Sensorische Analyse: Methodenüberblick



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Transkript:

DLG-Expertenwissen 1/2010 Sensorische Analyse: Methodenüberblick und Einsatzbereiche Teil 2: Unterschiedsprüfungen www.dlg.org

Expertenwissen Sensorik SENSORIK Sensorische Analyse: Methodenüberblick und Einsatzbereiche Teil 2: Unterschiedsprüfungen Es existieren zahlreiche Varianten sensorischer Prüfmethoden, die für spezielle Fragestellungen in Betrieben, Produktionsstätten, Überwachungseinrichtungen und Forschung entwickelt wurden. Viele dieser Methoden haben nie den Weg in die Öffentlichkeit gefunden, wurden aber über lange Zeit zu verschiedensten Zwecken, wie z. B. in der Qualitätskontrolle, Produktentwicklung und -verbesserung oft erfolgreich eingesetzt. Zahlreiche Methoden wurden auch von Praktikern auf Basis jahrelanger Erfahrung entwickelt und waren jahrelang erfolgreich im Einsatz, ohne je evaluiert worden zu sein oder schriftlich niedergelegt zu werden. Im europäischen und globalen Umfeld können solche isoliert entwickelten und abgeschottet eingesetzten Methoden kaum noch erfolgreich sein, da bedingt durch den internationalen Wettbewerb, durch die stärkere Überwachung und Auditierung, die Anforderungen des Handels und durch die Akkreditierung auch sensorische Methoden wohl definiert, evaluiert und die Ergebnisse gut dokumentiert werden müssen. Dies ist besonders im Hinblick auf Rückrufaktionen und zur Erfüllung der Anforderungen nach Rückverfolgbarkeit notwendig. Viele sensorische Prüfmethoden sind deshalb in den letzten Jahrzehnten standardisiert worden. Sie wurden durch Ringversuche evaluiert, um dann in Handlungsanweisungen umgesetzt zu werden, in denen zweifelsfrei die Handhabung des Prüfverfahrens beschrieben wird, um auch dem Ungeübten oder Anfänger ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem er in relativ kurzer Zeit zuverlässige Ergebnisse erzielen kann. Die drei Hauptorganisationen, die sich mit der Normierung von sensorischen Prüfmethoden befassen, sind DIN (Deutsches Institut für Normung, Deutschland), CEN (Europäisches Komitee für Normung, europaweit) und ISO (Internationale Organisation für Normung). DIN Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet in den internationalen und europäischen Normengremien ISO und CEN mit, um den internationalen freien Warenverkehr zu fördern. Es organisiert die Eingliederung internationaler Normen in das deutsche Normenwerk. Die DIN-Normen werden über den Beuth-Verlag, ein Tochterunternehmen der DIN-Gruppe, kostenpflichtig in Papierform und als Download vertrieben. Der inhaltliche Aufbau der DIN- Normen folgt einer systematischen Gliederung. Die fachliche Arbeit der Normung beim DIN wird in Arbeitsausschüssen durchgeführt. Für eine bestimmte Normungsaufgabe ist jeweils nur ein Arbeitsausschuss bzw. ein Technisches Komitee zuständig. Diese Ausschüsse bzw. Komitees vertreten ihre Aufgabe zugleich in den regionalen, europäischen und internationalen Normungsorganisationen. Im Regelfall sind mehrere Arbeitsausschüsse zu einem Normenausschuss im DIN zusammengefasst. Grundsätzlich haben DIN-Normen, wie auch andere Normen den Charakter von Empfehlungen. Ihre Anwendung ist jedem freigestellt, d. h., man kann sie anwenden, muss es aber nicht. Verbindlich werden Normen dann, wenn in privaten Verträgen oder in Gesetzen und Verordnungen auf sie Bezug genommen wird und dort deren Verwendung oder Gebrauch festgelegt wird. Weil Normen eindeutige Aussagen sind, lassen sich durch ihre vertraglich vereinbarte Verbindlichkeit Rechtsstreitigkeiten vermeiden. CEN Das CEN ist verantwortlich für europäische Normen (EN). CEN wurde 