EUROPÄISCHE KOMMISSION

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1 EUROPÄISCHE KOMMISSION Brüssel, den C(2013) 4953 final Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) Mariahilferstraße Wien Österreich Zu Händen von Herrn Georg Serentschy Fax: Beschluss der Kommission in der Sache AT/2013/ : Zugang von Privatkunden und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten in Österreich Stellungnahme gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2002/21/EG Sehr geehrter Herr Serentschy, I. VERFAHREN Am 25. Juni 2013 registrierte die Kommission eine Notifizierung 1 der österreichischen Regulierungsbehörde, Telekom-Control-Kommission (TKK) 2, zu den Märkten für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten 3 in Österreich. Die nationale Konsultation 4 lief vom 17. April 2013 bis zum 16. Mai Gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108 vom , S. 33). Geändert durch die Richtlinie 2009/140/EG (ABl. L 337 vom , S. 37) und die Verordnung (EG) Nr. 544/2009 (ABl. L 167 vom , S. 12). In Österreich werden alle Regulierungsentscheidungen förmlich von der Telekom-Control- Kommission (TKK) erlassen, die von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) unterstützt wird. Die RTR ist zuständig für die Marktabgrenzung, Marktanalyse sowie für landes- und EU-weite Konsultationen und legt der TKK Entscheidungsvorschläge zur Annahme vor. Entsprechend den Märkten 1 und 2 der früheren Empfehlung 2003/311/EG der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 114 vom , S. 45). Gemäß Artikel 6 der Rahmenrichtlinie. Commission européenne, 1049 Bruxelles/Europese Commissie, 1049 Brussel BELGIQUE/BELGIË. Tel

2 Am 4. Juli 2013 übermittelte die Kommission der TKK ein Auskunftsersuchen 5 ; die Antwort darauf ging am 9. Juli 2013 ein. Gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Rahmenrichtlinie können die nationalen Regulierungsbehörden (NRB), das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) und die Kommission Stellungnahmen zu den notifizierten Maßnahmenentwürfen an die betreffende nationale Regulierungsbehörde richten. II. BESCHREIBUNG DES MASSNAHMENENTWURFS II.1 Hintergrund Die Endkundenmärkte für den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten in Österreich wurden bereits 2004, 2007 und 2010 notifiziert und von der Kommission geprüft 6. In allen früheren Marktüberprüfungen stufte die TKK den etablierten Betreiber, A1 Telekom Austria AG (A1 TA), als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht ein und erlegte ihm eine Reihe von Abhilfemaßnahmen auf (Nichtdiskriminierung, Preiskontrolle mittels Preisobergrenzen und Überprüfung auf Preis-Kosten-Schere, getrennte Buchführung, Bereitstellung eigenständiger Breitbandsprachübertragung (VoB)). In Bezug auf die genannten Endkundenmärkte wies die Kommission beständig auf die mangelnde Wirksamkeit der vorgeschlagenen Regulierung auf der Vorleistungsebene hin. Insbesondere im Zuge der zweiten Überprüfung (2007) hob die Kommission hervor, dass die Abhilfemaßnahme bezüglich der Vermietung der Teilnehmeranschlussleitung auf der Vorleistungsebene (WLR- Verpflichtung) in Österreich nicht funktioniert. Darüber hinaus forderte die Kommission im Rahmen der dritten Marktüberprüfung (2010) die TKK auf, anstelle der Ersetzung von WLR durch ein VoB-Zugangsprodukt eine Verbesserung der WLR- Zugangsbedingungen zu erwägen. Überdies betonte die Kommission im Rahmen einer kürzlich erfolgten damit zusammenhängenden Notifizierung zum Markt für den Verbindungsaufbau auf der Vorleistungsebene (AT/2013/1434) 7, dass trotz des Bestehens eines regulierten VoB- Angebots auf dem österreichischen Markt die Wettbewerber von A1 TA solche Zugangsprodukte bislang praktisch kaum in Anspruch nehmen und auch keine derartigen Endkundenangebote entstanden sind. Außerdem wies die Kommission darauf hin, dass die geringe Nutzung der VoB-Angebote möglicherweise mit Angebotsmängeln sowohl in Bezug auf die Preise als auch in technischer Hinsicht zusammenhängt Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Rahmenrichtlinie. Sachen AT/2004/ , SG-Greffe (2004) D/ (erste Überprüfungsrunde); AT/2007/ , SG-Greffe (2007) D/ (2. Überprüfungsrunde); AT/2010/ , C(2010) C(2013)

3 II.2 Marktabgrenzung Abweichend von der in der derzeitigen Empfehlung 8 vorgenommenen Abgrenzung des Markts 1 schlug die TKK vor, die Märkte für Privatkunden bzw. Geschäftskunden auch weiterhin als getrennte Märkte anzusehen. Nach Ansicht der TKK ist die Abgrenzung getrennter Märkte aufgrund erheblicher Unterschiede bezüglich folgender Aspekte gerechtfertigt: a) Bevorzugung von Paketen, b) Zugangstechnik (POTS, ISDN), c) monatliche Telefonieausgaben, d) Spezialisierung auf der Anbieterseite, e) Auswirkungen des von Mobilfunkbetreibern ausgehenden Wettbewerbsdrucks. Laut TKK umfasst der relevante Markt den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten über analoge oder digitale Telefonzugangsnetze mit Hilfe eigener Kupferdoppelader- oder Glasfaserleitungen, entbündelter Teilnehmeranschlussleitungen/Mietleitungen oder Fernsehkabelnetze. Ebenso wie in der früheren Notifizierung wird die Sprachübermittlung über Breitbandnetze (Voice over Broadband, VoB) 9 als Teil des relevanten Markts betrachtet. Auch der über Mobilfunktechnik realisierte Zugang zu Festnetzen (sog. Homezone ) gehört zu diesem Markt. Der Zugang zu Mobilfunknetzen und die Sprachübermittlung über das Internet (Voice over Internet, VoI) gehören nicht zum relevanten Markt. Beide relevanten Märkte wurden vom Umfang her als nationale Märkte angesehen. II.3 Feststellung beträchtlicher Marktmacht Die TKK beabsichtigt, A1 TA als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf den Endkundenmärkten für den Zugang von Privat- bzw. Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einzustufen. Die wesentlichen Kriterien, die die TKK bei der Bewertung der relevanten Märkte in Betracht gezogen hat, sind Marktanteile 10 sowie Marktentwicklungen, hohe und anhaltende Marktzutrittsschranken, Preise, vertikale Integration und Übertragung von Marktmacht, Innovation, Bündelung, Größen- und Verbundvorteile, Kontrolle über nicht leicht duplizierbare Infrastruktur und nachfrageseitige Gegenmacht. Die TKK ist der Ansicht, dass der Markt durch beträchtliche Marktzutrittsbarrieren und hohe versunkene Kosten geprägt ist, weshalb sie nicht davon ausgeht, dass sich die Marktstruktur in naher Zukunft ändern wird. A1 TA ist der einzige Betreiber, der über ein landesweites Netz verfügt, und für eine erhebliche Zahl von Kunden 11 ist das Unternehmen auch der einzige mögliche Anbieter. Betreiber von Fernsehkabelnetzen wie Empfehlung der Kommission vom 17. Dezember 2007 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 344 vom , S. 65). VoB-Zugangsleitungen bieten umfassende Anschlussmöglichkeiten an das öffentliche Telefonnetz; sie werden gebündelt mit Breitband-Internet-Anschlüssen angeboten und sind aufgrund ihrer Preise und Merkmale von den Kunden nicht von Standardanschlüssen des öffentlichen Telefonnetzes/ISDN- Netzes unterscheidbar. Auf dem Zugangsmarkt für