Nachweis zirkulierender Basalmembran-Antikörper bei Patienten mit Graft-versus-Host-Disease



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Transkript:

Aus der Universitäts-Hautklinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Nachweis zirkulierender Basalmembran-Antikörper bei Patienten mit Graft-versus-Host-Disease INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.br. Vorgelegt 2008 von Gregor Kopp geboren in Lahr/Schwarzwald

Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Dekan: Prof. Dr. Christoph Peters 1. Gutachter: Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman 2. Gutachter: Prof. Dr. Hartmut Bertz Jahr der Promotion: 2009 2

In Dankbarkeit meinen Eltern, Simon und Katrin gewidmet 3

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis...7 1. Einleitung...9 1.1 Graft-versus-Host-Disease... 9 1.1.1 Pathogenese... 9 1.1.2 Klinik... 12 1.1.3 Therapie... 18 1.2 Die kutane Basalmembranzone... 19 1.2.1 Struktur und Funktion der Haut... 19 1.2.2 Die Basalmembran... 19 1.2.2.1 BP230... 21 1.2.2.2 Plectin... 21 1.2.2.3 Kollagen XVII (BP180)... 21 1.2.2.4 α6β4-integrin... 22 1.2.2.5 Laminin 332... 22 1.2.2.6 p200-protein (= Laminin γ 1 -Kette)... 22 1.2.2.7 Kollagen VII... 23 1.3 Bullöse Autoimmundermatosen mit junktionaler Blasenbildung... 24 1.3.1 Bullöses Pemphigoid... 24 1.3.2 Schleimhautpemphigoid... 25 1.3.3 Anti-p200-Pemphigoid... 26 1.3.4 Epidermolysis bullosa acquisita... 26 1.4 Bullöse Autoimmundermatosen bei GvHD-Patienten... 27 1.5 Ziele der Studie... 30 4

2. Material und Methoden...31 2.1 Patienten und Kontrollen... 31 2.1.1 Patientenkollektiv... 31 2.1.2 Kontrollkollektiv... 33 2.2 Material... 34 2.3 NC16a-ELISA... 35 2.4 Indirekte Immunfluoreszenz... 37 2.5 Westernblot... 39 2.6 Statistik... 41 3. Ergebnisse...42 3.1 Ergebnisse des NC16a-ELISA... 42 3.2 Ergebnisse der indirekten Immunfluoreszenz... 43 3.3 Ergebnisse des Westernblot... 43 3.4 Korrelation von klinischen Variablen und serologischen Charakteristika der GvHD-Patienten... 45 3.4.1 Korrelation von immunserologischen Befunden mit dem klinischen Phänotyp der GvHD-Patienten... 46 3.4.2 Korrelation von immunserologischen Befunden mit Transplantationsparametern... 47 3.5 Exemplarische Fallbeschreibungen... 48 3.5.1 GvHD-Patient 28 klinisch manifestes BP oder Blasenbildung im Rahmen der chronischen GvHD?... 48 3.5.2 GvHD-Patient 41 Entwicklung einer EBA bei chronischer GvHD... 50 4. Diskussion...53 4.1 Differentialdiagnose bullöser oder erosiver Hautveränderungen bei Patienten mit GvHD... 54 4.2 Chronische GvHD und Autoimmunkrankheiten zufällige Koinzidenz oder kausaler Zusammenhang?... 56 5

5. Zusammenfassung...62 6. Literatur...63 7. Anhang...72 8. Lebenslauf...76 9. Danksagung...78 6

Abkürzungsverzeichnis Abb. ADAM AK AP APC Aqua dest BMT BP C CD CLL DTT EBA ELISA FITC GvHD HLA HSZT HZT Ig IL kda KOF mha MHC MMP NC NKC OD p Abbildung A Disintegrin And Metalloprotease Antikörper Alkalische Phosphatase Antigen präsentierende Zellen Aqua destillata Bone Marrow Transplantation Bullous Pemphigoid Komplement Cluster of Differentiation chronisch lymphatische Leukämie Dithiothreitol Epidermolysis bullosa acquisita Enzyme Linked Immunosorbent Assay Fluoresceinisothiocyanat Graft-versus-Host-Disease Human Leucocyte Antigen Hämatopoetische Stammzelltransplantation Hämatopoetische Zelltransplantation Immunglobulin Interleukin Kilodalton Körperoberfläche minor Histokompatibilitätsantigen Major Histocompatibility Complex Mucous Membrane Pemphigoid non collagenous (domain) natürliche Killerzellen optische Dichte statistische Wahrscheinlichkeit 7

PBS PBSZ ph SDS TBS TEMED TNF Tris UCB Phosphate Buffered Saline Periphere Blutstammzellen pondus Hydrogenii Sodiumdodecylsulfat Tris Buffered Saline Tetramethylethylendiamin Tumor-Nekrose-Faktor Tris(hydroxymethyl)-aminomethan Umbilical cord blood 8

1. Einführung 1. Einleitung 1.1 Graft-versus-Host-Disease Die Graft-versus-Host-Disease (GvHD) ist eine bedeutende Komplikation nach hämatopoetischer Zelltransplantation (HZT) und tritt bei 30-80% der transplantierten Patienten auf. In der Folge werden Pathogenese, Klinik und Therapie der GvHD detailliert beschrieben. 1.1.1 Pathogenese Die hämatopoetische Zelltransplantation (HZT) gilt heute als die gängige Therapieoption für Patienten, die an malignen hämatologischen Neoplasien (z.b. Leukämien, myelodysplastisches Syndrom) erkrankt sind. Sie stellt für diese Patienten häufig die einzige kurative Therapie dar (65). Auch in der Behandlung nicht-neoplastischer hämatologischer Krankheiten, wie primäre Immundefizienz, aplastische Anämie, paroxsysmale nächtliche Hämaturie, Thalassämie und Sichelzellanämie, kann die HZT erfolgreich eingesetzt werden (86, 118, 120). Bei einer HZT werden pluripotente hämatopoetische Stammzellen aus dem Knochenmark (BM), dem peripheren Blut (PBSZ) oder aus Nabelschnurblut (UCB) eines Spenders gewonnen und dem Patienten infundiert. Sie übernehmen dessen gesamte Blutbildung, da die Hämatopoese des Empfängers durch eine zuvor durchgeführte myeloablative Hochdosis-Chemotherapie (sog. Konditionierungstherapie) zum Erliegen gekommen ist. Der Empfänger erhält hierbei nicht nur erythrozytäre, myeloische und megakaryozytäre Zellen des Spenders, sondern auch das immunkompetente System mit Lymphozyten und Makrophagen, das später für die Körperabwehr des Empfängers zuständig sein wird (56). Man unterscheidet grundsätzlich drei verschiedene Arten der HZT: Bei der häufigsten Form, der allogenen HZT, werden Stammzellen von verwandten oder nichtverwandten Spendern gewonnen, bei der syngenen HZT findet die Stammzellenspende unter eineiigen Zwillingen statt und bei der autologen HZT werden dem Patienten eigene Stammzellen nach zytostatischer Therapie reinfundiert (56). Die klinischen Hauptprobleme, die sich im Rahmen einer allogenen Transplantation ergeben, liegen im Auftreten der Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) und des 9

