Chair of Building Systems Prof. Hansjürg Leibundgut Wärme Vorlesung Prof. Dr. Hansjürg Leibundgut / ITA Institute of Technology in Architecture Faculty of Architecture / ETH Zürich
Temperatur, thermische Energie und Wärme Die Temperatur hat die Einheit Kelvin [K] und das Formelzeichen T. Wird sie in Grad Celsius [ C] angegeben, dann gilt θ bzw. ϑ als Formelzeichen. Die Kelvinskala ist so definiert, dass dem Tripelpunkt (Koexistenz von 3 Zuständen: fest, flüssig, gasförmig) des Wassers der Wert 273,16 K zugeordnet ist. Der Nullpunkt der Kelvin Skala liegt am absoluten Nullpunkt bei -273.16 C, d.h. 0 C = 273.16 K. Jeder Körper besitzt eine Masse m [kg] und ist in der Lage, thermische Energie [J] zu speichern. Dieses Vermögen wird durch die Wärmekapazität C [J / K] beschrieben. Die thermische Energie eines Körpers beträgt: Eth = C T Bei homogenen Körpern, wird C auf die Masse bezogen: c = spezifische Wärmekapazität = C / m [J / (kg K)]. Jeder Körper besitzt eine Zustandsgrösse, die man Temperatur nennt. Aufgrund der Bewegungen seiner Teilchen speichert ein Körper Energie, die wir als thermische Energie bezeichnen. Wenn innerhalb eines Körpers 2 Teilchen unterschiedliche Bewegungsintensitäten aufweisen, dann wird durch die Zusammenstösse thermische Energie vom sich stark bewegenden Teilchen an das sich schwach bewegende Teilchen übertragen. Die übertragene thermische Energie tritt als Wärme auf. Vorlesung: Wärme / 2 von 36
Wärmespeicherung Jede Masse hat zu jedem Zeitpunkt eine bestimmte Temperatur. Erwärmt man einen Körper um 1K über seine Umgebungstemperatur und isoliert den Körper gegen die Umgebung so stellt der Körper einen thermischen Energiespeicher dar. Man spricht von einem Wärmespeicher, wenn die Körpertemperatur höher ist als seine Umgebung bzw. von einem Kältespeicher, wenn die Körpertemperatur tiefer ist als die Umgebung Qtherm = m cp ΔT Qtherm m cp ΔT thermische Energie [J] Masse [kg] spezifische Wärmekapazität bei gleichbleibendem Druck [J /(kg K)] Temperaturdifferenz [K] Vorlesung: Wärme / 3 von 36
Wärmeübertragung und -transport Wärme wird von einem Körper an einen zweiten übertragen, wenn zwischen beiden eine Temperaturdifferenz besteht. Netto fliesst immer Wärme von einem Körper mit höherer Temperatur zum anderen Körper mitt tieferer Temperatur. Es gibt grundsätzlich 3 Mechanismen der Wärmeübertragung, die allein oder in Kombination auftreten: Leitung, Konvektion und Strahlung.. Wärmetransport: Φ = m cp T Leitung Konvektion Strahlung. Φ m cp ΔT Wärmestrom [W] Massenstrom [kg/s] spezifische Wärmekapazität [J/(kg K)] Temperaturdifferenz [K] Vorlesung: Wärme / 4 von 36
Wärmeübertragung und -transport Die Wärmeleitung findet hauptsächlich in festen Körpern oder in stehenden Flüssigkeiten bzw. an der Grenzfläche zwischen 2 festen Körpern oder zwischen festem Körper und stehender Flüssigkeit statt. Durch Zusammenstösse der Teilchen wird thermische Energie übertragen. Durch Konvektion (Wärmeströmung) wird nicht nur thermische Energie, sondern zusätzlich Volumenarbeit (innere Energie bzw. Enthalpie) übertragen, indem sich die Teilchen fortbewegen. Bei der Konvektion wird Wärme von einem festen Körper an ein flüssiges oder gasförmiges Medium übertragen. Da sich das Medium bewegt, entsteht ein Massenstrom. Das Medium transportiert Wärme von einem Ort A an einen Ort B, indem das Massenelement mit der eingespeicherten Wärme eine örtliche und damit zeitliche Verschiebung erfährt. Mit der Wärmestrahlung emittiert ein Körper elektromagnetische Wellen in einem bestimmten Wellenbereich. Dies geschieht wegen der Änderungen in der Elektronen-Konfiguration in Abhängigkeit von der Temperatur. Vorlesung: Wärme / 5 von 36
