Neue Quellen der CP-Verletzung zur Erklärung der Baryonen-Asymmetrie Simon Mundinar Ruhr-Universität Bochum 13. Januar 2015
Aufbau 1. Die Baryonen-Asymmetrie im Universum 2. Suche nach CP-Verletzung im η-zerfall 3. Suche nach CP-Verletzung im D 0 -Mixing
Section 1 Die Baryonen-Asymmetrie im Universum
Baryonen-Asymmetrie im Universum Beobachtung: Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie im sichtbaren Universum Vier Fragen ergeben sich: 1. Wie beschreibt man die Asymmetrie mathematisch? 2. Gilt diese Asymmetrie für das gesamte Universum? 3. Wie groß ist diese Asymmetrie und wie lässt sich das messen? 4. Woher kommt die Asymmetrie? Die Asymmetrie ist die Differenz der Baryonen und Antibaryonen durch die Summe der beiden zum Zeitpunkt gerade bevor die Antimaterie verschwunden ist. Abschätzbar durch das Baryon-Photon-Verhältnis heute: η = N B N γ T =3K = N B N B N γ T N B N B =3K N B + N B T 1GeV
Antimaterie im heutigen Universum Nur wenig Antimaterie in unserer Galaxie Mischuniversum Patchwork Universum f ist beschränkt durch messbaren γ-strahlungsfluss des IGM IGM emittiert thermische Bremsstrahlung γ-strahlungsfluss sollte proportional zu Röntgenstrahlungsfluss sein f 3 10 11 T kev F γ F X Im Sonnensystem Bruchteil der Antimaterie f < 10 4 Das gilt auch für Nebel bzw. Wolken in der Milchstraße Möglich wären Bereiche von der Größe des sichtbaren Universums Kleinere Bereiche wären im diffuse γ-background bzw. im CMB sichtbar EGRET fand f < 5 10 9 10 6 auf Größenordnungen von 10 7 pc
Bestimmung von η = N B N γ Experiment η kann aus Temperaturfluktuationen im CMB bestimmt werden. Fluktuationen entstehen durch akustische Schwingungen des Baryon-Photon Plasmas im Gravitationspotential, die durch Inhomogenitäten in der Materieverteilung begründet sind. Die Zustandsgleichung wird bestimmt durch den Bruchteil der Baryonen, daher sind die Schwingungen sensitiv gegenüber η. Man findet η = (6, 176 ± 0, 148) 10 10. Theorie η ist der einzige unbekannte Parameter, der in die Big Bang Nucleosynthese eingeht η wurde zuvor von vorhergehenden Prozessen festgelegt. η lässt sich innerhalb des Standard Modells festlegen auf η = (5, 80 ± 0, 27) 10 10 Gute Übereinstimmung mit experimentellen Wert und daher eine strikte Vorgabe an Theorien jenseits des Standard Modells.
Baryogenese Baryogenese: Vorgang, bei dem Baryonen entstehen und somit die Baryonenasymmetrie. Dieser Vorgang ist noch nicht vollends verstanden, es gibt aber mögliche Theorien dazu. 3 Kriterien müssen erfüllt sein, damit es in einer Theorie zur Baryogenese kommen kann. Diese wurden 1967 von Andrei Sacharow formuliert 1. Verletzung der Baryonenzahlerhaltung 2. C- und CP-Verletzung 3. Thermodynamisches Ungleichgewicht Alle drei werden im Standard Modell erfüllt.
Baryogenese im SM 1. Für T > 100 300GeV wird Baryonenzahl verletzt. 2. Haben wir in vorhergehendem Vortrag gehört, dass dies erfüllt ist. 3. Durch Expansion des Universums kommt das Plasma des Big Bang aus dem Gleichgewicht Punkt 2 und Punkt 3 reichen nicht aus. Größenordnung der CP-Verletzung lässt sich abschätzen, durch bauen eines invarianten Objekts aus den Quark-Massen-Matrizen. CP-verletzende Kombination niedrigster Ordnung ist Jarlskog-Determinante: D = sin(θ 12 )sin(θ 23 )sin(θ 13 )δ KM (m 2 t m 2 c)(m 2 t m 2 u)(m 2 c m 2 u)(m 2 b m2 s )(m 2 b m2 d )(m2 s m 2 d ). Dies wird einheitenfrei durch D T 12 10 20 η Sehr unwahrscheinlich, dass bekannte Standard Modell ausreichend ist.
