AG Grundkurs Öffentliches Recht II Teil 2 Jennifer Ricketts, Wiss. Mit. (LS Wollenschläger) Zusatzfall - Folien Wintersemester 2012/13



Ähnliche Dokumente
Obersatz: Die Klage des H hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie vor dem zuständigen Gericht erhoben wurde sowie zulässig und begründet ist.

Einstweiliger Rechtsschutz nach 80 V VwGO

Fall 11: PreisWert im Wohngebiet. Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin

16 Vorläufiger Rechtsschutz Vorläufiger und vorbeugender Rechtsschutz

Clip 9. I. Zulässigkeit 1) Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, 40 I S.1 VwGO analog

Ruhr-Universität Bochum

AG Grundkurs Öffentliches Recht II Teil 2 Jennifer Ricketts, Wiss. Mit. (LS Wollenschläger) Fall 6 - Folien Wintersemester 2012/13

Lösungsentwurf. 1. Verwaltungsrechtsweg, 40 VwGO 2. Zuständiges Gericht. gem. 45, 52 Nr. 1 VwGO i.v.m. Art. 1 II Nr. 4 AGVwGO das VG Ansbach

Fraglich ist zunächst, ob alle Sachentscheidungsvoraussetzungen des Antrags gegeben sind. 1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Fall 2: Abschleppen - Lösungsskizze Vgl. BayVBl. 2002, 188

Rechtsbehelfsbelehrungsmuster

Zwei Anträge: Untersagungsverfügung / Androhung von Zwangsgeld. A. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ( 40 Abs. 1 VwGO)

Moritz Stilz, Lehrstuhl Prof. C. Seiler Fall 5

Vorbeugender und Einstweiliger Rechtschutz

VerwVfR und VerwPR (Einstweiliger Rechtsschutz II 80 Abs. 5 VwGO)

Fall 8: Lösung Frage 1

Modul 55307: Bauen und Planen in der Kommune

Verwaltungsprozessrecht

Lösung zu Fall Frage 1: Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Baugenehmigung

Teil VII: Vorläufiger Rechtsschutz

Fall 7: Weltmeisterschaft 2010

Verwaltungsrecht I. 22. Vorlesung. Verwaltungsprozessrecht (2) Wintersemester 2015/16. Priv.-Doz. Dr. Ulrich Jan Schröder

Konversatorium für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht - Verwaltungsprozessrecht - Fall 4 - Lösungshinweise

Einstweiliger Rechtsschutz Übersicht 5

1. Teil: Wiederholung Zulässigkeit einer Anfechtungsklage

Inhaltsverzeichnis. Rn Seite. Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis. 1. Teil: Allgemeiner Teil

13 Verpflichtungsklage Prüfungsschema

Vorles ung Öffentliches Recht I Wintersemester 2007/2008

Rechtsanwaltsarbeitsgemeinschaft / Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht in der zweiten juristischen Staatsprüfung: Band 4 der Lehrbuchreihe zum Assessorexamen

VERWALTUNGSGERICHT TRIER

Fortsetzungsfeststellungskla ge Allgemeine Feststellungsklage Antrag auf Gewährung

Verwaltungsverfahrensrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht UNI-N. 023 (SS 09)

Gerichtsverfahren alt -> neu

Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz II Aufbauschema Leistungsklage

Daraufhin wendet sich A an seinen Rechtsanwalt und fragt, wie er alsbald Rechtsschutz erhalten könne.

Gerichtsverfahren neu -> alt

4. Aufhebung nach Wiederaufgreifen des Verfahrens ( 51 VwVfG)

A. Verwaltungsrechtsweg und zuständiges Gericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 3. Februar in der Abschiebungshaftsache

Verwaltungsrecht 4. Auflage Basiswissen. Wüstenbecker. Alpmann Schmidt

Spezialgesetzliche Vorschriften des Lebens- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) sowie des Produktsicherheitsgesetzes sind nicht zu prüfen.