1. Einführung Transplantatversagens. Diese Komplikationen sind bedingt durch Störungen in der Entwicklung der Immuntoleranz nach einer Stammzelltransplantation und beruhen u.a. auf der immungenetischen Inkompatibilität zwischen Spender und Empfänger hinsichtlich major (HLA) oder minor Histokompatibilitätsantigenen (mha). In der Pathophysiologie der GvHD spielen T-Lymphozyten die entscheidende Rolle. Bei einer GvHD reagieren im Rahmen einer Transplantat gegen Wirt Reaktion immunkompetente transplantierte T-Lymphozyten mit Antigenstrukturen des immunsupprimierten, histoinkompatiblen Empfängers (28, 116). Die am häufigsten betroffenen Organe sind Haut, Leber und Gastrointestinaltrakt (56). Billingham postulierte bereits 1966 drei immunologische Voraussetzungen für das Entstehen einer GvHD: 1. Das Transplantat enthält immunkompetente Zellen des Spenders. 2. Der Empfänger exprimiert Antigene, die bei dem Spender nicht vorhanden sind. 3. Der Empfänger ist immunsupprimiert und damit nicht in der Lage, eine effektive, gegen die Zellen des Transplantates gerichtete Immunantwort aufzubauen (7). Die Pathophysiologie der akuten GvHD wurde ausführlicher von Ferrara et al. in einem drei Phasen-Modell beschrieben (29, 44). In der Konditionierungsphase wird das Gewebe des Empfängers durch die Chemo- und Strahlentherapie geschädigt und es kommt zu einer verstärkten Freisetzung proinflammatorischer Zytokine (Tumor-Nekrose- Faktor α (TNF-α), Interferon gamma (INF-γ), Interleukin 1 (IL-1), Interleukin 2 (IL-2), Interleukin 6 (IL-6) und Interleukin 12 (IL-12)) und zur Aktivierung von antigenpräsentierenden Zellen (APC) des Patienten. In der zweiten Phase, der Aktivierungsphase, triggern die APC des Patienten und des Spenders sowie proinflammatorische Zytokine die Aktivierung der vom Spender stammenden T- Lymphozyten. Diese proliferieren und differenzieren sich in Effektorzellen (CD4 Helferund CD8 zytotoxische Zellen) (27). Die T-Zell Aktivierung resultiert in der Produktion von INF-γ, IL-2 und TNF-α, dem typischen Th1-Zytokinmuster von Lymphozyten (41). Die dritte Phase, die Effektorphase, wird bestimmt durch die Schädigung des Zielgewebes des Empfängers durch aktivierte Makrophagen, natürliche Killerzellen (NKC) und Zytokine wie TNF-α (26, 115). Zytokininduzierte Apoptose (TNF-α) und direkte Schädigung durch NKC und zytotoxische Th1-Zellen führen zum typischen, jedoch nicht pathognomonischen histologischen Bild der akuten GvHD, der Satellitenzellnekrose (41, 10

1. Einführung 94). Eine B-Zell-Antwort mit der Produktion von Antikörpern gegen mhas scheint dagegen nicht mit einer akuten GvHD assoziiert zu sein (78). Abb. 1: Pathophysiologie der konditionierungs-induzierten akuten GvHD nach Ferrara et al. (44): Die Konditionierung bedingt eine Gewebsschädigung und führt zu Mukosaschäden mit Translokation von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1, IL-6, TNF-α sowie Lipopolysacchariden (LPS) ins Blut (Konditionierungsphase). Dies bedingt eine weitere Zytokinfreisetzung (sog. Zytokinsturm), welche als wichtigster Faktor für die weitere Gewebsschädigung angesehen wird. Proinflammatorische Zytokine sowie die veränderte Oberflächenantigenpräsentation führen zu einer unspezifischen Aktivierung von antigenpräsentierenden Zellen und Makrophagen des Empfängers (Aktivierungsphase). Dies führt zur Verstärkung der Alloreaktivität der Spender-T-Lymphozyten und schließlich zur Apoptose der Zielzellen (Effektorphase). Antigenpräsentierende Zellen (APC), zytotoxische T-Lymphozyten (CTL), Natürliche Killerzellen (NK), Monozyten/Makrophagen (Mo). (Abbildung modifiziert nach Hill, GR and Ferrara, JLM 2000, Blood 95:2754-2759 (44)) Ähnlich wie bei der akuten GvHD spielen auch in der Pathogenese der chronischen GvHD T-Lymphozyten eine entscheidende Rolle. Man nimmt an, dass Spender-T- Lymphozyten in Antwort auf Alloantigene (HLA) des Empfängers proliferieren, bei gleichzeitig fehlender Prägung der heranreifenden T-Lymphozyten im durch die Konditionierung und vorausgegangene akute GvHD geschädigten Thymus. Die 11

1. Einführung alloreaktiven T-Zellen richten sich direkt mittels Zytolyse gegen das Zielgewebe des Empfängers. Gleichzeitig sezernieren sie Zytokine (41, 66). Während bei der akuten GvHD vornehmlich ein Th1-Zytokinmuster vorliegt, findet sich bei der chronischen GvHD ein Th2-Zytokinmuster (IL-4, aber auch IL-5, IL-6, IL-10 und IL-13) (28). Durch die sezernierten Zytokine kommt es zu einer Aktivierung von Fibroblasten und damit zu einer verstärkten Kollagensynthese. Dies erklärt klinische Befunde der chronischen GvHD, wie die sklerodermiformen Hautläsionen (28). Bei der chronischen GvHD konnte, im Gegensatz zur akuten GvHD, eine zeitlich assoziierte Antikörperantwort gegen mhas nachgewiesen werden. Dies legt nahe, dass eine B-Zell-Antwort zwar nicht zur Pathogenese der akuten GvHD, aber zur chronischen GvHD beiträgt (78). Es sind zahlreiche Risikofaktoren für das Entstehen einer GvHD bekannt. Zu den bedeutsamsten Risikofaktoren gehört die Histoinkompatibilität zwischen Spender und Empfänger. Inzidenz, Beginn und Schweregrad der GvHD korrelieren streng mit dem Ausmaß der HLA-Inkompatibilität zwischen Empfänger und Spender. Weitere Risikofaktoren, welche die Wahrscheinlichkeit einer GvHD erhöhen, sind höheres Lebensalter sowohl des Spenders als auch des Empfängers (123) sowie unterschiedliches Geschlecht zwischen Empfänger und Spender (32). Des weiteren scheint die Intensität des Konditionierungsregimes mit der Inzidenz der GvHD zu korrelieren, wahrscheinlich bedingt durch den induzierten Gewebeschaden. Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer chronischen GvHD ist eine vorausgegangene akute Form. Die Inzidenz der chronischen GvHD korreliert dabei mit dem Schweregrad der vorangegangenen akuten GvHD (111). 1.1.2 Klinik Eine GvHD manifestiert sich bei 30 bis 80% der Patienten nach der Transplantation und ist der führende Grund für Morbidität und Mortalität bei Empfängern einer allogenen HZT (38). Die GvHD wurde traditionell nach dem Zeitpunkt der klinischen Manifestation in eine akute (Manifestation innerhalb 100 Tagen nach Transplantation) und eine chronische Form (Manifestation 100 Tage oder später nach Transplantation) eingeteilt (77). In den 12

