Mai 2014 Fraktion im Niedersächsischen Landtag Im eigenen Tempo zum Abitur Konzeption der CDU-Landtagsfraktion zur Zukunft des Abiturs an niedersächsischen Gymnasien mit dem PLUS an: + Wahlfreiheit + Entlastung im G9 + Förderung in G8-Lerngruppen + Auslandserfahrung Foto: picture-alliance
Die Ziele der Reform: Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag unterstützt den Wunsch vieler Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern, künftig an den Gymnasien in unserem Bundesland sowohl den neunjährigen (G9) als auch den achtjährigen (G8) Bildungsweg zum Abitur zu ermöglichen. Eine Reform muss dabei nach Auffassung der CDU-Landtagsfraktion die folgenden Bedingungen erfüllen: G8 und G9 müssen gleichrangig nebeneinander stehen. Dies geschieht aufbauend auf dem G9, wobei jedes Gymnasium auch weiterhin G8 anbietet. G8 darf nicht nur für einzelne besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler möglich sein, sondern muss von allen Schülerinnen und Schülern angewählt werden können, die sich den schnelleren Weg zum Abitur zutrauen. Darum entstehen an allen Gymnasien G8-Lerngruppen. Die Gymnasien müssen durch ausreichende und gegebenenfalls zusätzliche Zuweisung von Ressourcen unterstützt und dürfen nicht weiter geschwächt werden. Die Reform muss möglichst schnell und weit reichend greifen, darf aber nicht überhastet eingeführt werden. Das bedeutet Im eigenen Tempo zum Abitur : Zur Neukonzeption der Wege zum Abitur an den niedersächsischen Gymnasien schlägt die CDU-Landtagsfraktion ein Konzept vor, das Schülerinnen und Schülern Wahlfreiheit, Entlastung im G9, Förderung in G8-Lerngruppen und Auslandserfahrung ermöglicht. Es wird ab 2015/16 in den Schuljahrgängen 5-8 eingeführt. Der Kern des Konzepts sind eigene G8-Lerngruppen in den Schuljahrgängen 9 und 10. Sie werden ab dem Schuljahr 2016/17 aufsteigend an allen Gymnasien in Niedersachsen CDU-Landtagsfraktion Seite 2 Mai 2014
eingerichtet. Dies eröffnet leistungsfähigen Schülerinnen und Schüler einen gemeinsamen Weg zum Abitur nach zwölf Schuljahren. Gemeinsam können sie direkt aus dem Schuljahrgang 10 in die Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe wechseln. Das Modell verbindet fordern und fördern. Es folgt dem Prinzip, dass jede und jeder in einer Gruppe mit anderen Schülerinnen und Schülern in der für sie oder ihn passenden Geschwindigkeit lernen kann. Niemand muss allein einen Schuljahrgang überspringen oder sich darauf vorbereiten, denn es entstehen die eigenen G8-Lerngruppen. Das Modell sorgt für Entlastung. Schülerinnen und Schüler, die in einem langsameren Tempo oder einer geringeren Wochenstundenzahl lernen wollen, können sich für das G9 entscheiden. Das Modell stärkt Begabungen. Im Schuljahrgang 11 gibt es je nach Begabung und Neigung verschiedene Optionen: + + Überspringen: Leistungsfähige Schülerinnen und Schüler lernen in den Schuljahrgängen 9 und 10 in eigenen G8-Lerngruppen und wechseln über das individuelle Überspringen nach Schuljahrgang 10 in die Qualifikationsphase (Schuljahrgang 12). + + Vertiefung: Längere Vorbereitungsdauer auf die gymnasiale Oberstufe mit der Möglichkeit einer vertieften Studien- und Berufsorientierung (in diesem Fall kein Überspringen). + + Auslandsjahr: Wer in der G8-Lerngruppe lernt, ist schon am Ende des 10. Schuljahrgangs gut auf die Anforderungen der gymnasialen Oberstufe vorbereitet und kann im Anschluss an den 10. Schuljahrgang ein Schuljahr im Ausland verbringen. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler künftig über Stipendien gefördert werden. Im Anschluss absolviert sie oder er die Qualifikationsphase gemeinsam mit den früheren Klassenkameradinnen und -kameraden. Mai 2014 Seite 3 CDU-Landtagsfraktion
