Technikeinsatz in der Pflege ein Ausweg aus dem Spannungsfeld Sicherheit und Freiheit?

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Transkript:

Technikeinsatz in der Pflege ein Ausweg aus dem Spannungsfeld Sicherheit und Freiheit? Fachtagung ReduFix ambulant: Sicherheit und Lebensqualität von älteren Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf in der häuslichen Versorgung Frankfurt, 26.05.2011

Pflege im Alter ohne integrierten Technikeinsatz -fachlich noch vertretbar? Fachtagung im Rahmen des Forschungsprojekts ReduFix ambulant : Technikeinsatz in der Pflege ein Ausweg aus dem Spannungsfeld Sicherheit und Freiheit? Prof. Dr. med. Doris Bredthauer Fachhochschule Frankfurt am Main Fachhochschule Frankfurt/Main University of Applied Sciences Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit Case Management für barrierefreies Leben M. Sc.

Technikeinsatz in der Pflege: Mythen, Ängste und Gefahren Technik statt Zuwendung? Technik statt professioneller Pflege? Technik als Eingriff in die Persönlichkeitsrechte? Technik kommt für Ältere nicht in Frage?

Technikeinsatz in der Pflege: oder auch Chancen? Handy Computer Navigationssysteme Feuermelder Hausnotruf Elektr. Pflegebetten Transferhilfen Gehhilfen Alarm-, Sensorsysteme

Grenzen der häuslichen Versorgung Quelle: Schneekloth U (2005): http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/publikationen/mug/01- Redaktion/PDF-Anlagen/gesamtdokument,property=pdf,bereich=mug,sprache=de,rwb=true.pdf; letzter Abruf 10.03.2011; s. auch Schneekloth U (2006): ZGG (39) S. 405-412;

Biopsychosoziales Modell der ICF (WHO 2002) Gesundheitsproblem (Störung oder Krankheit, ICD) Körperfunktionen und -strukturen Aktivitäten Teilhabe Lebensbereiche Umweltfaktoren, z.b. Technologien Materielle Umwelt Soziale Beziehungen Kontextfaktoren Persönliche Faktoren, z.b. Alter, Geschlecht Motivation Lebensstil

Assistive Technologien / Hilfsmittel: Versuch einer Begriffsbestimmung... technische Hilfen, die dazu dienen, funktionale Beeinträchtigungen von Menschen mit Behinderungen zu verbessern oder zu kompensieren (nach US Assistive Technology Act 1988: 29 U.S.C. Sec 2202(2) Einteilung nach: FUNKTIONELLE BEEINTRÄCHTIGUNG Sensorische Motorische Kognitive TECHNIKTYP: Low tec Medium tec High tec Hilfsmittel(n), die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen (SGB V 33 Abs. 1) SETTING: Privater Haushalt Pflege Rehabilitation Medizin AUFGABE /TEILHABE Lebensqualität/Komf. Kommunikation Haushaltstätigkeit Selbstpflege Schutz/Sicherheit Eigene Zusammenstellung nach Mollenkopf 2005, Tolar 2008, VDE AAL Positionspapier 2009

Assistive Technikeinsatz Technologien bei im Menschen Alter am mit Bsp. Demenz nach zentralen Aspekte der Lebensqualität SELBSTSTÄNDIGKEIT KOMMUNIKATION SELBSTBESTIMMTHEIT/ AUTONOMIE GEDÄCHTNIS / ORIENTIERUNG FREIHEIT KOMFORT SICHERHEIT / SCHUTZ PERSON MIT DEMENZ IDENTITÄT PRIVATHEIT Eigene Zusammenstellung nach ASTRID Grouo 2000, Norwegian Centre of Dementia Research 1999, ENABLE Project 2008, Mollenkopf 2005, VDE-Positionspapier 2009, Fa Waldmann, Fa. Altenburger, SOPHIA-Projekt, VDE

Wie häufig sind mechanische FeM*? Deutschland Pflegeheim: 26 42% 5-10% körpernahe FeM ( Fixierungen i.e.s. ) (Becker et al. 2003, Klie 2004 Meyer&Köpke 2008, ReduFix 2007) Stationäre Gerontopsychiatrie: 21-25 % (Hirsch et al. 1992, Kranzhoff et Hirsch 1997) 50% Menschen mit Demenz (Bredthauer et al. 2005) Häuslicher Bereich 1,2 9,6 % (unveröffentliche MDK-Daten 2010, unveröffentlichte Daten ReduFix ambulant ) 65 % Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz 45a,b SGB XI!