1. Einführung letzten Jahren wurde eine neue Klassifikation der GvHD erstellt, welche sich an klinischen und pathologischen Kriterien orientiert (30) (s. unten). Die akute GvHD beginnt meist zwischen der zweiten und sechsten Woche nach der Transplantation. Betroffen sind circa 35% der Patienten nach allogener HZT mit HLAidentischen Spendern. Klinisch manifestiert sich die akute GvHD in besonderem Maße an der Haut, häufig das einzige Zielorgen der akuten GvHD, aber auch an der Leber und dem Gastrointestinaltrakt (48, 94). Zudem können auch die Schleimhäute, lymphatische Organe, das Knochenmark und die Mukosa des Respirationstraktes betroffen sein (53). Hautmanifestationen, die im Rahmen einer akuten GvHD auftreten, variieren von einem makulopapulösen Exanthem bis hin zur Epidermolyse. Die Stadieneinteilung und Schweregradklassifizierung der akuten GvHD erfolgt nach dem International Bone Marrow Transplant Registry (IBMTR) Severity Index: Tabelle 1: Stadieneinteilung der akuten GvHD Stadium Haut Leber Gastrointestinaltrakt 1 Makulopapulöses Exanthem (<25% der KOF) Bilirubin 2-3 mg/dl Diarrhöen 500-1000 ml/tag 2 Makulopapulöses Exanthem (> 25% KOF) Bilirubin 3-6 mg/dl Diarrhöen 1000-1500 ml/tag 3 Erythrodermie Bilirubin 6-15 mg/dl Diarrhöen >1500ml/Tag 4 Blasige Umwandlung (wie bei einer toxischen Epidermolyse) Bilirubin >15 mg/dl Schmerzen oder Ileus Anhand der Stadieneinteilung lässt sich die akute GvHD einem Schweregrad von I bis IV zuordnen. Tabelle 2: Schweregrade der akuten GvHD Grad Haut Leber Gastrointestinaltrakt I Stadium 1-2 0 0 II Stadium 1-3 1 1 III Stadium 2-3 2-3 2-3 IV Stadium 2-4 2-4 2-4 13

1. Einführung Die Haut ist mit über 90% das mit Abstand am häufigsten betroffene Organ im Rahmen einer akuten GvHD. Klinisch findet sich oft ein makulopapulöses Exanthem, das typischerweise im Gesicht und im Nacken beginnt, und dann schnell auch auf Handflächen und Fußsohlen übergeht (41, 94). Eine akute GvHD kann sich auch als scharlachähnliches (skarlatiniformes) Exanthem manifestieren, mit konfluierenden erythematösen Makulae, die im weiteren Verlauf abschuppen und mit Hyperpigmentierungen abheilen (2). Im schlimmsten Fall gehen die Exantheme in eine epidermale Nekrolyse der Haut und der Schleimhäute über. Die epidermale Nekrolyse tritt in etwa 6% der Fälle mit akuter GvHD auf und ist assoziiert mit Septikämien und Veränderungen des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes (121). Abb. 2: Akute GvHD: makulopapulöses Exanthem mit Beteiligung der Füße, Stadium 1, Grad I der akuten GvHD (A), akute GvHD Stadium 4, Grad IV mit Erythrodermie und Epidermolyse (B). Perifollikuläre Papeln deuten auf einen schweren Verlauf hin (70), ebenso wie eine Beteiligung der Akren. Orale Schleimhautbeteiligung zeigt sich in erster Linie als Xerostomie, feinpapulöse weißliche Herde und weißliche lichenoid-retikuläre Zeichnung. Nagelveränderungen wie Nagelfalzhyperkeratosen, Onycholysen, Pigmentierungen und Hämorrhagien der Nagelplatte können in fortgeschrittenen Stadien der akuten GvHD auftreten (56). 14

1. Einführung Eine Lymphozyteninfiltration der Haut und zytopathische Veränderungen der Keratinozyten sind die auffälligsten histologischen Charakteristika der akuten GvHD. Bei der chronischen GvHD handelt es sich um eine Multi-Organ-Erkrankung, die sich meist nach dem 100. nach HZT, vereinzelt auch erst nach Jahren manifestiert. 30% bis 50% der allogen Transplantierten sind im Verlauf betroffen (3, 87). Die chronische GvHD kann einerseits aus einer vorbestehenden akuten GvHD hervorgehen (progressive Form), andererseits sich mit einem symptomfreien Intervall nach einer akuten GvHD manifestieren (intermediäre Form), oder sich de novo entwickeln. Die progressive Form der chronischen GvHD hat die schlechteste Prognose, wohingegen eine de novo Form die beste Prognose aufweist (112). Trotz neuerer Klassifikationen der chronischen GvHD durch die National Institutes of Health (NIH) ist die Klassifikation nach Shulman et al. weiterhin die gebräuchlichste Einteilung (51). Sie basiert auf klinischen und pathologischen Befunden der chronischen GvHD und unterteilt sie in eine subklinische, limitierte und in eine ausgedehnte Form (103): Tabelle 3: Klassifikation der chronischen GvHD nach Shulman et al. Subklinische GvHD: histologisch positiver Befund, aber ohne klinische Symptome Limitierte chronische GvHD: örtlich begrenzte Hautbeteiligung und/ oder Leberdysfunktion aufgrund der chronischen GvHD Ausgedehnte chronische GvHD: Entweder generalisierte Hautbeteiligung oder örtlich begrenzte Hautbeteiligung und/ oder Leberdysfunktion plus a: chronisch aggressive Hepatitis in der Histologie, Nekrose oder Zirrhose; oder b: Augenbeteiligung (Schirmertest < 5mm Befeuchtung); oder Beteiligung der kleinen Schweißdrüsen oder der oralen Mukosa; oder c: Beteiligung anderer Zielorgane (Lunge, Niere) 15

1. Einführung Im Rahmen einer chronischen GvHD ist ebenfalls die Haut mit 80% bis 90% das mit Abstand am häufigsten betroffene Organ (2). Initiale Manifestationsform der chronischen kutanen GvHD kann ein persistierendes Gesichtserythem mit vermehrter Pigmentierung sein. Auch Xerostomie, Empfindlichkeit gegenüber sauren und scharfen Speisen sowie zunehmende Schmerzen im Mundbereich können auf eine beginnende chronische GvHD hinweisen (56). An der Haut finden sich lichenoide oder sklerodermieartige Läsionen (2). Früh im Verlauf der chronischen GvHD prädominiert die lichenoide Form, die sich typischerweise in der periorbitalen Region, an den Ohren sowie an Handflächen und Fußsohlen manifestiert und einen Lichen ruber planus imitiert (2, 88). Nach Abheilung treten oft postinflammatorische Hyperpigmentierungen, aber auch Hypopigmentierungen bis hin zum kompletten Leukoderm auf. Eine Poikilodermie kann manchmal auch die einzige klinische Manifestation der GvHD sein (56). Die lichenoide chronische GvHD führt in 40% zu Nagelveränderungen wie Längsspaltung der Nägel, Ausbildung eines Pterygiums und Atrophie des Nagels bis zum bleibenden Nagelverlust (2). Im späteren Verlauf der chronischen GvHD manifestiert sich die sklerodermieartige Form, die schwerste Form der chronischen GvHD (17). Die sklerodermiforme GvHD beruht auf einer Sklerose der Dermis und führt gelegentlich auch zur Entwicklung dermatogener Kontrakturen (2). Auch von bullösen Hautveränderungen wurde berichtet (117). Die Mundschleimhautveränderungen reichen von weißlichen retikulären Zeichnungen (Wickham-Phänomen), Erosionen, Leukoplakien, Ulzerationen und Mukosaatrophie bis hin zu Vernarbung und Xerostomie (90). 16

1. Einführung Abb. 3: Chronische GvHD: Atrophie des Nagels bei lichenoider chronischer GvHD (A), lichenoide Papeln und Erosionen (B), Alopezie (C), Poikilodermie (D). Vorzeitiges Ergrauen oder vollständiger Pigmentverlust der Haare sowie eine vernarbende Alopezie sind weitere Manifestationsformen der chronischen GvHD (56). Histologisch ähnelt die lichenoide chronische GvHD der akuten GvHD. Es finden sich Akanthose, parakeratotische Hyperkeratose, Hypergranulose und unterschiedliche Grade der Keratinozytennekrose, gelegentlich mit Satellitenzellnekrose. Die späte, sklerodermiforme Phase der chronischen GvHD ist histologisch durch eine deutliche epidermale Atrophie, einen Verlust der Adnexstrukturen und eine geradlinige dermoepidermale Junktionszone gekennzeichnet (2). Die Kollagenbündel im Stratum papillare der Dermis sind verbreitert und dicht gepackt (52). 17