Das Modell ist finanzierbar. Es ergibt sich je nach Anwahl der G8- Lerngruppen ein Zusatzbedarf an Lehrerstellen im Umfang von ca. 120 bis 410 Vollzeitlehrereinheiten (VZLE), die bis zur vollständigen Einführung im Schuljahr 2020/21 zusätzlich zu schaffen wären (entsprechend ca. 6 bis 20,5 Mio. Euro Haushaltsvolumen). Das Modell stärkt die Gymnasien. Die derzeit vorhandenen Lehrerstellen bleiben den Gymnasien kontinuierlich erhalten. Durch die Einführung von zusätzlichen Lerngruppen und Zusatzunterricht werden trotz der Wochenstundenreduzierung im G9 bereits im Schuljahr 2016/17 wieder mehr Lehrkräfte für die Schuljahrgänge 9 und 10 benötigt. Die starken Schwankungen beim Lehrerbedarf, wie sie bei der reinen Rückkehr zum G9 auftreten, werden deutlich abgemildert. Die Vorteile: Für die Schülerinnen und Schüler: Gute schulische Leistungen werden belohnt. Sie eröffnen viele Möglichkeiten: Die Möglichkeit, gemeinsam mit Anderen schneller zu lernen, damit keine Unterforderung entsteht. Die Möglichkeit, ohne Zeitverlust ein Schuljahr im Ausland zu verbringen. Die Möglichkeit, schneller die Schule abzuschließen und ein Hochschulstudium oder eine Berufsausbildung zu beginnen. Die Möglichkeit, leichter an Gymnasien in anderen Bundesländern zu wechseln. CDU-Landtagsfraktion Seite 4 Mai 2014
Für die Gymnasien: Die Gymnasien erhalten ausreichend zusätzliche Ressourcen zur Einrichtung von G8-Lerngruppen in den Schuljahrgängen 9 und 10. Für die Lehrkräfte: G8-Schülerinnen und -schüler lernen in eigenen Lerngruppen. Darum ist es nicht erforderlich, individuelle Förderkonzepte für einzelne Schülerinnen und Schüler zu erstellen. Zeitlicher Ablauf: Mai 2014 Seite 5 CDU-Landtagsfraktion
Das Konzept im Detail: Alle niedersächsischen Gymnasien bieten zwei Wege zum Abitur an: G9 und G8. Das Modell soll auch für die Gymnasialzweige der nach Schulzweigen gegliederten Kooperativen Gesamtschulen gelten. In den Schuljahrgängen 5-8 haben alle Schülerinnen und Schüler maximal 30 Wochenstunden Unterricht nach Stundentafel. Am Ende des Schuljahrgangs 8 entscheiden die Schülerinnen und Schüler sich für G8 oder für G9. Foto: picture-alliance Konzeption des G9: In den Schuljahrgängen 9 und 10 haben die Schülerinnen und Schüler maximal 30 Wochenstunden Unterricht nach Stundentafel. Die Stundentafel wird entsprechend umgestaltet. Der Schuljahrgang 11 bildet die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe. Ein neuer Schwerpunkt des Schuljahrgangs 11 ist die CDU-Landtagsfraktion Seite 6 Mai 2014
Ausweitung von Gelegenheiten zur gezielten und vertiefenden Berufsund Studienorientierung. Die Schuljahrgänge 12 und 13 bilden wie bisher die Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe. Konzeption des G8: In den Schuljahrgängen 9 und 10 werden für die Schülerinnen und Schüler besondere Lerngruppen eingerichtet. Für diese Lerngruppen werden der Schule unabhängig von der Zahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung gestellt. In den Schuljahrgängen 9 und 10 haben die Schülerinnen und Schüler maximal 30 Wochenstunden Unterricht nach Stundentafel. Die Stundentafel wird entsprechend umgestaltet und ist identisch mit der für die G9-Schülerinnen und -Schüler. Im Schuljahrgang 9 absolvieren die Schülerinnen und Schüler bis zu drei Wochenstunden Zusatzunterricht, im Schuljahrgang 10 bis zu vier. Die Zusatzstunden dienen zum einen dazu, Lerninhalte aus der Einführungsphase (Schuljahrgang 11) zu vermitteln. Der Zusatzunterricht dient besonders dazu, Lerninhalte in Fächern zu vermitteln, deren