Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen mit Neuen Medien

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1 Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen mit Neuen Medien Eine longitudinale Evaluation einer webbasierten Lernumgebung zur deskriptiven Statistik Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie im Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften Lehrgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie der FernUniversität in Hagen Erstgutachter: Prof. Dr. Gerd Wiendieck Zweitgutachter: Prof. Dr. Peter Baumgartner von: Thomas J. Bartos Hagen 2004

2 Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all denen bedanken, die durch ihre Unterstützung, ihren Zuspruch oder auch ihren Widerspruch zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Mein ganz besonderer und herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Gerd Wiendieck, der mir stets durch kritische und konstruktive, sowie auch erfrischend motivierende Gespräche in der Konzeptions- und Erstellungsphase beigestanden hat. Außerordentlich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Peter Baumgartner für seinen fachlichen Rat und die Bereitschaft als Zweitgutachter zur Verfügung zu stehen. Für die großartige kooperative Zusammenarbeit und für den unermüdlichen Einsatz in der empirischen Phase dieser Arbeit danke ich insbesondere Herrn Dr. Gerd Ströhlein. Ohne sein Mitwirken wäre diese Arbeit unter ungleich schwierigeren Bedingungen durchgeführt worden. Mein großer Dank gilt ebenfalls Herrn Dr. Helmuth Küffner für die gute Kooperation bei der Zusammenstellung der Klausuraufgaben und der nachfolgenden Bereitstellung der Datensätze. Für wertvolle Anregungen zur grafischen Ausgestaltung und einer orthographischen Unterstützung in der Schlussphase dieser Arbeit möchte ich mich besonders bei Nina Heinrichs, Silke Mehlan, Christian Kürzinger, Birgit Kunz, Susanne Lotzmann, Jochen Siebert, Achim Sommerhoff, Alexander Wittek und Rike Zeus bedanken. Abschließend möchte ich in besonderem Maße meiner Partnerin Bärbel Nolte dafür danken, dass sie in kritischen Phasen auch in den unmöglichsten Situationen stets ein offenes Ohr für meine jeweils aktuellen Überlegungen hatte. Ihr und meinen Eltern widme ich diese Arbeit.

3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Ein kurzer Rückblick zum Medien- und Computereinsatz in der Lehre Der Einfluss technischer Neuerungen auf die Lehre Eine Zwischenbilanz Charakterisierung der aktuellen Herausforderungen Implikationen für eine Modernisierung der Lehre Die Fernlehre und Neue Medien als Lösungsperspektive Überblick Mediengestützte Lehre - ein interdisziplinäres Forschungsfeld Begriffliche Klärung und Abgrenzung Didaktische und Lerntheoretische Grundlagen Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus Zusammenfassung und Bewertung Weiterentwicklungen einer konstruktivistisch orientierten Didaktik Grundtypen computerunterstützten Lernens drill & practice - Programme Intelligente tutorielle Systeme (ITS) Kognitive Werkzeuge Hypertext und Hypermedia Definitionen Die kognitive Plausibilität von Hypertext Aspekte multimedialer Darstellungsformen im Lernkontext Nachteilige Aspekte im Zusammenhang mit einem Hypermedia-Einsatz im Lernkontext Empirische Befunde - Mehrwert von Hypermedia...50 I

4 6. Kooperation Vorstellung einiger grundlegender Begriffe Die realweltliche Gruppe Virtuelle Gruppen Kooperatives Lernen Computerunterstütztes Kooperatives Lernen Möglichkeiten virtueller Kommunikation Synchrone Medien Asynchrone Medien Kombinierte Systeme Kategorisierung von CSCL-Variationen unter alternativen Perspektiven Die Raum-Zeit Matrix Theoretische Grundlagen zum Gruppenlernen Sozio-kulturelle und sozio-konstruktivistisch orientierte Theorieansätze Kognitionspsychologische Ansätze Besonderheiten virtueller Gruppenarbeit Kanalreduktionsmodelle Theorien reduzierter sozialer Hinweisreize Technisch bedingte Vorteile und Nachteile von CSCL Der Mehrwert von CSCL im Hinblick auf eine situative Lehrorientierung Schlussfolgerungen Individuelle Einflussfaktoren Theoretische Ansätze zum selbstgesteuerten Lernen Das Modell der Selbstlernkompetenz von Kammerer (2001) Das Modell zum Selbstgesteuerten Lernen von Boekaerts (1997) modifiziert von Baumert (1999) Zusammenführung der theoretischen Aussagen und detaillierte Betrachtung der zu berücksichtigenden Konstrukte Kognitive und metakognitive Komponenten Kontextspezifisches Vorwissen (Boekaerts) bzw. Fachkompetenz (Kammerer) Kognitive und metakognitive Lernstrategien...91 II

5 Motivational-volitionale Komponenten der Selbstregulation unter Einbezug des Handlungsphasenmodells als Rahmenkonzept Prädezisionale Motivationsphase Präaktionale Volitionsphase Aktionale Volitionsphase Postaktionale Motivationsphase Abschließende Anmerkungen zum Bereich individueller Einflussvariablen Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellungen Unterstützung des Wissensaufbaus durch hypermediale Lernmaterialien Unterstützung des Aufbaus von Wissen durch virtuelle kollaborative Lernformen Individuelle Einflussvariablen Kognitive und metakognitive Aspekte Motivationale und volitionale Aspekte Individuelle Rahmenbedingungen Explorative Untersuchungsansätze zum Lernverlauf Die Problematik bei Evaluationsvorhaben im Bereich des CSCL Problematik der Definition von Lernerfolg und Zielvorstellung Problematik der Konfundierung von Medium, Instruktion und Messung Problematik der Fokussierung auf einzelne Medieneffekte Problematik der Datenerhebung Problematik der Evaluation sozialen Lernens Schlussfolgerungen Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Die FernUniversität Hagen Die Komponenten des Lehrbetriebs der FernUniversität Hagen Das Institut für Psychologie und das Teilgebiet Methoden Konzeption der untersuchten Lernumgebung Kurzvorstellung der Integrierten Lernumgebung Statistik (ILS) III

6 CSCL via BSCW Detailbeschreibung der Kurseinheit und der ILS Die Kurseinheit Beschreibende und schließende Statistik Die ILS - Integrierte Lernumgebung Statistik Untersuchungsplanung und Design Untersuchung des Lernerfolgs Identifikation der verwendeten Lernmaterialien Moderatorvariablen Nachbefragung Die Messinstrumente Statistik-Vortest und Klausur Messung der Einstellung zur Statistik Erhebung von computerbezogenen Kompetenzen und Einstellungen Studienmotivation Selbstregulation Die Lerncheckliste Fragebogen Fragen zur Person Nachbefragung Vorbereitungen und Untersuchungsablauf Vorbereitungen Der Untersuchungsablauf Ergebnisdarstellung Bildung und Beschreibung der Untersuchungsgruppe Zusammenfassende Charakterisierung der Untersuchungsgruppe Bildung von Subgruppen auf Basis der unabhängigen Variable Mediennutzung Deskriptive und statistische Auswertungsmethoden Vergleich der Subgruppen anhand des Fragebogens zur Person Analyse der Klausurergebnisse (Statistik) IV

7 13.5. Individuelle Einflussvariablen Kenntnisse psychologischer Forschungsmethoden Klausurrelevante Vorkenntnisse (Statistik) Einstellung zur Statistik (ESTAT) Inventar zur Computerbildung (INCOBI) Studienmotivation Selbstregulation Aufgewendete Zeit zur Klausurvorbereitung Analyse zum Einfluss der Moderatorvariablen Korrelationen zwischen Moderatorvariablen und Klausurerfolg Untersuchung gruppenspezifischer Wechselwirkungen Interkorrelationen zwischen den Moderatorvariablen Bestimmung der Varianzaufklärungsanteile Detailanalyse der Klausurergebnisse Itemanalyse Thematische Schwerpunkte Lernzieltaxonomie Itemschwierigkeit Analyse der Lernchecklisten Verlauf der aufgewendeten Lernzeit Gruppenspezifische Mediennutzungsanteile Auswertung nach thematischen Schwerpunkten Individuelle Bewertungen zur Mediennutzung Nachbefragung Zusammenfassung und Diskussion Literaturverzeichnis V

8 1. Einleitung 1. Einleitung 1.1. Ein kurzer Rückblick zum Medien- und Computereinsatz in der Lehre Die folgende kurze Rückschau soll einen Überblick hinsichtlich der wesentlichen Entwicklungen seit dem Beginn der Nutzung der ersten Computer für Lehrzwecke bis in unsere heutige Zeit ermöglichen und somit eine angemessene Einbettung der im weiteren Verlauf geschilderten Forschungstätigkeiten sicherstellen. Im Rahmen einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Themengebiet sollen durch eine Betrachtung der Historie derselben aufschlussreiche Zusammenhänge aktueller Gegebenheiten aufgedeckt werden. Die Betrachtung schließt mit einem Abschnitt zum Abgleich heutiger Anforderungen mit möglichen Perspektiven die sich durch einen Einsatz alternativer Lehr- und Lernformen erschließen lassen Der Einfluss technischer Neuerungen auf die Lehre Die Anfänge des Einbezugs von Computern in die Lehre gehen bis in die Computer- Steinzeit also in etwa bis in die 60er Jahre zurück. Man sprach damals von Computer unterstützter Lehre (CUL) und bezeichnete damit einfache Programme, die wegen der noch ausstehenden Erfindung von PCs, auf Großrechneranlagen liefen. An Lehrstühlen der Informatik wurde zum Beispiel die Großrechneranlage Zuse Z22 im Jahre 1958 an deutschen Universitäten eingeführt. Andere Fachbereiche folgten, so dass Mitte der 60er Rechenanlagen an Universitäten zum Standard zählten. Dem wissenschaftlichen Neuland der CUL galt damals noch wenig Beachtung und wurde entsprechend von nur wenigen Forschern untersucht. Der erste Boom dieser Form der Wissensvermittlung ist im Zusammenhang mit dem spezifischen geschichtlichen Hintergrund zu sehen. In den 50er und 60er Jahren fand der volkswirtschaftliche Nutzen der Bildung verstärkte Beachtung. Die Rendite wurde auf ca. 10% geschätzt und stellte sich damit als sehr bedeutsamer Faktor heraus (vgl. Häfner, 2000). In Folge begann ein Wettbewerb der Nationen um bessere Bildungssysteme und höhere Ausgaben in Bildung und Ausbildung. (Häfner, 2000). Im Oktober 1957 kam es dann zu einem entscheidenden Ereignis: der damaligen Sowjetunion gelang es erstmals einen Satelliten ins All zu befördern. Dieser Vorsprung beim Wettrennen zum Mond erschütterte den Westen. In Europa und den USA fand als Konsequenz des sogenannten Sputnick-Schocks eine enorme Aufwertung des Bildungswesens statt. Die Notwendigkeit vermehrter Anstrengungen im Bereich der Lehre 1

9 1. Einleitung wurde zur Aufrechterhaltung der wissenschaftlichen, technischen und ökonomischen Vormachtstellung der westlichen Welt als gegeben angesehen. Dieser spontane Anstieg der Nachfrage konnte insbesondere durch den in den USA herrschenden Lehrermangel nicht gedeckt werden (vgl. Benjamin, 1988). Die Argumente derjenigen, die das Bildungsniveau über die Nutzung von Lernmaschinen oder Computern anzuheben versprachen, bekamen somit schnell Zuspruch (vgl. Beil, 1985, S.36). Die Euphorie war groß und die Prognosen gingen so weit, dass verkündet wurde bis Mitte der 60er Jahre würde die Hälfte der Studierenden hauptsächlich mit Lehrmaschinen arbeiten. Die damit erhofften positiven Lernerfolge konnten zunächst auch durch eine Vielzahl von Forschungsergebnissen bestätigt werden (vgl. Mager, 1965). Die Entwicklung der Lehrmaschinen bzw. Computer im Einsatz in der Lehre schritt jedoch nicht mit der erwarteten Geschwindigkeit voran. Wie wir heute wissen, konnten die Visionen selbst 40 Jahre danach noch nicht realisiert werden. Die Begeisterung an Lehrmaschinen und Computer-Lernprogrammen flaute immer stärker ab und erreichte zum Ende der 60er Jahre schließlich ihren Tiefpunkt (vgl. Bäumler, 1991). Nachdem die gehegten Hoffnungen zur Lösung der vielfältigen Probleme im Bildungsbereich nicht erfüllt werden konnten, stand nun die nächste Bildungskrise bevor. In der folgenden Dekade (Anfang der 70er Jahre) wurden die Sprachlabore als neue Patentlösung für die Probleme der Lehre entdeckt. In Deutschland wurden sie nahezu flächendeckend eingeführt. Wieder wurden die Lehrmethoden den technischen Möglichkeiten angepasst. Auch hier wich die anfängliche Begeisterung bald einer allgemeinen Ernüchterung, so dass die laute Frage nach der idealen Medienwahl bereits in der zweiten Hälfte der 70er Jahre an Bedeutung verlor. Der Grund dafür lag (...) darin, dass die Forschungserwartungen nicht erfüllt wurden, die darin bestanden, eine begründete Entscheidungshilfe für die Medienwahl zu bekommen (Schwittmann, 1987, S.193). Die nächste technische Errungenschaft, die die Lehre entscheidend veränderte, eroberte zu Beginn der 80er Jahre in Form des Einzug von personal computers (PCs) in die betrieblichen Büros, private Haushalte sowie auch in die Schulen, die westliche Welt. Die Konsequenzen dieser Entwicklung wirkten sich in zweierlei Hinsicht auf die Lehre aus. Einerseits entstand ein enormer Weiterbildungsbedarf in fast allen Branchen durch die Notwendigkeit die Mitarbeiter in die neue Technologie einzuarbeiten (vgl. Task Force, 1996), andererseits eröffnete die neue Technik auch neue Möglichkeiten der Wissensverbreitung und -vermittlung. Schnell entstand ein großes Angebot an zumeist autodidaktischen Lernprogrammen und der Begriff des lebenslangen Lernens gewann an Bedeutung und 2

10 1. Einleitung Relevanz (vgl. Schwittmann, 1987). Es mag übertrieben sein, von einer Renaissance der Lehrmaschinen zu sprechen, dennoch unterschieden sich die didaktischen Grundlagen auf denen diese Programme größtenteils aufgebaut waren (behavioristische Konzepte dominierten, vgl. Kapitel 3) kaum von denen aus der Zeit der Lehrmaschinen. Es entstand wiederum eine Vielfalt von auf Dauer eintönigen und pädagogisch wertlosen Programmen. Kurzfristige motivationale Effekte waren dabei zu großen Teilen auf den Neuigkeitseffekt im Zusammenhang mit der Mediennutzung zurückzuführen. In den 90er Jahren erlebte die Mikroelektronik mit der Erfindung der CD-Rom, die aufgrund ihrer hohen Speicherkapazität den Einsatz von Multimedia erlaubte, einen zweiten Aufschwung (vgl. Task Force, 1996). Verstärkt wurde dieser Effekt durch den beachtlichen Preisverfall im Bereich der Computerindustrie, sowie auch durch die deutlichen Fortschritte bezüglich der Benutzerfreundlichkeit der verfügbaren Programme. Diese Entwicklung ging auch an der Autorensoftware nicht spurlos vorüber, so dass nun auch Nicht-Informatiker Anwendungen entwickeln konnten. Auswirkungen zeichneten sich hauptsächlich in einer Verbreiterung der Angebotspalette aus, innovative didaktische Ansätze blieben leider weiterhin die Ausnahme. Mitte der 90er ermöglichte es dann die Einführung von ISDN Sprach-, Text-, Bild- und Datennetze (...) in ein einheitliches Netz zu integrieren (Heinrich & Roithmayr, 1995, S.277ff). Multimediaanwendungen wurden damit auch telemedial verfügbar. Die Zeichen der Zeit wurden bald erkannt und man versuchte mit der 1996 vom Bundesbildungsministerium und der Telekom ins Leben gerufenen Initiative Schulen ans Netz Medienkompetenz an die heranwachsende Generation zu vermitteln. Euler (2001) stellt auch hier den für diesen Bereich typischen Trend heraus: Der bildungspolitische Fortschritt... (wurde abermals) über einen technischen Vorgang ausgedrückt... ( Schulen ans Netz ), und nicht etwa über eine pädagogische Zielformel. So wie vor einem Jahrzehnt der erste Weg von Besuchern einer Schule in den neu eingerichteten Computerpool führte, bestand der Modernitätsausweis vor ein paar Jahren in einem Anschluss an die Datenautobahn. Der letzte Schritt bis zur heutigen Situation bestand nun nur noch in der allgemeinen Bereitstellung höherer Übertragungsraten auf der Datenautobahn. Die benötigten Hochgeschwindigkeitsnetze erlangten zur Jahrtausendwende ein ziviles Preisniveau und schafften damit die Basis für eine breite Verfügbarkeit multimedialer Lerndienste auch in ortsunabhängiger Form. In einer aktuellen Studie der GfK (2002) ist ersichtlich, dass zur Zeit bereits 46% der Bundesbürger im weitesten Sinne zum Nutzerkreis des Internets zählen. Die technischen Voraussetzungen für einen breiten Einsatz des Mediums Internet in der Lehre können also als gegeben angesehen werden. Das Angebot an E-Learning ist beträchtlich und die 3

11 1. Einleitung Prognosen namhafter Berater sagen astronomische Zuwachsraten für die Branche voraus (näheres dazu in Eine Zwischenbilanz Betrachtet man die Entwicklung der multimedialen bzw. telemedialen Lehre in ihrem bisherigen Verlauf, werden ihre Charakteristiken schnell augenfällig. Der Anspruch der Neuen Lehre wurde bisher hauptsächlich durch den Einsatz neuer Technik determiniert. Orientiert man sich an den geschilderten Meilensteinen der Informatik und der Medientechnik sind Zyklen von ca Jahren erkennbar. Innovationen wurden stets von einer übermäßigen Euphorie begleitet und endeten ein jedes mal in der Ernüchterung (vgl. Kerres, 2001; Weidenmann, 1997; Adomßent, 2001). Es soll damit nicht propagiert werden sich im Bereich der Lehre auf den Einsatz konventioneller Medien zu beschränken, vielmehr geht es darum die Geschichte im Rahmen der Weiterentwicklung im Auge zu behalten und bereits gewonnene Erfahrungen für künftige Projekte zu nutzen. Problemlösungen wurden bisher meist einzig in der Technik gesucht ohne die Implikationen der modernen Didaktik entsprechend einzubeziehen bzw. angemessen zu gewichten. Euler (2002) formulierte in diesem Zusammenhang den provokativen aber sicher berechtigten Ausspruch Innovative Technik steinzeitliche Didaktik. Die Grundlagen der modernen Didaktik gehen bis in die Zeiten um 1650 zurück. Der Gelehrte namens Comenius hat sich schon damals dafür ausgesprochen unmittelbare Erfahrungen beim Lernen zu ermöglichen und unter Einbezug aller Sinne zu Lehren. Im Biologieunterricht sollten demnach lebende Tiere als Anschauungsmaterial herangezogen werden und das Erlernen von Sprachen sollte idealer Weise durch Nativespeaker erfolgen (vgl. Dichanz, 2000, S.76). Das Streben nach Multimedia, einer umfassenden Simulation der Realität, hat sich bis heute kaum geändert und gilt weiterhin unverändert als Zielvorstellung der Didaktik. In den letzten 50 Jahren beschränkte sich der Einsatz von Multimedia zu großen Teilen auf umfangreiche Materialschlachten mit großem organisatorischen Aufwand. Neu sind wie bereits beschrieben weder die Idee noch das Konzept - neu sind allein die Möglichkeiten der technischen Realisation. Euler (2002) prägte in diesem Zusammenhang den Begriff des hektischen Stillstandes und bringt damit die aktuelle Situation der stets auf die neuste Technik ausgerichteten Lehrmitteltrends ironisierend zum Ausdruck. Um den Kreislauf zwischen Euphorie und Ernüchterung nicht weiter fortzusetzen, ist es nun nötig die Erkenntnisse der Didaktik und der Psychologie, sowie auch weiterer angrenzender Disziplinen in moderne multimediale Lehrkonzepte mit einzubeziehen. Ausgangspunkt für eine Orientierung sollten ebenfalls die aktuellen Anforderungen an die Lehre und die 4

