir uns über die Schwierigkeiten einer solch drastischen Vorgehensweise im Klaren sein. Besteht ein politisches Interesse an neuen Verträgen bzw. an Änderungen der geltenden Verträge? - Die Möglichkeiten der EU, auf den Energiemix der Mitgliedstaaten Einfluss zu nehmen, sind in der Tat begrenzt, aber liegt es auch wirklich in unserem Interesse, diesen Bereich zu harmonisieren? Inwiefern würde dies zur Erreichung unserer Energieziele beitragen?
- Ließe sich eine verstärkte Kooperation zwischen einigen Mitgliedstaaten mit der notwendigen Zusammenarbeit aller vereinbaren? Mit der Notwendigkeit, mit einer Stimme zu sprechen? SCHLUSS Sollte es uns nicht gelingen, die europäische Energiepolitik weiter voranzubringen, müssen alle Beteiligten bereit und in der Lage sein, ehrgeizigste Abhilfemaßnahmen zu erörtern. Lassen Sie mich dies am Beispiel Fußball erläutern: - Wir sollten die Spielregeln nicht gleich zu Beginn des Turniers ändern und auch das Finale nicht analysieren, bevor die Viertelfinale gespielt sind! - Lassen Sie uns zuerst die Möglichkeiten voll ausschöpfen, die wir bereits haben, um zu einem wirklich europäischen Energiekonzept zu gelangen, und lassen Sie uns dafür als Team zusammenarbeiten. Wir müssen gemeinsam - den politischen Druck weiter aufrechterhalten gegen die wirtschaftliche und finanzielle Unsicherheit; - den Mut aufbringen, eine ehrgeizige zukunftsweisende Politik anzunehmen; - Ergebnisse zeitigen, indem wir dafür sorgen, dass unsere Rechtsvorschriften und unsere Politik durchgeführt werden, über die Durchführung gewacht wird und gut darüber informiert wird. Ich möchte dem EWSA noch einmal für die Initiative danken, diese wichtige Konferenz auszurichten. Ich freue mich auf eine Fortsetzung der Debatte mit den anderen EU-Akteuren, Mitgliedstaaten, Stakeholdern und der Öffentlichkeit. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.