Unterrichtsinhalte von elementarer Bedeutung für den schulischen Erfolg in der gymnasialen Oberstufe anzusehen sind (z.b. Naturwissenschaften, Fremdsprachen). Zum anderen wird im Zusatzunterricht in Vorbereitung auf den Besuch der Qualifikationsphase (Schuljahrgänge 12 und 13) ein Grundwissen vermittelt, das begründete Wahlentscheidungen bei der Wahl von Schwerpunkt- und Abiturprüfungsfächern ermöglicht. In Fächern, deren Unterrichtsinhalte nicht nach Schuljahrgängen aufeinander aufbauen, ist gemeinsamer Unterricht mit den G9-Schülern möglich. Mai 2014 Seite 7 CDU-Landtagsfraktion
Die Gymnasien erhalten die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit eigene Alternativen zur Einrichtung separater G8-Lerngruppen zu entwickeln. In diesem Fall werden ihnen die zusätzlichen Lehrerstunden im gleichen Umfang zugewiesen, und sie können damit flexible Zusatzangebote für Schülerinnen und Schüler entsprechend des Bedarfs und der Nachfrage an der jeweiligen Schule anbieten. Die Schülerinnen und Schüler überspringen den Schuljahrgang 11 nach den geltenden rechtlichen Regelungen zum individuellen Überspringen und setzen ihren Weg zum Abitur in der Qualifikationsphase fort. Alternativ zum Überspringen können die Schülerinnen und Schüler im Schuljahrgang 11 ein Schuljahr im Ausland verbringen. Nach ihrer Rückkehr absolvieren sie dann die Qualifikationsphase gemeinsam mit ihren ursprünglichen Klassenkameradinnen und -kameraden, die im gleichen Alter sind wie sie selbst. Zeitplan Das Modell wird zum Schuljahr 2015/16 aufsteigend eingeführt, beginnend mit den Schuljahrgängen 5-bis 8. Das heißt die G8-Lerngruppen werden im Schuljahrgang 9 ab 2016/17 eingerichtet, zusätzlich im Schuljahrgang 10 ab 2017/18. Kostenschätzung Die Wiedereinführung des G9 als Regelfall führt zunächst über einige Schuljahre zu einem Minderbedarf an Lehrkräften (durch die Absenkung der Wochenstundenzahl in der Sek. I), dann allerdings in einem einzigen Jahr, wenn der zusätzliche Schuljahrgang hinzukommt, zu einem einmaligen erheblichen Mehrbedarf. CDU-Landtagsfraktion Seite 8 Mai 2014
Beim vorgestellten Modell entsteht ebenfalls zunächst kurzfristig ein Minderbedarf durch die Absenkung der Wochenstundenzahl. Allerdings gehen diese Stellen den Gymnasien nicht verloren, denn es werden bereits ab 2016/17 eigene Lerngruppen für die G8-Schülerinnen und -Schüler gebildet. D.h. bereits mit der Einführung der zusätzlichen G8- Lerngruppen im Schuljahrgang 9 werden wieder mehr Lehrkräfte gebraucht. Zugleich findet in diesen Lerngruppen in den Schuljahrgängen 9 und 10 Zusatzunterricht statt (zusammen insgesamt 7 Wochenstunden). So ergeben sich zusätzliche Stellenbedarfe durch 1. zusätzliche Lerngruppen und 2. Zusatzunterricht. Je nachdem, wie viele Schülerinnen und Schüler das Angebot des G8 annehmen, ergibt sich für das Modell folgende überschlägige Kostenschätzung: Geschätzer Mehrbedarf an Lehrerstellen bei Teilnahme von Summe...% der Schüler an G8 20 410 30 380 50 120 Das Ergebnis ist nur auf den ersten Blick überraschend, denn das Modell federt den drastischen zusätzlichen Einstellungsbedarf im Jahr der endgültigen Wiedereinführung des G9 ab. Mai 2014 Seite 9 CDU-Landtagsfraktion