1961 von den nationalen Normungsgremien der Mitgliedsstaaten von EWG und EFTA gegründet und hat seinen Sitz in Brüssel (Belgien). Die heute 30 CEN-Mitgliedsstaaten arbeiten zusammen, um freiwillige europäische Normen in verschiedenen Industrie- und Dienstleistungsbereichen zu entwickeln. Die Normungsorganisationen der 30 nationalen Mitglieder repräsentieren die EU-Mitgliedsländer, drei Mitglieder der EFTA und Länder, die in Zukunft der EU oder EFTA beitreten werden. Derzeit sind die CEN-Mitglieder die Normungsorganisationen folgender Länder: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. ISO Die Internationale Organisation für Normung (ISO), benannt nach dem griechischen Wort iσος (isos) gleich, ist die internationale Vereinigung von Normungsorganisationen. Sitz dieser Organisation ist Genf, wo die ISO am 23. Februar 1947 ihre Tätigkeit aufnahm. Mittlerweile sind über 150 Länder in der ISO vertreten. Jedes Mitglied vertritt ein Land, wobei es aus jedem Land auch nur eine Normungsorganisation gibt, die Mitglied ist. Das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) ist seit 1951 Mitglied bei ISO für die Bundesrepublik Deutschland. Offizielle Sprachen der ISO sind Englisch und Französisch. In diesen Sprachen werden die ISO-Normen veröffentlicht. Die nationalen Normungsorganisationen sind für die Übersetzungen verantwortlich, so z. B. das DIN für die Übertragung in die deutsche Sprache. Die durch die verschiedenen Normungsorganisationen veröffentlichten deutschsprachigen Normen im Bereich sensorische Prüfung sind als Übersichtstabelle unter www.dlg.org/ sensorikausschuss.html als Download verfügbar. Es handelt sich hierbei um Normen, die Begriffe oder ein sensorikspezifisches Vokabular enthalten (z. B. DIN 10950-1), Normen über Geräte DLG-Expertenwissen Sensorik 01/2010 1

SENSORIK Expertenwissen Sensorik oder Utensilien, die für sensorische Prüfungen benötigt werden (z. B. DIN 10956, DIN 10960 oder DIN 10962), Normen zur Schulung von sensorischen Sachverständigen (z. B. DIN 10961) und Normen, in denen spezifische Prüfverfahren niedergelegt sind. Die aktuell gültigen Normen stammen aus den Jahren 1996 bis 2009 und werden wie alle DIN-Normen in regelmäßigem Abstand überprüft und ggf. überarbeitet oder ersetzt. Der Inhalt und die Anwendbarkeit einiger dieser Normen auf praktische Probleme ist Gegenstand der nächsten Ausgaben dieser Arbeitsblätter Sensorik. Dabei wird aus Gründen der Vereinfachung und Kürze der Darstellung manches nicht in der gebotenen Tiefe und Exaktheit behandelt werden können. In Zweifelsfällen sollte immer die zuständige Norm zu Rate gezogen werden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Normen oder normenähnliche Vorschriften auch in anderen Gremien wie dem Codex Alimentarius oder in der europäischen Gesetzgebung erarbeitet und verankert wurden. So hat beispielsweise das Codex Alimentarius-Komitee für Fische und Fischerzeugnisse selbst eigene Richtlinien für die sensorische Prüfung von Fisch und Krebstieren in Laboratorien entwickelt und veröffentlicht (Codex Guidelines For The Sensory Evaluation of Fish and Shellfish in Laboratories CAC-GL 31-1999). Als weiteres Beispiel sei die Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 vom 11. Juli 1991 angeführt. Neben der chemischen Analyse der Öle kommt in der aktuellen Fassung (2008) dieser Verordnung der sensorischen (organoleptischen) Untersuchung der nativen Öle eine besondere Bedeutung zu. Anhang XII der VO enthält das seit 2002 anzuwendende, sehr detailliert beschriebene Sensorik- Verfahren des Internationalen Olivenrates (IOR), welches durch die Verordnung (EG) Nr. 640/2008 seit 1. Oktober 