Wärmedurchgang bei mehrschichtiger Konstruktion Ohne Sonnenstrahlung: Der Wärmedurchgang (Konvektion, Leitung, Konvektion) findet statt: Die Richtung des Wärmestroms wird festgelegt durch Innen- und Aussentemperatur: Φ = A U (θi - θe) A d1 d2 d3(d j ) U = n 1 1/h i + (d j / j ) + 1/h e se si j e i Φ Wärmestrom [W] A Wandfläche [m 2 ] θi-θe Temperaturdifferenz innen/aussen [K] U Wärmedurchgangskoeffizient [W/(m 2 K)] hi Wärmeübergangszahl [W/(K m 2 )]: Innenwand: 1/hi = 0,13 (K m 2 )/W he Wärmeübergangszahl [W/(K m 2 )]: i si, e, se Lufttemperatur innen bzw.aussen Oberflächentemperatur innen bzw.aussen dj λj Aussenwand: 1/hi = 0,04 (K m 2 )/W Schichtdicke [m] Wärmeleitfähigkeit der Schicht [W/(K m)] Vorlesung: Wärme / 6 von 36
Wärmetransport durch ein Medium in einem Kanal Soll Wärme durch einen Kanal von einem sehr grossen Reservoir mit der Temperatur T1 in ein sehr grosses kälteres Reservoir mit der Temperatur T2 transportiert werden, dann muss im Kanal ein Massenfluss m [kg/s] herrschen und das Transportmedium muss im Teilbereich A eine andere Temperatur haben als im Teilbereich B. Der Massenfluss ist umso grösser, je kleiner die spezifische Wärmekapazität des Transportmediums ist. B Warmes Reservoir A m, cp. Φ Transport = m cp (T1- T2) OA. ΦTransport m cp (T1- T2) Wärmestrom [W] Massenfluss [kg/s] spezifische Wärmekapazität [J/(kg K)] Temperaturdifferenz zw. Reservoirs [K] Kaltes Reservoir T2 Vorlesung: Wärme / 7 von 36
Wärmestrahlung Jeder Körper mit einer Temperatur grösser Null Kelvin strahlt Wärme in Form von elektromagnetischen Wellen innerhalb eines bestimmten Frequenzbereichs (Wellenlänge) ab. Die Wärmeleistung beträgt: Φ = ε σ A T 4 Je höher die Temperatur des Körpers ist, desto höher ist die Leistung der Wärmestrahlung und desto kürzer sind die Wellenlängen. Spektrale Strahlungsintensität [W/sr] 1,0E!" 1,0E!# 1,0E!$ 1,0E!% 1,0E!& 1,0E!' 1,0E!( 1,0E!) 1,0E!* 1,0E!+ 6000K 2000K 1000K 500K 300K Das Strahlungsverhalten des Körpers kann verändert werden durch Ausgestaltung der Oberfläche (Emissionsgrad). 1,0E,* 0,1-----------------1-----------------10----------------100 Wellenlänge [µm] Jeder Körper sendet bei einer gegebenen Temperatur elektromagnetische Wellen ab, die man Wärmestrahlung nennt. ΦTransport Wärmeleistung [W] ε Emissionsgrad [ ] A Oberfläche [m 2 ] T Temperatur des Körpers [K] σ Stefan-Boltzmann-Konstante: 5,67 10-8 [W/(m 2 K 4 )] ε = 1: schwarzer Körper; ε < 1: grauer Strahler Vorlesung: Wärme / 8 von 36
Strahlungsaustausch Stehen einander zwei Flächen A1 und A2 mit unterschiedlichen Grössen und Temperaturen gegenüber so fliesst netto ein Wärmestrom über Strahlung vom wärmeren zum kälteren Körper. 1 2 A1 A2 Allgemein gilt: Φ1/2 = σ F12 A2 ( T1 4 - T2 4 ) F12 = 1 [ 1 / ε1 + A1 / A2 (1 / ε2-1)] 1 A1 T1 1 A2 T2 2 Strahlungsaustausch zwischen 2 parallelen Flächen Φ1/2 Wärmestrom [W] ε Emissionsgrad [ ] A 1 grosse Fläche [m 2 ] A 2 kleine Fläche [m 2 ] T Temperatur [K] σ Stefan-Boltzmann-Konstante: 5,67 10-8 [W/(m 2 K 4 )] F12 Formfaktor für Strahlungsaustausch [ ] Vorlesung: Wärme / 9 von 36
