Anwendungsmöglichkeiten von EMDR in der Langzeittherapie

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1 Anwendungsmöglichkeiten von EMDR in der Langzeittherapie Annika Meys, M. Sc. Psychologie Psych. Psychotherapeutin (VT), EMDR-Therapeutin (EMDRIA) Stv. Leitende Psycholgin, MEDIAN Klinik Dormagen Sucht & komorbide Störungen - Spezialisierte Behandlungskonzepte Integrative Sucht- und Traumatherapie 4 Gruppen mit insgesamt 42 Patienten Integrative Sucht- und Depressionstherapie 3 Gruppen mit insgesamt 36 Patienten Therapie für Senioren 1 Gruppe mit 12 Patienten Stationäre medizinische Rehabilitation Langzeitentwöhnungsbehandlung für 112 alkohol-/medikamentenabhängige Menschen Suchttherapie ohne spezifische Zusatzindikation 2 Gruppen mit insgesamt 24 Patienten

2 EMDR?! In aller Munde Gehirn und Geist, 5/2004 EMDR - Eye Movement Desensitization and Reprocessing Entwicklung durch Francine Shapiro Seitdem mehr als 20 RCT Studien zu PTBS Dass es wirkt, ist belegt. Wie es wirkt, ist noch teilweise unklar 2006 Anerkennung durch den deutschen wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie 2013 Anerkennung durch die WHO als eine von zwei Methoden zur Behandlung von PTBS Zweite Methode: KVT 2014 Anerkennung vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA) als Methode zur Behandlung von PTBS bei Erwachsenen Inzwischen im Anhang der Psychotherapierichtlinie EMDR als Therapiemethode ist gut integrierbar in jedes Psychotherapieverfahren

3 Das AIP-Modell (adaptive information processing) Modell der adaptiven Informationsverarbeitung Grundlage der Störung wird in belastenden (pathogenen) Erinnerungen gesehen Identifikation auslösender Erinnerungen als Schlüssel zur aktuellen Symptomatik Annahme, dass das Gehirn grundsätzlich in der Lage ist, belastende Lebenserfahrungen mit Hilfe eines angeborenen Informationsverarbeitungssystems adaptiv zu bearbeiten Analogie zum REM-Schlaf als verarbeitende Schlafphase Störung der Verarbeitung führt zu fragmentierter, zustandsspezifischer Abspeicherung, die weitere Verarbeitung verhindert und durch Auslösereize aktivierbar ist Reprocessing die Verarbeitung Zugang zu der Erinnerung, die die Pathologie auslöst Die pathogene Erinnerung wird nach der Identifikation dann fokussiert und prozessiert Dies ermöglicht es, Beschwerden, Verhalten, negative Überzeugungen und Gefühle zu verändern Die bilaterale Stimulation soll das AIP aktivieren und die Nachverarbeitung anregen

4 EMDR Behandlungsplan: 8 Phasen 1) Erhebung der Vorgeschichte, Diagnostik und Behandlungsplanung 2) Vorbereitung und Stabilisierung 3) Bewertung einer belastenden Erinnerung 4) Desensibilisierung und Durcharbeitung 5) Verankerung 6) Körper Test 7) Abschluss 8) Nachbefragung Anwendungsbereiche Ressourcenarbeit PTBS Sucht Depression Angststörungen Spezifische Phobien Zwangsstörungen

5 Die pathogene Erinnerung (Hofmann, 2012) Dysfunktionell gespeicherte Erinnerung Traumatische Erinnerung Bindungstrauma Sucht Erinnerung Schmerz Erinnerung PTBS Depression Craving Phantomschmerz Sucht und PTBS die Zusammenhänge Der Zusammenhang zwischen Suchtkrankheit und Traumatisierung ist inzwischen gut belegt.

6 Sucht und PTBS die Zusammenhänge PTBS und Sucht bedingen sich scheinbar wechselseitig In einer Metaanalyse zeigte sich dass 25%-50% der Patienten mit Suchterkrankungen eine PTBS haben (Simpson & Miller, 2002) Die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeitserkrankung in der Allgemeinbevölkerung ist bei Vorliegen einer PTBS verdreifacht (vgl. Chilcoat & Breslau, 1998) Abhängige sind möglicherweise vulnerabler für das Entstehen einer PTBS Ebenfalls ist das Risiko für traumatische Umstände erhöht Sucht und PTBS die Zusammenhänge Die Traumafolgestörung scheint der Suchterkrankung in den meisten Fällen voraus zu gehen Die Suchterkrankung verselbständigt sich dann aber Komorbidität bei PTBS eher Regel als Ausnahme (S3-Leitlinie) Neurobiologische Veränderungen bei PTBS scheinen eine Sucht und deren Aufrechterhaltung zu begünstigen

7 EMDR bei Substanzabhängigkeit Reprozessieren des Suchtgedächtnisses Das Suchtgedächtnis wird hier verstanden als episodisch, in seiner Reiz-Reaktivität und Wirkkraft der traumatischen Gedächtnisbildung ähnlich Beinhaltet Erinnerung an Kontrollverlust und an die positive Drogenwirkung Fokus ist dann eine Rückfallsituation eine Situation mit starkem Suchtdruck ein positiver Aspekt der Abhängigkeit Arbeit mit dem Level of Urge (LoU, nach A.J. Popky) Fallbeispiel: 36-jähriger Patient, Cannabisabhänigigkeit Suchtdrucksituation Konfrontation mit eigenen Defiziten NK Ich kann das nicht aushalten PK Ich kann damit umgehen VoC 2 LoU 9

8 Fazit & Ausblick EMDR ist in der Behandlung von PTBS bereits erfolgreich etabliert Studienergebnisse und klinische Anwendungen zeigen vielversprechendes Potential auch in anderen Bereichen Im Rahmen der Langzeitentwöhnung sowohl für die komorbiden Erkrankungen als auch für die Rückfallprophylaxe einsetzbar Erste Hinweise zeigen geringere Rückfallraten bereits nach 2 EMDR Sitzungen (Hase, Schallmayer & Sack, 2008) Literatur Hofmann, A. (2009): EMDR Therapie psychotraumatischer Belastungssyndrome. Georg Thieme Verlag, Stuttgart Dr. med. Michael Hase, CravEx TM 2007 Hase et al. (2008): EMDR-Reprozessierung des Suchtgedächtnisses: Vor Behandlungsbeginn, bei Behandlungsabschlus und 1-monatigem Follow-Up. Zeitschrift für EMDR Pilz et al. (2017): Die Rolle des Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) bei Substanzgebrauch: Ein systematischer Überblick. Fortschr Neurol Psychiatr Schäfer et al (2017) Effectiveness of EMDR in patients with substance use disorder and comorbid PTSD: study protocol for a randomized controlled trial. BMC Psychiatry Goddemeier, Christof (2009) Sucht und Trauma Herausforderung an eine integrative Behandlung. Deutsches Ärzteblatt