Je mehr Schüler sich für G8 entscheiden, umso stärker ist der Effekt. Er ergibt sich u.a. auch daraus, dass die Einrichtung einer zusätzlichen Lerngruppe sich nicht immer unmittelbar auswirkt. So wird z.b. bei einem 100-Schüler-Jahrgang, in dem sich 20 Schülerinnen und Schüler für den G8-Weg entscheiden, keine zusätzliche Klasse gebildet (es bleibt bei 4 Klassen), es müssen nur die Zusatzstunden in den Schuljahrgängen 9 und 10 hinzugerechnet werden. Perspektiven: Die gymnasiale Oberstufe in Niedersachsen genügt höchsten Ansprüchen. Mit fünf Prüfungsfächern und zahlreichen Wahl- und Profilmöglichkeiten gehört sie zu den anspruchsvollsten Oberstufenmodellen in Deutschland. Der CDU-Fraktion ist daran gelegen, die Qualität an Niedersachsens Schulen vom 1. bis zum 12. oder 13. Schuljahrgang langfristig zu sichern. Dennoch kann sich auch die gymnasiale Oberstufe den Bedürfnissen mancher Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern nach weiterer Entlastung nicht verschließen. Bei Einhaltung der KMK-Vorgaben und Sicherung der hohen Qualitätsstandards sind Entlastungen daher aus Sicht der CDU-Fraktion denkbar und wünschenswert. CDU-Landtagsfraktion Seite 10 Mai 2014
Loccumer Beschluss der CDU-Landtagsfraktion zur Zukunft der Gymnasien in Niedersachsen vom 10. Februar 2014 Präambel Immer mehr Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen streben das Abitur an. Diese positive Entwicklung trägt dazu bei, dem Mangel an qualifizierten Führungskräften zu begegnen, dem sich die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb stellen muss. Zugleich haben neben der Schulzeitverkürzung der Bologna-Prozess und die Abschaffung der Wehrpflicht in den letzten Jahren dazu geführt, dass Hochschulabsolventen immer jünger ins Berufsleben starten können. Während sich manche Eltern für ihre Kinder mehr Zeit und weniger Tempo auf dem Weg zur allgemeinen Hochschulreife wünschen, ist für andere Schülerinnen und Schüler das achtjährige Gymnasium der richtige Weg. Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag bekennt sich zur Vielfalt der schulischen Bildung in Niedersachsen. Die Qualität der Bildungsangebote und Entscheidungsfreiheit bei der Wahl der Bildungswege sind dabei von entscheidender Bedeutung. Die niedersächsischen Gymnasien sind die beliebteste weiterführende Schulform. Durch steigende Anwahlzahlen und gesellschaftliche Veränderungen haben sie große Herausforderungen zu bewältigen. Dafür benötigen sie die bestmögliche Unterstützung des Landes. Mai 2014 Seite 11 CDU-Landtagsfraktion
Die CDU-Fraktion fordert zur Stärkung der Gymnasien: 1. Weiterentwicklung des Abiturs an Gymnasien. Schülerinnen und Schüler legen an niedersächsischen Gymnasien das Abitur gleichrangig nach 12 oder 13 Jahren ab. 2. Jeder Schülerin und jedem Schüler wird der Weg zum Abitur im eigenen Takt eröffnet, das ihren oder seinen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht wird. Damit wird den Schülerinnen und Schülern die Wahlfreiheit gegeben, auch innerhalb kürzerer Zeit das Abitur zu erreichen. 3. Die Landesregierung wird ermahnt, die Gymnasien nicht durch den weiteren Entzug von Ressourcen zu schwächen. Die Unterrichtsversorgung muss deutlich über 100 Prozent bleiben. 4. Die rund 20.000 Gymnasiallehrkräfte in Niedersachsen leisten herausragende Arbeit. Sie haben die Reformen und Veränderungen, denen sich die Gymnasien in den letzten Jahren zu stellen hatten, mit Geduld und Umsicht umgesetzt. Um diesen andauernden Wandel weiter zu bewältigen, bleibt die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrkräfte unverändert. 5. Auf Ebene der Kultusministerkonferenz ist anzustreben, die in den Ländern angebotenen Wege zur allgemeinen Hochschulreife aufeinander abzustimmen, um Schülerinnen und Schülern Umzüge zwischen den Bundesländern zu erleichtern. Impressum Herausgeber: CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 1 30159 Hannover Redaktion: Corinna Fischer Anna Anding V.i.S.d.P.: Jens Nacke MdL Parlamentarischer Geschäftsführer CDU-Landtagsfraktion Seite 12 Mai 2014