Linearisiertes Strahlungsmodell Mit genügender Genauigkeit kann bei relativ kleinen Temperaturdifferenzen (Δθ < ca 30K) und relativ kleinen Abständen gleich grosser Platten und ε1=ε2 eine lineare Form für die Berechnung des Wärmestroms durch Strahlung Φr verwendet werden. 1 = 2 A 1 = A 2 hr[w/m 2 K] 5.5 5.0 4.5 Komfortbereich Φr = hr Δθ Φr Strahlungswärmestrom [W/m 2 ] h r Δθ Strahlungswärmeübergangszahl [W/(m 2 K)] Temperaturdifferenz [K] 1 A 1 T 1 1 2 A 2 T 2 2 4.0 Strahlungswärmeübergangszahl hr 0 5 10 15 20 25 30 35 40 ( 1 + 2 ) / 2 [ C] Vorlesung: Wärme / 10 von 36
Solarstrahlung Die Sonne ist ein sehr heisser Körper mit einer durchschnittlichen Oberflächentemperatur von ca 6000 K. Sie strahlt die Energie ab, die im Inneren der Sonne durch Kernfusionsprozesse erzeugt wird. Ausserhalb der Erdatmosphäre wird eine Strahlungsleistung von rund 1300 W/m 2 gemessen. Auf der Erdoberfläche kommt die terrestrische Solarstrahlung an, deren Strahlungsleistung kleiner ist als die Leistung ausserhalb der Atmosphäre (Absorption). Die Solarstrahlung hat grosse Auswirkung auf die Gebäudetechnik. Von Bedeutung sind die gemessenen Werte für die Horizontalstrahlung (Messebene in der Erdhorizontalen). Vorlesung: Wärme / 11 von 36
Reflexion, Transmission, Absorption Trifft Strahlung (u.a. Solarstrahlung) auf einen Körper, so wird die Strahlungsenergie entweder a) als Strahlung reflektiert b) durch den Körper transmittiert c) vom Körper absorbiert. transmittierte Strahlung Durch die Absorption erwärmt sich der Körper und emittiert eine Sekundärstrahlung. Zudem gibt er Wärme an seine Umgebung über Konvektion ab Einstrahlwinkel reflektierte Strahlung absorbierte Strahlung Vorlesung: Wärme / 12 von 36
Strahlungskennwerte transparenter Elemente / g-wert, τ-wert Die Sonnenstrahlung liefert Wärme und Licht, das letztlich in Wärme umgewandelt wird. Gesamtenergiedurchlassgrad (g-wert [ ]) gibt an, wieviel von der Sonnenstrahlung Io letztlich im Raum wirksam ist: 1 g = (IE + Iq ) / Io Strahlungstransmissionsgrad (τ-wert [ ]) gibt an, wieviel von der Sonnenstrahlung Io direkt in den Raum gelangt: 2 3 5 τ = IE / Io 4 6 IE Transmissionsstrahlung [W/m 2 ] Iq sekundäre Wärmeabgabe [W/m 2 ] Io Sonnenstrahlung [W/m 2 ] 1 = I0 ankommende Sonnenstrahlung 2, 3 reflektierte Strahlung 4 sekundäre 6 = Iq Wärmeabgabe 5 = IE Transmissionsstrahlung Vorlesung: Wärme / 13 von 36
Strahlungskennwerte, transparente Elemente, Tv-Wert, Te-Wert, Selektivität Das menschliche Auge und die optische Sinneswahrnehmung ist sensitiv im Wellenlängenbereich zwischen ca 400 und 700 nm. In diesem Spektrum strahlt die Sonne rund 65% ihrer Energie ab. Im Gebäudeinneren wesentlich ist der a) Anteil der Strahlung innerhalb des Frequenzbereiches des sichtbaren Lichtes Tv: Transmissivität des Körpers zwischen 400 und 700 nm. b) Anteil der Strahlung ausserhalb des Frequenzbereiches des sichtbaren Lichtes. Te: Transmissivität des Körpers im Restspektrum. Als Transmissionsselektivität S [ ] wird das Verhältnis S = Tv/Te bezeichnet. Vorlesung: Wärme / 14 von 36