2008 nochmals leicht modifiziert wurde. (Dieses Beispiel ist zu finden unter: http://www.dgfett.de/material/olivenoel.pdf). Die wichtigsten Prüfmethoden im Bereich der Unterschiedsprüfungen Teil 1 der Arbeitsblätter Sensorik zum Thema Sensorische Analysen befasste sich mit den unternehmensübergreifenden Anwendungsgebieten der Lebensmittelsensorik, zu denen vor allem die Qualitätsprüfungen der DLG gehören. Mit diesen jährlichen Qualitätstests werden fertige, auf dem Markt erhältliche Produkte bewertet. Davor steht jedoch die Herausforderung, ein Produkt zu entwickeln, das sich trotz des Überangebots und der Vielfalt auf dem Markt platzieren kann. Der Verbraucher hat die Wahl und entscheidet über den Erfolg. Er kauft ein Produkt nur ein zweites Mal, wenn ihm Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz gefallen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden sensorische Prüfungen in verschiedenen Bereichen, wie Produktentwicklung, Produktion und Prozessoptimierung sowie Qualitätssicherung, durchgeführt. Je nach Anforderungen können dabei verschiedene Tests zum Einsatz kommen. Abbildung 1: Übersicht über häufig angewandte Unterschiedsprüfungen Sensorikprüfung Anwendungsbereiche Unterschiedsprüfung über das Dreieckstest (Triangeltest) u. a. Produktentwicklung, Gesamtprodukt Duo-Trio-Test Rezeptur-, Prozessänderung, Gibt es einen sensorischen Rohwarenaustausch, Unterschied zwischen den Proben? A - Nicht A Test Qualitätssicherung, 2 aus 5 Test Unterschiedsprüfung über einzelne Paarweiser merkmalsbezogener Überwachung d. Lagerstabilität Rezeptur-, Prozessänderung Prüfmerkmale oder Merkmalseigenschaften*) Vergleich Rangordnungsprüfung Prüferschulung, Unterscheiden sich die Proben Sensorische Wahrnehmung hinsichtlich eines Attributes X? von Produktkomponenten *) folgen im nächsten Arbeitsblatt Im Folgenden werden im Bereich der sensorischen Prüfmethoden die Unterschiedsprüfungen vorgestellt, mit denen sensorisch erfassbare Produktveränderungen erkannt werden können. Ab wann wird ein Unterschied merkbar, wie deutlich ist er zu erkennen? Für die Lösung dieser Fragen sind Unterschiedsprüfungen die geeigneten Methoden. Diese auch Diskriminierungsprüfungen genannten Tests gehören zu den grundlegenden sensorischen Verfahren (Abbildung1). Anwendung von Unterschiedsprüfungen Bei den Unterschiedsprüfungen werden zwei oder mehrere Produkte miteinander verglichen. Es liegt nahe, dass ihre Anwendung nur dann Sinn macht, wenn die Abweichungen zwischen den Proben nicht offensichtlich sind. Aus diesem Grund werden prinzipiell nur sehr ähnliche Produkte beurteilt. Das Ergebnis einer Diskriminierungsprüfung besagt nichts über die Qualität der Prüfgegenstände. Für Aussagen darüber und für die Beurteilung größerer und ggf. komplexer Unterschiede eignen sich andere sensorische Methoden besser, wie z. B. die Profilanalyse. Die Tests werden als so genannte Forced choice -Prüfungen durchgeführt (Wahlzwang). Der Prüfer muss sich immer entscheiden. Auch wenn er sensorisch für sich keinen Unterschied feststellen kann, muss er sich festlegen. Bei der Auswertung geht man dann davon aus, dass sich im Endeffekt die individuelle Unsicherheit gleichmäßig verteilt und das Ergebnis nicht signifikant verändert wird. Duo-Trio- und Dreieckstests können auch als Prüfung auf die Ähnlichkeit zweier Produkte durchgeführt werden. Dies bietet sich bei Entwicklungsmustern oder Nachahmerprodukten ( Me- Too-Produkte ) an. In solchen Fällen soll die Sensorik Auskunft darüber geben, wie gut sich das Muster oder die Kopie dem Testziel angenähert haben. Dreieckstest Der Dreieckstest (auch Triangeltest genannt) ist eine äußerst aussagekräftige Methode, um geringfügige Unterschiede zwischen zwei Proben festzustellen. Dem Prüfer werden eine oder mehrere Gruppen von drei Proben vorgelegt, von denen immer zwei gleich sind (Abbildung 2). Die Gesamtzahl der richtigen Antworten, bezogen auf die Zahl der Prüfer, erlaubt aufgrund einschlägiger Signifikanztabellen ein Urteil über die 2 DLG-Expertenwissen Sensorik 01/2010