12 1. Einleitung Bedürfnisse der Lernenden sein. Erst im Anschluss daran sind Überlegungen im Hinblick auf eine ideale Integration der technischen Möglichkeiten anzustellen Charakterisierung der aktuellen Herausforderungen Bevor im Folgenden in eine intensive theoretische Auseinandersetzung mit verschiedenen Facetten des interdisziplinären Bereichs der multimedialen Lehre erfolgt, soll zuvor noch auf die aktuellen Rahmenbedingungen hinwiesen werden, da sie eine richtungweisende Funktion bei der Entstehung der gegenwärtigen Trends innehaben. Schließlich lassen sich aus diesen wesentliche Implikationen für die Anforderungen ableiten, die in der heutigen Zeit an die Lehre gestellt werden. Eine Reihe von Aspekten tauchen im Zusammenhang mit den Anforderungen an eine moderne Gestaltung der Lehre immer wieder auf. Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung der Thematik sollen die Aspekte, die im weiteren Verlauf der Arbeit größtenteils nicht weiter vertieft werden, hier zusammenfassend dargestellt werden. Wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf Lehre und Weiterbildung Der Wandel vom Industrie- zum Informationszeitalter brachte, unterstützt durch Globalisierung und Vernetzung enorme Veränderungen mit sich. Die Beschleunigung des Wandels die bereits damals einsetzte, war anhand der sich verkürzenden Produktlebenszyklen und schnellem Modellwechsel, sowie einer Vergrößerung der Variantenvielfalt für jedermann sichtbar. Pfeiffer & Weiss (1992) prägten für die Unvereinbarkeit der damaligen Anforderungen einer Marktzykluskontraktion mit gleichzeitiger Entstehungszyklusexpansion und steigenden Entwicklungsaufwendungen den Begriff des magischen Dreiecks. Die ständige Dynamik führte dazu, dass der Bereich der berufsbegleitenden Weiterbildung an Bedeutung gewann. Erworbene Kenntnisse mussten bereits im Industriezeitalter jeweils auf veränderte Situationen angepasst werden bzw. waren in Teilbereichen schnell überholt und mussten somit aufgefrischt und erneuert werden. Viele limitierende Faktoren der Industriegesellschaft gelten zu Zeiten der Informationsgesellschaft jedoch nicht mehr (vgl. Häfner, 1982). Das Innovationstempo hat weiter zugenommen und die Zeitspanne der Aktualität von Wissen hat gleichzeitig deutlich abgenommen. Hitzges (1994, S.60) taxierte die Halbwertszeit des beruflichen Fachwissens auf ca. fünf Jahre. Im technologischen Bereich oder bei der schnelllebigsten aller Branchen der EDV werden mittlerweile drei Jahre bzw. ein bis zwei Jahre angegeben. Durch die weltweite Vernetzung werden Neuerungen sofort nach ihrer Veröffentlichung global verfügbar. Eine negative 5

13 1. Einleitung Konsequenz des Informationszeitalters ist daher eine stetig steigende Informationsflut die nur mit entsprechender Medienkompetenz zu bewältigen ist. Die traditionelle Form der Unterrichtung in Form einer mehrjährigen Ausbildungsphase gefolgt von einer nahezu lebenslangen Anwendung des erworbenen Wissen mit sporadischen Weiterbildungssequenzen ist im Rahmen der beschriebenen Dynamik nicht mehr praktikabel. Das Schlagwort des lebenslangen Lernens (vgl. Delors, 1997) bringt die Notwendigkeit der kontinuierlichen Fortbildung im Arbeitskontext zum Ausdruck. Im Zusammenhang mit der verkürzten Aktualität des Wissens muss sich bereits die Erstausbildung auf einen verstärkten Anwendungsbezug der vermittelten Inhalte einstellen. Der bedeutsame Stellenwert den Unternehmen dieser Entwicklung einräumen, ist anhand der steigenden Beträge ersichtlich, die für Weiterbildungsmaßnahmen veranschlagt werden. Einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft zur Folge betrug das Investitionsvolumen deutscher Unternehmen 1998 für den Bildungssektor 17,3 Milliarden Euro, knapp eine halbe Milliarde mehr als drei Jahre zuvor. Zur Veranschaulichung dieser Zahl sei hinzugefügt, dass die durchschnittlichen Ausgaben pro Mitarbeiter und Jahr damit bei Euro lagen (IWD, 1999). Zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit setzen die meisten Betriebe regelmäßige Qualifizierungsmaßnahmen ein. Eine Studie des IWD ermittelte für den Untersuchungszeitraum , dass jeder Teilnehmer im Mittel zwei Veranstaltungen pro Jahr besuchte. Weiterbildung ist damit längst kein Privileg mehr für einige wenige Fachund Führungskräfte, sondern Alltag für einen großen Teil der Mitarbeiter (IWD, 1999). Die daraus erwachsende Problematik eines zusätzlichen zeit- und aufwendungsintensiven Kostenfaktors drängt nach neuen Wegen der Wissensvermittlung. Konventionelle Fortbildungsveranstaltungen sind üblicherweise mit Dozentenhonoraren, Reise- und Unterbringungskosten sowie dem Ausfall der Arbeitskraft des Mitarbeiters für die Dauer der Veranstaltung verbunden. Wenn Weiterbildung nun kontinuierlicher Bestandteil der Arbeit werden soll, müssen diese Kosten für die Unternehmen minimiert werden um im internationalen Wettbewerb weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Möglichkeiten liegen hier sowohl in einer generellen Reduktion der Kosten zum Beispiel durch den Einsatz einer mediengestützten Fernlehre, der Verstärkung von Selbstlernkomponenten, einer Steigerung der Lerneffizienz als auch in einer Übertragung der Kosten auf die Lernenden. Es zeichnet sich bereits ab, dass der zu leistende Eigenanteil der Lernenden an ihrer Weiterbildung wächst. Entweder findet dieser private Zuschuss direkt, über selbst finanzierte Fortbildungsmaßnahmen statt oder auch indirekt, durch die Verlegung der Schulungen in die Freizeit (vgl. Ehlers, 2002). 6

14 1. Einleitung Veränderte Bedingungen auch für den universitären Bereich Der gesteigerte Bildungsbedarf hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Primärausbildung. In einer zunehmend technisierten Welt steigen auch die Anforderungen an die Erstqualifizierung ständig an und der Anteil der höherqualifizierten Arbeitsplätze nimmt zu (vgl. Wiesheu, 1999). Die Aussichten, einen Arbeitsplatz zu bekommen und auf Dauer zu behalten, verbessern sich mit dem Bildungsgrad und der Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterqualifizierung (vgl. Selbach, 2002). Entsprechende Entwicklungen spiegeln sich auch in zunehmenden Anteilen der Besucher höherer Schulen, sowie einem wachsenden Zustrom von Schulabgängern an die Universitäten wider. Abgesehen von den steigenden Immatrikulationen gibt es eine Reihe weiterer Veränderungen hinsichtlich der Situation der Studierenden im Vergleich zu früheren Zeiten. Das studentische Leben wurde in den 70er und 80er Jahren eher als eine gewählte Lebensform interpretiert, die sich in einer Einheit von Leben und Studium widerspiegelt (vgl. Huber, 1991). Primäres Ziel war die Aneignung von Wissen und das Erlangen einer zertifizierten Qualifikation. Huber (ebenda) merkte schon zu Beginn der 90er Jahre an, dass eine Dezentralisierung des Studiums und Pluralisierung studentischer Lebensformen eingetreten ist. Die einst klare Abgrenzung zwischen studentischer Qualifizierungsphase und anschließender Erwerbsarbeit wich einem fließenden Übergang wenn nicht zunehmend sogar einer starken Überlagerung beider Bereiche. Der sogenannte Normalstudent wurde auf diese Weise schleichend zum Auslaufmodell. Sozialwissenschaftliche Studien belegen die Patchwork Identities heutiger Studierender (vgl. Schnitzer et al., 2000). Auch wenn das Studium noch einen Hauptaspekt darstellt, bestimmen ebenso die Bereiche Erwerbsarbeit und studienbegleitende zusätzliche berufliche Qualifizierungsbemühungen zu großen Teilen ihr Leben. Die Konstruktion eines Gleichgewichts zwischen Arbeit und Studium kommt insbesondere bei den Teilzeitstudierenden zum tragen. Fernuniversitäten ermöglichen ein Maximum an persönlicher Flexibilität und haben mit dem ursprünglichen Studententum im Sinne einer Lebensform fast nichts mehr gemeinsam. Als Konsequenz dieser Entwicklung ergeben sich diverse Veränderungen bezüglich der Anforderungen die an eine moderne Lehre heute zu stellen sind. Aufgrund der vermehrten Verquickung von Studium und Arbeit drängt die Anwendbarkeit des Wissens in den Vordergrund. Auch von Arbeitsmarktforschern wird als Manko unseres Bildungssystems die Diskrepanz zwischen akademischer Qualifikation und beruflicher Kompetenz beklagt (Staudt, 1998). An Stelle von trägem Wissen als Folge einer auf Fakten- und Regelwissen ausgerichteten Lehre werden zunehmend Konzepte gefordert, die den Anwendungsbezug von Lerninhalten bereits bei deren Erwerb mit einbeziehen. 7

15 1. Einleitung Kostenaspekte, die bereits im Bereich der Weiterbildung angesprochen wurden, sind auch im universitären Bereich nicht zu vernachlässigen. Steigenden Bildungsausgaben, als Basis für eine moderne Informationsgesellschaft, stehen jedoch ebenso steigende Studierendenzahlen gegenüber. Für eine Fortsetzung der eingeschlagenen Trends müssten die Ausgaben für das Bildungssystem folglich stetig erhöht werden. In Zeiten eines insgesamt knappen Staatshaushalts sind Bemühungen notwendig, diese Kostenschraube einzudämmen (vgl. Häfner, 2000). Eine Maßnahme zur Sicherung der Qualität bei gleichzeitiger Kosteneinsparung stellt im weitesten Sinne der Qualitätspakt NRW dar. Durch die Bildung von Kompetenzzentren an verschiedenen Universitäten wird ein finanzierbares und gleichzeitig hohes Ausbildungs- und Forschungsniveau angestrebt. Interuniversitäre Kooperationen und Universitätsverbünde gewinnen damit an Bedeutung. Mit der Einführung von Leistungspunktsystemen in der BRD, die mit internationalen Systemen wie dem ECTS kompatibel sind, wird eine Durchlässigkeit von Studiengängen auch auf internationaler Ebene erreicht. Die Nutzung dieser erweiterten Möglichkeiten stellt andererseits auch hohe Anforderungen an die Flexibilität und Mobilität der Studierenden. Sicher gibt es noch eine Vielzahl weiterer Aspekte, die im Zusammenhang mit den aktuellen Anforderungen an die Lehre genannt werden können. Im Sinne einer Einstimmung auf den in dieser Studie untersuchten Themenbereich soll diese grobe Skizzierung der aktuellen Position des Untersuchungsfeldes genügen. Die konkreten Schlussfolgerungen, die sich daraus für den Bereich der Lehre ergeben werden im folgenden Abschnitt zusammenfassend erörtert Implikationen für eine Modernisierung der Lehre Die Anforderungen, die sich innerhalb der verschiedenen Bildungsbereiche betrieblich oder universitär ergeben, lassen sich in ihren Grundzügen auf einige fundamentale Aspekte reduzieren. Unterschiede bestehen hauptsächlich in einer unterschiedlichen Akzentuierung der verschiedenen Faktoren. In Anlehnung an Hitzges et al. (1994, S.61) veranschaulicht folgende Abbildung (Abb.1) die verschiedenen Facetten der aktuellen Situation und ihre Konsequenzen für die universitäre Lehre: 8

16 1. Einleitung Abb.1: Aktuelle Herausforderungen für die Aus- und Weiterbildung (Überblick) 9

17 1. Einleitung Die Parallelität von Lernen und Arbeiten betrifft demnach sowohl die Phase der Primärausbildung als auch durch die zunehmende Notwendigkeit des lebenslangen Lernens die gesamte Zeit der Erwerbstätigkeit. Die früher üblichen Freiräume des Lernens in studentischen Lebensformen können damit nicht mehr als gegeben angesehen werden - eine Flexibilisierung der Lernwege ist damit dringend erforderlich. Darüber hinaus müssen schnell wechselnde Lehr- und Lerninhalte bereitgestellt werden können. Die Verkürzung der Halbwertszeit des Wissens impliziert die Erfordernis einer ständigen Aktualisierung der Lehrmaterialien. Im Bereich der berufsbegleitenden Weiterbildung spielen wirtschaftliche Erwägungen eine besondere Rolle, folglich darf die ständige Auseinandersetzung mit der Aktualisierung des Wissensstandes der Mitarbeiter nur möglichst geringe Anteile ihrer Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Die zeit- und ortsbezogene Flexibilisierung des Zugangs zu den Lernmedien dürfte als Nebeneffekt in dieser Hinsicht ebenfalls positive Auswirkungen haben. Der Hauptaspekt liegt jedoch in der Gestaltung eines effizienten Systems zur Wissensvermittlung. Auch aus der Sicht der universitären Lehre treten wirtschaftliche Aspekte zunehmend in den Vordergrund. Insbesondere in Zeiten abnehmender Mittelzuwendungen bei zunehmenden Studierendenzahlen ist eine Steigerung der Effizienz der Lehre unabdinglich. Individualisierte Bildungswege führen dazu, dass sich Teilnehmer von Bildungsveranstaltungen stärker hinsichtlich ihrer Vorerfahrungen und damit ihres Wissensstandes unterscheiden. Diese Heterogenität erschwert die Gestaltung gemeinsamer Lehrveranstaltungen. Insgesamt wird die außerordentlich komplexe Problemstellung, die sich für den Bildungssektor ergibt damit augenscheinlich Die Fernlehre und Neue Medien als Lösungsperspektive Mit Ansätzen zur Flexibilisierung der zeit- und ortsgebundenen Wissensvermittlung setze sich schon seit Ende der 60er Jahre die Forschung auf dem Gebiet der Fernlehre auseinander (vgl. z.b. Sommer, 1965; Dohmen, 1967). Fernlehre wird als Zwischenform des Selbstunterrichts und direkt-persönlichem Unterricht verstanden. Zu den wesentlichen Komponenten gehörten seit jeher die Elemente: Materialien zum Selbststudium individuelle Betreuung und Leistungsrückmeldung gemeinsame Präsenzphasen. Bezogen auf die zuvor skizzierte Problematik kann durch diese Konstruktion auch der Unterrichtung einer heterogenen Zielgruppe Rechnung getragen werden. Selbstlernkomponenten bieten die Möglichkeiten auch bei unterschiedlichem Vorwissen zu 10

18 1. Einleitung einem vorgegebenen Termin in einem eingegrenzten Themenbereich ein relativ homogeneres Wissensniveau zu erreichen. Lernwilligen wird innerhalb des Selbststudiums durch das Anbieten von Rückmelde- oder Kontrollmöglichkeiten die Option eröffnet den Erfolg von Selbstlernbemühungen zu überprüfen und individuelle Hilfestellungen anzubieten (vgl. Dichanz, 1987, S.10). Begleitet von diesen vorbereitenden Maßnahmen können gemeinsame Präsenzphasen im Anschluss effizienter durchgeführt werden. Mit dem Einsatz der neuen Medien, unter denen im Allgemeinen verschiedene Varianten computergestützter Anwendungen zusammengefasst werden (näheres dazu in Kapitel 4), eröffnen sich nun neue Wege diese im Bereich des Fernstudiums bereits etablierten Elemente umzusetzen. Die Möglichkeit eines internetbasierten und daher orts- und zeitungebundenen Austauschs (je nach Medium) zwischen Lernenden und Lehrenden oder auch unter Lernenden selbst stellt einen wesentlichen Fortschritt im Hinblick auf die Erweiterung der Flexibilisierung und Individualisierung der Lernwege dar. Selbststeuerung und individualisiertes Feedback werden damit zum zentralen Element der Lehre, sie können durch die neuen Medien in idealer Weise unterstützt werden. Die Möglichkeit Lehrinhalte in kürzeren Zyklen aktualisieren zu können, als dies in konventioneller daher also meist in gedruckter Form möglich war, kann bei digitalisierten Materialien ebenfalls als gegeben angesehen werden. Weitere Vorteile bieten sich durch die geringeren Vervielfältigungskosten und der einfacheren Verbreitung, z.b. auch durch die Ermöglichung des online-zugangs auf die Materialien. Diesen vielfältigen positiven Argumenten stehen allerdings relativ hohe Kosten bei der ursprünglichen Entwicklung der Materialien entgegen. Unter der Voraussetzung des Einbezugs dieses Aspekts bereits bei der Erstellung, können jedoch Vorkehrungen getroffen werden, um auch hier die erforderlichen Aufwendungen im Rahmen zu halten. Die Vorteile, die sich bezogen auf die beschriebenen Entwicklungen, mittels Einbezug der neuen Medien erzielen lassen, können unter folgenden Aspekten zusammengefasst werden: Individualisierung: Stärkere Orientierung an individuelle Faktoren des Lerners, z.b. Vorkenntnisse und Lernverhalten. Heterogenes Vorwissen und unterschiedliche Lerntempi können in Gruppenlernformen (Seminaren, Kursen) kaum aufgefangen werden. Flexibilisierung: Statt eines zeitlich und räumlich fixierten Lernortes kann dezentral und nach eigenen Zeitpräferenzen gelernt werden. 11

19 1. Einleitung Just-in-Time: Neue Medien bieten die Möglichkeit, sehr viel schneller auf Anforderungen am Lernort mit individuellen Qualifizierungslösungen zu reagieren. Zielgerichtete Kommunikation & Kooperation: Lernende lassen sich über das Internet vernetzen, die Kommunikation mit Experten und anderen Lernern ist außerhalb einer organisierten Lernveranstaltung möglich. Wirtschaftlichkeit: Neben den direkten Qualifizierungskosten belasten die Abwesenheitszeiten immer stärker die Unternehmen. Zusammen mit dem oft mangelhaften Transfer des in Seminaren erworbenen Wissens stellt sich eine ergänzende Lösung mit neuen Medien oft wirtschaftlicher dar. Die aufgeführten Aspekte sind auf die zuvor beschriebenen Rahmenbedingung zu beziehen. Psychologische und didaktische Besonderheiten der virtuellen Lehre werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit ausführlich abgehandelt. Der Einsatz von Computern stellt nämlich nicht nur eine Notlösung wegen mangelnder Kapazitäten oder steigendem Druck zu einer wirtschaftlicheren und effizienzorientierteren Lehre dar, sondern bietet darüber hinaus auch einen bedeutsamen didaktischen und psychologischen Mehrwert. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten eine wissenschaftlich fundierte Wissensbasis auf diesem Feld zu schaffen. Wie die zu Beginn des Kapitels skizzierte Entwicklung der Mediennutzung in der Lehre erkennen lässt, hat sich der bisher vielfältig praktizierte theorielose Aktionismus nicht als zielführend erwiesen. Die systematische Erforschung und Bewertung der zur Verfügung stehenden Medien und Methoden im Bereich der virtuellen Lehre weist noch große Lücken auf. Viele Konzepte beruhen weitgehend auf subjektiven Erfahrungen und Einzelfallstudien. Um hier eine Objektivierung zu erreichen, ist eine gründliche Untersuchung der Zusammenhänge erforderlich. 12