1. Einführung Da es sich bei der chronischen GvHD um eine Multi-Organ-Erkrankung handelt, sind extrakutane Manifestationen häufig und auch schwerwiegend. Betroffen sind neben der Haut in erster Linie die Leber, der Gastrointestinaltrakt, aber auch die Lunge, die Augen und der neuromuskuläre Apparat. Die wichtigste Komplikation der chronischen GvHD ist die Immundefizienz. Sie führt zu einer verstärkten Anfälligkeit gegenüber einem großen Spektrum an opportunistischen Keimen und häufig zum Tod (75, 76). 1.1.3 Therapie Eine Basisprophylaxe der akuten GvHD wird für 6 Monate gegeben und besteht aus Cyclosporin A (alternativ Tacrolimus), gegebenenfalls auch in Kombination mit Methotrexat oder Kortikosteroiden und Antikörpern (122). Durch die Basisprophylaxe wird das Risiko für eine akute GvHD deutlich gesenkt, dies gilt jedoch nicht für die chronische GvHD. Die Therapie einer akuten GvHD erfolgt mit Glukokortikosteroiden in Kombination mit Cyclosporin A. In steroidresistenten Fällen kann die Gabe von Cyclophosphamid, Antithymozytenglobulin (ATG), Antilymphozytenglobulin (ALG) oder von Pentostatin (Purinnukleosidanalogon) in Betracht gezogen werden (3, 50). Eine chronische GvHD wird initial mit Cyclosporin A und gegebenenfalls gleichzeitig mit Kortikosteroiden medikamentös therapiert (122). Bei therapierefraktären Patienten werden Immunsuppressiva wie Mycophenolatmofetil oder Tacrolimus angewandt (122). Im Rahmen einer isolierten kutanen GvHD, insbesondere bei sklerotischen Veränderungen, hat sich der Einsatz einer PUVA-Therapie (8-Methoxypsoralen + UVA- Bestrahlung) oder extrakorporalen Photopherese bewährt (122). Moderne Therapieoptionen bestehen aus monoklonalen Antikörpern oder Rezeptorantagonisten gegen TNF-α (Infliximab, Etanercept) oder auch monoklonalen Antikörpern gegen CD 20-positive Zellen (Rituximab) (18, 25, 61, 89). 18

1. Einführung 1.2 Die kutane Basalmembranzone 1.2.1 Struktur und Funktion der Haut Die Haut (Kutis) dehnt sich beim erwachsenen Menschen auf einer Fläche von 1,2-2,3 m² aus und besteht aus zwei Schichten: Der Epidermis (Oberhaut), einer epithelialen Schicht ektodermalen Ursprungs und der Dermis (Lederhaut), einer bindegewebigen Schicht mesodermalen Ursprungs. Unter der Dermis liegt die Hypodermis (Unterhaut), auch Subkutis genannt, welche die Haut locker mit dem darunter gelegenen Gewebe (Faszie, Muskeln) verbindet. Die Epidermis besteht aus einem verhornten, mehrschichtigen Plattenepithel, das hauptsächlich aus Keratinozyten aufgebaut ist. Sie ist über die Basalmembranzone (BMZ) mit der darunter liegenden Dermis verbunden. Die BMZ ist eine mehrschichtige Struktur, welche die Integrität der Haut sicherstellt. Die Dermis besteht aus einem Netzwerk aus kollagenen und elastischen Fasern sowie aus Proteogykanen und Glykoproteinen. Sogenannte Ankerfibrillen dienen der Verbindung der Dermis mit der BMZ (55). Die Haut stellt die Grenze unseres Körpers gegen die Umwelt dar und hat vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Die Hornschicht verhindert das Austrocknen und das Eindringen körperfremder Substanzen und bietet Schutz vor mechanischen Verletzungen und Chemikalien. Sensoren für den Tastsinn, für Temperatur und Schmerz erfüllen ihre Aufgabe im ständigen Kontakt der Haut mit der Umgebung (55). 1.2.2 Die Basalmembran Die Hauptfunktion der Basalmembran an der dermo-epidermalen Junktionszone besteht darin, eine feste Verbindung zwischen Epidermis und Dermis herzustellen. Die BMZ schränkt den Übergang von Molekülen zwischen Epidermis und Dermis auf der Grundlage von Molekülgröße und Ladung ein, ermöglicht aber die Passage von migrierenden Zellen unter normalen (z.b. Melanozyten, Langerhanszellen) und pathologischen (Lymphozyten, neutrophile Granulozyten) Umständen. Sie beeinflusst auch die Proliferation, Migration, Differenzierung und Ausbildung der Zellpolarität von Keratinozyten (13). 19

1. Einführung Im Elektronenmikroskop können drei verschiedene Schichten der BMZ unterschieden werden: die Lamina lucida, die Lamina densa und die Sublamina densa. Innerhalb dieser Schichten kann man Hemidesmosomen, Verankerungsfibrillen und Verankerungsfilamente erkennen (9). Hemidesmosomen (HD) sind an der Unterseite der basalen Keratinozyten gelegene Multiproteinkomplexe. Sie vermitteln die feste Haftung der Epithelzellen auf der darunter liegenden BMZ, indem sie eine Verbindung zwischen dem Zytoskelett der Epithelzellen und extrazellulären Matrixproteinen herstellen (8, 84, 129). Während BP230 (Bullous Pemphigoid Antigen 1) und Plektin intrazellulär lokalisiert sind, sind α 6 β 4 -Integrin und Kollagen XVII (BP180, Bullous Pemphigoid Antigen 2) transmembranöse Proteine (84, 109). Zusammen mit dem extrazellulären Matrixprotein Laminin 332 und den Zytoskelett assoziierten Keratinen bilden diese Proteine den sogenannten hemidesmosomalen Adhäsionskomplex (13). Abb. 4: Elektronenmikroskopisches Bild der BMZ: Im oberen Bereich der Abbildung ist ein Keratinozyt mit seinen Tonofilamenten (T) dargestellt, welche in die Hemidesmosomen (H) inserieren. Die Basallamina (BL) und die Verankerungsfibrillen (AF) interagieren mit kollagenen Fasern (K) der Dermis. (Abbildung modifiziert nach Kapitel 1, Seite 7, Fritsch Dermatologie und Venerologie 2004, 2. Auflage, Springer Berlin, Heidelberg (35)). Die Lamina lucida ist ein elektronentransparenter Bereich zwischen den basalen Keratinozyten und der elekronendichten Lamina densa der BMZ. Feine Verankerungsfilamente (Laminin 332 und der extrazelluläre, kollagenöse Anteil von Kollagen XVII), durchkreuzen die Lamina lucida und verbinden die Hemidesmosomen 20