Baryogenese jenseits des SM Viele Theorien wurden veröffentlicht, die die Sacharowkriterien erfüllen. Darunter Theorien, deren Motivation nicht ist die Baryonenasymmetrie zu erklären, aber dafür auch eine Erklärung liefern, wie zum Beispiel: GUT und SUSY. Oder Theorien, deren Basis es ist, diese Asymmetrie zu erklären und im besten Fall noch weitere Phänomene erklären können. Problem: Viele dieser Theorien sind nur schwer zu falsifizieren, da sie durch Anheben einer Energieskala valide bleiben, selbst wenn bisher noch nichts gemessen werden konnte. Drei Theorien sollten in näherer Zukunft überprüfbar sein: Elektroschwache Baryogenese, Resonante Leptogenese und Baryogenese von Oszillationen steriler Neutrinos.
Zerfälle zur Untersuchung der CP-Verletzung Es existiert eine Vielzahl an Zerfällen, bei denen eine CP-Verletzung möglich ist. Dazu gehören unter anderem: B 0 K + π B 0 ηk 0 KS 0 π+ π e + e η e + e π + π B + D 0 K + B + D 0 K + D 0 K + K D 0 π + π usw. Von diesen werden wir im Folgenden einen genauer betrachten, um einen genaueren Einblick in das Vorgehen zu geben. Als erstes werden wir uns dem Zerfall η e + e π + π widmen. Anschließend untersuchen wir das D 0 D 0 -Mixing.
Section 2 Suche nach CP-Verletzung im η-zerfall
Das η-meson Das η-meson setzt sich folgendermaßen zusammen: η = 1 6 (uū + d d 2s s) cos(θ) 1 3 (uū + d d + s s) sin(θ) dabei ist θ = ( 15, 5 ± 1, 3) mit m η = (547, 853 ± 0, 024) MeV c 2. Zwei Eigenschaften machen η interessant für Untersuchung: 1. Lange Lebensdauer: t η = (5, 0 ± 0, 3) 10 19 s, da alle starken und elektromagnetischen Zerfälle in 1. Ordnung unterdrückt sind, d.h. seltene Prozesse sind gut messbar 2. η ist Eigenzustand von C und P: J PC = 0 +, d.h. CP-Verletzung ist möglich. Mögliche Zerfälle wären z.b. η γγ η π + π π 0 η π + π e + e
Der η π + π e + e -Zerfall η η Zerfallsbreite von (3, 04 ± 0, 12) 10 4 Der Zerfall bietet eine direkte Observable für die CP-Verletzung: e + und e sowie π + und π spannen im Ruhesystem von η jeweils eine Ebene auf. Der Winkel zwischen diesen beiden Ebenen ist φ. Somit kann man auf folgende Formel kommen: A φ = N(sin φ cos φ > 0) N(sin φ cos φ < 0) N(sin φ cos φ > 0) + N(sin φ cos φ < 0)
Das Experiment Experiment wurde in Jülich am Beschleunigerring COSY durchgeführt. Protonen- oder Deuteronen-Strahl mit Impulsen zwischen 270 MeV c und 3, 7 GeV c. Der Strahl kann bis zu 10 11 unpolarisierte Protonen enthalten. Das Target ist ein Pellet-Target mit hoher Dichte. Dabei wird gefrohrener Wasserstoff oder gefrohrenes Deuterium in den Strahl gelenkt. Bei diesem Experiment trifft ein Proton auf das Deuterium-Target und es kommt zu der Reaktion pd 3 Heη Pro Sekunde werden so ca. 5 η produziert.
Der WASA-at-COSY-Detektor Central Detector MDC: Mini Drift Chamber PSB: Plastic Scintillator Barrel SEC: Scintillating Electromagnetic Calorimeter Forward Detector FRH: Forward Range Hodoscope FTH: Forward Trigger Hodoscrope FWC: Forward Window Counter FPC: Forward Proportional Chamber
Event Reconstruction Das 3 He wird in den Forward Detector gestreut. Der Pfad des 3 He wird durch Energieverluste im FPC rekonstruiert und zu Signalen in den Szintillatorschichten angepasst. 3 He hat nur so wenig Energie bei diesem Zerfall, dass es nur erste Schicht des FRH erreicht und dort gestoppt wird. Zweite Schicht des FRH wird also als Veto für den Zerfall genutzt. Um 3 He von Protonen, Deuteronen und Pionen zu unterscheiden, korreliert man Energie, die im FPC abgegeben wurde, mit der die im FRH abgegeben wurde. Damit kann man das 3 He herausfiltern. Damit lässt sich missing mass = (E in E He ) 2 ( P in P He ) 2 berechnen, mit Peak bei der η-masse.