20 2. Überblick 2. Überblick Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die Untersuchung eines durch virtuelle Lernkomponenten erweiterten Lernangebots zur deskriptiven Statistik im Bereich Methodenlehre für Studierende der Sozialen Verhaltenswissenschaften an der FernUniversität Hagen. Die Untersuchung fand im Sinne einer praxisorientierten Modellversuchsbegleitung im realen Studienbetrieb statt, bei dem eine Klausurleistung als Erfolgskriterium verwendet wird. Nachdem in dem vorangehenden Kapitel die Ausgangslage für das vorliegende Forschungsvorhaben geschildert wurde, erfolgt nun eine überblicksartige Darstellung des weiteren Aufbaus der Arbeit. Die Arbeit lässt sich zunächst in zwei grundlegende Bestandteile gliedern, einen theorieorientierten Abschnitt und einen Abschnitt der sich der Empirie zuwendet. Der theoretische Teil umfasst die Kapitel 3 bis 7, der empirische die Kapitel 8 bis 14. Im theoretischen Teil werden die der empirischen Studie zu Grunde liegenden theoretischen Annahmen erörtert. Im empirischen Teil werden die Besonderheiten der Untersuchungsgegebenheiten sowie die Methoden der empirischen Studie dargestellt. Ebenso erfolgt eine umfassende Präsentation und Erläuterung der ermittelten Ergebnisse. Im Rahmen der anschließenden Diskussion des vorangegangenen werden entsprechende Schlussfolgerungen gezogen. Das 3. Kapitel wendet sich im Sinne einer Standortbestimmung einer kurzen Darstellung der vielfältigen beteiligten Forschungsdisziplinen im Bereich der virtuellen Lehre zu. Im Anschluss wird eine definitorische Abgrenzung des untersuchten Gegenstandsbereichs vorgenommen. Nach einer Darstellung der grundlegenden lerntheoretischen Paradigmen werden moderne Ansätze speziell aus dem Bereich der konstruktivistisch orientierten Didaktik vorgestellt. Hier werden in großem Maße Chancen gesehen die komplexen Anforderungen die aktuell an die Lehre gestellt werden zu erfüllen (vgl. Kapitel 1). Korrespondierend zu den lerntheoretischen Grundorientierungen des vorhergehenden Kapitels erfolgt in Kapitel 4 eine Charakterisierung der Grundtypen computergestützter Lernformen. Dabei werden die Potentiale der aufgeführten Varianten aus lerntheoretischer und didaktischer Perspektive herausgestellt. Dem Bereich von Hypertext und Hypermedia wird aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung im Untersuchungszusammenhang ein gesondertes Kapitel gewidmet. Im Anschluss an eine begriffliche Eingrenzung werden in Kapitel 5 theoretische Ansätze angeführt, die die Vorteile 13

21 2. Überblick dieser Darstellungsformen im Lehr- und Lernkontext unterstreichen. Ergänzend folgt darauf eine theorieorientierte Betrachtung der Thematik aus der auf verschiedentliche Einschränkungen geschlossen werden kann. Ein Überblick bisheriger empirischer Befunde auf diesem Gebiet bestätigt sowohl die potentiellen Vorteile als auch die zu beachtenden Limitationen. Eine weitere Möglichkeit zur Umsetzung konstruktivistisch orientierter Lehre liegt im Einsatz kooperativer Lernformen. Mit den theoretischen Grundlagen des Gruppenlernens und den entsprechenden computergestützten Variationen setzt sich Kapitel 6 auseinander. Dabei werden Bedingungen für erfolgreiche kooperative Lernarrangements aufgezeigt und die lernförderlichen Prozesse, die beim kooperativen Lernen erzielt werden sollen, beschrieben. Die vorhergehenden Kapitel fokussieren vornehmlich auf theoretische Aspekte, die die Thematik der virtuellen Lehre im Hinblick auf ihre lerntheoretischen Potenziale beleuchten. In diesem 7. Kapitel geht es hingegen darum ein theoretisches Fundament zur Identifikation lernerseitiger Einflussvariablen für eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit einer durch virtuelle Lernkomponenten angereicherten Lernumgebung zu erstellen. Im Zuge einer Gegenüberstellung und einer partiellen Synthese verschiedener theoretischer Modelle wird eine Auswahl von Variablen getroffen, die bei der folgenden empirischen Untersuchung berücksichtigt werden sollen. Im 8. Kapitel erfolgt eine Darstellung der zu untersuchenden Variablen anhand eines übersichtlichen Evaluationsmodells. Im weiteren Verlauf werden die forschungsleitenden Fragestellungen die in den vorhergehenden Kapiteln angesprochen wurden zusammenfassend diskutiert und konkretisiert. Kapitel 9 wendet sich den Widrigkeiten zu, die bei Evaluationsvorhaben im Kontext virtueller Lehre zu überwinden sind. Grundlegende Problembereiche werden angesprochen und Felder mit Forschungsbedarf identifiziert. Die Vorstellung der FernUniversität Hagen als konkretes Forschungsumfeld findet im 10. Kapitel statt. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, stehen Studierenden der FernUniversität Hagen im herkömmlichen Fall primär gedruckte Kurseinheiten zur Aneignung der Inhalte zur Verfügung. Im Rahmen einer Erweiterung des Lernangebots im Sinne moderner lerntheoretischer Erkenntnisse wurde das Lernangebot unter anderem durch interaktive grafische Übungen zur vertiefenden, selbständigen Bearbeitung der Inhalte erweitert. Vor dem selben Hintergrund wurde einer weiteren Teilgruppe darüber hinaus eine webbasierte Kommunikations- und Kooperationsumgebung zur Lernunterstützung zur Verfügung gestellt. Das Kapitel endet mit Vorüberlegungen zur Untersuchungsdurchführung und dem geplanten Untersuchungsdesign. 14

22 2. Überblick Im 11. Kapitel erfolgt eine Beschreibung der eingesetzten Messmethoden und -instrumente zur Erfassung der zuvor festgelegten Variablen. In diesem Zug wird teilweise auch eine ausführliche Begründung für die getroffene Wahl der Instrumente vorgenommen. Ausführungen zum zeitlichen Ablauf und zur konkreten Durchführung sind in Kapitel 12 zu finden. Die Auswertung der Daten und die resultierenden Ergebnisse werden im 13. Kapitel geschildert. Nachdem anhand der Medien-Nutzungsdaten verschiedene Gruppen gebildet werden, werden die vorliegenden Daten systematisch auf statistische Gruppenunterschiede untersucht. Zunächst findet ein Gruppenvergleich der erzielten Klausurergebnisse statt. Anschließend werden die Gruppen im Hinblick auf Unterschiede hinsichtlich individueller Einflussvariablen untersucht. Nach diesen eher groben Auswertungen werden die gruppenspezifischen Klausurergebnisse weiteren Detailanalysen unterzogen, um spezifischere Hinweise zu den erzielten Lernerfolgen zu erlangen. Die Darstellung der Ergebnisse schließt mit einigen explorativen ausschließlich deskriptiv vorgenommenen Auswertungen zum zeitlichen Verlauf kontinuierlich erhobener Variablen. Aufschlussreich sind zum Beispiel die Betrachtung des medienspezifischen Nutzungsverlaufs innerhalb des Untersuchungszeitraums, sowie die jeweiligen medienspezifischen Anteile an den Lernaktivitäten. Eine abschließende Diskussion der Ergebnisse erfolgt in Kapitel 14. Die in den vorhergehenden Abschnitten separat dargestellten Teilergebnisse werden aufgegriffen und einer integrativen Betrachtung im Gesamtzusammenhang unterzogen. Anhand der getroffenen Aussagen werden Implikationen für die Gestaltung virtueller Lernszenarien formuliert und weiterer Forschungsbedarf offen gebliebener Fragestellungen skizziert. 15

23 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld 3. Mediengestützte Lehre - ein interdisziplinäres Forschungsfeld Das Forschungsfeld der neuen Medien in der Lehre ist nur schwer einzugrenzen und erstreckt sich über eine größere Anzahl von Fachgebieten. Zur Veranschaulichung der Vielfältigkeit des Gegenstandsbereichs werden im Sinne eines ersten Überblicks eine Reihe von beteiligten Fachgebieten genannt. Wesentliche Ansätze und theoretische Fundierungen sind auf folgende Fachrichtungen zurückzuführen: die Psychologie als Wissenschaft, welche die bewussten Vorgänge und Zustände sowie deren Ursachen und Wirkungen untersucht (Dorsch, 1987, S.520). Von besonderer Relevanz sind hier die Teilbereiche der Kognitionspsychologie, der Motivationspsychologie sowie der Sozialpsychologie und der Pädagogischen Psychologie. die Didaktik als Gestaltung von Unterricht, d.h. der Theorie und Praxis des (zielgerichteten) Lehrens und Lernens (Issing, 1997, S.195). Hier soll insbesondere auf den Teilbereich der Mediendidaktik hingewiesen werden. die Medienpädagogik als übergeordnete Bezeichnung für alle pädagogisch orientierten Beschäftigungen mit Medien in Theorie und Praxis (Issing, 1987, S.24). die Arbeitswissenschaften als systematische Erforschung und Optimierung von Mensch-Maschine-Systemen durch bestmögliche Anpassung der technischen Systemkomponenten an den Menschen nach psychologischen, physiologischen, anthropologischen, biomechanischen, ingenieurwissenschaftlichen, etc. Kriterien (Dorsch 1987, S.183). Das Spezialgebiet der Softwareergonomie kann beispielsweise mit Untersuchungen zur Usability einen Beitrag leisten. die Informatik mit den Bereichen der verteilten Systeme, Mensch-Maschine Interaktion und der künstlichen Intelligenz (Schlichter,1999). die Epistemologie als Wissenschaftslehre bzw. Erkenntnistheorie (z.b. v. Förster, 1987; Maturana & Varela, 1987). Die im weiteren Verlauf der Arbeit dargestellten Theorien sind oftmals als Schnittstellen zwischen mehreren der oben aufgeführten Fachrichtungen anzusehen. Auf eine detaillierte Diskussion der oft umstrittenen Abgrenzung wird an den entsprechenden Stellen verzichtet. Stattdessen wird verstärkt Gewicht auf die Aspekte gelegt, die für die erfolgreiche Gestaltung und den Einsatz hypermedialer Lernsysteme von Bedeutung sind. Sie bilden die theoretische 16

24 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Basis für Erwartungen, die hinsichtlich der erhofften Vorteile bei der Nutzung des untersuchten Lernsystems nachzuweisen oder zu widerlegen sind. Eine fundierte Evaluation eines solchen Systems kann nur auf der Basis eines breiten theoretischen Fundamentes konzipiert werden. In diesem Sinne werden im Folgenden, für den Anwendungsfall hypermedialer Lernumgebungen, wesentliche theoretische Ansätze herausgegriffen und kontextbezogene Ableitungen formuliert. Dabei werden auch eine Reihe von Moderatorvariablen, die die nachzuweisenden Hauptwirkungen mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflussen, einbezogen. Ein Untersuchungsschwerpunkt stellt die Erfassung der individuellen Nutzung der angebotenen Systemkomponenten dar. Da es sich bei dem vorliegenden Untersuchungsfeld um Studierende der Fernuniversität Hagen handelt, stellen sich hier besondere Herausforderungen für die Erfassung der benötigten Daten (vgl. Kapitel 10 und 11) Begriffliche Klärung und Abgrenzung Medien spielten stets eine bedeutende Rolle im Bereich der Lehre. Wie bereits im ersten Kapitel erwähnt plädierte schon Comenius im 16. Jahrhundert dafür Lehrinhalte multimedial zu veranschaulichen. Man unterscheidet zwischen visuellen, auditiven und audio-visuellen und interaktiven audio-visuellen Medien. Seit dem Einzug des Computers in die Arbeitswelt in den 50er Jahren, wurden immer wieder theoretische Ansätze entworfen, die dem Computer eine Sonderstellung unter den Medien einzuräumen versuchten. Die verschiedenen Konzepte verfolgen allesamt das gemeinsame Ziel: unter zur Hilfename des Computers Lernprozesse zu unterstützen. Im ersten Kapitel wurde verdeutlicht, dass es sich bei dem vorliegenden Gegenstandsbereich der mediengestützten Lehre um ein relativ neues, in jedem Fall aber äußerst dynamisches Gebiet handelt. Die Vielfalt an Begrifflichkeiten lassen auf den ersten Blick eine große Bandbreite an Bedeutungszusammenhängen und Definitionen vermuten. Bei dem Versuch die Begriffe anhand eines hierarchischen Bedeutungsbaums zu ordnen wird offensichtlich, dass es sich in den meisten Fällen um Synonyme handelt und die Unterschiede fließend sind (vgl. Klimsa, 1993). Marginale Differenzierungen lassen sich aus den, durch die Auswahl der Begriffe, in den Vordergrund gehobenen Perspektiven ableiten. 17

25 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Hier eine Reihe der zumeist verwendeten Begriffe und Abkürzungen: CUL: Computerunterstütztes Lernen CGU: Computergestützter Unterricht CUU: Computerunterstützter Unterricht RGU: Rechner gestützter Unterricht RUL: Rechner unterstütztes Lernen CBT: computer based training CAL: computer assisted learning CAI: computer assisted instruction CBE: computer based education CBI: computer based instruction CMI: computer managed instruction Die Abgrenzung des Computerunterstützten Lernens vom Computergestützten (bzw. Computerunterstützten) Unterricht bezieht sich weniger auf eine Unterscheidung des Gegenstandsbereichs, sondern auf eine Hervorhebung unterschiedlicher Interessensschwerpunkte bei einer Betrachtung der selben Thematik. Der Begriff Computergestützter Unterricht deutet dabei beispielsweise stärker auf die Betrachtung didaktischer Aspekte hin, während die Aufmerksamkeit beim Computerunterstützten Lernen eher auf individuelle Wissenserwerbsprozesse gerichtet ist. Computerunterstütztes Lernen wurde im Zusammenhang mit der breiten Verfügbarkeit des Internets und der kometenhaften Entwicklung im E-Commerce mittlerweile weitgehend durch den Begriff E-Learning ersetzt. Die anfänglich nahezu uneingeschränkte Internet-Euphorie führte zunächst zu einem stark inflationären Gebrauch des Zusatzes E. E-Learning avancierte somit alsbald zu einem Sammelbegriff für sämtliche Formen IT-gestützter Lehre und wurde teilweise auch auf den gesamten E -lektronik-bereich generalisiert. Lernvideos, Hörkassetten, CD-ROMs, Firmen- oder Schulfernsehen, Offline-Lernsoftware und CBTs, wurden ebenso dem Themenbereich E-Learning zugeordnet, obwohl keine Netzanbindung oder Online-Affinität gegeben war (Neubauer, 2002, S.7). Baumgartner (2002) folgend soll in dieser Arbeit E-Learning als übergeordneter Begriff des softwareunterstützten Lernens verstanden werden. Die Betonung der Software verdeutlicht, dass nicht die äußere Form des Gerätes das entscheidende Merkmal darstellt. Die Erweiterung wird vorgenommen, da es künftig nicht notwendigerweise der Computer sein muss, der im Mittelpunkt dieser Lernform steht. So können durchaus auch mobile Endgeräte, wie z.b. das Handy wichtige Funktionen übernehmen. Unter dem Titel The future of 18

26 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld learning: From elearning to mlearning befasst sich ein aktuelles Projekt des Zentralen Instituts für Fernstudienforschung (ZIFF) der FernUniversität Hagen mit den Möglichkeiten der Integration mobiler Geräte zur Unterstützung der Lehre (vgl. Keegan, 2002). Bei dem Bestreben über die neusten Entwicklungen und Trends auf dem Laufenden zu bleiben, ist ein Blick auf die Webseiten der ISO/IEC mitunter aufschlussreich. Die ISO/IEC ist bemüht im Umfeld der virtuellen Lehre begriffliche Standards zu entwickeln und festzulegen (vgl. ISO/IEC, 2003). In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe E-Learning, virtuelle Lehre und Lernen mit neuen Medien synonym zu dem oben umschriebenen Begriff des softwareunterstütztes Lernens verwandt. Ein weiterer Ausdruck, der einer einleitenden Klärung bedarf ist die Lernumgebung. Insbesondere im Bereich des Fernstudiums beruht die Aneignung der Inhalte vorrangig auf einem selbstgesteuerten Lernen. Die von der FernUniversität Hagen zur Verfügung gestellten Lernmaterialien sind daher lediglich als Angebot zu interpretieren. Die Wahl der genutzten Lernmedien untersteht letztendlich vollständig den Präferenzen der Studierenden. Durch die individuelle Zusammenstellung von Lernaktivitäten generiert sich jeder Studierende seine eigene Lernumgebung. Die Komponenten dieser Lernumgebung können sich über die angebotenen konventionellen und virtuellen Lernmaterialien sowie auch über persönliche Kontakte oder anderweitige Lernaktivitäten erstrecken. Als Lernumgebung wird der gesamte Raum der zur Wissensaneignung genutzt wird verstanden, er wird von jedem Studierenden individuell generiert. Lernumgebungen können folglich über die üblichen Printmedien hinaus sowohl technische als auch soziale Komponenten umfassen Didaktische und Lerntheoretische Grundlagen Im Kontext von E-Learning müssen als maßgebliche Theorien zunächst solche Beachtung finden, die sich mit der eigentlichen Zielsetzung dieser computergestützten Unterrichtungsform auseinandersetzen - das ist zweifelsohne der Bereich der Lehr- und Lernforschung. Im Zentrum der Betrachtung muss dementsprechend zunächst die fundamentale Frage stehen, wie Wissen transferiert bzw. generiert wird. Antworten hierzu liefern die Paradigmen der Lerntheorien deren grundlegende Annahmen im Folgenden kurz umschrieben werden: 19

27 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Behaviorismus Geleitet von der Vorstellung, dass Lernen darin besteht objektiv vorhandenes Wissen vom Lehrenden zum Lernenden zu transferieren, steht die Vermittlung von Wissen im Vordergrund. Theoretische Grundlagen liefern Thorndike (1911), Watson (1919), Pawlow (1953) und Skinner (1958) mit dem Stimulus-Response-Modell, welches auch unter den Begriffen klassische Konditionierung und reaktives Lernen einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Es wird postuliert, dass die Auftretenswahrscheinlichkeit von Verhaltensweisen durch die häufige Kopplung mit Verstärkern erhöht wird. Lernen beschränkt sich hier also ausschließlich auf beobachtbares Verhalten. Lernen wird in diesem Sinne als konditionierter Reflex gesehen, der durch Adaption erworben wird (Baumgartner & Payr, 1994, S.101). Entscheidend für die Aneignung des Verhaltens ist, dass die Belohnung als positiv erlebt wird und sie zeitlich unmittelbar auf die gewünschte Handlung erfolgt. Für die Didaktik ist es folglich sinnvoll sich primär auf die Erforschung der geeigneten Stimuli und der optimalen Gestaltung der Feedbackelemente zu konzentrieren. Die Prozesse innerhalb des Lerners werden als Black-Box betrachtet und somit nicht weiter analysiert (vgl. Abb.2). Abb.2: Lernmodell des Behaviorismus (schematisch) (Baumgartner & Payr, 1999, S.102) Unter epistemologischen Gesichtspunkten gelten in diesem Paradigma die Annahmen des Objektivismus, nachdem das in der Realität existierende Wissen vom Lernenden in adäquater Form aufgenommen und gespeichert wird. 20

28 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Die Rolle des Lernenden ist dabei passiv auf die Rezeption der dargestellten Inhalte beschränkt. Komplexere Inhalte werden in kleine Lernschritte (Lehrstoffatome) zerlegt und in eine vom Lehrer festgelegte optimale Reihenfolge gebracht. Skinner begründete damit das Konzept des so genannten Programmierten Unterrichts und übertrug das Stimulus- Response-Modell auch auf das Lernen mit Computern (bzw. zunächst auf den Bereich der mechanischen Lernmaschinen). Er sah die Vorteile des Programmierten Unterrichts vor allem in folgenden Aspekten: ein Computer ist (anders als eine Lehrperson) in der Lage, jeden einzelnen Lerner immer und unmittelbar für eine Leistung zu bekräftigen alle Lehrinhalte, die sich in Lehrstoffatome segmentieren lassen, können vermittelt werden und zwar Schritt für Schritt. Lernende können jederzeit aus dem Lehrprogramm aussteigen und zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle weiterarbeiten Die Maschine ist emotional neutral. Im Unterschied zur Person des Lehrenden ist es der Maschine gleichgültig, ob Fehler gemacht werden. Auch erträgt sie es, wenn Fehler mehrfach nacheinander wiederholt gemacht werden, und Lernende müssen sich (z.b. vor der Klasse) nicht blamiert vorkommen. Damit wird eine negative Konsequenz vermieden, fehlerhafte Antworten ignoriert das System, indem es den gleichen Abschnitt wiederholt. (Kerres, 2001, S.59) Obwohl der Ansatz sich innerhalb von wissenschaftlichen Untersuchungen nicht behaupten konnte und seit dem Aufkommen von neueren kognitivistisch und konstruktivistisch orientierten Ansätzen als überholt gilt, sind weiterhin viele der angebotenen Lernprogramme diesen Prinzipien folgend aufgebaut. Euler räumt diesen Programmen in Anwendungsbereichen, in denen es insbesondere um den Erwerb stark standardisierter Inhalte geht (z.b. Erlernen von Vokabeln, Klavierspielen,...), nach wie vor ihre Berechtigung ein (vgl. Euler, 1987; Baumgartner & Payr, 1994, S.155) Kognitivismus Die Grundlagen für das kognitivistische Lernparadigma basieren auf der Entwicklungspsychologie von Piaget (1969) und der kognitiven Psychologie von Bruner (1990). Die aktive Erarbeitung im Gegensatz zur schlichten Rezeption von Wissensinhalten durch den Lerner stellt hier die fundamentale Annahme des Wissenserwerbs dar. Neue 21