Expertenwissen Sensorik SENSORIK Unterscheidbarkeit der beiden Proben. Solche Tabellen sind in den jeweiligen DIN-Normen oder auch in den Untersuchungsvorschriften des 64 LFBG enthalten. Bei der Durchführung der Dreieckstests ist es sehr wichtig, für gleichbleibende Versuchsbedingungen zu sorgen. Alles, was Rückschlüsse zulässt und zu richtigen Antworten hinführt, muss vermieden werden. Die möglichen Probenkombinationen müssen in gleicher Zahl vorbereitet werden. Besteht das Panel aus 18 Prüfern, erhalten jeweils drei Personen die gleiche Probenfolge auf den Positionen 1, 2 und 3. Rückkosten innerhalb einer Probenreihe ist erlaubt, führt aber wegen möglicher Ermüdungserscheinungen nicht zwangsläufig zu einem besseren Ergebnis. Die Anzahl der Prüfpersonen hängt von der Fragestellung ab. Sie liegt bei mindestens fünf bis sieben Personen, bei ungeschulten Teilnehmern auch höher. Wenn nicht genügend Prüfer zur Verfügung stehen, ist eine Erweiterung auf mehrere Prüfreihen pro Prüfer möglich, um die Zahl der Antworten zu erhöhen. Diese Vorgehensweise ist allerdings nicht ideal, denn das theoretische Modell für die Auswertung der Dreieckstests setzt voraus, dass die einzelnen Antworten voneinander unabhängig sind, was bei mehrfachen Antworten desselben Prüfers nicht der Fall ist. Beispiel 1: Dreieckstest: Kräuterquark A und Kräuterquark B enthalten nicht die gleiche Kräutermischung gibt es einen erkennbaren Unterschied? Name: Sie erhalten drei Proben, von denen zwei identisch und eine abweichend ist. Bitte markieren Sie die abweichende Probe mit einem Kreis. Wenn Sie keinen Unterschied erkennen, raten Sie. Rücktesten ist erlaubt. Geben Sie an, wenn Sie nur geraten haben. Proben-Nr. 347 815 268 Bemerkungen: Zur Auswertung der Ergebnisse werden Signifikanztabellen aus der DIN-Norm zurate gezogen, so dass dann z. B. folgende Aussagen möglich sind: JA, es gibt einen signifikanten Unterschied. Es lassen sich aber keine Informationen ableiten, ob es am Geruch, Geschmack, Mundgefühl etc. liegt. NEIN, es gibt keinen signifikanten Unterschied. Die Proben können von den Prüfpersonen nicht unterschieden werden. Der Schluss, dass absolut kein Unterschied existiert, ist aber nicht zulässig. Jeder Entscheid ist mit zwei Fehlermöglichkeiten behaftet, dem α-risiko (oder Irrtumswahrscheinlichkeit), wonach die Proben unterschiedlich sind, obwohl der beobachtete Unterschied allein durch Zufall entstanden ist, b-risiko, dem Urteil, dass die beiden Proben nicht unterscheidbar sind, obwohl ein Unterschied vorhanden ist, der durch Zufall verborgen blieb. Das Signifikanzniveau und damit die notwendige Anzahl richtiger Antworten muss vor Testbeginn festgelegt werden. Für das Beispiel 1 (Kräuterquark) könnte die Vorgehensweise folgendermaßen aussehen: Es gab 24 Prüfer. Da nach dem Unterschied gefragt wird, muss man festlegen, wie sicher die Aussage sein soll: Mindestzahl richtiger Antworten bei n = 24 für folgende Signifikanzniveaus: α = 0.05 A 13, α = 0.01 A15, α = 0.001 A 16, weniger als 13: kein wahrnehmbarer (signifikanter) Unterschied erkennbar. Der Ausdruck Unterschied für α = 0,05 gesichert bedeutet, dass dieses Urteil in höchstens 5 von 100 Fällen unberechtigt oder falsch ist und allein durch Zufall zustande kam. Die