Energie, Arbeit, Leistung Energie als Zustandsgrösse sowie Arbeit und Wärme als Prozessgrösse haben in der Gebäudetechnik als Dimension kj, MJ, kwh, MWh usw. Leistung als übertragene Energie pro Zeiteinheit hat demnach die Dimension [kj/s] = [kw], [MW] usw. 1 kw = 1 kj/s 1 kwh =3600 kj Energie E [kj] ist eine Grösse, die man einem System zuordnen kann. Wirkt eine Kraft auf das System bzw. übt das System eine Kraft auf die Umgebung aus oder tauscht das System mit der Umgebung Wärme aus, dann ändert sich diese Grösse. Arbeit W [kj] ist die Energiemenge, die durch eine entlang eines Weges wirkende Kraft von einem System auf ein anderes übertragen wird. (W = F s) Leistung P [kj/s] kennzeichnet, wie schnell eine bestimmte Arbeit verrichtet wird. (P = W / t) Vorlesung: Wärme / 15 von 36
Zustandsgrössen eines thermischen Systems: Druck, Volumen, Temperatur Für ein ideales Gas gilt das allgemeine Gasgesetz von Avogadro Druck p p V = n Rm T i d.h. der Zustand in einem Gas ist eindeutig bestimmt, wenn 2 der 3 Zustandsgrössen bekannt sind. Volumen V p Druck [N/m 2 ] V Volumen [m 3 ] n Stoffmenge [mol] R allgemeine Gaskonstante [J/(mol K)] T Temperatur [K] Vorlesung: Wärme / 16 von 36
Entropie als Zustandsgrösse In der Thermodynamik wird eine vierte Zustandsgrösse definiert, die Entropie. Die Entropie kann nicht gemessen werden, sondern muss aus den drei Zustandsgrössen p, V und T berechnet werden. Die Entropie wird definiert als eine Prozessgrösse, d.h. sie ist nur von Bedeutung, wenn Wärme oder Arbeit fliesst. ΔS = ΔQ / T ΔQ S T Wärmemenge [J] Entropie [J/K] Temperatur [K] Vorlesung: Wärme / 17 von 36
Entropieänderung bei einem Wärmefluss Der Zustand im Punkt i sei gegeben durch die Temperatur T1 und den Entropiewert S1, im Punkt f durch T2 und S2. Temperatur T!!![K]!!!! T1 i Entropie:! S =!"! Q/T!!!! Q!=!"!T S Die Wärmemenge, die bei der Abkühlung des Systems von der Temperatur T1 auf T2 abgegeben wird, ist!!!! T2 f ΔQ = ((T1 + T2) / 2) (S1 - S2)!!! 273.16 Q Die Entropie ist umso grösser, je tiefer die Temperatur des Systems ist.!!!!!!!0 S1!! S2!!!!!Entropie!!S Q = (T1 + T2) / 2 (S2 - S1) ΔQ S T Wärmemenge [J] Entropie [J/K] Temperatur [K] Vorlesung: Wärme / 18 von 36
Wärmefluss ohne Verrichtung von Arbeit Ein Wärmefluss durch die Konstruktion mit dem Querschnitt A, der Dicke (Länge) d und der Wärmeleitfähigkeit λ tritt ein, wenn: T1 > T2 warmes Reservoir T1 A Der Widerstand R hemmt den Wärmefluss, die Konstruktion mit einem einfachen Material mit der Eigenschaft λ ist nicht in der Lage, den Wärmefluss so zu verwerten, dass ein Teil davon als mechanische Arbeit anfällt. Φ = A 1/R (T1 - T2) R = d / λ Φ kaltes Reservoir T2 d, λ Φ Wärmestrom [W] A Fläche [m 2 ] R Wärmeleitwiderstand [K m 2 /W] T Temperatur [K] d Schichtdicke [m] λ Wärmeleitfähigkeit [W/(K m)] Vorlesung: Wärme / 19 von 36