Privatkunden hat A1 TA einen Marktanteil von 75 % nach der Zahl der Anschlussleitungen (Rückgang um 5 % seit 2010) und 85 % nach dem Umsatz. Auf dem Zugangsmarkt für Geschäftskunden hat A1 TA einen Marktanteil von 90 % nach der Zahl der Anschlussleitungen (Rückgang um 3 % seit 2010) und 92 % nach dem Umsatz. Diese Marktanteile sind zeitlich stabil, mit praktisch keiner Veränderung auf dem Geschäftskundenmarkt bzw. einem sehr bescheidenen Rückgang auf dem Zugangsmarkt für Privatkunden. A1 TA ist der einzige Anbieter für 30 % der Geschäftskunden und für 35 % der Privatkunden. 3

4 auch Entbündler von Teilnehmeranschlüssen betätigen sich nur in dicht bewohnten Gebieten. II.4 Abhilfemaßnahmen Die TKK beabsichtigt, A1 TA folgende Verpflichtungen aufzuerlegen: a) Verpflichtung zum Angebot eines Nur-VoB -Vorleistungsprodukts zu einem regulierten Preis (der zu keiner Preis-Kosten-Schere führt) 12, b) Nichtdiskriminierung (gleichzeitige Bereitstellung von Vorleistungsprodukten, die den von A1 TA angebotenen Endkundenprodukten gleichwertig sind), c) Veröffentlichung eines Standardangebots, d) Kontrolle der Endkundentarife mittels Preisobergrenzen, e) Überprüfung auf Bestehen einer Preis- Kosten-Schere and d) getrennte Buchführung. Abweichend von ihrer früheren Entscheidung schlägt die TKK in dem nun notifizierten Entwurf keine Auferlegung von CS/CPS-Verpflichtungen (Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl) vor. Diese Verpflichtungen wurden A1 TA allerdings mit einer Entscheidung bezüglich des Markts für den Verbindungsaufbau auf der Vorleistungsebene auferlegt. Für das VoB-Produkt schlägt die TKK bestimmte Datenpakete vor, die in Abhängigkeit von der gewählten Breitbandgeschwindigkeit ein Datenvolumen zwischen 2,4 und 30 GB enthalten, wobei ein darüber hinausgehender Volumenverbrauch zusätzlich in Rechnung gestellt wird 13. III. STELLUNGNAHME Die Kommission hat die Notifizierung und die von der TKK übermittelten zusätzlichen Informationen geprüft und nimmt wie folgt dazu Stellung: 14 Wirksamkeit der VoB-Zugangsverpflichtung auf der Vorleistungsebene Die Kommission stellt fest, dass trotz der Bestehens von Abhilfemaßnahmen auf der Vorleistungsebene über einen beträchtlichen Zeitraum (zuvor) in Form einer WLR-Verpflichtung 15 (Wholesale Line Rental, Vermietung der Teilnehmeranschlussleitung auf der Vorleistungsebene) und (gegenwärtig) in Form 12 Das eigenständige VoB-Produkt soll mit folgenden Entgelten angeboten werden (Preise ohne MwSt.): 10,36 EUR für 192/192 kbit/s mit einem Datenvolumen von mindestens 2,4 GB 14,54 EUR für 256/256 kbit/s mit einem Datenvolumen von mindestens 3,2 GB Sowie nur für Geschäftskunden zusätzlich: 22,91 EUR für 384/384 kbit/s mit einem Datenvolumen von mindestens 15 GB 37,91 EUR für 512/512 kbit/s mit einem Datenvolumen von mindestens 22,5 GB 46,91 EUR für 768/768 kbit/s mit einem Datenvolumen von mindestens 30 GB Nach Angaben alternativer Betreiber ist die Unmöglichkeit, die tatsächliche Datennutzung durch die Endkunden und somit die tatsächlichen monatlichen Vorleistungsentgelte für VoB-Produkte vorauszusehen, einer der Hauptgründe für ihr geringes Interesse an dem VoB-Produkt. Gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Rahmenrichtlinie. Die WLR-Verpflichtung wurde 2004 auferlegt und 2010 aufgehoben; es gab keine Endkundenangebote auf der Grundlage von WLR. Im Jahr 2010 wurde WLR durch VoB abgelöst, das ebenfalls praktisch kaum genutzt wird. 4