Wahrscheinlichkeit durch Raten und damit zufällig zum richtigen Ergebnis zu kommen, liegt beim Triangeltest für eine Testreihe statistisch bei 1/3. Mit jedem zusätzlichen Prüfer oder auch jeder weiteren Prüfung sinkt die Wahrscheinlichkeit, diese Einzelprobe rein zufällig zu wählen, von 1/3 auf 1/9, auf 1/27 usw. ab. Bei der Prüfung auf Ähnlichkeit ist die Durchführung des Dreieckstests identisch. Für die Auswertung ist jedoch eine eigene Tabelle anzuwenden. Falls die Anzahl richtiger Antworten unter dem gewählten Restrisiko b liegt, resultiert daraus, dass zwischen den Proben kein signifikanter Unterschied besteht. Duo-Trio-Test Der Prüfer erhält eine Einzelprobe (Kontrollprobe) und vergleicht sie mit einem oder mehreren Probenpaaren. Eine Probe jeden Paares ist immer die bekannte Einzelprobe und soll erkannt werden (siehe Abbildung 2). Da die Prüfer die Kontrollprobe unmittelbar kennen, ist der Test leichter als der Triangeltest. Auch die Erfolgsquote, beim Raten richtig zu liegen, ist besser. Da nur zwei Proben miteinander verglichen werden, beläuft sich die Wahrscheinlichkeit, ein richtiges Ergebnis zu erraten, auf 50 % oder p = 0,5. Auch hier muss man die zur Erreichung der gewünschten statistischen Sicherheit notwendige Anzahl richtiger Antworten einer Tabelle in der DIN entnehmen. Sie werden bei der Auswertung gezählt. Wenn ihre Zahl für den gewählten Sicherheitslevel größer oder gleich dem Tabellenwert ist, wird die Hypothese es gibt einen Unterschied angenommen. Wird das gewünschte Signifikanzniveau wegen einer zu geringen Anzahl nicht erreicht, muss diese Annahme abgelehnt werden. Bei seiner praktischen Durchführung wird der Duo-Trio-Test überwiegend mit der gleichen Kontrollprobe (engl. constant reference) durchgeführt. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, die Proben A oder B abwechselnd als Kontrollprobe einzusetzen (engl. balanced reference). Beispiel 2: Duo-Trio-Test: Es ist zu prüfen, ob eine veränderte Technologie bei der Herstellung Einfluss auf die Qualität des Endproduktes hat. Prüfung von Fleischwurst Prüfer: Produkt Kontrollprobe K ist das Ihnen bekannte Produkt unserer Firma. Prüfen Sie von links nach rechts: Testen Sie zuerst die Kontrollprobe K und vergleichen Sie sie mit den beiden unbekannten Proben. Kreuzen Sie die Probe an, die Ihrer Meinung nach mit der Kontrollprobe übereinstimmt. Falls Sie keinen Unterschied feststellen, raten Sie und notieren Sie das bitte. Rückverkosten ist erlaubt. Probe 327 O Probe 952 O Kommentar: DLG-Expertenwissen Sensorik 01/2010 3

SENSORIK Expertenwissen Sensorik Abbildung 2: Mögliche Probenanordnungen bei Unterschiedsprüfungen Dreieckstest Duo-Trio-Test 2-aus 5- Test øøπ πøø π πø øøøππ øøπøπ øπøøπ πøøøπ øøππø øππ πøπ øπ øπøπø πøøπø øππøø πøπøø ππøøø ππø øπø πππøø ππøπø πøππø øπππø ππøøπ A - Nicht A -Test Dieser Test bietet sich an, wenn der Duo-Trio- oder der Triangel-Test nicht das geeignete Verfahren darstellen. Dazu gehört die Untersuchung von Produkten mit starken und/oder anhaltenden Geruchs- und Geschmackskomponenten oder mit leichten optischen Unterschieden. Das Testpanel erhält zuerst eine Standardprobe A, die sozusagen das Trainingsobjekt bildet, auf welches die Prüfer eingestimmt werden. Nach dieser Übungsphase werden den Prüfern unbekannte Proben vorgestellt, die sie mit Hilfe ihres intern gespeicherten Standards als A (kein Unterschied zur Standardprobe) oder Nicht-A (Unterschied zur Standardprobe) bestimmen müssen. Ein Rückprüfen ist bei diesem Test natürlich nicht möglich. Die Fähigkeit der Prüfer, sich Sinneseindrücke so merken zu können, dass sie sich wieder verlässlich abrufen lassen, bildet die entscheidende Voraussetzung für den Test. Daher wird beim A-not A-Test in der Regel mit sensorisch geschulten Personen gearbeitet. Beispiel 3: A - Nicht A -Test : Himbeerjoghurt mit unterschiedlichem Aroma Die richtigen Ergebnisse werden addiert. Für die Auswertung dieser Prüfung muss die entsprechende Fachliteratur zu Rate gezogen werden. 