Für Sicherheit sorgen ohne zu schaden: Die ReduFix - Projekte

FeM: DEFINITON Freiheitseinschränkende Maßnahmen (FeM) sind alle Eingriffe in das Grundrecht der Freiheit der Person aus Artikel 2 Abs. 2 GG im Sinne der Fortbewegungsfreiheit: Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit oder Inkaufnahme solcher Einschränkungen gegen den (potenziellen) Willen der Betroffenen regelmäßig, dauerhaft und / oder auf andere Weise mit hoher Intensität vom Betroffenen nicht selbstständig entfernbar Arten von FeM: physisch (mechanisch) (z. B. Fixiergurte, Stecktische, tiefer Sessel, verschlossene Tür) psychisch (z. B. Drohungen, 'Anweisungen') medikamentös (z. B. Schlafmittel / Beruhigungsmittel) Arbeitsdef. Projektgruppe ReduFix ambulant, 2010 in Anlehnung an Art. 2 Abs. 2 GG; 1906 BGB; Unterbringungsgesetze der Länder (öffentl. Recht), und fachliche Def. Nach Evans 2002, Joanna Briggs Insitute, Australia)

Dilemma der Entscheidung Fürsorgepflicht / Obhutspflicht : -Recht auf Sicherheit / Schutz von körperlicher Unversehrtheit Achtung der Menschenrechte: - Recht auf Freiheit der Person -Recht auf Würde -Recht auf Teilhabe -Recht auf Selbstbestimmtheit -Förderung von Mobilität, Aktivierung Art 1 u. 2 Grundgesetz, SGB V, SGB XI, SGB IX, Heimgesetze der Länder The ICN Code of Ethics for Nurses 2000, Charta d. Rechte u. Pflege hilfe- und pflegebedürftiger Menschen 2007

Rechtlich legitimiert aber fachlich gerechtfertigt?... Wohl ( 1901, 1906 BGB)?.Erhebliche Gesundheitsgefahr? Erforderlich? Verhältnismäßig? Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse (SGB V, XI, LWTG)? Wirksam? Nutzen/ Risiko, Schaden? Kosten?

Evidence based Practice (Nursing) Externe Evidenz Bestes verfügbares Wissen aus systematischer Forschung -Systematische Reviews, Metaanalysen, Synopsen -Quantitative u. qualitative Studien -Evidenzbasierte Leitlinien - Zertifiz. Qualitätsnachweise technischer Geräte und Prozesse Entscheidung über (Pflege-)Interventionen Interne Evidenz Überzeugungen und Erfahrungen der kommunizierenden Personen -individuelle Ressourcen und Bedarfe -individuelle Bedürfnisse und biographische Erfahrungen -Individuelle Zielesetzungen hinsichtlich Aktivität und Teilhabe (Qualitäts-)Standards, Leitlinien, Richtlinien, Gesetze, Ethikkodices, Theorien und Konzepte, (DIN-) Normen, GKV-Hilfsmittelverzeichnis

FeM: Negative Folgen Sturzbedingte Verletzungsgefahr Fordernde Verhaltensweisen FeM Angehörige, Personal: Schuldgefühle Arbeitszufriedenheit Burn-Out Direkte Verletzungen, Tod, Psychischer Stress, Indirekte Schäden: Mobilität Verhaltensauffälligkeiten Allgemeinzustand Lebensqualität Tod Psychopharmaka werden gegeben bzw. erhöht Sturzgefährdung Nahrungs-,Flüssigkeitsaufnahme Kontrakturen, Dekubitus, Pneumonie Evans 2002 (Systematic Review, Joanna Briggs Insitute Australia) Berzlanovich 2007, Parker 1997, Pedal 1996, Mohsenian et al 2002; www.bfarm.de/ (Suchmaske: Fixierungen ); letzter Abruf 11.02.10

1. Die ReduFix-Studie (RCT) (2004-2006) Priv.-Doz. Dr. C. Becker Dr. P. Koczy U. Rißmann Geriatrisches Kompetenzzentrum Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart Prof. Dr. T. Klie A. Klein V. Guerra M. Viol S. Branitzki Kontaktstelle für praxisorientierte Forschung an der Evang. Hochschule Freiburg Prof. Dr. D. Bredthauer Bethesda Geriatrische Klinik Ulm, ab 2006 Fachhochschule Frankfurt am Main Förderung: BMFSFJ und Robert-Bosch-Stiftung

ReduFix RCT: Forschungsfragen Ist es möglich, durch gezielte Interventionen die Anzahl der fixierten Personen zu reduzieren (Prävalenz körpernaher FeM )? die Fixierungszeiten zu verringern? Ohne dass es zu vermehrten sturzbedingten Verletzungen kommt? vermehrt nebenwirkungsreiche Psychopharmaka gegeben werden?