Wärmefluss mit Hilfsmedium ohne Verrichtung von Arbeit Sind die beiden Reservoire 1 und 2 sehr stark thermisch voneinander getrennt (R >>>), kann Wärme von 1 nach 2 transportiert werden, indem man ein Wärmetransportmedium dazwischen schaltet, das in einem Transportkanal mit dem Querschnitt A fliesst. Die Wärme aus dem Reservoir muss in 2 Wärmetauschern an das Medium übertragen werden. Wenn das Transportmedium seinen Aggregatszustand nicht wechselt, gibt es technisch kaum eine Möglichkeit diesem Prozess Arbeit zu entziehen (Ausnahme: Stirlingmotor). B Warmes Reservoir T1 m, cp OA A Φ1 = AWT,1 U (T1- T1,M) ΦTransport = m cp (T1- T2) Kaltes Reservoir T2 Φ2 = AWT,2 U (T2,M- T2) Φ Wärmestrom [W] AWT Wärmetauschfläche [m 2 ] U Wärmedurchgangskoeffizient [W/(m 2 K)] T. TM m cp Temperatur Reservoir [K] Temperatur Transportmedium [K] Massenfluss Transportmedium [kg/s] spez. Wärmekapazität Transportmedium [J /(kg K)] Vorlesung: Wärme / 20 von 36
Wärmefluss mit Hilfsmedium mit Verrichtung von Arbeit: Wärmekraftprozess Das im Kreislauf strömende Medium soll Arbeit verrichten. Dazu wählt man ein Medium, das eine geeignete Dampfdruckkurve aufweist, die auf die Temperaturen T1 und T2 angepasst ist. Das Medium soll innerhalb des Kreislaufes den Aggregatszustand zwischen dampfförmig und flüssig ändern. Die Expansionsarbeit in der Dampfturbine kann dem Prozess entnommen werden. Die Pumparbeit in der Speisepumpe muss geliefert werden. Speisepumpe warmes Reservoir T1 Φ 1 Dampfkessel Dampfturbine Kondensator Wexp- Wcomp= Q1 - Q2 Φ 2 Q Wcomp Wexp Wärmemenge [J] Kompressionsarbeit [J] Expansionsarbeit [J] kaltes Reservoir T2 Vorlesung: Wärme / 21 von 36
Carnotprozess Im T-S-Diagramm kann ein Idealer Prozess (ideales Gas als Medium, keine internen Verluste, unendlich grosse Wärmetauschflächen) dargestellt werden. Temperatur T Q 1 Q 1 = T 1 (S 2 - S 1 ) T 1 T 2 Q 2 Q 2 = T 2 (S 2 - S 1 ) S 1 S 2 Entropie S Q T S Wärmemenge [J] Temperatur [K] Entropie [J/K] Vorlesung: Wärme / 22 von 36
Carnot-Prozess, Arbeit durch Wärme Der Carnot-Prozess ist ein theoretischer Prozess, der aus folgenden Teilprozessen besteht: 1-2 isotherme Wärmeabgabe Warmes Reservoir T 1 T 3 Q 1 4 2-3 isentrope Kompression 1 3-4 isotherme Wärmeaufnahme 4-1 isentrope Expansion W Die Energiebilanz des Prozesses lautet: Q1 = W + Q2 2 2 1 Q 2 Die Maschine wandelt einen Teil der Wärme Q1 in Arbeit W um und gibt den Rest (Q2) an das Reservoir. Kaltes Reservoir T 2 S Q T W Wärmemenge [J] Temperatur [K] Arbeit [J] Vorlesung: Wärme / 23 von 36
Wirkungsgrad der Carnot-Maschine Die Effizienz der Maschine wird gemessen durch den thermischen Wirkungsgrad ηcarnot = W / Q1 folglich: ηcarnot = W / Q1 = ( Q1 - Q2 ) / Q1 = T 1(S2-S1) - T2(S2-S1) T1(S2-S1) 0.25 0.2 0.15 0.1 0.05 0 T2 : 263 K 273 K 283 K = 1-T2/T1 = (T1-T2) / T1 273 283 293 303 313 323 333 = T 1 - T2 T1 Wirkungsgrad ηcarnot in Abhängigkeit unterschiedlicher T1 und T2 ηcarnot = 1 - T2 T1 η Wirkungsgrad [ ] W Arbeit [J] Q Wärmemenge [J] S Entropie [J/K] Vorlesung: Wärme / 24 von 36
Wärmetransformation Die Maschine transformiert mit Arbeitszufuhr den Wärmestrom Φ2 vom Reservoir 2 zum Reservoir 1. Dort wird der Wärmestrom Φ2 mit der Temperatur T1 an das warme Reservoir abgegeben. warmes Reservoir T 1 T 3 Q 1 2 W Der Carnot-Prozess ist ein theoretischer Prozess, der aus folgenden Teilprozessen besteht: 1-2 isentrope Kompression 2-3 isotherme Wärmeabgabe kaltes Reservoir T 2 4 1 Q 2 3-4 isentrope Expansion S 4-1 isotherme Wärmeaufnahme Vorlesung: Wärme / 25 von 36