29 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Informationen werden nach den Prinzipien Akkommodation und Assimilation in das vorhandene Wissen eingefügt. Nach Piaget (1974, 1999) strebt das erkennende Subjekt danach, durch interne Regulationsprozesse den gewöhnlich herrschenden Gleichgewichtszustand des kognitiven Systems zu erhalten (Äquilibration). Neue Informationen werden durch so genannte Assimilationen in das System integriert. Das kognitive System erfährt dabei eine Erweiterung, bleibt jedoch in seinen Grundstrukturen unverändert. Im Falle von Inkongruenzen kann auch eine Anpassung der neuen Erkenntnisobjekte an die vorhandenen Strukturen erfolgen. Eine Assimilation eines wahrgenommenen Elements B an einen erkennenden Organismus hat dann stattgefunden, wenn dieser Organismus, obwohl er B in seinen Kreislauf integriert hat, seine Organisationsstruktur konstant hält (Piaget, 1974, S.173). Neue Informationen können jedoch auch so widersprüchlich im Hinblick auf die bestehenden Strukturen sein, dass sie nicht assimiliert werden können. Unter diesen Umständen lösen sie einen kognitiven Konflikt aus und stören so die Äquilibration des Systems. Dieser als Perturbation bezeichnete Vorgang kann nur noch durch eine Anpassung der vorhandenen Strukturen, durch eine Akkommodation, ausgeglichen werden. Der Prozess des Denkens wird folglich als ein Prozess der Informationsverarbeitung aufgefasst, wodurch die Analogie zum Computer und damit die Affinität zum Bereich der Künstlichen Intelligenz deutlich wird. Bei den Annahmen zu den Parallelen der Funktionsweise des menschlichen Gehirns und der elektronischer Rechenanlagen gibt es allerdings stark divergierende Standpunkte. Man unterscheidet zwischen den Positionen der schwachen und der starken Künstlichen Intelligenz (vgl. Searle, 1986), die Thematik wird auch unter den Begriffen Korrespondenzhypothese oder physikalische Symbolsystem-Hypothese referiert (vgl. Schulmeister, 1997). Vertreter der Korrespondenzhypothese gehen davon aus, dass die Gemeinsamkeiten zwischen Gehirn und Computer nicht nur im Sinne modellhafter Veranschaulichungen Gültigkeit haben, sondern die tatsächlichen Gegebenheiten widerspiegeln (Konnektionismus). Das Kurzzeit- und das Langzeitgedächtnis, sowie auch Symbolsysteme und Referenzen müssten demnach physikalisch vorhanden sein. In jedem Fall geht es bei der Generierung von Wissen um den Auf- bzw. Ausbau mentaler Modelle innerhalb des Lerners, also im Gegensatz zum Behaviorismus, um die dort ausgeklammerten Vorgänge innerhalb der Black-Box (vgl. Abb.3). 22

30 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Abb.3: Lernmodell des Kognitivismus (schematisch) (Baumgartner & Payr, 1999, S.105) Mit wachsender Popularität dieser Anschauung bildete sich der Begriff der kognitiven Wende heraus und hob damit die große Bedeutsamkeit der unterschiedlichen Betrachtungsweise für den gesamten Bereich der Lernforschung hervor. Die Rolle des Lehrers wandelt sich durch diesen Perspektivenwechsel von Grund auf. Sie besteht im Bereich des Kognitivismus primär in der Unterstützung des Lerners bei der Integration neuer Erfahrungen in vorhandene Wissensstrukturen (angeleitetes oder erkundendes Lernen). Lernende sollen Lösungen (Regeln) zu anwendungsorientierten Fragen entwickeln, anstatt schlicht Fakten auswendig zu lernen. Im so genannten Problemlösungsparadigma geht es nicht mehr darum, die eine richtige Antwort im Sinne einer Maximierung zu finden, sondern es können vielmehr verschiedene Verfahren zu optimalen Ergebnissen führen (Baumgartner & Payr, 1994, S.105). Hier wird damit auch die Problematik der für den Behaviorismus typischen Kritik des trägen Wissens aufgegriffen und entgegengewirkt. Entscheidend für das Lernen ist..., wie Lernende mit einem Lernangebot umgehen, d.h. welche kognitiven Operationen sie ausführen und ob diese dazu taugen, sich Wissen anzueignen (Kerres, 2001, S.66). Trotz der bedeutsamen Unterschiede zum behavioristischen Ansatz bleiben beide Paradigmen dem epistemologischen Objektivismus behaftet und gehen damit von einem objektiv existierenden Wissen aus, welches vom Lernenden aufgenommen werden soll. Beispielhafte Anwendungen im Bereich des E-Learning sind intelligente tutorielle Systeme (ITS) und Simulationen, die nach einer eingehenden Diagnose der Kompetenzdefizite der 23

31 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Lerner, ein individuell angepasstes Lernangebote zusammenstellen (vgl. Kerres, 2001; Schulmeister, 1997) Konstruktivismus Die Wurzeln konstruktivistischer Lerntheorien sind auf epistemologische Grundpositionen zurückzuführen und finden sich beispielsweise in den Werken von v. Förster (1987) und Maturana & Varela (1987) wieder. Weitere fundierende Aspekte finden sich in den bereits im letzten Abschnitt angesprochenen Arbeiten von Piaget und Bruner. Im konstruktivistischen Lernparadigma steht wie beim Kognitivismus die Erarbeitung von Wissen im Vordergrund. Zu den grundlegenden Postulaten zählt die Annahme, dass die Wirklichkeit nicht passiv abgebildet werden kann, sondern individuell und aktiv im Erkenntnisprozess für sich konstruiert und in eine individuell vorhandene Wissensstruktur integriert werden muss. Während beim Kognitivismus dem Lehrer im Lernprozess noch eine instruktionale Komponente zugesprochen wird, liegt der Fokus der Wissensgenerierung hier noch stärker auf Seiten des Lernenden. Wesentlich im Unterschied zu kognitivistischen Ansätzen, ist dass Wissen... nicht unabhängig vom erkennenden Subjekt existiert, dynamisch generiert und nicht fest gespeichert wird und deswegen auch nicht einfach an jemand anderen ohne eigene Rekonstruktion übermittelt werden kann (Papert, 1996, S.74). Da die vorhandenen Wissensstrukturen bei verschiedenen Lernern grundsätzlich individuell unterschiedlich sind, kann es auch keine allgemeingültigen idealen Lernwege geben. Eher das Gegenteil ist der Fall - es sind so viele Lernwege denkbar, wie es Lerner gibt. Als Grundlage für diese Postulate ist ein kurzer Exkurs zu den Konzepten der Wirklichkeitskonstruktion im Sinne der Erkenntnistheorie von Maturana (1987) und v. Förster (1987) unentbehrlich. Ein Ausschnitt der Ideen und einige der grundlegenden Begrifflichkeiten werden daher kurz vorgestellt: Nach konstruktivistischen Grundsätzen wird der Lernende als autopoietisches System betrachtet, welches operational geschlossen ist (vgl. Abb.4). 24

32 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Abb.4: Lernmodell des Konstruktivismus (Baumgartner & Payr, 1999, S.108) Dies wird davon abgeleitet, dass keine objektiven Input- und Outputoberflächen existieren. Jedes durch unsere Wahrnehmungsorgane aufgenommene Signal besteht zunächst nur aus bedeutungsneutralen Nervenimpulsen und wird erst vom Gehirn interpretiert (siehe v. Förster, Prinzip der undifferenzierten Codierung). Informationen erhalten ausschließlich innerhalb des Gehirns und in Abhängigkeit von dem in diesem System vorhandenen Strukturen (Vorwissen) ihre Bedeutung und werden im Anschluss entsprechend verarbeitet. Die eigentliche Wahrnehmung ist demnach das Ergebnis kognitiver Prozesse. Das Nervensystem funktioniert folglich weder solipsistisch (radikaler Konstuktivismus) noch repräsentatorisch (Kognitivismus). Es ist nicht solipsistisch, da das Nervensystem an der Interaktion mit der Umwelt beteiligt ist und durch diesen Austausch ständig strukturelle Veränderungen im System (Gehirn) stattfinden (vgl. Maturana, 1987, S.185). Es ist aber auch nicht repräsentatorisch, da die jeweilige aktuelle Struktur des Systems determiniert, wie die neuen Signale aufgenommen und unter Umständen in das System integriert werden. Übertragen wir diesen Gedanken auf den vorliegenden Kontext, erfolgt Lernen also durch eine Irritation oder Perturbation des Systems. Das operational geschlossene System (Gehirn) muss durch Signale von außen veranlasst werden sich so zu ändern, dass neue Informationen integriert werden können. Die hieraus resultierende didaktische Methode ist die des selbständigen entdeckenden Lernens, bei der der Schwerpunkt auf der Selbststeuerung des Lernprozesses durch den Lernenden liegt. Angestrebt wird die Ausbildung von kontextuellem Wissen (vgl. Kerres, 2001, S.67) welches den Erwerb von Konzepten, Prinzipien und ihren Bezug zu Anwendungssituationen bezeichnet. Der Lernende steht im Mittelpunkt und die Funktion des 25

33 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Lehrers tritt im Vergleich zu kognitivistischen Ansätzen in den Hintergrund. Dem Lehrer wird die Rolle eines Lern-Coaches zugesprochen, dessen primäre Aufgabe darin besteht, die Lernenden zu motivieren sich eingehend mit einer Thematik auseinanderzusetzen. Dies kann zum Beispiel durch die Bereitstellung einer reichhaltigen, kommunikationsorientierten Lernumgebung erfolgen, die eine selbständige Erarbeitung von Problemlösungen ermöglicht und zum Austausch mit anderen Lernenden anregt. 26

34 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Zusammenfassung und Bewertung In der folgenden Abbildung werden die wesentlichen Aspekte der dargestellten Grundpositionen zusammenfassend dargestellt: Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus Paradigma Stimulus - Response Problemlösung Konstruktion Lernen durch Lernziel Neue Erkenntnisse werden Lehren Rolle des Lehrers Rolle der Ko- Lerner Rolle des Lernenden Rezeption von Fakten, Fähigkeiten und Begriffen beinhaltet oberflächliche Aneignung korrekte Input-Output- Relation richtig antworten aktives Konstruieren und Rekonstruieren von bereits erworbenem Wissen geschieht anhand verschiedener Prozesse der Verknüpfung von neuem Wissen und bereits vorhandenem Wissen (Assimilation und Akkommodation) beinhaltet tiefgehende Veränderungen korrekte interne Verarbeitung richtige Methoden zur Lösung anwenden eigenständige Erarbeitung und Konstruktion von Wissen selbständig entdeckendes Lernen vollzieht sich durch Interaktion (strukturelle Koppelung) mit der Umwelt und / oder anderen Personen beinhaltet tiefgehende Veränderungen Wissen zur Lösung konkreter Problemstellungen flexibel anwenden können komplexe Situationen bewältigen abgelagert verarbeitet und integriert konstruiert bzw. rekonstruiert Vermittlung von Wissen Darbietung und Weitergabe Autorität Segmentierung komplexer Inhalte in Lernstoffatome (Präsentation adäquater Stimuli) Einhaltung der Reihenfolge der idealen Lernsequenz Lehrer ist primäre Wissensquelle verstärkt richtige Antworten im Wesentlichen irrelevant passive Aufnahme von Information Arbeiter (worker) aktiver Zuhörer Diagnose der Lerndefizite der Lernenden Anpassung der Aufgaben an den Kenntnisstand des Lernenden Unterstützung des Denkens zum Zweck eines vollständigen Verstehens durch Abstraktion Tutor, Führer (Guide) Mittelweg zw. guiding / directing optimale Instruktion, angepaßt an den individuellen Kenntnisstand des Lernenden Unterstützung des Lernenden durch Abstraktion ist jeder selbst oder jeder andere mit größerer Expertise nur eine Quelle unter anderen sind nicht notwendig, können jedoch Anregungen geben, Fragen aufwerfen aktive geistige Konstruktion Quelle für Wissen Konstrukteur aktiver Denker, Erklärer, Interpret, Fragensteller versteht, fragt, erklärt Bereitstellung einer anregenden Lernumgebung oder Aufgabenstellung Anregung zur eigenständigen Konstruktion von Wissen Coach, Motivator Partner (coparticipant) Kooperieren beim Lernen ist jeder selbst oder jeder andere mit größerer Expertise nur eine Quelle unter anderen Bereitstellung von Gelegenheiten für Interaktion mit authentischen Materialien Bereitstellung von Gelegenheiten zur Interaktion mit anderen Lernenden tragen zur Konstruktion von Wissen bei (im Intersubjektivitätsraum von Gruppen) aktive Konstruktion mit anderen und sich selbst Quelle für Wissen Co-Konstrukteur aktiver Denker, Erklärer, Interpret, Fragensteller versteht, fragt, erklärt, kooperiert, interpretiert Abb.5: Behavioristische, kognitivistische und konstruktivistische Unterrichtskonzepte (in Anlehnung an Shuell, 1996, S.744; Baumgartner & Payr, 1994, S.110; Niegemann, 1995) 27

35 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Jedes Paradigma fokussiert auf bestimmte Aspekte, während andere eher ausgeblendet werden. Aus diesem Grund weisen die Ansätze in Reinform jeweils ihre spezifischen Stärken und Schwächen auf (vgl. Mandl & Reinmann-Rothmeier, 2001, S.644). Es mag möglich sein die elementaren Regeln der Mathematik durch reines Verstärkungslernen zu erwerben - Skinner schätzte die Anzahl der dafür benötigten Verstärker auf (vgl. Schulmeister, 1997, S.96) - dennoch würde heute kaum noch jemand auf die Idee kommen, einen solchen Ansatz zu verfolgen. In Abhängigkeit von dem jeweiligen Lernziel haben sich in den meisten Bereichen andere Arten der Vermittlung als überlegen erwiesen. Eine kontroverse Diskussion zwischen den Standpunkten der Vertreter des kognitivistischen Paradigmas (z.b. Dick, Merrill, Reigeluth) und Verfechtern des Konstruktivismus (wie Duffy, Jonassen, Spiro, Cunningham, u.a.) fand 1991 ausführlich in der Zeitschrift Educational Technology statt. Zusammenfassend wurden die Artikel von Duffy und Jonassen (1992) kommentiert und veröffentlicht. Reduziert man die dort getroffenen Einzelaussagen auf ihre Kernthesen, wird von Kognitivisten eine Konzentration auf das Instruktionsdesign gefordert, welches auf eine Optimierung der Steuerung des Lernvorgangs hinausläuft. Im Gegensatz dazu wird von konstruktivistischer Seite die Position einer grundsätzlichen Selbststeuerung durch die Lernenden vertreten. Sehen wir von den Gegensätzen der epistemologischen Axiome der beiden Parteien ab, richtet sich einer der Hauptkritikpunkte der Konstruktivisten gegen ein instruktionsorientiertes Lernen auf den Aufbau von trägem Wissen (vgl. Kerres, 2001, S.75). Der Begriff des trägen Wissens wurde bereits 1929 durch Whitehead im Rahmen einer Veröffentlichung zu den Zielen der Lehre geprägt (vgl. Mandl, 1993) und gewann im Rahmen dieser Auseinandersetzung erneut an Popularität. Gruber und Renkl definieren den Begriff als Kenntnisse, über die Personen verfügen und von denen angenommen wird, dass sie zu kompetenten Handlungen befähigen, die jedoch gleichwohl nicht handlungsrelevant werden (Gruber & Renkl, 2000, S.155). Die Argumentation, die sich sowohl gegen den Einsatz kognitivistischer sowie auch behavioristischer Lehre richtet, bezieht sich auf die konstruktivistische Forderung einer Korrespondenz der Lernsituation mit späteren Anwendungsszenarien (vgl. Mandl et al., 1995, S.168). Demnach kann das durch den ausschließlichen Einsatz klassischer Lernparadigmen (Behaviorismus und Kognitivismus) erworbene Wissen nur in Lernsituationen sowie auch in klassischen Prüfungssituationen, bei denen es nur um die Reproduktion gelernter Inhalte geht, aktiviert werden. In realitätsnahen Simulationen oder im tatsächlichen Anwendungsfall ist es jedoch oft nicht nutzbar. Das Wissen ist dann grundsätzlich vorhanden, jedoch kann der Transfer des abstrakten Wissens 28

36 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld auf komplexe Situationen, wie sie in der Realität gewöhnlich anzutreffen sind, nicht geleistet werden. Eindrucksvolle Belege, die für dieses Konstrukt sprechen, wurden im schulischen (z.b. internationale TIMS-Studie von Baumert, 1997) sowie auch im universitären Umfeld nachgewiesen. In einem recht bekannten Versuch verglichen Renkl et al. die Ergebnisse von Absolventen eines pädagogischen und eines betriebswirtschaftlichen Studienganges bei der Lösung eines Unternehmensplanspiels (vgl. Renkl et al., 1994). Ein anschließender Intergruppen-Vergleich ergab überraschenderweise signifikant bessere Spielergebnisse bei den Pädagogen. Durch einen Vortest konnte ebenso nachgewiesen werden, dass die Betriebswirtschaftler themenspezifisch über ein signifikant höheres Fachwissen verfügten. Die Betriebswirtschaftler waren nicht in der Lage, das nachweislich zum Untersuchungszeitpunkt vorhandene theoretische Wissen auf die konkrete Planspielsituation anzuwenden. Das vorhandene Wissen wurde als träges Wissen klassifiziert. In einer Folgeuntersuchung (Renkl et al., 1998) konnte der Zweifel es könne sich bei den Ergebnissen um ein Artefakt der Untersuchung handeln, da die Spielsituation die Komplexität der Realität nicht ausreichend widerspiegelt, ausgeräumt werden. Die Ergebnisse bestätigten sich auch hier. Vergleichbare Resultate erzielten auch Gräsel et al. in einem Experiment im medizinischen Bereich (vgl. Gräsel et al., 1993). Im Gegensatz zum kognitivistisch orientierten Instruktionalismus, bei dem der Transfer über die Darbietung von Abstraktionen bewirkt werden soll, setzt der Konstruktivismus darauf, das Lernen mit Situationskontexten zu verknüpfen und über die Bearbeitung variierender Fälle den Prozess des Abstrahierens zu üben und den Lernenden somit zu ermöglichen selbständig generelle Zusammenhänge anhand konkreter Beispiele abzuleiten. Abstrahiertes Wissen in diesem Sinne unterscheidet sich von abstraktem Wissen darin, dass es mit Situationsbezügen verknüpft und damit anwendbar ist. (Mandl, Gruber & Renkl, 1995, S.171). Das Wissen wird also gleich in einem Anwendungskontext erworben und nicht in systematisch geordneter, jedoch in anwendungsunspezifisch-abstrakter Weise... (Gruber & Renkl, 2000, S.169). Leider hat sich jedoch auch der konsequente Einsatz konstruktivistischer Lernsettings nicht uneingeschränkt als geeignet für die Vermittlung von Inhalten erwiesen. Die Grenzen der Systeme wurden ebenfalls bereits vielfältig untersucht und dokumentiert. Oft lässt sich die Kritik auf grundlegende Argumente reduzieren, die nahezu jeglichen Form konstruktivistischen und explorativen Lernens entgegengebracht werden können. Empirische Befunde zeigen, dass Novizen (innerhalb eines Lernbereichs) oder auch unselbständige Lerner mehr Anleitung benötigen als fortgeschrittene und selbständige Lernende (Neber, 29