η π + π e + e -Reconstruction Magnetfeld in der MDC führt zu spiralförmigen Bahnen der Teilchen. Drehrichtung der Spirale legt Vorzeichen der Ladung fest. Mit dem Radius der Helix lässt sich der transversale Impuls berechnen, und damit dann die einzelnen Komponenten des Impulses. Mit dem PSB können die Teilchen unterschieden werden, da die Signalstärke im PSB abhängig von der Geschwindigkeit der Teilchen ist. PSB bietet außerdem eine zeitliche Referenz für die rekonstruierten Spiralbahnen. Im SEC werden Teilchen vollständig abgebremst. Ihre Gesamtenergie bestimmt sich aus der Menge des Szintillationslichts.
Die Asymmetrie Im Ruhesystem von η spannen e + und e sowie π + und π je eine Ebene auf. Wie zuvor erwähnt lässt sich die Asymmetrie durch den Winkels zwischen den Ebenen bestimmen: A φ = N(sin φ cos φ > 0) N(sin φ cos φ < 0) N(sin φ cos φ > 0) + N(sin φ cos φ < 0) Für den symmetrischen Fall ist A φ = 0 sein, theoretische Vorhersage: A φ 1%. Man misst: A φ = ( 1, 1 ± 6, 6 stat ± 0, 2 sys ) 10 2 Der Fehler ist sehr hoch, daher keine Asymmetrie zu verzeichnen. Grund dafür ist unter anderem, dass nur die Hälfte der verfügbaren Daten für diese Auswertung genutzt wurde.
Vergleich mit vorheriger Messung Bereits 2009 wurde diese Messung am DAFNE-Collider in Italien durchgeführt mittels des KLOE-Detektors. Auch dort wurde die Asymmetrie über den Winkel φ zwischen den beiden Ebenen bestimmt. Bei KLOE kam man auf den Wert A φ = ( 0, 6 ± 2, 5 stat ± 1, 8 sys ) 10 2 Auch dies war eine Nullmessung, wobei wie bei der Messung weiter oben der Fehler zu groß ist um tatsächliche Aussagen treffen zu können. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass beide Messungen in guter Übereinstimmung stehen, was bedeutet, dass die Asymmetrie, so sie denn vorhanden ist, wohl maximal in der Größenordnung von 1% liegt.
Section 3 Suche nach CP-Verletzung im D 0 -Mixing
CP-Verletzung in Charm Recht bekannt ist CP-Verletzung in bottom- und strange-mesonen. Wie sieht also CP-Verletzung in charm aus? Untersuche dazu D-Mesonen. Erwartung ist, dass CP-Verletzung deutlich geringer ist als für bottom und strange. Drei Möglichkeiten wie es zu CP-Verletzung kommt: 1. Mixing, also die Rate von D 0 D 0 ist anders als D 0 D 0 2. Zerfall, d.h. die Amplituden für einen Prozess sind verschieden mit dessen konjugierten Prozess 3. In Interferenz zwischen den beiden.
Mixing und das D 0 -Meson Für B- und K-Mesonen wurden Werte für das Mixing in Übereinstimmung zum Standard Modell gefunden. Wir wollen das D 0 D 0 -Mixing genauer untersuchen. D 0 setzt sich folgendermaßen zusammen: cū mit m D 0 = (1864, 84 ± 0, 07)MeV und t D 0 = (4, 101 ± 0, 015) 10 13 s. Beim Mixing werden die Mixingparameter bestimmt. Diese sind folgendermaßen definiert: x m1 m2 Γ und y Γ1 Γ2 2Γ. Laut Standard Modell sollte das Mixing für D 0 sehr klein sein: O(10 4 10 3 ) Durch neue physikalische Modelle wären aber Größenordnungen von O(%) möglich, daher ein guter Anhaltspunkt um solche Modelle zu überprüfen.