Bachelor of Laws Lösungshinweise zur Klausur Kurs SS

Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozeßrecht Vorlesungsübersicht

Examensrepetitorium an der Universität Tübingen

RECHT AKTUELL. GKS-Rechtsanwalt Florian Hupperts informiert über aktuelle Probleme aus dem Beamten- und Disziplinarrecht

8 Verwaltungsakt (2) Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts

Repetitorium Besonderes Verwaltungsrecht

A. Verwaltungsrechtsweg und zuständiges Gericht

AG Grundkurs Öffentliches Recht II Teil 2 Jennifer Ricketts, Wiss. Mit. (LS Wollenschläger) Übungsklausur - Folien Wintersemester 2012/13

III.Verteilungsverfahren ( 105 ZVG) 1. Aufstellung des Teilungsplanes ( 113 ZVG) 2. Ausführung des Teilungsplanes ( 116 ff. ZVG)

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Staats- und Verwaltungsrecht Repetitorium Prof. Dr. Roland Rixecker. Fallbesprechung 1: Warnungen vor Radarkontrollen

3. Teil Verpflichtungsklage 1 Grundsatz der Gewerbefreiheit 34c Makler

Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz III VERWALTUNGSVOLLSTRECKUNG EINSTWEILIGER RECHTSSCHUTZ (ÜBERSICHT)

Examens-Repetitorium Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht

hemmer Lösung Fall 3, Seite 1 von 7 Fall 3 Gute Handwerker ohne Meisterprüfung? Abwandlung:

Juristische Fakultät/ Universität Augsburg Semesterabschlussklausur Verwaltungsrecht AT Sommersemester Teil I: Teil II:

Prof. Dr. Ronellenfitsch WS 2009/2010. Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene. Übungsfall vom

Möglichkeiten und Erklärungen zur Rechtswahrung

Lösungsskizze zum Besprechungsfall XL 1

Beschluss. ln dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. gegen

Aufhebung von Verwaltungsakten. 1. Überblick. Auf welche Weise kann ein Verwaltungsakt (VA) aufgehoben werden? auf drei Arten:

Lösungshinweise Abschnitt A I (Kaufvertrag) 2. Verfahrensrecht

Studienplatzbeschaffung

SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss

Obersatz: Die Klage des M hat Aussicht auf Erfolg, wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben sind und sie begründet ist.

C. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten, 162 Abs. 2 S. 2 VwGO. Keine Prüfung von Amts wegen, Antrag erforderlich (Anwaltsklausur)

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 7. Oktober in dem Rechtsstreit. Zuständigkeit nach Rücknahme des Mahnantrags

Das Beschränkungsverfahren

Das Verfahren Massgebende Normen in der ZPO - Aufteilung nach vorprozessualen vorsorglichen Massnahmen und solchen während des Verfahrens - ZPO 110,

Facebook und Datenschutz Geht das überhaupt?

Verwaltungsverfahren

Lösungsskizze zum Fall "Für den Sohn nur das Beste"

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 12. Mai in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

Öffentliches Recht Baden - Württemberg Baurecht

Vorlesung Öffentliches Baurecht

Gegenstand und Voraussetzungen

Das Rücktrittsrecht I

Exkurs: Das Widerspruchsverfahren

SOZIALGERICHT OLDENBURG IM NAMEN DES VOLKES

Tenorierungsbeispiel für zurückverweisendes Urteil:

Obersatz: Die Klage des B vor dem VG Würzburg hat Aussicht auf Erfolg, wenn die Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen und sie begründet ist.

SOZIALGERICHT HANNOVER

Amtsblatt der Stadt Sankt Augustin

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Februar in dem Rechtsstreit

Sozialverwaltung/ Verwaltungsrecht

Lösungsvorschlag. 1. Teil. Ausgangsfall. A. Zulässigkeit

Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

PALIAKOUDIS BILGER GERMALIDIS RECHTSANWÄLTE PARTNERSCHAFT

HIER GEHT ES UM IHR GUTES GELD ZINSRECHNUNG IM UNTERNEHMEN

Inhalt. Standardfälle Verwaltungsrecht AT

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Gottfried Michel, Kurfürstendamm 207, Berlin

VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT AM MAIN

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

AG VerwR Teil 1 / Woche 3

.WIEN-Richtlinie zur Beilegung von Streitigkeiten betreffend Registrierungsvoraussetzungen (Eligibility Requirements Dispute Resolution Policy/ERDRP)

Geschäftsordnung (GeschO) für die Gremien der

Transkript:

Obersatz: Der Antrag des S auf einstweiligen Rechtsschutz hat Aussicht auf Erfolg, wenn er vor dem zuständigen Gericht gestellt wurde sowie zulässig und begründet ist. A. Verwaltungsrechtsweg und zuständiges Gericht I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs - aufdrängende Sonderzuweisung - 40 I 1 VwGO: o Öffentlich-rechtliche Streitigkeit Modifizierte Subjektstheorie o Nichtverfassungsrechtlicher Art Keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit o Keine abdrängende Sonderzuweisung III. Zuständigkeit des Gerichts - Gericht der Hauptsache gem. 80 V 1 VwGO - = VG Augsburg gem. 45, 52 Nr. 1 VwGO i.v.m. Art. 1 II Nr. 6 AGVwGO B. Zulässigkeit des Antrags I. Statthaftigkeit - Maßgeblich: Rechtsschutzbegehren des Kläger ( 88, 86 III VwGO analog) - Hier: vorläufiger Rechtsschutz wegen Sofortvollzug o Wird gewährleistet in 80, 80a, 123 und 47 VI VwGO o 123 V VwGO: Subsidiarität 123 VwGO zu 80 V VwGO (bzw. 80 a III VwGO, 47 VI VwGO) Statthaftigkeit eines Antrags nach 80 V VwGO Anfechtungsklage statthaft im Hauptsacheverfahren? Rechtsschutzbegehren des Klägers im Hauptsacheverfahren Hier: Aufhebung der Verfügung des Schulleiters

(P) Sonderstatusverhältnis innerhalb der Schule Anfechtungsklage im HV statthaft, da Grund- und nicht Betriebsverhältnis betroffen 80 V Alt. 1 oder 2 VwGO? Hier: Anordnung des Sofortvollzugs gem. 80 II Nr. 4 VwGO, daher Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. 80 V 1 Alt. 2 VwGO II. Antragsbefugnis - 42 II VwGO analog: schutzwürdiges Interesse an Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung? - Grund für Analogie: vorläufiger Rechtsschutz darf nicht weiter reichen als Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren - Schutzwürdiges Interesse +, wenn Klagebefugnis im Hauptsacheverfahren +: o Möglichkeitstheorie o Adressatentheorie [III. Vorverfahren] IV. Form - Ordnungsgemäße Antragstellung gem. 81, 82 VwGO analog V. Frist - Keine Frist für vorläufigen Rechtsschutz VI. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 1. Einlegung eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache - Antrag vor Klageerhebung möglich

- Allerdings muss bis zur Entscheidung Klage erhoben werden, da sonst deren aufschiebende Wirkung auch nicht wiederhergestellt werden kann, daher: 2. Keine offensichtliche Unzulässigkeit des Hauptsacheverfahrens - insb. Frist gem. 70 VwGO solange S auch innerhalb der Frist des 70 VwGO Widerspruch erhebt bzw. Anfechtungsklage innerhalb der Frist des 74 I 2 VwGO erhebt, besteht allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 3. Vorheriger Antrag nach 80 IV VwGO - Umkehrschluss zu 80 VI VwGO hier nicht nötig VII. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit, Postulationsfähigkeit - S: Beteiligungsfähig gem. 63 Nr. 1, 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO Prozessfähig gem. 62 I Nr. 1 VwGO, 104 ff. BGB - Stadt Augsburg: Beteiligungsfähig gem. 63 Nr. 2, 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO, Art. 1 S. 1 GO Vertreten durch den Oberbürgermeister gem. 62 III VwGO i.v.m. Art. 38 I, 34 I 2 GO C. Begründetheit des Antrags Obersatz: Der Antrag des S auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist begründet, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet und die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig wäre oder das Aussetzungsinteresse des Antragsstellers gegenüber dem Vollzugsinteresse überwiegt. Dies entscheidet das Gericht im Rahmen einer eigenen Interessenabwägung.