37 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Wagner, Einsiedler, 1978; Apel, 1999). Während Anfänger in einer explorativen Lernumgebung ohne didaktische Führung häufig nicht zielorientiert vorgehen, empfinden Experten instruktionelle didaktische Vorgaben bei der Wissensaneignung geradezu als Einschränkung ihrer Lernfreiheit. Bei niedrigerem Wissensstand besteht demnach das Risiko einer Überforderung durch die Gewährung zu hoher Freiheitsgrade im Umgang mit den Lernmaterialien. Diese grundlegenden Aussagen konnten in weiterführenden Untersuchungen von Stark et al. (1995) und Fischer et al. (1997) bestätigt werden. Schulmeister (1997, S.377) zitiert in diesem Zusammenhang Laurillard (1987), die sinngemäß darauf hinwies, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Lernende selbst in optimal gestalteten Lernumgebungen eigenständig die Gesetze der Newtonschen Physik wieder entdecken. Die Problematik besteht im allgemeinen darin, die Gradwanderung zwischen freier Exploration und restriktiver Instruktion insbesondere bei unterschiedlichem Kenntnisstand der Lernenden zu meistern (vgl. Kerres, 2001 S.80, S.98, S.100ff; Linn, 1990). Die Frage nach dem idealen Ansatz für die Gestaltung von Lernsituationen, der einen optimalen Lernerfolg verspricht, ist demnach falsch gestellt. Viele Aspekte sind bei der Planung und Gestaltung von Lernsituationen gleichberechtigt zu beachten. Jeder Ansatz kann, eingebettet in ein geeignetes didaktisches Design oder in Abhängigkeit von den definierten Lernzielen, einen sinnvollen Teil zum Lerngeschehen beitragen. So kann auch das oft als überholt bezeichnete behavioristische Paradigma innerhalb eines entsprechenden Instruktionsdesigns einen sinnvollen Beitrag für Lernende leisten (zum Beispiel beim Erlernen der Benutzung der Computer-Maus in einem PC-Einführungskurs). Die theoretischen Ansätze in ihrer Grundform helfen jedoch den Blick für die wesentlichen Elemente zu schärfen und entsprechende Implikationen für einen sinnvollen Einsatz abzuleiten. Ausgehend von der Kontroverse zwischen den Vertretern des kognitivistischen Ansatzes und den Konstruktivisten hat sich bald eine Zwischenposition entwickelt, die darauf abzielt die Vorteile der beiden Paradigmen zu integrieren und Ihre jeweiligen Defizite weitgehend auszuräumen. Die Rede ist vom gemäßigten konstruktivistischen Lernparadigma, bei dem auch noch weitere Erkenntnisse aus dem Bereich der Lernforschung integriert wurden. Diese Annäherung wird nicht von allen begrüßt, wie folgende Aussage von Schulmeister veranschaulicht: Der Konstruktivismus ist nur dann ein wirklich neuer und zugleich guter pädagogischer Ansatz, wenn er extrem ist (Schulmeister, 1996, S.170). Er bemängelt,... dass die als moderat apostrophierten Konstruktivisten die Radikalität dieses Ansatzes im Grunde verwässert haben. 30

38 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Wie bereits ausgeführt wird in dieser Arbeit der Standpunkt einer berechtigten Koexistenz der verschiedenen Paradigmen vertreten, deren sinnvoller Einsatz stark von den jeweiligen beabsichtigten Lernzielen abhängt. In diesem Sinne wird im folgenden Kapitel auch Weiterentwicklungen des reinen Konstruktivismus Beachtung geschenkt Weiterentwicklungen einer konstruktivistisch orientierten Didaktik Das Paradigma der so genannten gemäßigt konstruktivistischen Lehre und die Forschung zum selbstgesteuerten Lernen wurde im deutschsprachigen Raum vorrangig von Mandl et. al. (1995), Beck (1996) und Thissen (1997) verfolgt. Das Konzept wird als gemäßigt konstruktivistisch bezeichnet, da ein Gleichgewicht zwischen Konstruktion und Instruktion angestrebt wird und somit Aspekte sowohl aus kognitivistischen sowie auch aus konstruktivistischen Ansätzen integriert werden. Lernen erfolgt nach Mandl (1995, 1999) durch einen aktiven, konstruktiven, sozialen und selbstgesteuerten Prozess, der immer auch situativ eingebunden ist. Die Betonung der aktiven Konstruktion durch den Lernenden entspricht einer konstruktivistischen Grundposition. Mit der Situiertheit von Kognitionen integriert Mandl zugleich auch Modelle der Repräsentation und Verarbeitung also kognitivistische Überlegungen in seine Vorstellung zum Lernprozess. Die verschiedenen Vertreter dieser lerntheoretischen Variante, die auch unter den Bezeichnungen situatives Lernen, situative Kognition und situatives Wissen referiert wird (vgl. Schulmeister, 1997, S.75), stützen sich auf zum Teil sehr unterschiedliche theoretische Grundannahmen in Bezug auf die Vermittlung von Lerninhalten. Es finden sich sowohl anthropologische, psychologische als auch sozio-kognitive Fundamente darin wieder. Als führende Ansätze werden zumeist die Werke von Greeno (1989), Lave (1991), Resnick (1987) und Rogoff (1990) genannt: Greeno (1989) fokussiert die Beeinflussung kognitiver Prozesse durch Charakteristiken der Lernsituation, wesentlich sind in diesem Zusammenhang insbesondere die vorgegebenen Handlungseinschränkungen (constraints) und Handlungsangebote (affordances) der Situation. Stimmen die Handlungsangebote in der Lernsituation mit den Handlungsangeboten einer neuen Situation überein, kann ein direkter Transfer des Gelernten erfolgen. Durch eine breite Variation der Handlungsangebote und - einschränkungen beim Lernen wird eine hohe Flexibilität der Anwendbarkeit des Wissens angestrebt. 31

39 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Lave (1991) prägte den Begriff des community of practice, demnach soll Lernen stets im realen Kontext und in einer tätigen Gemeinschaft erfolgen. Lernen soll durch einen fortlaufenden Austausch zwischen dem lernenden Individuum und einer Gemeinschaft entstehen. Durch die Integration von Novizen können diese am sozial-verteilten und geteilten Wissen teilhaben und vom Wissen erfahrener Mitgliedern in der Gemeinschaft profitieren. Mandl et al. (1996) knüpfen daran an und betonen, dass auch der Austausch der Novizen untereinander eine wichtige Ressource für Lernprozesse darstellt. Conceiving of learning in terms of participation focuses attention on ways in which it is an evolving, continuously renewed set of relations... Participation is always based on situated negotiation and renegotiation of meaning in the world. This implies that understanding and experience are in constant interaction indeed, are mutually constitutive. (Lave, 1991, S.52ff) Ebenfalls gehen sie davon aus, dass die Mitarbeit in einer Gruppe und das gemeinsame Verfolgen eines Ziels förderlich für die Motivation und das Interesse an der Thematik ist. Da Lernen von Anfang an im alltäglichen Praxiskontext erfolgt, wird einer Transferproblematik von vorne herein vorgebeugt. Resnick (1987) lokalisiert die Basis für das Transferproblem, welches in vielen Bereichen bei der Anwendung gelernter Inhalte besteht, insbesondere bei der Gestaltung der Lernsituation. Die große Diskrepanz zwischen dem üblichen Frontalunterricht als Unterrichtungsform entspricht in keinster Weise späteren Anwendungskontexten. Während Resnick sich auf den schulischen Bereich konzentrierte, konnten von Renkl et al. (1994) analoge Effekte im universitären Bereich nachgewiesen werden. Zum Aufbau anwendbaren Wissens wird auch hier sozial geteilte Aktivität durch Kooperation und Austausch eingebettet in anwendungsbezogene Lernsituationen als essentiell angesehen. Rogoff (1990) vertritt einen kognitiv anthropologischen Ansatz und konzentrierte sich in Ihren Untersuchungen auf das Lernen von Kindern in verschiedenen Kulturen. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt einerseits in den Beziehungen der Kinder untereinander und zu den Erwachsenen und andererseits in den ihnen zugewiesenen Aufgaben in der jeweiligen Gemeinschaft. In diesem Umfeld prägte sie den Begriff der guided participation, nachdem die kognitive Entwicklung in direktem Zusammenhang mit dem soziokulturellen Kontext, in dem es erworben wird, steht. 32

40 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Die aufgeführten theoretischen Grundannahmen werden von Gerstenmaier & Mandl (1995, S.871) aufgegriffen und in folgenden Thesen zusammengefasst: Wissen ist immer situativ; daher ist auch Lernen immer situativ Wissen wird immer durch das wahrnehmende Subjekt konstruiert Besonders wesentlich ist das in der Gesellschaft geteilte Wissen; Lernen ist daher zunehmende Teilhabe an einer Expertengemeinschaft Situatives Wissen wird unter dem Anwendungsaspekt und damit unter dem Gesichtspunkt seiner Authentizität analysiert. So wie bereits Unterschiede bezüglich der theoretischen Fundierung situativen Lernens bestehen, ist es nicht verwunderlich, dass sich auch hinsichtlich der Umsetzung dieser Grundsätze unabhängige Vorstellungen entwickelt haben. Situatives Lernen bezieht sich folglich auch auf keine einzelne Methode, sondern (stellt) vielmehr eine prinzipielle komplexe Forderung an die Gestaltung von Lernvorgängen im Unterricht (dar). (Peterßen, 1999; S.263). Als eine der bekanntesten Theorien die im Zusammenhang mit Instruktionsdesign im Bereich des situativen Lernens umgesetzt wird, ist der Cognitive Flexibility Ansatz von Spiro et al. (1988, 1990, 1992) zu nennen, nach dem die Einnahme von multiplen Perspektiven beim Lernvorgang den späteren Transfer des Wissens auf neue Situationen vereinfachen soll. Der Erwerb anwendbaren Wissens erfolgt vornehmlich durch die selbständige Lösung authentischer Problemstellungen, die einem realistischen Komplexitätsgrad entsprechen. Eine Entkopplung der Lerninhalte von der Lernsituation wird dadurch angestrebt, dass die gegebene Situation mehrfach aus verschiedenen Perspektiven und unter veränderten Aufgabenstellungen betrachtet wird. Eine weitere Grundlage zur Ableitung von Gestaltungshinweisen für ein situatives Lernen ist der Ansatz der Anchored Instruction, der von Bransford (Bransford, 1990) und der Cognition & Technology Group der Vanderbilt University (CTGV) entwickelt wurde. Die Kernthese besteht in der Annahme, dass interessante Fallstudien oder authentische Problemsituationen als narrativer Anker fungieren und so eine ideale Ausgangsbasis für ein Lernsetting darstellen. Der intensive Realitäts- und Anwendungsbezug soll beim Lernenden Interesse an der Thematik wecken, welches anschließend die Möglichkeit bietet, dass Lernende die dargestellten Probleme eigenständig definieren, analysieren und lösen. Träges Wissen wird als Resultat von mangelndem Wissen darüber gesehen, wie vorhandenes Wissen in komplexen Situationen anzuwenden ist. Dies soll auch hier durch den Einsatz von multiplen Kontexten und Perspektiven vermieden werden (vgl. CTGV, 1997). 33

41 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Der Cognitive Apprenticeship Ansatz (vgl. Brown et al., 1989) orientiert sich an den Vermittlungsmethoden des traditionellen Handwerks und überträgt sie auf kognitive Lernziele. Er impliziert, dass verschiedene Grade und Qualitäten äußerer Anleitung für ein erfolgreiches Lernen wichtig sind. Das Grundprinzip besteht darin, dass Lernende über selbständige Aktivitäten in einer authentischen Situation und unterstützende soziale Interaktion in eine Expertenkultur eingeführt werden. Als wesentliche Mechanismen werden Artikulation (Lernender oder Instruktor fasst Denkprozesse in Worte) und Reflektion (Wiederholung u. Nachdenken über das Problemlösen) angenommen. Der Grad der Instruktion nimmt im Verlauf des Lernprozesses immer weiter ab, während die Komplexität der Problemstellungen stetig gesteigert wird (vgl. Collins et. al., 1989). Auch hier stehen ein motivierendes Lernsetting und das Erlangen von transferierbarem Wissen im Vordergrund. Gerstenmaier und Mandl (2001) stellen die besondere Bedeutung des innerhalb des Cognitive Apprenticeship Ansatzes integrierten Grundgedanken der Learning Communities für die weitere Forschung in diesem Bereich heraus. Einen Anfang machten hier zum Beispiel Greeno (1998) und Scardamalia & Bereiter (1994) die die Ansätze des Community- Konzepts auf die Lehre im schulischen Bereich und in das Umfeld von Aus- und Weiterbildung übertrugen. Die Perspektive des Lernens als sozialer Prozess rückt die darüber hinaus die Besonderheit des kooperativen Lernens in den Mittelpunkt. Nach Harasim (1990) wirkt sich das Bewusstsein, dass sich auch andere Lernende zeitgleich mit einer Thematik auseinandersetzen, positiv auf die Motivation aus. Kooperatives Lernen kann zudem dazu beitragen die Bereitschaft der Lernenden sich mit Neuem auseinanderzusetzen (Rotering Steinberg, 1995). Der Austausch mit anderen Lernenden fördert darüber hinaus die Einsicht in unterschiedliche Perspektiven und führt zu einer tieferen Elaboration der Thematik durch Argumentation. Insbesondere für Lernziele höherer Ordnung (Einsicht, Strukturkenntnisse, etc.) ist kooperatives Lernen unersetzlich, sie... sind ohne kommunikative Unterstützung nicht zu erreichen, sie entstehen diskursiv (Dichanz, 2001, S.9). Eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Grundlagen kooperativen Lernens erfolgt in Kapitel 6. Insgesamt gibt es also eine Vielzahl von Aspekten, die für die weitere Verfolgung situativer Lernformen als Vermittlungsparadigma sprechen. Anhand der Gemeinsamkeiten der Aussagen, die sich aus den dargestellten Grundpositionen ableiten lassen, wurden von verschiedenen Vertretern des Paradigmas praxisorientierte Leitlinien für die didaktische Gestaltung von Lernsituationen formuliert. 34

42 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld Folgende Grundsätze sind demnach bei der Gestaltung von Lernvorgängen zu beachten (vgl. Baumgartner, 2002; Bransford et al., 1999; Gräsel et al., 1997; Jonassen & Land, 2000; Mandl & Reinmann-Rothenmeier, 2001): (1) Lernen ist nur über die aktive Beteiligung des Lernenden möglich. Lernen erfordert eine mentale Rekonstruktion durch den Lernenden. Dazu gehört, dass der Lernende zum Lernen motiviert ist und dass er an dem, was er tut und wie er es tut, Interesse hat oder entwickelt. Nach Baumgartner (2002) sind insbesondere realistische Problemstellungen im Anwendungskontext geeignet, um diese Forderung zu erfüllen. (2) Bei jedem Lernen übernimmt der Lernende Steuerungs- und Kontrollprozesse. Wenn auch das Ausmaß eigener Steuerung und Kontrolle je nach Lernsituation variieren kann, so ist doch kein Lernen ohne jegliche Selbststeuerung denkbar. Die Komponenten der Instruktion sollten stets so gestaltet sein, dass die selbständige kognitive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand und die aktive Suche nach Bedeutung gefördert wird (Jonassen & Land, 2000). (3) Lernen ist in jedem Fall konstruktiv. Die Aufnahme von Informationen findet immer auf der Grundlage des individuellen Erfahrungs- und Wissensschatzes des Lernenden statt. Lernen wird als Prozess der Assimilation, der Anpassung neuer Informationen an vorhandene Wissensstrukturen und gleichzeitig als Prozess der Akkommodation, der Anpassung vorhandener kognitiver Strukturen an neue Informationen definiert. Bei der Gestaltung von Lernsituationen muss folglich beachtet werden, dass sich die Darbietung neuer Lerninhalte an den individuellen kognitiven Voraussetzungen orientiert. (4) Lernen erfolgt stets in spezifischen Kontexten, so dass jeder Lernprozess auch als situativ gelten kann. Das Lernziel besteht darin, den Lernenden Problemlösefähigkeit in realen Situationen zu vermitteln. Die Lernsituation soll sich daher an authentischen Situationen mit denen die Lernenden zum Zeitpunkt der späteren Anwendung konfrontiert werden orientieren und die Auseinandersetzung mit realistischen Problemen ermöglichen. Die Einnahme multipler Perspektiven und Aufgabenstellungen in unterschiedlichen Kontexten sollen eine Sicherstellung der Transferfähigkeit des Wissens in die Vielfältigkeit von Alltagssituationen gewährleisten. 35

43 3. Mediengestützte Lehre ein interdisziplinäres Forschungsfeld (5) Lernen ist immer ein sozialer Prozess. Zum einen ist der Lernende mit all seinen Aktivitäten stets soziokulturellen Einflüssen ausgesetzt, zum anderen ist jedes Lernen ein interaktives Geschehen. Insbesondere der Diskurs beim kooperativen Lernen in Arbeitsgruppen birgt ein bemerkenswert lernförderliches Potential in sich. Die Beteiligung von Experten, sowie auch der Austausch unter Novizen sollten daher als wesentliche Bestandteile von Lernsituationen betrachtet werden. Es liegt auf der Hand, dass für einen breiten Einsatz einer Form der Lehre die sich an diesen Grundprinzipien orientiert, ein gewaltiges Ausmaß an finanziellen und personellen Mitteln benötigt würde. Die Problematik den formulierten Forderungen nachzukommen ergibt sich insbesondere bei großen Teilnehmergruppen, wie sie in den Bereichen der Schulen, Universitäten oder der Weiterbildung anzutreffen sind. Unter den Bedingungen des konventionellen Präsenzunterrichts gibt es wegen des großen Aufwandes nur eine geringe Anzahl an denkbaren Anwendungsgebieten. In dieser Situation sind Methoden des Teleteachings und des web-basierten Lernens Kandidaten, um zumindest einen Teil solcher didaktischen Vorstellungen zu realisieren, ohne die ökonomischen Rahmenbedingungen in größerem Maße zu strapazieren. (Reinmann- Rothmeier, 2001, S.138). Die Forderung nach einer Orientierung an den individuellen Lernvoraussetzungen einzelner Teilnehmer ist insbesondere zu Zeiten zunehmender Heterogenität der Zielgruppen (vgl. Kapitel1) im Frontalunterricht kaum zu leisten. Gleiches gilt für den Anspruch einer Einbettung der zu vermittelnden Inhalte in verschiedene Kontexte und einer multiperspektivischen Betrachtung realitätsnaher Problemstellungen. Eine Unterstützung des Lernprozesses durch kollaborative Lernsettings ist natürlich auch ohne den Einsatz von Medien möglich. Jedoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass Formen des Lernens in Gruppen unter der Vorbedingung der Gegebenheit entsprechender technischer Voraussetzungen deutlich einfacher zu realisieren sind. Insbesondere in dem im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersuchten Umfeld von Fernstudierenden bieten sich im Allgemeinen kaum alternative Gelegenheiten für ein gemeinsames Lernen an. Eine Abhandlung über die Möglichkeiten der Nutzung der Neuen Medien in Ihren verschiedenen Erscheinungsformen erfolgt im nächsten Kapitel. Die Darstellung orientiert sich dabei an den bereits vorgestellten Lernparadigmen. Die Varianten computergestützter kooperativer Lernformen werden in Kapitel 6 vorgestellt. 36

44 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens 4. Grundtypen computerunterstützten Lernens Einen einführenden Überblick hinsichtlich verschiedener Klassifikationsansätze mediengestützter Lernsysteme bietet Schulmeister (1997). In Abhängigkeit von der von den Autoren eingenommenen Perspektive ergeben sich unterschiedliche Kategorien nach denen Lernsysteme eingeordnet werden können. Baumgartner (1997) merkt an, dass Autoren von Lernprogrammen bei der Erstellung ihrer Produkte grundsätzlich einem pädagogisch-didaktischen Modell folgen, welches auf den bereits dargestellten Lerntheorien basiert. Diese grundlegende Ausrichtung hat weitgehende Konsequenzen für sämtliche Komponenten des Systems, wie zum Beispiel der Gestaltung des Aufbaus oder der Steuerungsmöglichkeiten die dem Lerner innerhalb des Programms ermöglicht werden. Dem Behaviorismus sind vorwiegend die Lernsysteme des drill & practice zuzuordnen. Aspekte der kognitiven Psychologie werden insbesondere in Form von intelligenten tutoriellen Systemen (ITS) umgesetzt, während sich konstruktivistische Ansätze in Varianten von Hypertext und Hypermedia widerspiegeln. Hypermediale Systeme sind bei einer Integration entsprechender instruktionsorientierter Elemente ebenfalls prädestiniert, um den Forderungen des gemäßigten Konstruktivismus zu entsprechen. Abb.6: Übersicht der unterschiedlichen lerntheoretischen Strömungen (in Anlehnung an Schulmeister 1997, S.69). 37