ReduFix RCT: (RCT) Flowchart Infoveranstaltung (65 Heime) Dokumentation mit Running in Baseline Assessment T1: 45 Heime, n = 430 Fixierte 3 Monate (Cluster) Randomisierung (IG 23, WG 22) Interventionsgruppe (IG) n=268 Wartegruppe (WG) = Kontrollgruppe n=162 Multifaktorielle Intervention (IG) Schulung + HM + Beratung Drop outs (22,4%): Tod 45 Auszug 7 Doku unvollständig 8 Dokumentation T2: Endpunkte n=333 Drop outs (22,8%) Tod 26 Auszug 4 Doku unvollständig 7 3 Monate Mit freundl. Unterstützung von Fa. Vitaness, Fa. Rölke, Fa. Wintertec, Fa. Völker Intervention (WG/CG) Dokumentation Follow-up 3 Monate

ReduFix Ergebnisse: RCT: Ergebnisse Fixierungsreduktion (Primärer Endpunkt) Primärer Endpunkt: Entfixierung (100 %) % 11 Entfixierte von n=125 (8,8 %) 35 Entfixierte von n=208 (16,83 %) T 1 T 2 Koczy et al (2011): JAGS 59 (2): 334-339

ReduFix FAZIT aus RCT: ReduFix FAZIT RCT Freiheitseinschränkende Maßnahmen können erfolgreich reduziert werden ohne Nachteile für Bewohner: konstante sturzbedingte Verletzungsrate (2:2 Hüftfrakturen) kein Anstieg potenziell ungeeigneter Psychopharmaka tendenzielle Abnahme von Verhaltensauffälligkeiten bei entfixierten Bewohnern hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern Kontrolliertes Wissen ( externe Evidenz ) Veränderte Einstellungen und Haltungen Konzept für geplantes /kompetentes / interdisziplinäres Handeln

ReduFix praxis 2006-2009 Priv.-Doz. Dr. C. Becker Dr. P. Koczy U. Rißmann D. Beische Geriatrisches Kompetenzzentrum Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart Prof. Dr. T. Klie A. Klein V. Guerra M. Viol S. Branitzki Kontaktstelle für praxisorientierte Forschung an der Evang. Hochschule Freiburg Prof. Dr. D. Bredthauer Fachhochschule Frankfurt am Main Förderung: BMFSFJ www. redufix.de

ReduFix ambulant : 2009-2012 Prof. Dr. T. Klie B. Schuhmacher S. Behrend Evang. Hochschule Freiburg Förderung: BMBF (Förderlinie SILQUA-FH) Prof. Dr. D. Bredthauer B. Borgloh (Uni-Dipl. Soziol., M. Sc. BaSys) S. Karner (Exam. Krankenpfl., Dipl. Pflegewirtin FH FFM, Stud. Cand. M.Sc. BaSys) Fachhochschule Frankfurt am Main Studentische Mitarbeit: K. Becker (Dipl. Sozpäd., Stud.cand.M.Sc. BaSys) S. Gratzkowski (Stud. Cand. Dipl. Pflege) L. Walther (B.Sc. Allg. Pflege) A.Terjung (B.Sc. Allg. Pflege) F. Rogenhofer (Stud. Cand. B.Sc. Pflege)

ReduFix ambulant : Zielsetzungen Forschungs- und Entwicklungsziele Gewinn gesicherter Erkenntnisse über FeM in der Häuslichkeit Aufarbeitung von Rechtsfragen Sensibilisierung für die Thematik in der Bevölkerung und betroffenen Berufsgruppen Konzeption, modellhafte Durchführung und Evaluation geeigneter Interventionen Weiterentwicklung eines ethisch reflektierten Technikeinsatzes

ReduFix ambulant: Standardisierte Befragung Begründungen für FeM (Pflege): Summenindex (Mittelwerte) Vermeidung von Stürzen und Verletzungen Vermeidung von Rutschen aus Rollstuhl/Stuhl Weglauftendenz Gefahr des Verlaufens /Nicht-mehr-nach- Hause-Findens Gefahren beim Verlassen der Wohnung, z.b. durch Straßenverkehr

ReduFix ambulant: Befragung Hilfreiche Interventionen: Summenindex (Mittelwerte) Automatische Sicherungssysteme Gehhilfen Hilfsmittel zur Sturzvermeidung Niedrigstellbares Bett Automatische Beleuchtungssysteme Automatische Alarmsysteme Türsignale Personenortungssysteme Technische Kommunikationssysteme

Kernstück der Intervention: Die ReduFix Schulung Die ReduFix Schulung Ganztägig (10.00 16.00) - Praxisübung -Stand des Wissens -Rechtsfragen -Prozess der Entscheidungsfindung -Fallbeispiele -Alternativen: 3-Kategorien-Modell - Hilfsmitteleinsatz Ziele: Einstellungen Haltungen verändern, Handlungssicherheit gewinnen!