5 einer VoB-Verpflichtung diese Vorleistungsdienste praktisch kaum genutzt werden 16. Ferner stellt die Kommission fest, dass eine Nachfrage nach entweder WLR- oder VoB-Diensten ausweislich wiederholter diesbezüglicher Äußerungen aus der Branche durchaus besteht. Deshalb ist die Kommission der Auffassung, dass angemessene Zugangsbedingungen für VoB-Produkte den Marktzutritt erleichtern und in Zukunft zu einem wirksamen Wettbewerb führen könnten. Dies wiederum könnte dann die Aufhebung von Preisverpflichtungen auf den Endkundenmärkten für den Zugang zu Telefonfestnetzen ermöglichen. Die Kommission bekräftigt ihre frühere Stellungnahme 17, dass der Grund für die niedrige Nutzung von VoB-Angeboten mit möglichen Mängeln sowohl in Bezug auf die Preise als auch in technischer Hinsicht zusammenhängen könnte. In dieser Hinsicht fordert die Kommission die TKK dringend auf, dafür zu sorgen, dass die technischen und preislichen Bedingungen für den Zugang zu VoB- Produkten den Anforderungen des Marktes entsprechen und tatsächlich strukturelle Veränderungen auf den Endkundenmärkten für den Zugang zu Telefonnetzen bewirken können. Dies ist von besonderer Bedeutung angesichts der vorgeschlagenen erheblichen Preissteigerungen für die damit zusammenhängenden CS/CPS-Vorleistungsdienste, die höchstwahrscheinlich die Wettbewerbsposition von A1 TA auf den Zugangs- und Anrufsmärkten für Endkunden weiter stärken werden. Gemäß Artikel 7 Absatz 7 der Rahmenrichtlinie muss die TKK den Stellungnahmen der anderen NRB, des GEREK und der Kommission weitestgehend Rechnung tragen; sie kann den sich daraus ergebenden Maßnahmenentwurf annehmen und muss ihn in diesem Fall der Kommission übermitteln. Etwaige sonstige Stellungnahmen zu anderen notifizierten Maßnahmenentwürfen bleiben von der Stellungnahme der Kommission zu dieser Notifizierung unberührt Auf der Grundlage von VoB werden gegenwärtig nur für sehr wenige Endkunden Dienstleistungen erbracht (55 Privatkunden und 12 Geschäftskunden). Diese geringe Nutzung der VoB- Vorleistungsdienste erklärt sich (seitens der alternativen Betreiber) durch die geringe Attraktivität solcher Angebote, vor allem die Preisgestaltung, die auf dem Volumen des Datenverbrauchs beruht (das vom Zugangsinteressenten kaum vollständig vorherzusehen ist). Außerdem weist VoB andere technische Merkmale auf (z. B. Qualität, Notwendigkeit zusätzlicher Geräte, Sicherheit, besondere Merkmale von ISDN-Produkten), die diese Technik für den privaten Endkunden weniger interessant machen. Siehe Sache AT/2013/1434, C(2013)

6 Gemäß Nummer 15 der Empfehlung 2008/850/EG 18 wird dieses Dokument auf der Website der Kommission veröffentlicht. Die Kommission betrachtet die hierin enthaltenen Informationen nicht als vertraulich. Sie können der Kommission 19 binnen drei Arbeitstagen nach Eingang dieses Schreibens mitteilen, ob Sie der Auffassung sind, dass dieses Dokument nach den Rechtsvorschriften der EU und der Mitgliedstaaten über das Geschäftsgeheimnis vertrauliche Informationen enthält, die vor der Veröffentlichung 20 gelöscht werden sollten. Bitte geben Sie dabei auch an, warum es sich um Geschäftsgeheimnisse handelt. Mit freundlichen Grüßen Für die Kommission Robert Madelin Generaldirektor Empfehlung 2008/850/EG der Kommission vom 15. Oktober 2008 zu den Notifizierungen, Fristen und Anhörungen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (ABl. L 301 vom , S. 23). Bitte übermitteln Sie Ihren Antrag entweder per (CNECT-ARTICLE7@ec.europa.eu) oder per Fax ( ). Die Kommission kann die Öffentlichkeit über das Ergebnis ihrer Prüfung bereits vor Ablauf dieser Drei-Tages-Frist informieren. 6