45 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens Es folgen ein paar nähere Ausführungen zur Charakterisierung dieser Grundtypen des computerunterstützten Lernens die jeweils mit einer kritische Bewertung abschließt. 4.1 drill & practice - Programme Die einfachsten Varianten computerunterstützten Lernens fallen unter die Bezeichnung drill & practice. Programme dieses Typs zeichnen sich vorrangig durch eine starre Ablaufstruktur aus. Die ersten Systeme wurden in Form von Lernmaschinen gestaltet. Aufgrund ihres simplen linearen Aufbaus wurden einige der entwickelten Materialien auch in Form von Büchern bzw. anders gestalteten Papierversionen realisiert. Nach der Präsentation kurzer Lerneinheiten so genannten frames, werden die zu lernenden Inhalte mittels einer Aufgabe abgefragt. Die Bewertung der Antwort erfolgt unmittelbar durch das System (in einfachen Varianten z.b. in Form eines Lösungsbogens). Beantwortet der Lernende die Aufgabe richtig wird er zur nächsten Lerneinheit geleitet. Bei einer falschen Antwort wird der selbe Lernstoff erneut dargeboten, neuere Varianten (tutorielle Systeme) offerieren alternative Darstellungen und bieten teilweise sogar weiterreichende Unterstützungen an (vgl. Riehm, 1995). Oft wird eine Funktionalität integriert, die es dem Nutzer gestattet zum Abschluss eine Statistik mit der Summe von richtig bzw. falsch beantworteten Fragen zu erhalten. Zu den typischen Anwendungsfeldern gehören Vokabeltrainer, Grammatiktests, Mathematikaufgaben, Schreibmaschinenprogramme und ähnliche Einsatzbereiche. Baumgartner & Payr (1994) kritisieren die durch die in der Bezeichnung integrierten Begrifflichkeit der practice (Praxis) geweckten Assoziationen zur Handlungsorientierung und favorisieren daher den Begriff der drill & test -Software. Aufgrund ihrer wenig differenzierten Lernerunterstützung sind die Systeme mit wenig Aufwand zu erstellen und daher im Vergleich zu komplexeren Lernsystemen verhältnismäßig kostengünstig in der Anschaffung. Für eine vereinfachte Produktion wurden mittlerweile Autorensysteme entwickelt, die die Aufgabe eines Programmgenerators vollständig übernehmen können. Einzige Voraussetzung ist nun die Eingabe der Lerninhalte durch den Autor, sowie die Konzipierung entsprechender Fragen und Antworten. Spezielle Programmierkenntnisse sind nicht mehr erforderlich. Dieser Umstand hat sicher wesentlich dazu beigetragen, dass drill & practice -Programme auch in heutigen Tagen die populärste Form der computergestützten Lehre sind und den größten Marktanteil in diesem Geschäftsfeld einnehmen (vgl. Kalkbrenner, 1996). 38

46 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens Insbesondere in Anwendungssituationen bei denen einer Vielzahl von Lernern innerhalb kurzer Zeit einfachere Inhalte vermittelt werden sollen, bieten sich sinnvolle Einsatzmöglichkeiten. Als Beispiel für eine erfolgreiche Durchführung einer solchen Maßnahme steht die Deutsche Post. Sie richtete mehr als computergestützte Selbstlernplätze ein und schult dort mittels spezieller Trainingsprogramme sämtliche ca Postschalterarbeitskräfte. Ein besonderer Bedarf an Schulungsmaßnahmen besteht jeweils wenn Tarifänderungen anstehen. Alle Postschalterarbeitskräfte können nun innerhalb von 2 bis 4 Monaten in pcgestützten Selbstlernverfahren auf die Neuerungen eingestellt werden. Im Vergleich zu konventionellen Schulungsmaßnahmen sind darüber hinaus Einsparungen in der Höhe von ca. 7 Mio. Euro möglich (vgl. Riehm, 1995). Nachteilig an diesen Systemen ist, dass sie lediglich dazu geeignet sind vorhandenes Wissen zu festigen und durch wiederholtes Abfragen leichter verfügbar zu machen. Die Reduktion des Lernens auf eine die Konditionierung von Verhalten gemäß dem behavioristischen Paradigma ergibt starke Einschränkungen hinsichtlich des Einsatzbereichs und der vermittelbaren Lehrinhalte. Obwohl Kerres (2001) den Behaviorismus als theoretisches Erklärungsmodell für drill & practice - Programme in Frage stellt, gesteht er den Systemen zu in Grenzen für die Festigung von Faktenwissen geeignet zu sein. Die Rolle des Lernenden ist auf eine eher passive Rezeption von dargestellten Materialien bzw. punktuelle Reaktionen unter starken Handlungseinschränkungen begrenzt. Eine Förderung von Problemlösefähigkeit steht jedoch außer Frage. Ein Transfer der atomisierten Wissensbausteine auf konkrete Anwendungssituationen wird durch diese Art der Vermittlung erschwert. Damit ist die bereits angesprochene Problematik des Erwerbs trägen Wissens hier zutreffend. Individuelle Faktoren, wie der aktuelle Wissensstand oder die Auffassungsgabe der Lernenden werden von den Systemen nicht bzw. bei neueren Varianten nur geringfügig berücksichtigt. Basierend auf dem Behaviorismus zielen die Programme darauf ab, gewünschtes Verhalten zu belohnen und nutzen folglich extrinsische Motivation zur Verhaltenssteuerung. Nachteilig an diesem Verfahren ist, dass sich Belohnungen von außen negativ auf die intrinsische Motivation, also die Freude am Lernen und an dem Lerngegenstand selbst auswirken. Somit können diese Verfahren einen demotivierenden Effekt auf die Lernenden haben Intelligente tutorielle Systeme (ITS) Die Fokussierung der kognitiven Vorgänge beim Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die im kognitivistischen Paradigma im Zentrum des Interesses stehen, hat grundlegende 39

47 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens Auswirkungen auf die Gestaltung von Lernprogrammen. Wie eben beschrieben bieten tutorielle Systeme bereits erste Ansätze zur Anpassung der dargebotenen Lernelemente durch das System in Abhängigkeit von den Antworten des Nutzers. Der Übergang zu den so genannten intelligenten tutoriellen Systemen (ITS) wird durch die Integration einer Analyse des Verhaltens des Lerners und einer entsprechenden Generierung individuell adaptierter Lernwege definiert (vgl. Kerres 2001, S.71). Dies kann zum Beispiel durch den Abgleich eines so genannten Expertenmodells mit dem aktuellen Modell des Lerners erfolgen. Als Ergebnis der Analyse erstellt das System ein Differenzmodell und bietet dem Lerner dann geeignete Module an, um die diagnostizierten Wissenslücken zu schließen (vgl. Schulmeister 2003). Einem automatisierten Tutor gleich sollen die Systeme die Funktionen eines Lehrers im Hinblick auf die individuelle Unterstützung der Nutzer übernehmen. Programme, die auf den Prinzipien von ITS aufgebaut sind, können sowohl zur Förderung von deklarative als auch von prozeduralem Wissensaufbau genutzt werden. Einen besonderen Aufschwung erlebten die ITS durch die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz in den 80er Jahren. Die Vorteile der ITS sind insbesondere im Kontrast zu den Programmen des drill & practice augenscheinlich. Erstmals wird eine Anpassung an die individuellen Stärken und Schwächen des Lerners angestrebt. Des weiteren sind Lerninhalte im Bereich der ITS nicht mehr ausschließlich auf die Vermittlung einzelner Lernatome beschränkt, sondern verfolgen die Vermittlung komplexer kognitiver Modelle (Annäherung an das Expertenmodell). Die Vorstellungen einer sukzessiven Optimierung der Systeme bis zu einem zufrieden stellenden Grad erfüllten sich bisher jedoch trotz mehrjähriger Erstellungs- und Weiterentwicklungsphasen nur in den seltensten Fällen (vgl. Kerres, 2001, S.73). Die Rückschlüsse vom Verhalten des Nutzers auf sein individuelles Lernermodell erwiesen sich oftmals als zu komplex, Lösungen sind nicht in Aussicht. Die Gründe dafür haben vielschichtige Ursachen. Falsche Antworten oder auch verlängerte Antwortzeiten können zum Beispiel aus den unterschiedlichsten Gründen zustande kommen (z.b. Flüchtigkeitsfehler, Ablenkung, intensives Nachdenken, Recherche eines Begriffs in einem anderen Medium oder Programm, Störung, Telefonat,...) und stellen daher eine enorme Erschwernis für exakte Analysen dar. Des weiteren fand in den ITS eine Unterscheidung im Hinblick auf individuelle Lernstile und Lernstrategien der Nutzer keine Berücksichtigung. Der Adaption des Differenzmodells auf die individuellen Bedürfnisse der Lerner sind damit zunächst deutliche Grenzen gesetzt. Sowohl die Erkenntnis eine perfektionierte Fremdkontrolle des Lernvorgangs mittels Dialog und Analyse nicht erreichen zu können, sowie auch der zunehmende Einfluss 40

48 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens konstruktivistischer Strömungen rückten neue Aspekte in den Mittelpunkt. Die neuen Themengebiete werden durch einen kurzen Blick auf die Überschriften der in der letzten Zeit im Journal of AI in Education (AI = artificial intelligence) erschienenen Artikel deutlich erkennbar. Den Bereichen collaboration und social learning wird zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt, sie gewinnen offensichtlich an Bedeutung erschien in diesem Zuge sogar eine Special Issue on Computer Supported Collaborative Learning Kognitive Werkzeuge Nach Kommers et al. (1992) werden unter dem Oberbegriff kognitive Werkzeuge computerbasierte Lernwerkzeuge zusammengefasst, die bei der Erschließung eines Lernbereichs die kognitive Verarbeitung fördern und erleichtern sollen. Derry (1990, S.16) definiert kognitive Werkzeuge als... both mental and cognitive devices that support, guide, and extend the thinking processes of their learners. Diese Programme bilden Teile oder Ausschnitte eines spezifischen Lernfeldes oder Fachgebietes ab. Der Grad der Anleitung zur Nutzung des Systems kann von vorgegebenen Aufgabenstellungen mit zugehörigen Informationsabschnitten bis hin zur völlig eigenständigen Erkundung eines weitläufigen Experimentierfeldes reichen. Die Systeme ermöglichen die eigenständige Konstruktion von Wissen oft auf anschauliche Weise anstatt zur bloßen Reproduktion dargebotener Inhalte aufzufordern. Kognitive Werkzeuge bieten darüber hinaus die Möglichkeit einer Reflexion der eigenen kognitiven Modelle und erleichtern die Integration neuer Erkenntnisse an vorhandenes Wissen (Schulmeister, 1997, S.345). Sie unterstützen diesen Vorgang durch die Darbietung eines Informationsangebotes, welches die Nutzer zur intensiven Auseinandersetzung mit der Materie anregen soll. Es liegt auf der Hand, dass die Grundlagen dieser Systeme weitgehend auf den Annahmen des Konstruktivismus beruhen. Lerner verändern ihre Konstruktion der Realität durch die Integration neuer Erfahrungen, die sie zum Beispiel mit den hier vorgestellten kognitiven Tools sammeln können (Jonassen, 2002). Der grundlegende Unterschied zwischen traditionellen medienbasierten Lernwerkzeugen und ihrem Gebrauch als kognitive Werkzeuge wird von Salomon, von Perkins und von Globerson (1991) pointiert hervorgehoben. Der Medieneinsatz und die gewünschten Effekte beziehen sich in der ursprünglichen Form auf ein Lernen durch Computerunterstützung, während es sich in der Anwendung kognitiver Tools um ein Lernen mit Computerunterstützung handelt. Bei der Betrachtung der Lerneffekte durch Computerunterstützung tritt die Rolle des Lerners in den Hintergrund, da ihm eine eher passive Rolle zugeschrieben wird und die Steuerung hauptsächlich durch das Programm erfolgt. Beim Lernen mit 41

49 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens Computerunterstützung steht die Aktion des Lernenden im Mittelpunkt. Dem Nutzer bleiben Planung, Entscheidung und Selbststeuerung des Lernprozesses weitgehend überlassen. Hier tritt die Funktion des Computers als Werkzeug in den Vordergrund, welches vom Lernenden im Sinne der Wissensgenerierung eingesetzt wird. Salomon et al. (1991) gehen davon aus, dass sich bei der Nutzung von Computern im Sinne kognitiver Tools synergetische Effekte erzielen lassen. Kognitive Tools können auf unterschiedlichste Weise in Lernprogramme umgesetzt werden. Zu den populärsten Erscheinungsformen zählen Simulationen, Mikrowelten, Programmierumgebungen und Planspiele. Am Beispiel von Simulationen werden im folgenden die wesentlichen Vor- und Nachteile dieser Systeme vorgestellt: Schulmeister (1997, S.375) beschreibt Simulationsprogramme als dynamische Modelle von Apparaten, Prozessen und Systemen. Beim Einsatz im Lernkontext können Simulationen dazu dienen, Lernenden durch die Auseinandersetzung mit dem Programm, Erfahrungen über das Modellverhalten zu vermitteln. Die Ausgabeparameter passen sich dabei jeweils den Eingaben des Nutzers an. Die Reaktion des Programms ist durch Regeln determiniert, die der Lernende durch die Interaktion ergründen soll. Es können diverse Vorteile von Simulationen im Gegensatz zu realen Erfahrungen hervorgehoben werden: Möglichkeit der Anpassung (Reduktion) der Modellkomplexität an den individuellen Kenntnisstand des Nutzers Möglichkeit des Hinzufügens wichtiger Informationen (Parameterdaten) die in der Realität nicht sichtbar wären Möglichkeit des risikofreien und kostengünstigen Experimentierens (Flugsimulator) Möglichkeit der Variation der Geschwindigkeit des Prozesses (Beispiele: Evolution, atomarer Zerfall, etc.). Insgesamt stellen die Systeme damit eine ideale Umgebung für die Realisierung moderner lerntheoretischer Ansätze bereit. Je nach dem welche theoretische Ausrichtung vom Autor favorisiert wird, lassen sich sowohl die Konzepte des Problemlösens, des situativen und explorativen Lernens, sowie auch die konstruktivistischer Lehre umsetzen. Eine Gemeinsamkeit, die diese Grundpositionen gewissermaßen vereint, ist die Zielsetzung eine hohe Transferierbarkeit der erworbenen Kenntnisse auf reale Problemstellungen sicherzustellen und somit anwendbares Wissen zu vermitteln. 42

50 4. Grundtypen computerunterstützen Lernens De Jong und van Joolingen (1998) konnten in einer Reihe empirischer Studien vielfältig lernförderliche Effekte von computergestützten Simulationsprogrammen nachweisen. Die Grenzen der Systeme wurden ebenfalls bereits vielfältig dokumentiert. Oft lässt sich die Kritik auf grundlegende Argumente reduzieren, die jeglichen Formen konstruktivistischen und explorativen Lernens entgegengebracht werden kann. Die Problematik besteht im allgemeinen darin, die Gradwanderung zwischen freier Exploration und restriktiver Instruktion insbesondere bei unterschiedlichem Kenntnisstand der Lernenden zu meistern (vgl. Kerres, 2001, S.80, S.98, S.100ff). An anderer Stelle wurde in diesem Zusammenhang bereits auf den anschaulichen Einwand von Laurillard (1987) verwiesen, die sinngemäß darauf hinwies, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Lernende selbst in optimal gestalteten Lernumgebungen eigenständig die Gesetze der Newtonschen Physik wieder entdecken. Sind die Möglichkeiten des sinnvollen Einsatzes kognitiver Tools aus pädagogischer Perspektive in vielen Anwendungsbereichen sicher unumstritten, bestehen jedoch wegen der tendenziell höheren Kosten für ihre Erstellung gewisse Einschränkungen. 43

51 5. Hypertext und Hypermedia 5. Hypertext und Hypermedia Einige Besonderheiten, die sich bei der Umsetzung computerunterstützer Lernformen hinsichtlich der Potentiale medialer Darstellungsformen ergeben, sind im Untersuchungszusammenhang von großer Bedeutung. Im Schnittpunkt der vielfältigen Anforderungen, die sich aus der aktuellen Situation im Bereich der Lehre (vgl. Kapitel 1), sowie aus lerntheoretischer und didaktischer Perspektive (vgl. Kapitel 3 und 4) ableiten lassen, befinden sich die Möglichkeiten im Bereich von Hypertext und Hypermedia. Abgesehen davon, dass sich sämtliche im vorhergehenden Kapitel dargestellten computerbasierten Varianten auf diese Weise realisieren lassen, sind darüber hinaus noch weitere Vorzüge in Bezug auf einen Einsatz im Lernkontext zu erzielen. Beginnend mit einigen definitorischen Begriffsbestimmung werden im Folgenden einige theoretische Hintergründe als auch empirische Ergebnisse aus diesem Bereich vorgestellt Definitionen Hypertext bezeichnet eine nicht-lineare Organisation von Text, die sich im Grunde nur mittels Computern realisieren lässt. Er ermöglicht eine direkte Darstellung vernetzter Zusammenhänge, die sich im Rahmen konventionell gedruckter Texte nur sehr begrenzt realisieren lassen (z.b. über Verweise oder einen Index). Die Informatik liefert dazu eine strukturell orientierte Definition: "Hypertext ist die Verknüpfung von Textdokumenten durch hierarchische Relationen und/oder Verweisstrukturen" (Schnupp, 1992, S.8). Die Erweiterung von Hypertext zu Hypermedia wird von Gerdes (1997, S.6) wie folgt beschrieben: "Enthalten die Strukturen darüber hinaus farbige Bilder, Töne, Videos, Simulationen oder Animationen, so spricht man von Hypermedia". Die Wortschöpfung Hypermedia wurde aus den Begriffen Hypertext und Multimedia zusammengesetzt. In der Praxis verliert diese Unterscheidung jedoch mittlerweile an Bedeutung da bei den verfügbaren Angeboten zunehmend auf multimediale Elementen zurückgegriffen wird (vgl. Flender, 2000). Hypermedia besteht also aus Informationen (Texten, Bildern) und Verbindungen (Hyperlinks) zwischen diesen Informationen. Kennzeichnend für Hypermedia ist die Integration multimedialer Darstellungen auf einer gemeinsamen Oberfläche in einem verbindlichen Gesamtzusammenhang. Durch die bereitgestellten Verknüpfungen kann eine freie Exploration der Inhalte durch den Nutzer erfolgen. Ein wesentlicher Effekt welcher durch diese netzartige Struktur von Hypermedia 44

52 5. Hypertext und Hypermedia unterstützt wird ist die selbstgesteuerte Navigation die durch die Interaktion des Benutzers mit der Software erzielt werden kann. Im Gegensatz zur sequentiellen Nutzung multipler Medien (z.b. erst Buch also Text, dann Video) wird dem Anwender hier ein Medienwechsel ermöglicht ohne einen Medienbruch zu begehen. Aus diesen charakteristischen Besonderheiten von Hypermedia gehen bezogen auf eine Anwendung im Lernkontext insbesondere zwei Betrachtungsebenen hervor, die in den nächsten Abschnitten näher ergründet werden. Dies sind zum einen die nicht-lineare Struktur und zum anderen der Aspekt multimedialer Darstellungen Die kognitive Plausibilität von Hypertext Wie zuvor festgestellt wurde, besteht ein zentrales Element von Hypermedia in der Möglichkeit nicht-lineare Strukturen abzubilden. Basierend auf der konnektionistischen Annahme, dass Informationen im menschlichen Gehirn ebenfalls netzartig organisiert sind, werden in der analogen Verknüpfung von Inhalten in Hypermedia Vorteile bei der kognitiven Erfassung der Materialien gesehen (vgl. Ohler & Nieding, 1997). Diese Parallele wird in der Literatur oftmals unter der These der kognitiven Plausibilität von Hypertext referiert. Ausgehend von dieser Grundannahme lassen sich nach Gerdes (1997) folgende drei Thesen ableiten: 1. Die nicht-lineare Struktur der Repräsentation von Wissen in Hypertexten entspricht der vernetzten Struktur der mentalen Wissensrepräsentation. 2. Die Autorin kann ihre mentale Wissensstruktur, die als vernetzt strukturiert angenommen wird, direkt in Hypertext abbilden, ohne wie bei der traditionellen Textproduktion den Umweg über die Linearisierung nehmen zu müssen. 3. Beim Lesen von nicht-linearen Hypertexten entfällt der Prozess der Delinearisierung. Wissen kann somit direkt vernetzt aufgenommen werden. Abbildung 7 veranschaulicht die unterschiedlichen Prozesse, die demgemäß beim Transfer von Wissen vom Autor zum Leser angenommen werden: 45