1. Einführung mit der Lamina densa. Diese enthält fibrilläre Strukturen, bekannt als Verankerungsfibrillen (Kollagen VII), welche die Lamina densa mit dem Stratum papillare der Dermis verbinden (13). Die folgenden Kapitel geben einen kurzen Überblick über die wichtigsten Bestandteile der Hemidesmosomen und deren Interaktion: 1.2.2.1 BP230 BP 230, auch bekannt als BPAG1, wurde als erstes Zielantigen der Autoimmunkrankheit bullöses Pemphigoid identifiziert (106). Es ist ein 230 kda schweres Protein des hemidesmosomalen inneren zytoplasmatischen Plaques und trägt dort mittels seiner C- terminalen Domäne zur Verankerung des Keratinfilamentsystems bei (131). Das N- terminale Ende von BP 230 ist wichtig für seine Einbindung in die Hemidesmosomen und interagiert mit Kollagen XVII und der β 4 -Untereinheit des α 6 β 4 -Integrin (47). In Studien mit BP230 Knockoutmäusen konnte gezeigt werden, dass Hemidesmosomen dieser Mäuse keine inneren Plaques und keine Verbindung zum Zytoskelett besaßen sowie eine beeinträchtigte mechanische Integrität und Zellmigration aufwiesen. Interessanterweise entwickelten diese Mäuse auch schwere Dystonien und Degenerationen der sensorischen Nerven, was vermuten lässt, dass BP230 nicht nur für die Integrität der Haut sondern auch des Nervensystems wichtig ist (40). 1.2.2.2 Plectin Plectin wird nahezu in allen Geweben des Menschen exprimiert, u.a. in Muskulatur, Epithelien und Nervengewebe (124). Es ist ein Bestandteil von Desmosomen und Hemidesmosomen (36, 43). Innerhalb der Hemidesmosomen assoziiert Plectin mit der β 4 -Untereinheit des α 6 β 4 -Integrins und mit Kollagen XVII (83). 1.2.2.3 Kollagen XVII (BP180) Kollagen XVII ist auch bekannt als BP180 oder BPAG2. Das 180 kda schwere Protein ist das Hauptantigen der subepidermal blasenbildenden Autoimmunkrankheit bullöses Pemphigoid (39). Es zählt zu den Transmembranproteinen mit Typ 2-Orientierung, d.h. mit einem extrazellulär gelegenen C-Terminus. Die NC16a-Domäne liegt extrazellulär, 21

1. Einführung unmittelbar angrenzend an die Zellmembran, und gilt als die wichtigste Zielstruktur der Autoantikörper beim bullösen Pemphigoid (136). Der weitere extrazelluläre Teil von Kollagen XVII besteht aus 15 kollagenösen Abschnitten, jeweils getrennt durch nichtkollagenöse Abschnitte. Die kollagenöse 120 kda schwere Extrazellulärdomäne von Kollagen XVII wird physiologischerweise von Proteasen (sog. ADAMs, a disintegrin and metalloprotease) gespalten (33, 39). Das C-terminale Ende von Kollagen XVII geht eine Bindung mit Laminin 332 ein. Man nimmt an, dass Kollagen XVII wichtig für die richtige Anordnung der Laminin 332-Matrix ist und daher nicht nur eine Rolle bei der Bildung der Hemidesmosomen spielt (intrazelluläre Domäne) sondern auch an der Ausbildung von Verankerungsfilamenten beteiligt ist. Mutationen im für Kollagen XVII kodierenden COL17A1 Gen führen zu junktionaler Epidermolysis bullosa non-herlitz (114). 1.2.2.4 α 6 β 4 -Integrin Neben Kollagen XVII ist α 6 β 4 -Integrin das zweite Transmembranprotein der Hemidesmosomen (105), welches auch Bindungen mit verschiedenen Lamininen, allen voran Laminin 332, eingeht (60, 84). 1.2.2.5 Laminin 332 Laminin 332 (ehemals Laminin 5) besteht aus drei kreuzförmig angeordneten Ketten α 3, β 3, γ 2 (12) und ist als Hauptbestandteil der Verankerungsfilamente in der Lamina lucida lokalisiert (71). Laminin 332 dient als Ligand für Kollagen VII, Kollagen XVII und α 6 β 4 - Integrin. Autoantikörper gegen die 165 kda schwere α 3 -Kette von Laminin 332 sind bei einer Unterform des vernarbenden Schleimhautpemphigoids relevant (24). Mutationen im Laminin 332-Gen führen zur junktionalen Epidermolysis bullosa Herlitz, einer letal verlaufenden hereditären Hauterkrankung mit erhöhter Fragilität und Blasenbildung der Haut (73). 1.2.2.6. p200-protein p200 ist ein 200 kda schweres Protein der BMZ und wichtig für die Zell-Matrix Adhäsion. Mittels ultrastruktureller Untersuchungen konnte p200 im unteren Bereich der Lamina lucida der BMZ lokalisiert werden (135). Der Nachweis von p200 gelang in dermalen 22

1. Einführung Extrakten, Keratinozytenextrakten und Fibroblastenextrakten (46, 101). P200 ist das Ziel- Antigen des Anti-p200-Pemphigoids, einer subepidermal blasenbildenden Autoimmunkrankheit (135). Erst kürzlich wurde p200 als Laminin γ 1 -Kette identifiziert (19). Abb. 5: Bestandteile der BMZ: Die BMZ dient der Verbindung der Epidermis mit der darunterliegenden Dermis. BP230, α 6 β 4 -Integrin, Plectin und Kollagen XVII sind Bestandteile der Hemidesmosomen. Sie interagieren mit den Zytokeratinfilamenten der basalen Keratinozyten (Keratin 5/14) und verbinden diese dadurch fest mit der darunterliegenden extrazellulären Matrix. Kollagen XVII durchzieht die Lamina lucida und interagiert mit Laminin 332, Plectin und α 6 β 4 -Integrin. P200 entspricht der Laminin γ 1 -Kette und ist im Bereich der unteren Lamina lucida lokalisiert. Die Verankerungsfibrillen (Hauptbestandteil Kollagen VII) verbinden die epidermale Basalmembran mit der darunterliegenden Dermis. (Abbildung modifiziert nach Kapitel 16, Fitzpatrick's Dermatology in General Medicine, 6. Edition, McGraw-Hill, New York (34)) 1.2.2.7 Kollagen VII Kollagen VII besteht aus drei Ketten eines 290 kda schweren Polypeptids, die sich zu einer Tripelhelix zusammenlagern. Kollagen VII bildet die Verankerungsfibrillen der Lamina densa der BMZ aus. Diese Fibrillen sind wichtig für die Haftung der BMZ an die Dermis (11). Kollagen VII stellt das Autoantigen der Epidermolysis bullosa acquisita dar. 23

1. Einführung 1.3 Bullöse Autoimmundermatosen mit junktionaler Blasenbildung 1.3.1 Bullöses Pemphigoid Das bullöse Pemphigoid (BP) wurde erstmals 1953 als eine subepidermal blasenbildende Autoimmundermatose von Lever beschrieben (67). Sie betrifft in erster Linie ältere Menschen und ist mit einer Inzidenz von 6/100.000/Jahr die häufigste blasenbildende Autoimmundermatose des Erwachsenenalters (6, 137). Klinisch manifestiert sich das BP durch pralle Blasen auf normaler oder erythematöser Haut, vorzugsweise im Bereich des unteren Abdomens, der Innenseite der Oberschenkel und Unterarme sowie der Intertrigines. Histologisch zeigt sich eine subepidermale Blasenbildung (130) mit reichlich inflammatorischem Infiltrat, bestehend aus eosinophilen und neutrophilen Granulozyten (68). Die zwei hemidesmosomalen Proteine BP230 und Kollagen XVII stellen die Zielstrukturen zirkulierender Antikörper bei BP Patienten dar (80, 107, 108). Abb. 6: Hautmanifestation und typische Immunfluoreszenzbefunde des BP: Straffe Blasen und Erosionen auf erythematösem Grund an der Beugeseite des linken Armes (A), DIF mit linearen IgG- Ablagerungen entlang der BMZ (B), subepidermale Blasenbildung und Eosinophileninfiltration in der Dermis (C). 24