I. Passivlegitimation - 78 I Nr. 1 VwGO analog: Rechtsträgerprinzip - Hier: Stadt Augsburg als originäre Gebietskörperschaft gem. Art. 1 GO Rechtsträgerin der Schule II. Formelle RM der Anordnung des Sofortvollzugs 1. Zuständigkeit - 80 II Nr. 4 VwGO: Ausgangsbehörde 2. Verfahren - (P) Anhörung gem. Art. 28 I BayVwVfG erforderlich bei Anordnung des Sofortvollzugs: e.a.: Ja, zumindest analog, da belastender Charakter a.a.: Nein, da aufgrund Eilbedürftigkeit sowieso entbehrlich gem. Art. 28 II Nr. 1 BayVwVfG - kann offen bleiben, da in jedem Fall nachholbar im gerichtlichen Verfahren 3. Form - Begründungspflicht nach 80 III 1 VwGO - Erforderlich, da Sofortvollzug die Ausnahme darstellt - Begründung muss einzelfallbezogen sein und nicht bloß Wortlaut der 80 II Nr. 4 VwGO wiedergeben (Warnfunktion) - Formelhafte Wendungen reichen nicht aus Hier: Verstoß gegen Begründungspflicht (+), da keine Interessenabwägung erkennbar (P) Kann Fehler nach Art. 45 I Nr. 2 BayVwVfG geheilt werden? (-) würde Warnfunktion nicht gerecht werden Somit: Anordnung des Sofortvollzuges bereits formell rechtswidrig

Anmerkung: Eilantrag wäre bereits begründet, jedoch wird nur Vollziehungsanordnung aufgehoben; Behörde kann neuen Sofortvollzug jederzeit anordnen weitere Prüfung III. Summarische Prüfung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren/Interessenabwägung Obersatz: Der Eilantrag wäre begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers an dem einstweiligen Nichtvollzug (=Suspensivinteresse) das Interesse der Verwaltung am Sofortvollzug (= Vollzugsinteresse) überwiegt. Hierbei gibt der voraussichtliche Erfolg in der Hauptsache einen gewissen Maßstab. Ergibt eine summarische Prüfung der Hauptsache, dass die Anfechtungsklage in der Hauptsache offensichtlich begründet wäre, überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers. Falls die Anfechtungsklage in der Hauptsache offensichtlich unbegründet wäre, überwiegt das Vollzugsinteresse der Verwaltung. 1. Zulässigkeit der Anfechtungsklage - S.o. - Bzgl. Widerspruchsverfahren hat S Wahlrecht nach Art. 15 I Nr. 3 AGVwGO 2. Begründetheit der Anfechtungsklage Obersatz: Die Anfechtungsklage wäre begründet, soweit sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet ( 78 I VwGO), der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger hierdurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist ( 113 I S. 1 VwGO). a) Passivlegitimation (s.o.) b) Rechtmäßigkeit des VA

aa) Rechtsgrundlage Art. 84 III 2 BayEUG bb) Formelle Rechtmäßigkeit - Zuständigkeit: Für Maßnahme nach Art. 84 III 2 BayEUG ist Schulleiter zuständig - Verfahren: Anhörung nach Art. 28 I BayVwVfG erfolgte durch Gespräch mit Schulleiter - Form: + cc) Materielle Rechtmäßigkeit - Übereinstimmung mit der Rechtsgrundlage des Art. 84 III 2 BayEUG? Liegt hier Gefährdung des ordnungsgemäßen Schulbetriebs vor? Unbestimmter Rechtsbegriff Überprüfbar durch Gericht? Hier: (+), da keine Prüfungs- oder prüfungsähnliche Entscheidung - Laut SV wird ordnungsgemäßer Schulbetrieb nicht gestört - Somit: TB-Voraussetzungen des Art. 84 III 2 BayEUG (-) 3. Überwiegen des Suspensivinteresses - Anfechtungsklage wäre begründet - Somit überwiegt Suspensivinteresse des S D. Ergebnis Antrag des S hätte Aussicht auf Erfolg.