2 aus 5 -Test (Two-out-of-Five-Test) πøπøπ øππøπ πøøππ øπøππ øøπππ Vor Ihnen steht die Kontrollprobe A, die Sie als erstes verkosten. Danach geben Sie sie zurück und testen die vor Ihnen stehenden Proben der Reihenfolge nach. Ordnen Sie jede Probe durch Ankreuzen A oder Nicht-A zu. A Nicht-A 364 O O 865 O O 532 O O 461 O O Dem Namen 2 aus 5-Test folgend werden fünf Proben beurteilt, von denen jeweils zwei (A) und drei (B) gleich sind. Damit ergeben sich zehn Möglichkeiten, die beiden Proben A in der Fünfergruppe zu platzieren. Aus dieser großen Anzahl lässt sich ohne weiteres erkennen, dass die Prüfer mit Raten schwerlich erfolgreich sein können, denn die Wahrscheinlichkeit dabei richtig zu liegen beträgt nur 10 %. Das macht den Test sehr effizient. Andererseits ist der Aufwand auch wesentlich größer, denn es existieren 20 verschiedene 5er-Sets (siehe Abbildung 2). Diese gleichmäßig verteilt anzubieten, erfordert zahlreiche Testpersonen. Außerdem stellt der damit verbundene Umfang auch einen Nachteil dar. Ermüdungserscheinungen und Memory-Effekte können sich nachteilig auf die Urteilsfähigkeit der Prüfer auswirken. Der Test eignet sich daher nur bei Proben, die keinen intensiven, nachhaltigen oder scharfen Geruch und Geschmack besitzen. Aber auch bei Testobjekten ohne solche Eigenschaften ist die ungünstige Wirkung auf die Reizwahrnehmung so erheblich, dass diese Prüfung für Verkostungen nur selten angewandt und hauptsächlich bei der Beurteilung optischer oder taktiler Merkmale eingesetzt wird. Beim 2 aus 5-Test werden gleichzeitig fünf codierte Proben gereicht. Die Prüfer müssen die zwei gleichen Produkte erkennen. Wenn sie dieses Ziel erreicht haben, ergibt sich automatisch, dass die anderen drei Proben ebenfalls übereinstimmen, aber anderer Art sind. Dieser Test sollte nur mit trainierten Personen durchgeführt werden. Beispiel 4: 2 aus 5-Test: Verändert ein anderer Emulgator die Konsistenz? Prüfer: Vor Ihnen stehen fünf Dosen mit Handcremes, von denen zwei den gleichen Inhalt und die drei anderen gleiche Proben einer abgeänderten Creme enthalten. Testen Sie von links nach rechts. Kreuzen Sie die zwei zusammengehörenden Proben an. Wenn Sie keinen Unterschied erkennen können, müssen Sie raten. Testreihe 1 (Links) 862 245 458 396 522 (Rechts) Testreihe 2 498 298 665 743 228 Testreihe 3 161 782 926 543 132 Es werden die richtigen Antworten gezählt und mit den Werten einer entsprechenden Tabelle aus der Fachliteratur verglichen. Autoren: Prof. Dr. Jörg Oehlenschläger, Mitglied im DLG-Ausschuss Sensorik, Buchholz i.d. Nordheide; Monika Manthey-Karl, Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Forschungsbereich Fischqualität, Hamburg Literatur und Arbeitshilfen: - DIN-Normen (www.dlg.org/sensorikausschuss.html) - Götz Hildebrandt (Herausgeber): Geschmackswelten. Grundlagen der Lebensmittelsensorik. DLG-Verlag, 2008 - Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren nach 64 LFGB Dreiecksprüfung L 00.90-7 - Mechthild Busch-Stockfisch: Praxishandbuch Sensorik, Produktentwicklung/ Qualitätssicherung. Loseblattsammlung DLG e.v., Ausschuss Sensorik Eschborner Landstraße 122, 60489 Frankfurt am Main Telefon: 069/24788-360, Fax: 069/24788-8360 E-Mail: B.Schneider@DLG.org; Internet: www.dlg.org/sensorikausschuss.html 4 DLG-Expertenwissen Sensorik 01/2010