1. Einführung Die Autoantikörper bei BP binden daher linear an der dermo-epidermalen Junktionszone. Es kommt aber nur zur subepidermalen Spaltbildung, wenn gleichzeitig Komplement aktiviert und Entzündungszellen in die Haut rekrutiert werden (81). Neben dem BP gehen vier weitere Erkrankungen mit Antikörpern gegen Kollagen XVII einher (132). Dazu zählen das Pemphigoid gestationis (79), der Lichen planus pemphigoides (133), das orale Schleimhautpemphigoid (5) und die lineare IgA-Dermatose (134). Mittels des sog. NC16a-ELISA ist es möglich den Titer der Autoantikörper gegen die NC16a-Domäne von Kollagen XVII zu bestimmen. Der Antikörpertiter korreliert mit der Krankheitsaktivität (45). Hohe differentialdiagnostische Aussagekraft bietet auch die IIF auf Spalthaut (saltsplit skin (SSS)). Mit der salt-split Technik wird die Epidermis mit Hilfe von 0,9%iger Kochsalzlösung artifiziell von der Basalmembran gelöst. Im Falle eines BP kommt es zur Antikörperbindung am Dach der künstlichen Blase, während eine Epidermolysis bullosa acquisita eine Antikörperbindung am Blasenboden zeigt (104). Weiterhin dient die Westernblot-Untersuchung mit Keratinozyten- oder epidermalen Extrakten dem Nachweis von Antikörpern gegen Kollagen XVII und BP230. 1.3.2 Schleimhautpemphigoid Das Schleimhautpemphigoid, früher auch als vernarbendes Pemphigoid bezeichnet, ist eine chronische subepitheliale blasenbildende Autoimmunerkrankung der Schleimhäute. Die Mundschleimhaut, aber auch okuläre, nasale, anogenitale, ösophageale, pharyngeale und laryngeale Schleimhäute können betroffen sein (14). Abhängig vom jeweiligen Zielantigen (Kollagen XVII, Laminin 332 oder α 6 β 4 -Integrin) kommt es im Verlauf der Erkrankung gegebenenfalls zur Vernarbung betroffener Areale, z.b. zu Synechien der Augen oder Strikturen der Genitalschleimhaut (130). Zusätzlich zur Schleimhaut ist die Haut in 30% der Fälle auch betroffen. 25

1. Einführung 1.3.3 Anti-p200-Pemphigoid Das Anti-p200-Pemphigoid gehört auch zu den subepidermalen blasenbildenden Autoimmunkrankheiten und ist durch Autoantikörper gegen die 200 kda schwere Laminin γ 1 -Kette an der Grenzfläche zwischen Lamina lucida und Lamina densa der BMZ gekennzeichnet (23). Klinisch manifestiert sich die Erkrankung mit prallen Blasen und urtikariell erscheinenden Plaques sowie einer gelegentlichen Schleimhautbeteiligung (135). Histopathologisch lässt sich eine subepidermale Spaltbildung mit oberflächlichem Entzündungsinfiltrat, vorzugsweise aus neutrophilen Granulozyten, nachweisen (135). 1.3.4 Epidermolysis bullosa acquisita Die Epidermolysis bullosa acquisita (EBA) ist charakterisiert durch Autoantikörper gegen Kollagen VII, den Hauptbestandteil der Verankerungsfibrillen in der Lamina densa (126, 127). Klinisch werden eine mechanobullöse, eine inflammatorische und eine schleimhautbetonte Form unterschieden (37, 62, 92). Histopathologisch zeigt sich eine subepidermale Spaltbildung mit variablem Ausmaß eines inflammatorischen Infiltrates in der oberen Dermis (125). Ultrastrukturell lässt sich die Spaltebene innerhalb der Lamina lucida oder der Sublamina densa nachweisen (31). Die immundominante Region des 290 kda schweren Kollagen VII ist die NC1 Domäne. Autoantikörper gegen diese Region können mit der Westernblot-Technik oder mittels ELISA nachgewiesen werden (126). Die immunpathologischen Befunde der vorgenannten Erkrankungen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: 26

1. Einführung Tabelle 4: Immunpathologische Befunde blasenbildender Autoimmunkrankheiten Autoimmunkrankheit Direkte Immunfluoreszenz BP Lineare C3- und IgG- Ablagerungen entlang der BMZ Schleimhautpemphigoid IgG-Ablagerungen Lineare C3-, IgA- und entlang der BMZ p200-pemphigoid Lineare IgG- und C3- Ablagerungen entlang der BMZ EBA Lineare C3-, IgA- und IgG-Ablagerungen entlang der BMZ SSS: Sodium chloride split skin (Kochsalzspalthaut) Indirekte Autoantigene Immunfluoreszenz Epidermal IgG (SSS) Kollagen XVII, BP230 Epidermal oder Kollagen XVII, dermal IgG (SSS) Laminin 332, α6β4-integrin Dermal IgG-4 (SSS) p200 (Laminin γ 1 -Kette ) Dermal IgG (SSS) Kollagen VII 1.4 Bullöse Autoimmundermatosen bei GvHD-Patienten Seit 1986 wurden in der Literatur 12 Fälle von blasenbildenden Autoimmunkrankheiten nach allogener HZT beschrieben (Tabelle 5). Mit Ausnahme der von Ueda et al. und Schultewolter et al. beschriebenen Patienten hatten alle anderen Patienten eine akute oder chronische GvHD, bevor sie eine blasenbildende Autoimmunkrankheit entwickelten. Von den 12 Patienten hatten 8 ein BP entwickelt und jeweils ein Patient eine EBA, ein Schleimhautpemphigoid, einen Pemphigus foliaceus (bullöse Autoimmundermatose mit intraepidermaler Blasenbildung) oder eine lineare IgA-Dermatose. 27

1. Einführung Tabelle 5: Fälle von blasenbildenden Autoimmunkrankheiten nach allogener HSZT (modifiziert nach Izumi et al (49)) Autor Alter,J/ Krankheit HZT Dauer* Diagnose Auto- AK** Geschlecht Ueda et al (117) 46/M AML BMT 3 BP NB Lacour et al (63) 29/M AML BMT 10,5 BP BP230 Burger et al (10) 28/M AML BMT 23 EBA Kollagen VII Delbaldo et al (21) 47/M CML BMT 3 BP BP180 Kikuchi et al (58) 50/M AML BMT 7,5 BP BP180/ 230 Szabolcs et al (113) 18/M ALL UCB 7 BP BP180/ 230 Nagai et al 40/F MDS PBSC 3 BP BP180/ 230 Kawasuji et al 17/M ALL BMT 15 BP BP180 Herr et al (42) 6/M ALL UCB 10,5 PF NB Schultewolter et al (98) 38/M CML BMT 10 LAD NB Aisa et al (1) 44/F NHL PBSC 18 MMP BP230 Izumi et al (49) 55/F ALL BMT 30 BP BP180/ Laminin 5 ALL, Akute lymphatische Leukämie; AML, Akute myeloische Leukämie; BMT, Knochenmarkstransplantation; BP, bullöses Pemphigoid; CML, chronische myeloische Leukämie; MMP, Schleimhautpemphigoid; EBA, Epidermolysis bullosa acquisita; MDS, myelodysplastisches Syndrom; LAD, Lineare IgA- Dermatose; NB, nicht beschrieben, NHL, Non- Hodgkin- Lymphom; PBSC, periphere Blutstammzelltransplantation; UCB, Nabelschnurbluttransplantation; HZT, hämatopoetische Zelltransplantation, PF, Pemphigus foliaceus. * Dauer von HZT bis zur Manifestation der blasenbildenden Autoimmunkrankheit in Monaten. ** Autoantikörper, nachgewiesen mittels Westernblot mit humanen epidermalen Extrakten. Einzelne Fälle werden im Folgenden detailliert beschrieben: Der erste veröffentlichte Fallbericht stammt von Ueda et al. aus dem Jahr 1986. Es wurde von einem 46-jährigen Mann berichtet, der aufgrund einer akuten myeloischen Leukämie eine allogene Knochenmarktransplantation erhalten hatte. Weder eine akute noch eine chronische GvHD entwickelte sich im postoperativen Verlauf. Um den 100. Tag post transplantationem manifestierte sich beim Patienten eine generalisierte Blasenbildung. Die DIF zeigte lineare C3- und IgG-Ablagerungen entlang der dermoepidermalen Junktionszone. IgM-Ablagerungen, wie sie gelegentlich bei der chronischen GvHD vorkommen (95), wurden nicht nachgewiesen. Die IIF zeigte lineare IgG- 28