Schlüsselelement der ReduFix-Schulung: Der interdisziplinäre Entscheidungsprozess 1. Analyse der Situation und Zielefestlegung 2. Einschätzung der Alternativen 3. Maßnahmeplan 4. Treffen der Entscheidung (Optimal: Fallkonferenz) 5. Durchführung der Maßnahme 6. Beobachtung und Evaluation

Alternativen für FeM (risikospezifisch, individuell) Trotz grösstenteils nur schwacher oder fehlender Evidenz für Einzelinterventionen Raum/ Umgebung Person mit Demenz und Sturzgefährdung/ fordernden Verhaltensweisen Hilfsmittel / Technik Pflegende / Organisation

Antirutschsocken Antirutsch - Socken können Ausrutschen verhindern warme Füsse Wohlbefinden Angehörigenmaßnahme z.b. Fa. Vitaness; Bild: U. Rissmann

Hüftprotektoren und Evidenz Leitlinien: www.degam.de (Ältere Sturzpatienten) www.awmf.de (Osteoporose) Hüftprotektoren: Aktueller Stand z. Bsp. Safehip Soft Kompakt, Top, Open (Roelke-Pharma) Bildquelle: www.roelke.de Schützen vor Schenkelhalsfrakturen www.dnqp.de Werden i.d.r. auch von Menschen mit Demenz toleriert Können auch im Liegen getragen werden Auch: Cochrane Review 2005

Weitere schützende Technik: Commen sense Helm, Arm- und Knieschoner Individuell nach Risikoprofil Werden i.d.r. auch von Menschen mit Demenz toleriert Pflegeberatung wichtig! Bild: ReduFix Kampagne 2008

Gehfrei Hilfen ( Walker ) z.b. RCN-Walker GW 130, Fa. RCN Bildquelle: RCN Medizin- und Rehatechnik GmbH z.b. Dynamico, Fa. Ormesa Bildquelle: www.ormesa.com/

Pflegenester und Niedrigstflurbetten Niedrigstflurbetten z.b. Völker Niedrigst-Pflegebett 5380 der Fa. Völker AG Bildquelle: Völker AG 33

Antirutschauflage Anti-Rutsch-Auflagen kommerziell (Fa. SeguFix) aber auch als kreative und kostengünstige Lösung Verhindern das Nach- Vorne-Rutschen im Stuhl

Sensormatte melden das Aufstehen (Sturzgefahr) die ausbleibende Rückkehr (Weglaufgefahr) des Bewohners z.b. Safefloor Bildquelle: Roelke Pharma GmbH Koppelung mit Rufanlage Ortsunabhängig einsetzbar

Mobiles Personenortungssystem z.b. SaveTR@CKER der Fa. G.P.S. Ortungssysteme Bilquelle: G.P.S. Ortungssysteme

Festinstalliertes Wohnungsmonitoring SensFloor, Fa. Futur-shape Bildquelle:: Futur-shape GmbH

Intelligente vernetzte (Monitoring-) Systeme (Sensorik, Aktorik, Robotik) Abb. modifiziert nach Woijcieck Cylok(Stud. Cand. M.Sc. BaSys) Gerd Döben-Henisch, Studiengangsleiter Intelligente Systeme_BaSys )

FAZIT Pflege ohne Technikfachlich noch vertretbar? NEIN! Aber gefordert: Benutzbare oder automatische Technik Ethisch-rechtlich reflektierter Einsatz von Technik Interdisziplinärer Entscheidungsprozess für oder wider den individuellen, risikospezifischen Einsatz von Technik Technik intergriert in pflegerisch-soziales Gesamtversorgungskonzept

Ethik, Recht und Technik - Entscheidungsprozess 1 Analyse der Lebenssituation der Person (z.b. mit Demenz) 2 Analyse der Bedürfnisse und Bedarfe (Assessment) 3 Aktuelle Problemanalyse 4 Identifizierung potentieller Technologien 5 Abwägen der ethischen und rechtlichen Dilemmata 6 Beratung über konkrete technische Hilfen, eingebettet in Versorgungskonzept 7 Maßnahmenplan und Entscheidung ( informed consent ) 8 Schaffen der Rechtsgrundlage 9 Implementierung 10 Monitoring und Evaluation Modifiziert nach The Norwegian Centre for Dementia Research (1999): TeD (Technology, Ethics and Dementia; EU Projekt)