Wirkungsgrad der Carnot-Wärmepumpe Analog zu den Zusammenhängen bei der Wärmekraftmaschine kann auch hier ein Wirkungsgrad berechnet werden. 30 25 COPWP = T1 / (T1 - T2) Da man an Q1 interessiert ist, gilt für die Wärmepumpe: COPWP = Q1 / W = = Q1 Q1 - Q2 T1(S2-S1) T1(S2-S1) - T2(S2-S1) 20 15 10 5 0 290 300 310 320 330 340 T2:263K 268K 273K 278K 283K = T1 T1 - T2 COP Wirkungsgrad [ ] W Arbeit [J] Q Wärmemenge [J] S Entropie [J/K] T Temperatur [ K] Vorlesung: Wärme / 26 von 36
Exergie und Anergie Ein Wärmefluss Φ1 zwischen zwei Reservoiren mit den Temperaturen T1 und T2 kann durch eine Wärmekraftmaschine in einen Teil Arbeit W und einen Abwärmefluss Φ2 umgewandelt werden. Nach Rant werden die Teilenergieströme Exergie und Anergie genannt. Exergie: Anergie:. EΦ = (1 - T2 / T1) Φ1 = ηcarnot Φ1. BΦ = (T2 / T1) Φ1. EΦ. BΦ T Φ Exergie [W] Anergie [W] Temperatur [K] Wärmestrom [W] η Wirkungsgrad [ ] Vorlesung: Wärme / 27 von 36
Realer Wärmepumpenprozess: der Gütegrad In der Realität verhält sich kein Medium wie ein Ideales Gas. Die Wärmetauschflächen sind endlich und die Expansion und die Kompression sind mit Verlusten behaftet. Diese Effekte führen dazu, dass der effektive COPeff. einer Wärmepumpe deutlich kleiner ist als der ideale COPc nach Carnot. T [K] P 1 P 2 Der Gütegrad ist der Quotient zwischen der Arbeit WCarnot und der effektiv notwendigen Arbeit Weff. Siedelinie Taulinie S [kj/ kg K] Technisch ausgereifte Systeme erreichen Gütegrade zwischen 0.5 und 0.6. idealer Carnot - Prozess realer Prozess Gütegrad: g = Vorlesung: Wärme / 28 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude, Heizfall Der Wärmefluss Φ1 besteht aus einem Exergie- und einem Anergiestrom Reservoir 2 e = 0 C = 273K T 1 EΦ = (1- T2 / T1) Φ1 = (1-293 / 273) Φ1 = ca. 0.07 Φ1 BΦ = (T2 / T1) Φ1 = (293 / 273) Φ1 = ca. 0.93 Φ1 Reservoir 1 i = 20 C T 2 = 293K 1 E Q 1 = A U ( i - e ) Absolute Temperatur [K] = Temperatur in Celsius [ C] + 273 EΦ = Exergieanteil des Wärmestroms Φ1 [W] BΦ = Anergieanteil des Wärmestroms Φ1 [W] Ein Wärmefluss Φ1 entsteht über die Gebäudeumhüllungsfläche infolge des Wärmedurchgangs (U-Wert > 0) und der Temperaturdifferenz (θi - θe) z.b. 20 K. Φ1 Wärmestrom [W] A Gebäudeumhüllungsfläche [m 2 ] U Wärmedurchlasskoeffizient [W/ θi θe Raumtemperatur (m 2 K)] [ C] Aussentemperatur [ C] Vorlesung: Wärme / 29 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude, Heizfall Wird diese zugeführte Wärme mit einer Carnot- Wärmepumpe erzeugt, so gilt: Ist T2 = Te, so wird COPC = T1 / (T1 T2).. BΦ2 = BΦ1 P E i = 20 C 2, T 2 B 2 Der an die Umgebung verlorene Wärmestrom Φ1 reduziert die 1 1 e, Luft = 0 C T 1 = 273K Raumtemperatur. Um sie konstant zu halten, muss demnach ebenso viel B 1 Im theoretischen Prozess ist die zu leistende Arbeit W gleich gross wie die im Wärmestrom enthaltene Exergie. Wärme Φ1 wie verloren geht, wieder zugeführt werden. COPC Coefficient of Performance des Carnot Prozesses [ ] T1 T2 P. B absolute Raumtemperatur [K] absolute Aussentemperatur [K] elektrische Leistung Wärmepumpe [W] Anergieanteil [W] Vorlesung: Wärme / 30 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude, Heizfall Wird diese zugeführte Wärme mit einer Carnot- Wärmepumpe erzeugt, so gilt Interessant wird es, wenn für die