53 5. Hypertext und Hypermedia Abb.7: Informationstransfer vom Autor zum Leser (nach Gerdes, 1997) Ausgehend von der These, dass die vernetzte Struktur innerhalb von Hypertext-Dokumenten der vernetzten Struktur unseres Gedächtnisses entspricht, können die Informationen hier direkt internalisiert werden. Der aufwendige Prozess der Delinearisierung, der bei linearen Texten erforderlich ist, entfällt. In ihren Grundzügen sind die im Rahmen der Thesen getroffenen Aussagen mit den Lernparadigmen vereinbar. Aus der Perspektive des Behaviorismus wird durch die Verlinkung eine Koppelung zwischen einzelnen Informationseinheiten erreicht und ein Lernen demnach gefördert. Dem ersten Anschein nach mögen die Annahmen der kognitiven Plausibilität im Widerspruch zu kognitivistischen Auffassungen stehen. Der Eindruck gegensätzlicher Positionen lässt sich jedoch leicht auflösen. Kognitivistische Ansätze betonen die Relevanz anschlussfähiger Informationen an bereits vorhandene Wissensstrukturen beim Lernenden. Damit liegen die Vorteile durch die Vielfältigkeit der Erschließungsmöglichkeiten des Lernstoffs in hypermedialen Lernangeboten auf der Hand. Aus der Blickrichtung des konstruktivistisch orientierten Lernparadigmas eröffnen sich ebenfalls die besonderen Potenziale dieser Darstellungsform. Die selbstständige Erschließung eines Wissensgebietes aus multiplen Perspektiven (vgl. Cognitive Flexibility Ansatz von Spiro et al. 1988, 1990, 1992) kann durch hypermediale Lernmaterialien optimal unterstützt werden und fördert damit die Entstehung von Transferwissen. Die Aussagen die 46

54 5. Hypertext und Hypermedia zuvor für den Bereich der kognitiven Werkzeuge getroffen wurden, sind direkt übertragbar (vgl. Kapitel 4). Ob ein hypermediales Produkt eher kognitivistisches oder konstruktivistisches Lernen unterstützt ist hauptsächlich von der impliziten Lerntheorie des Programmautors abhängig. Bedeutsam sind die Konsequenzen für die implementierte instruktionale Komponente des Programms. Sie spiegeln sich im Grad der Steuerung des Lerners wider, die durch die Navigationsmöglichkeiten innerhalb des Systems vorgegeben wird. Im negativsten Fall lässt sich bei einer maximalen Begrenzung dieser Möglichkeiten auch ein hypermediales Lernmedium zu einer aufwendig gestalteten elektronischen Umblättermaschine degradieren Aspekte multimedialer Darstellungsformen im Lernkontext Bereits zum Beginn dieser Arbeit wurde darauf verwiesen, dass die Maxime beim Lernen möglichst sämtliche Sinne einzubeziehen, bereits im 17. Jahrhundert von Comenius praktiziert wurde. Dieser Anspruch hat bis heute seine Gültigkeit und erfährt durch die zunehmende Verbreitung von Computern und Internet einen Aufschwung hinsichtlich seiner Umsetzungs- und Verbreitungsmöglichkeiten. Zur Unterstützung dieser Auffassung kann eine Vielzahl von theoretischen Grundlagen angeführt werden. Einen Überblick kognitionspsychologischer Theorien liefert zum Beispiel Wessels (1995). Um sich nicht in ausufernden Ausführungen im Bereich kognitionspsychologischer Grundlagenforschung zu verlieren, sind die Ausführungen an dieser Stelle auf die Darstellung einer maßgeblichen Theorie beschränkt. Das Modell des dual coding von Paivio stellt eine der am häufigsten zitierten theoretischen Fundierung zur Kombination von bildlichen und sprachlichen Elementen im Lernkontext dar (Paivio, 1986). Eine Vielzahl von Autoren berufen sich auf Paivios Grundmodell und integrieren die dort umschriebenen grundlegenden Ansätze in ihre erweiterten Modelle (z.b. Engelkamp & Zimmer, 1990; Weidenmann, 1996; Mayer, 1997). Paivio (1986) postuliert in seiner Theorie die Existenz zweier kognitiver Subsysteme im Bereich des Langzeitgedächtnisses. Eins dieser Subsysteme ist speziell für die Repräsentation und Verarbeitung von sprachlichen Informationen ausgelegt. Es erfolgt eine sequentielle Verarbeitung dieser Informationen. Einzelne Informationseinheiten innerhalb des sprachlichen Systems werden als Logogene bezeichnet. Die Logogene sind untereinander assoziativ und hierarchisch verbunden. Das andere Subsystem dient der Speicherung und Verarbeitung bildlicher Informationen. Die Verarbeitung eingehender Informationen in diesem Gebiet erfolgt eher parallel. Bildlich gespeicherte 47

55 5. Hypertext und Hypermedia Informationseinheiten benannte Paivio als Imagene. Sie sind auf ganzheitliche Weise miteinander verknüpft (siehe Abb.8). Abb.8: Modell des dual coding (nach Paivio, 1986) Auch die beiden Subsysteme sind durch Querverbindungen zwischen Logogenen und Imagenen miteinander verbunden. Eingehende Informationen werden entsprechend ihrer Modalität zunächst in dem angesprochenen Subsystems kognitiv verarbeitet. Durch die Verbindungen zwischen den Systemen kann es beim weiteren Verlauf des Verarbeitungsprozesses auch zu einer Aktivierung des jeweils anderen Systems kommen. Nach der Theorie des dual coding kann die Behaltensleistung durch eine explizite Aktivierung beider Systeme gesteigert werden. Bei einer angemessenen multimedialen Aufbereitung von Lerninhalten können folglich beide kognitiven Subsysteme des menschlichen Gehirns parallel angesprochen werden und somit ein Lernen auf diese Weise unterstützen Nachteilige Aspekte im Zusammenhang mit einem Hypermedia-Einsatz im Lernkontext Durch ein erweitertes Spektrum an Möglichkeiten resultieren auch gesteigerte Anforderungen an die Kompetenz der Nutzer. Die Freiheiten die ein Lernender in einem nicht-linear aufgebauten Text im Bereich der Navigation zur Verfügung stehen, muss dieser auch sinnvoll nutzen können um davon zu profitieren. 48

56 5. Hypertext und Hypermedia Als wesentliche Einflussfaktoren haben sich in diesem Zusammenhang das Vorwissen, auf welches die Lernenden im angesprochenen Themengebiet zurückgreifen können und der Umfang ihrer Erfahrungen im Umgang mit Hypertexten erwiesen (z.b. Jacobson et al., 1996; Fischer, Gräsel & Mandl, 2000). Als theoretische Grundlage für diese Zusammenhänge kann das Forschungsfeld des cognitive load einen Beitrag leisten (vgl. Sweller, 1994, 1998). Der Begriff basiert auf Millers Konzept einer begrenzten mentalen Verarbeitungskapazität, insbesondere im Bereich des Arbeitsgedächtnisses (Miller, 1956). Beim Lernen steht die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Lernmaterialien im Vordergrund. Für ein effizientes Lernen sollten die kognitiven Ressourcen daher möglichst vollständig im Sinne dieser inhaltlichen Auseinandersetzung verwendet werden. Im Gegensatz zu konventionell aufgebauten Texten mit einer linearen Struktur wird beim Hypertext ein Teil der Aufmerksamkeit für die Orientierung innerhalb des Textes benötigt. Dies erhöht insbesondere bei Lernenden mit einem geringen Vorwissen die kognitive Beanspruchung die zur Orientierung und Navigation innerhalb des Hypertextes erforderlich ist (vgl. Conklin, 1987). Der gewohnte Umgang mit Hypertexten spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Nutzung von Lernumgebungen die sich dieses Mittels bedienen. Die Fähigkeit zum sicheren Umgang mit dem jeweiligen Medium wird als Medienkompetenz bezeichnet (Gapski, 2001). Gemäß dem Konzept des cognitive load beanspruchen unerfahrene Nutzer einen höheren Anteil ihrer kognitiven Ressourcen für den Umgang mit dem Medium. Zum anderen unterliegen sie mit höherer Wahrscheinlichkeit einer Desorientierung in der Hypertextstruktur dem sogenannten Phänomen des lost in hyperspace (z.b. Kuhlen, 1991; Gray, 1995). Hasebrook (1995) kommt zu dem Schluss, dass bei einer Bewertung der Lernwirksamkeit von Multimedia ein relativ breites Spektrum an innerer und äußerer Bedingungen berücksichtigt werden muss. Dazu gehören beispielsweise Vorwissen, metakognitive Strategien und Lernmotivation der Lernenden, Art und Inhalt der verwendeten Medien sowie deren Kombination, Zeitverlauf der Mediendarbietung und Möglichkeiten des Informationszugriffs durch den Nutzer sowie eine ganze Reihe äußerer Umstände, wie etwa die Einbindung der Bildungsmaßnahme in das Curriculum, Art der verwendeten Apparatur, Störung durch Geräusch- und Lichteinflüsse oder die Art des Arbeitens (Gruppen- oder Einzelarbeit) (Hasebrook, 1995, S.102). Eine systematische Erörterung der relevanten individuellen Einflussfaktoren beim mediengestützten selbstgesteuerten Lernen erfolgt in Kapitel 7. 49

57 5. Hypertext und Hypermedia 5.5. Empirische Befunde - Mehrwert von Hypermedia In unzähligen Studien wurde versucht zu klären ob und unter welchen Umständen hypermedial unterstützte Lernmaterialien konventionellen Lehrtexten überlegen sind. Die Befundlage empirischer Studien auf diesem Gebiet erweist sich als äußerst heterogen (vgl. Teleeducation NB, 2003). Vor dem Hintergrund des breiten Spektrums an Lernangeboten welches sich unter dem Begriff Hypermedia subsumieren lässt, ist dies nicht verwunderlich. Schulmeister (1997, 2003) kritisiert, dass es sich bei einem Grossteil der aktuell auf dem Markt angebotenen hypermedialen Lernmaterialien letztendlich nur um digitalisierte weitgehend lineare Texte handelt, die durch multimediale Komponenten ergänzt wurden. Insofern die Möglichkeiten des Mediums nicht im Sinne moderner lerntheoretischer und didaktischer Ansätze eingesetzt werden, sind kaum ausschlaggebende Effekte zu erwarten. Im Anschluss an umfangreiche Recherchen zur Evaluation von Hypertext und Hypermedia kommt Hasebrook (1995, 1999) zu dem Schluss, dass ein Grossteil der Untersuchungen bei näherer Betrachtung grobe Mängel im Design aufweisen und teilweise sogar eher einem Erfahrungsbericht als einer wissenschaftlich fundierten Untersuchung entsprechen. Ein zentrales Problem stellt dabei ebenso die häufige Vernachlässigung einer Vielzahl relevanter Einflussfaktoren auf Seiten der Lernenden dar (s.o.). Die zu erzielenden Lernvorteile stehen zu großen Teilen in Abhängigkeit von dem Umgang der Nutzer mit dem System bzw. seinen Komponenten. Der Mythos, der bloße Einsatz Neuer Medien würde bereits einen Motivationsschub auslösen, wurde im wesentlichen durch die berühmte Bildplattenserie "Adventures of Jasper Woodbury" (Bransford, 1990) ausgelöst. Mittlerweile ordnet man die damaligen Untersuchungsergebnisse eindeutig einem Neuigkeitseffekt zu. Die lernmotivationssteigernde Funktion des Medieneinsatzes kann daher allenfalls im Sinne einer Erleichterung der Einführung derselben genutzt werden. Im weiteren Verlauf muss die Motivation der Teilnehmer dann durch Arbeitsanweisungen, "die zur intensiven kognitiven Auseinandersetzung einladen" (Kerres 2001, S.96) aufrechterhalten werden. Das aktuelle Meinungsbild der scientific community zur Bewertung der Lernwirksamkeit multimedialer Angebote ist relativ einheitlich. Abgesehen von individuellen Nuancen besteht ein generelles Einvernehmen darüber, dass allgemeingültige Aussagen zur Lernwirksamkeit von Multimedia nicht getroffen werden können (Gerdes, 1997; Kerres, 2001; Schulmeister, 2003; Tulodziecki, 1999; Tergan, 2002; Weidenmann, 2002). 50

58 5. Hypertext und Hypermedia Die Abkehr von einer universellen Medienwirkungsforschung, wie sie in der letzten Dekade noch betrieben wurde, ist unverkennbar. Ebenso ist jedoch unbestritten, dass sich in hypermedialen Lernangeboten Darstellungsmöglichkeiten bieten, wie in keinem anderen Medium. Weidenmann sieht den Bereich Hypermedia als ideales Transportmittel für gemäßigt konstruktivistisch orientierte Lernkonzepte. Er führt insbesondere die Aspekte Authentizität und Situiertheit, multiple Kontexte und Perspektiven und Lernen im Sozialen Kontext an (Weidenmann, 2002, S.61). Die Parallelen zu den von Mandl et al (2001) und Baumgartner (2002) formulierten Grundsätze zur Gestaltung eines situativen Lernens sind offensichtlich (vgl. Kapitel 3.3). Im Hinblick auf die Möglichkeiten, die hypermediale Lernkomponenten zur Umsetzung moderner didaktischer und lerntheoretischer Ansätze bieten, ist ihr Potenzial im Lehr- und Lernkontext einzigartig. Die Ausführungen verdeutlichen jedoch ebenfalls, dass für die Entfaltung dieser Potenziale eine Vielzahl interner und externer Faktoren berücksichtigt werden muss. Dichanz (2001, S.9) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es bis heute keine Möglichkeit (gibt) jemanden durch Lehre lernen zu machen. Insbesondere bei Lernzielen die über den Erwerb von deklarativem Wissen hinausreichen, kommen Interaktion und Diskurs eine besondere Bedeutung zu. Auf Aspekte des kooperativen Lernens wird ausführlich im nächsten Kapitel eingegangen. 51

59 6. Kooperation 6. Kooperation Ein weiterer Kernaspekt, der von modernen lerntheoretischen und didaktischen Konzepten hervorgehoben wird, ist die zwischenmenschliche Interaktion der Lernenden (vgl. Kapitel 3.3). Abgesehen von den bereits abgehandelten Möglichkeiten einer Förderung der Entstehung von Transferwissen, werden auch in diesem Bereich große Hoffnungen auf aktuelle und künftige Entwicklungen gelegt. Die Forderung nach regelmäßigen Zusammenkünften von Lernenden für ein gemeinsames Lernen stellt jedoch in vielen Bereichen aus den unterschiedlichsten Gründen (vgl. Kapitel 1) eine oftmals unüberwindbare Hürde dar. Dies trifft insbesondere auch auf die in dieser Arbeit untersuchte Population der Fernstudierenden zu. Abgesehen von der weiten räumlichen Verteilung der Studierenden werden ihre zeitlichen Freiräume zu großen Teilen von beruflichen und familiären Erfordernissen bestimmt (vgl. Miller, 1991). Die rasante Zunahme der an das Internet angeschlossenen Bevölkerungsanteile lässt jedoch die Bedeutung von Raum und Zeit im Hinblick auf Kommunikationsbedürfnisse mehr und mehr verschwinden. Es verwischen die Begriffe von hier und dort, die Fernstudienforschung und die traditionelle Lehr-Lern-Forschung bewegen sich aufeinander zu. (Wolf, 2001). Die uns heute selbstverständliche Rechenleistung der PCs und die bereit gehaltenen Übertragungsraten standen noch vor wenigen Jahren nur einer erlesenen Anzahl von Spezialisten zur Verfügung. Ebenso euphorisch sind die Erwartungen, die in den Einsatz dieser neuen Technologie in der Bildung gesetzt werden. Viele sprechen von einem neuen Bildungszeitalter, von anderen wird gar ein Paradigmenwechsel in der Lehre angekündigt. Reinmann-Rothmeier & Mandl fordern eine neue Kultur des Wissens, in der das geteilte Wissen mehr zählt als das einzeln Gehortete. (2001, S.10). Daraus ergibt sich gleichzeitig eine neue Kultur des individuellen und organisationalen Lernens, in der lebenslanger Wissenserwerb, Erfahrungsaustausch und kooperative Zusammenarbeit zur Selbstverständlichkeit für jeden werden. (ebenda) Ohne die Begeisterung für die neu hinzugewonnenen Möglichkeiten schmälern zu wollen, soll an dieser Stelle an die eingangs geschilderte Historie der mediengestützten Lehre erinnert werden. Technische Errungenschaften wurden schon oft mit Ankündigungen revolutionärer Veränderungen verbunden und standen letztendlich nur bis zur bald folgenden Ernüchterung als Generallösung für die jeweils aktuellen Probleme. Zur Vermeidung einer Wiederholung dieses charakteristischen Verlaufs im Bereich des kooperativen Lernens, können Pilotprojekte mit eine wissenschaftliche Begleitforschung wie sie in dem 52

60 6. Kooperation vorliegenden Fall geleistet wird, beitragen. Sie sollen eine fundierte Bewertung von Handlungsalternativen durch empirische Befunde ermöglichen. Im Brennpunkt der genannten Anforderungen und Möglichkeiten können abgesehen von Hypermedia auch Formen des Gruppenlernens gesehen werden deren Mitglieder vornehmlich über das Internet miteinander in Kontakt treten (computer mediated communication, Abk. CMC). Sie werden hier analog zur webgestützten also der virtuellen Lehre als virtuelle Lerngruppen bezeichnet. Dieses Kapitel soll einen Einblick in die skizzierte Thematik liefern. Ausgehend von grundlegenden Definitionen im Gegenstandsbereich computerunterstützter kooperativer Lernformen (computer supported collaborative learning, Abk. CSCL) wird zunächst zwischen verschiedenen Interaktionsvarianten differenziert. Im Anschluss erfolgt eine Darstellung der wesentlichen theoretischen Strömungen und es werden unter Einbezug empirischer Forschungsergebnisse die Chancen und Grenzen virtueller Lerngruppen aufgezeigt Vorstellung einiger grundlegender Begriffe Es bedarf keiner tiefgehenden Vorüberlegungen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass sich die Forschung zum CSCL (computer supported collaborative learning) als Teilbereich der computergestützten Lehre über eine ähnlich große Anzahl beteiligter Fachgebiete erstreckt, wie dies bei dem zuvor dargestellten Gesamtbereich der computerunterstützten Lehre der Fall ist. Es verwundert daher nicht, dass im Rahmen der Darstellung der Forschungsergebnisse einer internationalen interdisziplinären Forschergruppe erst gar kein Versuch unternommen wurde zu einer gemeinsamen Definition zu gelangen (Dillenburg, 1999). Genauso wie innerhalb jeder der Disziplinen eine spezifische Perspektive zur Betrachtung von Realitätsausschnitten eingenommen wird, stellen fachspezifische Definitionen jeweils unterschiedliche Facetten eines Forschungsobjektes heraus. Wie in vielen Bereichen ist die aktuelle Begeisterung für diese Lernform mit einem inflationären Gebrauch der damit im Zusammenhang stehenden Begriffe verbunden. Im Sinne einer definitorischen Eingrenzung erfolgt daher eine auf den Untersuchungskontext bezogene Darstellung ausgewählter Definitionen Die realweltliche Gruppe Als Ausgangspunkt für eine Betrachtung der Komponenten des kollaborativen Lernens wird ihr zentrales Merkmal der Interaktion mehrerer Personen in Form einer Gruppe gewählt. Maßgeblich hat sich Hofstätter (1990) mit unterschiedlichen Erscheinungsformen von 53