Der LHCb-Detektor Das Experiment wurde am LHC-Beschleuniger mit dem LHCb-Detektor durchgeführt. LHCb ist ein Vorwärtsspektrometer, für die Messung wichtig sind folgende Teile: 1. VELO-Vertexdetektor: Bestimmung des Zerfallsorts von b- und c-hadronen, wodurch die Teilchenspuren einem Ursprungsort zugewiesen werden können. 2. RICH-Detektoren: Kaon-Pion-Unterscheidung. 3. Trackingsystem: Bestimmung der Flugbahn und des Impulses der Teilchen mit einer Genauigkeit von 0,4 bis 0,6%.
Das Experiment Bei dem Experiment wird z.b. bei pp-kollisionen der Kanal D 0 K + π mit dem Kanal D 0 K π + verglichen. Der erste ist dominiert durch die Cabibbo-bevorzugte Zerfallsamplitude Zum zweiten tragen sowohl der doppelt Cabibbo-unterdrückte Zerfall D 0 K π +, sowie das D 0 D 0 -Mixing gefolgt von dem bevorzugten Zerfall D0 K π + bei. Um sicher zu stellen, dass es sich um ein anfängliches D 0 handelt, wird bei dem vorgehenden Zerfall D + D 0 π s + die Ladung des π s + gemessen. Aus dem zeitabhängigen Verhältnis der Zerfallsraten der beiden Kanäle, können dann die Mixingparameter bestimmt werden.
Das Mixing Zeitabhängiges Verhältnis der Zerfallsraten lässt sich für x, y 1 und keiner CP-Verletzung schreiben als: R(t) R D + R D y t τ + x 2 + y 2 ( t ) 2 4 τ Mit R D Verhältnis von unterdrückter zu bevorzugter Zerfallsrate und x = x cos δ + y sin δ und y = y cos δ x sin δ. Für D 0 K + π wurden 8, 4 10 6 und für D 0 K π + wurden 3, 6 10 4 Zerfälle beobachtet. Deren Zerfallszeit wird aus dem Impuls und dem Zerfallsort des D 0 berechnet und die Zerfälle in 13 Zerfallszeit-Gruppen eingeteilt.
Die Asymmetrie im Mixing CP-Verletzung erhält man dann durch Vergleich von R(t) für D 0 und D 0. Unterschied in R D wäre Indiz für direkte CP-Verletzung, Unterschied in x 2 und y für indirekte CP-Verletzung. Andere Messung mit den Kanälen D 0 K + K und D 0 π + π führt zu den folgenden Werte für indirekte Asymmetrie: A KK Γ = ( 0, 35 ± 0, 62 stat ± 0, 12 sys ) 10 3 A ππ Γ = (0, 33 ± 1, 06 stat ± 0, 14 sys ) 10 3 Keine indirekte CP-Verletzung in charm.
Weitere Messungen im charm-bereich Zur indirekten CP-Verletzung in charm gab es zuvor eine Messung von BABAR, die ebenfalls keinen Hinweis darauf gefunden haben. Allgemein sind für charm für die derzeitigen Fehlergrößen der Großteil der Messungen in Einverständnis mit dem Standard Modell und kompatibel mit keiner CP-Verletzung Für die beiden oben angeführten Zerfälle D 0 K + K und D 0 π + π wurde im Jahr 2011 ein Ergebnis von LHCb veröffentlicht, dass es hier zumindest die Möglichkeit für CP-Verletzung geben könnte. Die Ergebnisse liegen bei einer Sicherheitswahrscheinlichkeit von 2,95σ. Genauere Ergebnisse sollten in der näheren Zukunft dazu veröffentlicht werden.
Zusammenfassung Die Baryonen-Asymmetrie liegt in der Größenordnung von η 10 10 Die Asymmetrie ist während der Baryogenese entstanden, wobei CP-Verletzung eine elementare Rolle spielt. Die CP-Verletzung im Standard Modell reicht jedoch nicht aus, um die Asymmetrie zu erklären, daher Suche nach weiteren Quellen. Im strange- und bottom-bereich sind CP-verletzende Vorgänge bekannt. Für den Zerfall η π + π e + e ist die Asymmetrie kompatibel mit 0. Im Bereich des charms sind zu diesem Zeitpunkt noch keine aussagekräftigen Ergebnisse vorhanden, die CP-Verletzung zeigen.