Wärmepumpe eine natürliche Wärmequelle (Wärmereservoir 2) genutzt werden kann, deren Temperatur T2 höher liegt als die Temperatur der Umgebung, an die das Gebäude Wärme überträgt... Ist T2 > T1, so wird BΦ2 > BΦ1. Demzufolge sinkt die zu leistende Arbeit. COPC = T1 / (T1 T2) P B 2 e, Erdreich = 10 C T 2 = 283K i = 20 C Der an die Umgebung verlorene Wärmestrom Φ1 reduziert die Raumtemperatur. Um sie konstant zu halten, muss demnach ebenso viel 1 Wärme Φ1 wie verloren geht, wieder zugeführt werden. 1 E e, Luft = 0 C B 1 T 1 = 273K COPC Coefficient of Performance des Carnot Prozesses [ ] T1 T2 B absolute Raumtemperatur [K] absolute Aussentemperatur [K] Anergieanteil [W] Vorlesung: Wärme / 31 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude Ziel muss es sein, den Temperaturunterschied zwischen T1 und T2 gering zu halten und zudem eine möglichst hohe Temperatur T2 zu verwenden. Der Kurvenverlauf zeigt deutlich die Bedeutung der thermodynamischen Zusammenhänge. COP 20 1 18 = 20 0 C 16 1 25 C 14 1 30 12 C 10 8 6 4 2 0 263 268 273 278 283 Temperatur T 2 COP als Funktion von T2 mit T1 als Parameter Vorlesung: Wärme / 32 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude Mit Zunehmender Temperatur der Wärmequelle steigt der COPC der Wärmepumpe. Zudem steigt der COPC bei geringen aufzubringenden Temperaturen T1. 40 35 = 20 C Ziel muss es sein, den Temperaturunterschied zwischen T1 und T2 gering zu halten und zudem eine möglichst hohe Temperatur T2 zu verwenden. Die Differenz T1 - T2 wird Temperaturhub genannt. 30 25 20 15 10 2 = 10 C 2 = 5 C 5 0 293 298 303 308 313 318 COP als Funktion von T1 mit T2 als Parameter Vorlesung: Wärme / 33 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude, Kühlen 1 Übersteigen die Raumtemperaturen die Solltemperaturen, so muss dem Raum der Wärmestrom Φ2 entzogen werden. Leistungszahl der Kältemaschine: εc = T2 / (T1 T2) Reservoir Strahlung Transmission e = 30 C i = 25 C 2 1 P Die Leistungszahl der Kältemaschine hängt stark von den Temperaturen T1 und T2 ab. Von besonderem Interesse ist die Temperatur T1 bei dem Reservoir Aussenluft, weil diese aufgrund des Tag- und Nachtrhythmus relativ stark variiert. In den Raum eindringende Solarstrahlung, Transmission durch die Gebäudehülle, infiltrierende warme Luftströme und interne Wärmequellen erhöhen die Raumtemperatur θi εc Leistungszahl der Kältemaschine [ ] T2 T1 absolute Raumtemperatur [K] absolute Aussentemperatur [K] Vorlesung: Wärme / 34 von 36
Anergie- / Exergiebetrachtung am Gebäude, Kühlen 2 Kühlung mit dem Erdreich In Zonen mit gemässigtem Klima ist das Erdreich (Reservoir 2) kälter als der Raum (Reservoir 1). Damit kann der abzuführende Wärmestrom Φ2 direkt ohne Arbeitsaufwand an das Erdreich abgegeben werden. Transmission Strahlung Interessant ist es, wenn im Sommer das Erdreich auf 20 C «aufgeladen» werden kann (Kühlung ohne Kältemaschine). Anfangs Winter steht dann eine Anergiequelle mit hoher Temperatur zur Verfügung. Durch die Wärmeschaukel verringert sich die zu leistende Arbeit in der Wärmepumpe beträchtlich. = 15 o C Reservoir i = 25 C 2 soil < 20 C Vorlesung: Wärme / 35 von 36
Prof. H.-J. Leibundgut Professur für Gebäudetechnik September 2012 Vorlesung: Wärme / 36 von 36