Berufliche Weiterbildung wie kann Deutschland aufholen? Potentiale nutzen Strategien zur Sicherung der Fachkräftebasis im Mittelstand Fachtagung des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Nürnberg, den 30. September 2009
Nachholbedarf in Sachen Weiterbildung Einmal erreichte Qualifikationen reichen immer weniger aus, die neuen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu meistern. Kontinuierliches Lernen im gesamten Lebenslauf wird immer wichtiger, auch und gerade wenn die Erwerbstätigkeit familienbedingt unterbrochen wird. Aber: Die Beteiligung an Weiterbildung in Deutschland ist im internationalen Vergleich zu niedrig. Quelle: Aufstieg durch Bildung Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung, 2008
Weiterbildungsquoten im internationalen Vergleich Anteil der 25- bis 64-jährigen Bevölkerung, der in den vier Wochen vor der LFS Erhebung an Aus- oder Weiterbildung teilgenommen hat, Angaben in % 0 5 10 15 20 25 30 35 Schweden 32 UK 26,6 Finnland 23,4 Niederlande 16,6 Österreich 12,8 Spanien 10,4 EU-27 9,7 Deutschland 7,8 Frankreich Italien 6,2 7,4 EU-Benchmark: 12,5% Polen 5,1 Portugal 4,4 Ungarn 3,6 Griechenlan d 2,1 Quelle: Europäische Kommission (2008): Progress towards the lisbon Objects in Education and Training 2010. Indicators and Benchmarks 2008.
Stagnierende Weiterbildungsquoten Teilnahme an Weiterbildung nach Altersgruppen von 1979 bis 2007 60 54 50 43 44 49 47 53 47 49 47 46 46 46 40 30 34 38 31 32 25 37 40 28 36 31 31 34 20 21 20 23 19-34 Jahre 10 11 14 14 35-49 Jahre 50-64 Jahre 0 1979 1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000 2003 2007 Quelle: BMBF, BSW-AES 2007, 2008
Rückgang bei Fortbildungsprüfungen Teilnehmer/-innen an Fortbildungsprüfungen 1992-2006 180.000 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 insgesamt Industrie + Handel Handwerk 40.000 20.000 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Quelle: BIBB, Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2009, S. 279 ff.
Unterschiedliche Beteiligungschancen Teilnahme an beruflicher Weiterbildung insgesamt sowie soziodemographische und beschäftigungsbezogene Einflussfaktoren 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Teilnahmequote 1997 Teilnahmequote 2000 Teilnahmequote 2003 Teilnahmequote 2007 30% 29% 26% 26% Erwerbstätige Nichterwerbstätige 8% 34% Beamte 59% Angestellte 39% Arbeiter 19% Abitur Mittlere Schulbildung Niedrige Schulbildung Hochschule Lehre/BFS 16% 24% 32% 38% 44% Quelle: BMBF, BSW- AES 2007, 2008 Keine BA 11%
Konjunktur-Klimaindex: Weiterbildung + 100 30 42 32 0-100 2007 2008 2009 Quelle: BIBB-WeiterbildungsMonitor, 2009
Vorrangige Handlungsfelder des Staates Schaffung von Rahmenbedingungen: 1. Ausbau und Verstetigung der (Weiter-) Bildungsberatung 2. Schaffung durchlässiger Bildungsstrukturen 3. Sicherung der Weiterbildungsqualität 4. Ausgleich von Marktungleichgewichten (z.b. durch finanzielle Förderung der Weiterbildungsteilnahme)
Schaffung einer Beratungs-Infrastruktur Vorhandene Beratungsangebote im Bereich der Schulen, der Hochschulen, der Kommunen sowie der Bundesagentur für Arbeit und der Sozialpartner sollten als Einstiegs- und Orientierungsberatung für das Lernen im Lebenslauf gebündelt und weiterentwickelt werden. Ergänzend sind neutrale und bildungsbereichs- und trägerübergreifende Bildungs- und Berufsberatungsstellen auf- und auszubauen. Bildungsberatung, inklusive Berufsberatung, ist auf eine einheitliche, staatliche Finanzierungsgrundlage zu stellen. Quelle: BMBF, Empfehlungen des Innovationskreises Weiterbildung für eine Strategie zur Gestaltung des Lernens im Lebenslauf, Berlin / Bonn 2008
Aufgaben einer (Weiter-)Bildungsberatung Information und Beratung über. Weiterbildungsangebote Abschlüsse und ihre Wertigkeit Zulassungsvoraussetzungen und Prüfungen Anrechnungsmöglichkeiten Qualitätskriterien und QM-Systeme Freistellungsmöglichkeiten Finanzierungsfragen Erstellung von Kompetenzprofilen
Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Studium durch den Erwerb der Hochschulreife im Berufsbildungssystem durch die Zulassung von beruflich Qualifizierten zum Studium durch Anerkennung von beruflichen Abschlüssen und Erfahrungen als Zugangsvoraussetzung zum Studium durch hochschulische Bildungsangebote, die berufliche Praxis und Theorie integrieren durch gegenseitige Anrechnung von beruflich erworbenen Qualifikationen / Kompetenzen und Qualifikationen / Kompetenzen aus einem Studium