1. Einführung Ablagerungen an der BMZ. Diese und weitere histologische Befunde, wie das Fehlen einer Epithelzellnekrose, stimmten eher mit der Diagnose eines bullösen Pemphigoids überein, als mit der einer chronischen GvHD (117). Ein im Jahr 1999 von Kikuchi et al. veröffentlichter Fall berichtet über einen 50-jährigen Patienten mit Blasenbildung der Haut nach BMT und akuter GvHD. Aufgrund einer akuten myeloischen Leukämie erhielt der Patient 1995 eine allogene BMT von einem HLA-identischen, nicht-verwandten Spender. Im frühen postoperativen Verlauf entwickelte der Patient eine akute GvHD der Haut zweiten Grades, die mit Prednison behandelt wurde. An Tag 208 post transplantationem erschienen ödematöse Erytheme an Stamm und Extremitäten und an Tag 361 entwickelten sich große straffe Blasen auf erythematösem Grund. Die DIF zeigte lineare IgG- und C3-Ablagerungen entlang der BMZ. Mit der IIF auf Spalthaut konnten zirkulierende IgG-Antikörper mit Bindung an der epidermalen Seite des Spaltes nachgewiesen werden. Im Westernblot reagierte das Patientenserum mit BP230 und Kollagen XVII, den Antigenen des BP (58). Izumi et al. veröffentlichte 2007 einen Fall einer bullösen Autoimmundermatose in Assoziation mit einer GvHD. Eine 55-jährige Frau erhielt 2002 aufgrund einer akuten lymphatischen Leukämie eine allogene HSZT. Im Verlauf entwickelte sie eine akute GvHD der Haut und Schleimhaut zweiten Grades, die erfolgreich mit Prednisolon behandelt wurde. 2004 entwickelte sich ein BP, das sich mit straffen Blasen am Körperstamm und an den Extremitäten manifestierte. Auch Gaumen und Zunge waren involviert. Hautbiopsien offenbarten subepidermale Blasen mit einem eosinophilenreichen Infiltrat. Die DIF zeigte lineare IgG- und C3-Ablagerungen entlang der BMZ. Mittels IIF auf SSS zeigten sich lineare IgG-Ablagerungen auf der dermalen sowie der epidermalen Seite des Spaltes und im Westernblot Autoantikörper gegen Kollagen XVII und Laminin 332 (49). Inwieweit gegen die Haut gerichtete Autoimmunphänomene bei Patienten nach HZT auftreten, untersuchten Saurat et al. bereits im Jahr 1976. Mittels DIF und IIF wurden Hautbiopsien sowie Blut von 17 Patienten nach HZT auf Antikörper gegen BMZ- Strukturproteine überprüft. Von diesen 17 Patienten entwickelten 8 eine GvHD und davon 5 eine lichenoide chronische GvHD. Bei 2 Patienten mit lichenoider chronischer GvHD waren globuläre IgM-Ablagerungen in der oberen Dermis erkennbar. Mittels IIF ließen sich dagegen bei 15 der 17 (88%) HZT-Patienten zirkulierende Immunglobuline der Klasse IgG erkennen, die mit dem Zytoplasma der basalen epidermalen Zellen 29

1. Einführung reagierten. Derartige zirkulierende Antikörper waren auch bei Patienten mit Medikamentenreaktionen und Verbrennungen nachweisbar. Saurat et al. vermuteten daher einen Zusammenhang zwischen zirkulierenden Immunglobulinen und rezidivierenden Hautverletzungen. Eine Korrelation zwischen dem Immunglobulintiter und dem Ausmaß der Hautschädigung konnte jedoch nicht gezeigt werden (95). 1.5 Ziele der Studie Wie im vorangehenden Abschnitt dargelegt, finden sich trotz relativer Seltenheit bullöser Autoimmundermatosen und HZT-transplantierter Patienten in der Literatur einige Fälle mit Koinzidenz beider Phänomene. Auch an der Universitäts-Hautklinik Freiburg wurde im Jahr 2005 ein Patient mit EBA bei chronischer GvHD behandelt. Basierend auf diesem Fall und den bereits publizierten ähnlichen Falldarstellungen stellte sich die Frage, wie häufig Autoantikörper im Serum von GvHD-Patienten vorkommen. Als Kontrollen sollten HZT-Patienten, die keine GvHD entwickelten sowie gesunde Individuen oder dermatologische Patienten ohne Autoimmundermatosen dienen. Ziel dieser Studie ist somit die Analyse der Prävalenz und Bedeutung von zirkulierenden Autoantikörpern gegen BMZ- Proteine (Kollagen XVII, BP230, Kollagen VII, Laminin 332, p200) mittels IIF, ELISA und Westernblot. 30

2. Material und Methoden 2. Material und Methoden 2.1 Patienten und Kontrollen 2.1.1 Patientenkollektiv Aus der Abteilung für Hämatologie des Universitätsklinikums Freiburg wurden 42 Patienten rekrutiert, die zwischen 1996 und 2006 eine allogene HZT erhalten hatten und in der Folge eine GvHD entwickelten. Einschlusskriterien waren ein Alter von mindestens 18 Jahren, die Entwicklung einer chronischen GvHD nach allogener HZT und die schriftliche Einverständniserklärung des Patienten. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Freiburg genehmigt. Die Altersspanne im Patientenkollektiv reichte von 23 bis 72 Jahren, das Durchschnittsalter lag bei 51,4 Jahren. Das Alter zum Transplantationszeitpunkt variierte von 19 bis 67 Jahren (Durchschnittsalter 47 Jahre). Es wurden Seren von 25 Männern und 17 Frauen untersucht. 24 Patienten litten im postoperativen Verlauf an einer akuten GvHD, von denen, mit Ausnahme eines Patienten, alle eine Haut- oder Schleimhautbeteiligung aufwiesen. Alle Patienten entwickelten im postoperativen Verlauf eine chronische GvHD, wobei bei drei Patienten eine chronische GvHD der viszeralen Organe ohne klinisch manifeste Haut- oder Schleimhautbeteiligung bestand. Zum Zeitpunkt der Serumgewinnung lag bei 36 der 42 Patienten eine aktive chronische GvHD vor. Die Seren wurden bis zur Verwendung bei 20 C gelagert. Die 42 GvHD-Seren wurden jeweils mittels NC16a-ELISA, indirekter Immunfluoreszenz (IIF) und Westernblot auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen BMZ-Proteine getestet. Von allen Patienten wurden folgende Transplantationsparameter dokumentiert: Spendergeschlecht, Übereinstimmung zwischen Spender- und Empfängergeschlecht, Datum der HZT, Alter des Patienten bei HZT, Immunsuppression. Klinische Charakteristika, die dokumentiert wurden, waren Haut-, Schleimhaut- und viszerale Beteiligung im Rahmen einer akuten und/oder chronischen GvHD sowie deren klinisches Ausmaß und die aktuelle klinische Präsentation des Patienten zum Zeitpunkt der Serumgewinnung. 31