Gleichwertigkeit beruflicher Abschlüsse Für die Erfassung der Komplexität des lebenslangen Lernens ist weniger die Anzahl der Niveaustufen entscheidend als die Klarstellung, dass möglichst sämtliche Stufen über verschiedene Bildungswege (berufliche oder schulische Ausbildung und berufliche Fortbildung oder akademische Ausbildung) erreicht werden können. Hauptausschuss des BIBB: Stellungnahme zum Europäischen Qualifikationsrahmen, Bonn, 14. Dezember 2005
Vergleichbare Qualifikationsprofile Indizes der Berufswertigkeit der Gruppen mit beruflicher Weiterbildung / mit Studium nach Branchen Tourismus Studium Berufl. WB N=32; STABW=10,7 73,8 N=57; STABW=7,3 75,0 Handel Studium Berufl. WB N=20; STABW=10,8 75,0 N=39; STABW=8,1 75,2 Chemie Studium Berufl. WB N=52; STABW=8,1 72,7 N=40; STABW=8,3 75,0 Elektro Studium Berufl. WB N=23; STABW=6,9 72,6 N=46; STABW=9,8 73,9 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Quelle: FBH / FOM / WHKT, 2008 Berufswertigkeitsindex
Einordnung von Fortbildungsabschlüssen in den DQR 3. Ebene: staatlich anerkannte Aufstiegsfortbildung für Fachund Führungskräfte ( Master-Niveau ) (z.b. Strategischer Professional, Technischer Betriebswirt, Betriebswirt, Wirtschaftsinformatiker und vergleichbare Abschlüsse) 2. Ebene: staatlich anerkannte Aufstiegsfortbildung für Fachund Führungskräfte ( Bachelor-Niveau ) (z.b. Operativer Professional, Fachwirt, Fachkaufmann, Meister und vergleichbare Abschlüsse) 1. Ebene: Berufliche Spezialisierung (z.b. durch Zusatzqualifikationen, zertifizierte Teilqualifikationen u.a. Ausbildereignung, IT- Zertifizierung)
Überführung von Kammerregelungen in Rechtsverordnungen Fortbildungsregelungen der Kammern Anzahl der Rechtsvorschriften 2989 Durch Kammerregelungen geregelte Fortbildungsberufe Umschulungsregelungen der Kammern 676 Anzahl der Rechtsvorschriften 37 Durch Kammerregelungen geregelte Umschulungsberufe Regelungen des Bundes Anzahl der Rechtsverordnungen zur Fortbildung Anzahl der Rechtsverordnungen zur Umschulung 23 201 2 Quelle: BIBB, Datenreport zum Berufsbildungsbericht, 2009
Akkreditierung in der Aufstiegsfortbildung Im Interesse der Sicherung und Verbesserung von Qualität wird ein bundeseinheitliches Akkreditierungsverfahren für den Bereich der beruflichen Aufstiegsfortbildung ( 53 BBiG, 42 u. 45 HWO) vorgeschlagen. Dies geschieht vor dem Hintergrund des Europäischen Qualifikationsrahmens. Damit soll Transparenz, Durchlässigkeit und Gleichwertigkeit zwischen den Bildungssystemen gefördert werden. Quelle: DGB-Arbeitskreis Qualitätssicherung beruflicher Aufstiegsfortbildung, September 2008
Betriebliche Weiterbildung innerhalb der Arbeitszeit Gewichtete Durchschnittswerte 82,4 80,4 80,1 78,0 79,2 76,0 1992 1995 1998 2001 2005 2009 Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, verschiedene Jahrgänge
Ansammlung von Lernzeiten Zugänge + Lernzeitkonto - Abgänge ggf. Anspruch aus: - Bildungsurlaubsgesetzen - Qualifizierungs-Tarifverträgen - Betriebsvereinbarungen Weiterbildungsmaßnahmen Guthaben von (langfristigen) Arbeitszeitkonten (Überstunden) Rest-Urlaubsansprüche Temporäre angeordnete Arbeitszeit-Verkürzungen (z.b. Kurzarbeit) Umwandlung geldwerter Leistungen in Zeitguthaben (z.b. Prämien) Saldo ( + ) Saldo ( - )
Teilnehmerorientierte Finanzierung Bildungssparen (nach VermBG) Förderung von Fortbildung und Umschulung (SGB) Weiterbildungsprämie Begabtenförderung Meister-BaföG Förderinstrumente des Bundes Steuerliche Förderung Stipendien für ein berufsbegleitendes Studium Weiterbildungsdarlehen
Nachholen von Abschlüssen Jugendliche ohne Berufsausbildung (1,5 Mio. 20- bis 29jährige = rund 15 Prozent der entsprechenden Altersjahrgänge) keine Ausbildung begonnen = 63 Prozent begonnene Ausbildung abgebrochen / nicht abgeschlossen = 37 Prozent
Intensivierung der Nachqualifizierung Sicherung eines auswahlfähigen Angebots an Ausbildungsplätzen regionales Übergangsmanagement als integrierte Leistung von Schulen, ÜBS, Betrieben und Bundesagentur für Arbeit Begleitende Unterstützung und Förderung von abbruchgefährdeten Auszubildenden Möglichkeiten zum Erwerb / zur Zertifizierung von Teilqualifikationen Förderung des Zugangs zu Externenprüfungen Förderung der Nachqualifizierung (durch die BA und Betriebe bzw. im Rahmen von Tarifverträgen)