2. Material und Methoden Tabelle 6: Dokumentation des klinischen Phänotyps der GvHD 1. Patientenparameter zum Zeitpunkt der Blutprobenentnahme: Parameter Differenzierung in: Aktuelle Hautbeteiligung Vorhanden nicht vorhanden Aktuelle Schleimhautbeteiligung Vorhanden nicht vorhanden Aktuelle Viszeralbeteiligung Vorhanden nicht vorhanden Aktuelles Ausmaß der GvHD Nicht aktiv leicht mittel schwer Aktuelle Immunsuppression Vorhanden nicht vorhanden 2. Charakterisierung der vorausgegangenen akuten GvHD: Parameter Differenzierung in: Hautbeteiligung vorhanden nicht vorhanden Schleimhautbeteiligung vorhanden nicht vorhanden Viszeralbeteiligung vorhanden nicht vorhanden Schweregrad der akuten GvHD* Keine agvhd Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4 3. Charakterisierung der chronischen GvHD: Parameter Differenzierung in: Hautbeteiligung vorhanden nicht vorhanden Schleimhautbeteiligung vorhanden nicht vorhanden Viszeralbeteiligung vorhanden nicht vorhanden Klinisches Ausmaß der Leicht mittel schwer chronischen GvHD* * Dokumentiert wurde die schwerste Ausprägung im postoperativen Verlauf. Die Einteilung der GvHD-Patientenparameter erfolgte retrospektiv anhand von Patientenakten und Arztbriefen. 32

2. Material und Methoden 2.1.2 Kontrollkollektiv Das Kontrollkollektiv bestand aus zwei Gruppen. Die Kontrollgruppe eins enthielt 40 Seren (von 17 Männern und 23 Frauen), welche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hautklinik sowie von Patienten der dermatologischen Ambulanz stammten. Es wurde sichergestellt, dass keiner dieser Probanden eine HZT in der Vergangenheit erhalten hatte oder an einer blasenbildenden Autoimmunkrankheit der Haut erkrankt war. Die Alterspanne reichte von 24 bis 90 Jahren, das Durchschnittsalter lag bei 49 Jahren. Die Kontrollgruppe zwei umfasste Seren von 18 Patienten (11 Männern und 7 Frauen), die eine allogene HZT erhalten, aber im bisherigen postoperativen Verlauf keine GvHD entwickelt hatten. Das Alter variierte zwischen 32 und 72 Jahren (Mittelwert 55 Jahre). Alle Kontrollseren wurden mittels NC16a-ELISA, IIF und Westernblot auf Antikörper gegen BMZ-Proteine untersucht. 33

2. Material und Methoden 2.2 Materialien Alle nicht aufgelisteten Artikel sind Standard-Laborprodukte, bezogen von BD Labware, Heidelberg; Eppendorf, Hamburg; Merck, Darmstadt; Neolab, Heidelberg; Nunc, Wiesbaden; Roche, Mannheim; Roth, Karlsruhe; Sigma-Aldrich, München. Tabelle 7: Verwendete Geräte Blotkammer Cryomicrotome CM 1900 Digital Axio Cam MRc ELISA-Reader Multiscan EX Flachboden-96-well Mikrotiterplatte Fluoreszenz Mikroskop Axiophot Kühlzentrifuge 5417R Kühlzentrifuge Biofuge fresco Mini-incubation tray ph-meter Power supply Power pac 300 Power supply P25, P30 SDS- Gel mini chamber Zentrifuge Labofuge 400 WWU, Münster Leica, Wetzlar Carl Zeiss, Oberkochen Thermo Electron, Bremen Greiner, Solingen Carl Zeiss, Oberkochen Eppendorf, Hamburg Heraeus, Hanau Biorad, München Sartorius, Göttingen Biorad, München Biometra, Göttingen Biometra, Göttingen Heraeus, Hanau 34

2. Material und Methoden 2.3 NC16a-ELISA Tabelle 8: Verwendete Reagenzien Reagenzien Zusammensetzung NC16a-Beschichtungslösung 0,5µg/ml NC16a in NaHCO 3, ph 9,8 GST (Sigma-Aldrich, München) GST-Beschichtungslösung 4µg/ml GST in NaHCO 3, ph 9,8 TBS 0,15M NaCl 0,05M Tris-HCl, ph 7,4 Tween 20 (Fluka Chemika, Buchs (CH)) Alkalische Phosphatase konjugiertes-ziege-antihuman-igg (Sigma-Aldrich, München) 1:8000 in 5% Milchpulver-TBS Waschpuffer 250 ml TBS Blockpuffer Alkaline Phosphatase Substrat Kit (BioRad, München) 2,5 ml 1mM CaCl 2 125 µl Tween 20 5% Milchpulver in Waschpuffer Der NC16a-ELISA dient dem semi-quantitativen Nachweis von Antikörpern gegen die NC16a-Domäne von Kollagen XVII. Hierfür wurde ein prokaryotisch in E.coli exprimiertes Glutathion-S-Transferase (GST)-gekoppeltes Fusionsprotein verwendet, welches die gesamte, aus 77 Aminosäuren bestehende NC16a-Domäne (Aminosäuren 490 bis 567 von Kollagen XVII) repräsentiert. Als Testplatten zur Durchführung des NC16a-ELISAs dienten Flachboden 96-well- Mikrotiterplatten. Je eine Hälfte der Platte wurden mit 100 µl/well NC16a- Beschichtungslösung bzw. einer GST-Beschichtungslösung beschichtet und 5 Stunden inkubiert. Nach der Inkubation wurden die Platten fünfmal mit jeweils 200 µl/well Waschpuffer gewaschen und anschließend mit jeweils 100 µl/well Blockpuffer für zwei Stunden bei Raumtemperatur geblockt. Die zu testenden Seren und die Referenzseren wurden 1:50 mit Blockpuffer verdünnt und es wurden 100 µl/well in jeweils zwei NC16a- und zwei GST-beschichtete wells pipettiert. Die Platten wurden dann bei +4 C über Nacht inkubiert und anschließend fünfmal mit Waschpuffer gewaschen. Danach wurden die Platten mit je 100 µl/well des 2. 35

2. Material und Methoden Antikörpers (AP-anti-human IgG) für zwei Stunden bei Raumtemperatur inkubiert und anschließend viermal gewaschen (3x mit Waschpuffer, 1x mit TBS). Während dieser Zeit wurde die Entwicklerlösung (Alkaline Phosphatase Substrat Kit) nach den Angaben des Herstellers angesetzt. Hierzu wurde der im Kit enthaltene Diethanolaminpuffer mit destilliertem Wasser verdünnt und 5 mg P-Nitrophenylphosphat (PNPP) hinzugefügt. 100 µl der Entwicklerlösung wurden pro well pipettiert und die Farbentwicklung im ELISA-Reader mitverfolgt. Abb. 7: Zusammenfassende Darstellung der Durchführung eines NC16a-ELISA: Links oben ist der Aufbau von Kollagen XVII schematisch dargestellt. Die NC16a-Domäne wurde als GSTgekoppeltes rekombinantes Protein zur Beschichtung der ELISA-Platten verwendet. Zum Nachweis von Antikörpern gegen die NC16a-Domäne wurden die beschichteten ELISA-Platten zuerst mit den Patientenseren und anschließend mit einem alkalische Phosphatase gekoppelten Antikörper gegen humanes IgG (AP-anti-human-IgG) inkubiert. Der anschließenden Zugabe der Entwicklerlösung folgte eine Farbentwicklung, deren optische Dichte im ELISA-Reader gemessen wurde. ICD, intrazelluläre Domäne; ECD, extrazelluläre Domäne; GST, Glutathion-S-Transferase; PNPP, P- Nitrophenylphosphat. 36