61 6. Kooperation Menschen im Plural auseinandergesetzt. Er differenziert zwischen den Begriffen Menge, Klasse, Familie, Gruppe, Masse und dem Verband. Ohne auf eine differenzierte Erläuterung all dieser Begriffe einzugehen, soll an dieser Stelle nur der Begriff der Gruppe näher ausgeführt werden. Nach Hofstätter (1990) beziehen sich die Definitionsmerkmale der Gruppe zunächst auf die Anzahl der Mitglieder, die sich auf mindestens zwei Personen belaufen muss. Die Gruppenmitglieder stehen darüber hinaus über längere Zeit in Interaktion miteinander und verfolgen ein gemeinsames Ziel. Weiterhin bildet sich im Verlauf ihrer Entwicklung ein Zugehörigkeitsgefühl der Mitglieder heraus, welches als Gruppenidentität bezeichnet wird. Ebenso findet eine Ausbildung gemeinsamer Normen sowie eine Rollendifferenzierung der Mitglieder statt Virtuelle Gruppen Analog zu den realweltlichen Gruppen lassen sich Entsprechungen dieser sozialen Gefüge auch im virtuellen Bereich wieder finden. Döring (1998) unterscheidet zwischen drei Typen von Gruppierungen im Internet: Die virtuelle Kleingruppen (mit nur drei bis fünf Personen), virtuelle soziale Netzwerke und virtuelle Gemeinschaften. Die Kleingruppen finden sich aufgrund formaler Gründe (meist im Arbeits- und Bildungsbereich) zusammen, wohingegen die Interaktion in virtuellen sozialen Netzwerke auf einem gemeinsamen Thema basiert und damit ein eher organisches soziales Gebilde ist. Von einer sozialen Gemeinschaft grenzen sich die Netzwerke dadurch ab, dass die Beteiligten sich nicht als Gesamtheit empfinden und kein nennenswertes Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Der Schwerpunkt von Netzwerken liegt laut Hahn & Batinic (1998) auf der Bereitstellung von sozialem Kapital, das für die Informations- und Ratsuche genutzt werden kann. In Abgrenzung zu realen Gruppen, die auch als face-to-face Gruppen bezeichnet werden, findet die Interaktion überwiegend bzw. ausschließlich über das Internet statt. Die verschiedenen Möglichkeiten internetbasierter Kommunikationsformen werden im nächsten Kapitel kurz vorgestellt Kooperatives Lernen Nach vereinzelten Untersuchungen kooperativen Lernens schon zu Beginn des 20sten Jahrhunderts folgte eine Phase reger Forschungsaktivität in diesem Feld anfangs der 70er Jahre. Slavin (1995) beschreibt sie als eine der größten Erfolgsgeschichten im Bereich der Lehre, die je geschrieben wurde. In hunderten von Studien wurden die Effekte kooperativen Lernens mit alternativen Lernformen verglichen und entsprechende Schlussfolgerungen 54

62 6. Kooperation gezogen. Die theoretischen Erkenntnisse werden bis heute auf breiter Front in Lehrbetrieben aller Ebenen umgesetzt. Von kooperativem Lernen bzw. Lernen in Gruppen wird gesprochen, wenn Lernende in Gruppen von mindestens zwei Personen zusammenarbeiten. Die maximale Anzahl der Gruppenteilnehmer ist dadurch festgelegt, dass es allen Mitgliedern möglich sein sollte, bei der Bearbeitung der Aufgabe zu partizipieren. Von den Lernenden wird erwartet, dass sie die Aufgabe eigenverantwortlich ohne direkte Supervision einer Lehrkraft durchführen. Die Aufgabe der Lehrenden besteht darin, dass sie die Aufgabenstellungen formulieren und die Gruppen gegebenenfalls unterstützen. (Gräsel, Gruber, 2000, S.137). Die Definition grenzt sich im Grunde kaum von der der Gruppe ab. Das gemeinsame Ziel der Gruppenmitglieder ist hier lediglich auf eine gemeinsame Erarbeitung von Lerninhalten begrenzt (Dillenbourg, 1999) Computerunterstütztes Kooperatives Lernen Die konstituierenden Merkmale des computerunterstützten kooperativen Lernens (engl. Computer Supported Cooperative Learning, Abk. CSCL) ergeben sich aus den Definitionsmerkmalen der Einzelkomponenten des Begriffs. Eine entsprechende Minimaldefinition findet sich bei Pfister (2000, S.228), der CSCL als Lernform beschreibt bei der mehrere Personen unter Nutzung von Computern und Computernetzen kooperativ Wissen austauschen und aufbauen: kooperativ bedeutet, dass alle Beteiligten dabei ein gemeinsames Lernziel haben. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem eigentlichen Lernprozess im engeren Sinne, der immer individuell ist und sich innerhalb einer Person vollzieht und der Lernsituation im allgemeinen, die gerade im Kontext von Computerunterstützung auch sozial gestaltet sein kann (vgl. Hesse, Garsoffky & Hron, 1997). Als Kommunikationsgrundlage stehen eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten zur Auswahl. Eine überblicksartige Darstellung der unterschiedlichen Typen erfolgt im nächsten Kapitel Möglichkeiten virtueller Kommunikation Angesichts des aktuellen Booms im Bereich des CSCL wurden in den letzten Jahren eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Einzelanwendungen und Plattformen zur Realisierung dieser Form des Lernens entwickelt. Die Darstellungen und Erwägungen zu den Vor- und 55

63 6. Kooperation Nachteilen einzelner Systeme füllen mittlerweile ganze Bücher (vgl. Schulmeister, 2003; Baumgartner, Häfele & Maier-Häfele, 2002). Im Folgenden werden zunächst einige grundlegende Varianten des computerbasierten Austausches beispielhaft charakterisiert. Aktuelle Groupware-Systeme integrieren diese Funktionalitäten zum größten Teil und bieten mitunter Möglichkeiten, die weit über diese Grundfunktionen hinausgehen. Für einen umfassenden Einblick in die Thematik kollaborativer Lehr- und Lernmedien sei auf die genannten Werke verwiesen. In der folgenden Darstellung orientiert sich die Kategorisierung der verschiedenen Systeme anhand einer ersten Grobeinteilung in synchrone und asynchrone Medien. Innerhalb der beiden Abschnitte werden jeweils die ursprünglichen Basistechnologien vorangestellt und dann exemplarisch um einige Weiterentwicklungen ergänzt Synchrone Medien Die technologischen Voraussetzungen für einen computerbasierten Austausch waren ca. seit Ende der 70er mit der Einführung des Internet Relay Chat (IRC) gegeben. Mit diesem System konnten bereits mehrere Personen gleichzeitig, weltweit via Telefonleitung, Modem und PC in Kontakt treten. IRC ermöglicht textbasierte Echtzeit-Kommunikation (also synchron) mit minimalen Netz-Bandbreiten-Anforderungen. Heutige Chat-Channels unterscheiden sich in vieler Hinsicht kaum von der damaligen Urform. Neuerungen bestehen einzig in der Einrichtung graphischer, WWW-basierter Benutzeroberflächen, die die technischen Barrieren herabsetzen und die Nutzung diese Technologie nun einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Chat-Channels haben sich in nahezu allen denkbaren Themengebieten etabliert. Nach Döring waren noch 1998 spezielle Chat-Channels, die speziell auf den Bereich wissenschaftlicher Themen ausgerichtet waren eher selten (Döring, 1998). Diese Feststellung kann heute bereits als überholt angesehen werden. Insbesondere moderierte Chats kommen im Rahmen von virtuellen Seminaren mittlerweile vielerorts zum Einsatz (vgl. z.b. Heidbrink, 2001). Oft werden sie ergänzend zu asynchronen interaktiven Lernformen (wie z.b. oder Newsgroups) angeboten. Ein moderne Variante des Chats bilden Systeme, die Audio-/Videokonferenzen ermöglichen. Nach Drecoll (2000) ergab eine Umfrage unter US-amerikanischen E-Learning-Providern im Sommer 2000, dass in den USA bereits 24% der gesamten E-Learning-Inhalte synchron vermittelt werden. Eine Erklärung für diesen erstaunlich hohen Anteil liegt in der intensiven Nutzung von Audio-/Video-Vorträgen via Streaming-Technik. Die Teilnehmer dieser Veranstaltungen können solche Vorträge synchron also life über das Internet verfolgen. 56

64 6. Kooperation Der interaktive Anteil dieser Veranstaltungen ist dabei allerdings stark eingeschränkt. Wenn überhaupt steht oftmals nur ein textbasierter Rückkanal für die Zuhörer zur Verfügung. Alternative Entwicklungen im Umfeld der synchronen Interaktionsformen, die eine visuelle Unterstützung vorsehen, lassen die Benutzer in Form von Avataren in Mehrbenutzer Virtual Reality Umgebungen agieren. Eine Nutzung im Rahmen von virtuellen Lerngruppen findet bisher hauptsächlich auf experimenteller Ebene im Rahmen von Forschungsprojekten statt (vgl. z.b. Gerke, 2002) Asynchrone Medien Die am weitesten verbreitete Form asynchroner computerbasierter Interaktion ist zum aktuellen Zeitpunkt zweifelsohne die . Sie begann Ihren Siegeszug als Kommunikations-Medium bereits Anfang der 80er Jahre (vgl. Meyer et al., 2001). In ihrer Grundform sind s auf einen Austausch zwischen einzelnen Personen beschränkt. Durch die Einrichtung von Mailing-Listen (die teilweise mit speziellen Zugangsvoraussetzungen verknüpft sind) können Informationen von einem Listen-Mitglied auch an die gesamte Interessen- bzw. Lerngemeinschaft gerichtet werden. In dem Fall einer moderierten Diskussion ist es erforderlich, dass die Teilnehmer ihren Beitrag an den Moderator senden, welcher den Beitrag dann an die Gruppe leitet. Ein solches Vorgehen schützt die Gruppenmitglieder vor einem Missbrauch ihrer Mailadresse z.b. in Form von unerwünschten Mails (Spam). Als Beispiel für ein Diskussionsforum, welches auf einer Mailing-Liste beruht, sei auf die virtuelle Gemeinschaft hingewiesen an der sich auch anerkannte Experten aus dem wissenschaftlichen Umfeld von CSCL in regelmäßigen Abständen beteiligen. Ähnliche Möglichkeiten eines lernerbezogenen Austausches stellen Newsgroups dar. Man unterscheidet zwischen offenen und geschlossenen Newsgroups, was sich darauf bezieht, ob bestimmte Voraussetzungen für eine Aufnahme erforderlich sind. Die Mitglieder senden Ihre Nachrichten nicht wie bei der direkt an die anderen Teilnehmer, sondern an einen zentralen Computer (den Usenet Host). Die dort eingestellten Beiträge können dann von allen Gruppenmitgliedern mit der entsprechenden Software abgerufen und beantwortet bzw. kommentiert werden. Besondere Vorteile dieses Systems als Kommunikationsmedium ergeben sich durch die Möglichkeit unterschiedliche Diskussionsstränge in beliebig benannte Über- und Unterordner zu gliedern. Selbstverständlich liegt genau hier auch die Gefahr einer völligen Fehlorganisation der Beiträge, die eine sinnvolle Nutzung ad absurdum führen kann (vgl. Kerres, 2001, S.264; Fischer, 2000). 57

65 6. Kooperation Eher am Rande der Thematik sind Online-Publikationen oder E-Zines (reinen Onlinezeitschriften) zu sehen. Online-Publikationen vereinfachen den Austausch zwischen Leser und Autor enorm, da die Autoren hier direkt per zu erreichen sind. Manche Autoren fordern explizit zu Anmerkungen und Kritik auf, ermöglichen dem Leser ein Hinzufügen von Links oder Kommentaren oder stellen ein Gästebuch auf Ihrer Webseite zur Verfügung. Die Idee des Peer-Review ermöglicht somit, dass nicht nur eine selektierte partielle Wissenschaftsgemeinde, sondern eine uneingeschränkte Leserschaft die Möglichkeit bekommt, aktuelle Arbeiten zu begutachten und zu diskutieren Kombinierte Systeme Kommen wir nun zur Groupware einer Art Über-Medium im Vergleich zu den bisher dargestellten Realisierungsmöglichkeiten für virtuelle Kollaboration. Die Vielfalt der nahezu synonym zu verwendenden Begriffe dieses Softwarebereich wird anhand einer von Schlichter (2002) zusammengestellt Begriffsliste deutlich: Technological Support for Work Group Collaboration, Workgroup Computing, Collaborative Computing, Interpersonal Computing, Computer Conferencing, Computer Mediated Communication, Computer Supported Groups, Group Decision Support Systems, Computer Assisted Communication, Augmented Knowledge Workshops, Flexible interactive Technologies for Multiperson Tasks. Groupware integriert eine Vielzahl der bereits genannten Systeme und bietet im Bereich der asynchronen Medien darüber hinaus meist eine Reihe weiterer Funktionsbereiche wie z.b. Kalender, Dokumenten-Ablagen, automatische Daten-Replikation nach einer offline Arbeitsphase, Workflow-Funktionen und Sicherheits-Funktionen (vgl. Meier 2001). Ein wesentliches Feature bei diesem Funktionsumfang stellt die Möglichkeit der Rollenverteilung, d.h. der Vergabe von individuellen Schreib- und Leserechten, dar. Viele Produkte verfügen auch über besondere Anwendungen im Bereich der synchronen Kommunikation. Während die ersten Kollaborationswerkzeuge nur sogenannte shared whiteboards, auf denen mehrere Benutzer gleichzeitig über ein Netzwerk eine Skizze erstellen konnten anboten, erlauben mittlerweile (...) immer mehr Softwareprodukte die gemeinsame Erstellung und Veränderung von Dokumenten (Wolf, 2001). Durch Window- Sharing ergibt sich eine einfache Möglichkeit auch die von den Nutzern alltäglich verwendeten Anwendungen in die Kooperation einzubeziehen. Eine speziell für die Lehre konzipierte Groupware stellen Lernplattformen oder Learning Management Systeme dar. Sie integrieren neben einer Auswahl der oben genannten 58

66 6. Kooperation Grundkomponenten auch Funktionen zur Administration (von Lernenden, Inhalten, Kursen, Lernfortschritten,...), Evaluations- und Bewertungshilfen sowie Werkzeuge zur Erstellung von Aufgaben und Übungen (vgl. Baumgartner, 2002) Kategorisierung von CSCL-Variationen unter alternativen Perspektiven Abgesehen von der gewählten Form der Kategorisierung in synchrone, asynchrone und kombinierte Kooperationsmedien, werden nun alternative Kategorisierungsmöglichkeiten vorgestellt. Durch eine Betrachtung der computergestützten Telekooperationssysteme aus unterschiedlichen Perspektiven sollen die schillernden Möglichkeiten für einen Medieneinsatz im kooperativen Lernkontext verdeutlicht werden Die Raum-Zeit Matrix Johansen (1988) integriert bei seiner Betrachtung sowohl die Möglichkeiten einer zeitlichen als auch einer räumlichen Entkopplung der Zusammenarbeit. Die bereits vorgestellten Basistechnologien lassen sich entsprechend dieser Raum-Zeit-Matrix einordnen. synchron Zeit asynchron Raum gleich mediengestützte direkte Kooperation Präsentationssysteme Roomware verteilte Teamarbeit lokale Datenbanken verschieden Chat Video-Konferenz Window-Sharing Mailing-Listen Newsgroups E-Zines Abb.9: Die Raum-Zeit Matrix computergestützter Kommunikation (nach Johansen, 1988) Bei modernen Systemen im Bereich der Groupware wird eine Zuordnung durch die Integration von immer mehr Funktionen zunehmend erschwert. Die innerhalb des Modells vorgenommene strikte Abgrenzung wird von diesen Anwendungen überwunden. Sie eröffnen sowohl orts- und zeitunabhängige Kommunikationsmöglichkeiten, einen gemeinsamen Zugriff auf Dateien, sowie sie auch zur synchronen Kommunikation- und Kooperation genutzt werden können. Computergestützte Kommunikationssysteme, die im Falle einer gemeinsamen Präsenz der Teilnehmer zum Einsatz kommen, können zum Beispiel in den besonderen Einsatzbereichen einer Unterstützung von Entscheidung oder zur Ideenfindung 59

67 6. Kooperation hilfreich sein. Ihre Anwendungsbereiche erstrecken sich damit über mehrere Felder der Matrix. Medien zur Unterstützung von Kommunikation, Koordination und Kooperation Auch eine Taxonomie anhand ihrer Eignung zur Unterstützung von Kommunikation, Koordination und Kooperation stellt eine nützliche Gruppierung der Telekooperationssysteme dar (vgl. Burger, 1997). Der Schwerpunkt der Kommunikationsysteme liegt dabei in erster Linie in einer sprachlichen Unterstützung der Interaktion der Teilnehmer im Hinblick auf einen Informationsaustausch. Eine weitere Differenzierung kann hinsichtlich der kommunikativen Modalität erfolgen (vgl. Weidenmann, 2002). Zum Beispiel sind Chat und für einen textbasierten Austausch ausgelegt, während Videokonferenzen eine sprachlich-visuelle Interaktion erlauben. Elemente zur Koordination gemeinsamer Aktivitäten dienen einer ablauforientierten Zuordnung und der Abstimmung von Einzelaktivitäten unter den Teilnehmern. Sie sind als Ergänzung der Kommunikationssysteme zu verstehen und sind gegebenenfalls in diese integriert. Als Beispiel seien elektronische Kalender genannt, die z.b. gemeinsame Terminabsprachen erheblich vereinfachen können. Die Aspekte Kommunikation und Koordination stellen Voraussetzungen für die Kooperation von Gruppenmitgliedern dar. Koordination wird als die Realisierung einer Tätigkeit durch gemeinsames Handeln mehrerer Individuen definiert, die auf der Basis gemeinsamer Regeln an einem gemeinsamen Ziel arbeiten (Dohmen, 1994, S.10). Kooperationssysteme werden eingesetzt, um die zielorientierte Zusammenarbeit der Gruppenmitglieder zu vereinfachen. Bei einer gemeinsamen Bearbeitung mehrerer Fragestellungen innerhalb einer Gruppe kann zum Beispiel durch die Strukturierungsmöglichkeit der Diskussion in einzelne Diskussionsstränge eine Erleichterung der Zusammenarbeit erzielt werden. In Anlehnung an Burger (1997, S.20) veranschaulicht die folgende Abbildung (Abb.10) die Zuordnung einer Auswahl von computerbasierten Kommunikationsmedien zu den beschriebenen Formen der Unterstützung: 60

68 6. Kooperation Integrierende Systeme Kooperationsunterstützung Konferenzsysteme Mehrbenutzereditoren Übertragung von Multimediadaten Elektronische Post Gemeinsame Arbeitsbereiche Workflow- Management Elektronischer Kalender Koordinationsunterstützung Kommunikationsunterstützung Abb.10: Varianten computerbasierter Unterstützungssysteme (nach Burger, 1997) Varianten des Informationsflusses Analog zu den klassischen Interaktionsmustern und Kommunikationsnetzen die von Leavitt (1951) untersucht wurden, wendet sich Paulsen (1995, 1997) dem Informationsfluss im Bereich der computervermittelten Kommunikation (CVK) zu. Er wählte eine Taxonomie mit folgenden drei Varianten: One to One Eine Nachricht wird von einer Person an eine andere Person gesendet (z.b. ) 61

69 6. Kooperation One to Many Eine Nachricht wird von einer Person an mehrere andere Personen gesendet (z.b. Newsgroups, Streaming-Technologie) Many to Many Mehrere Teilnehmer können miteinander kommunizieren während jeweils alle übrigen Teilnehmer an der Interaktion teilhaben können. (z.b. virtuelle Konferenz i.s.v. Chat oder Videokonferenz) Zusammenfassend lässt sich der computerbasierte Austausch im Rahmen von CSCL auf vier wesentliche Aspekte reduzieren: CSCL ermöglicht eine Überbrückung von räumlichen und zeitlichen Distanzen (Möglichkeit zur synchronen und asynchronen Kommunikation). Der Austausch kann sich auf zwei Personen oder auf Kleingruppen beschränken oder auch größere Lerngemeinschaften einbeziehen. Spezielle Anwendungen gestatten dabei eine individuelle Rollenzuweisung zu den Teilnehmern, die mit entsprechenden Lese- und Schreibrechten verbunden ist. Hypermediale Komponenten können in die Interaktion einbezogen werden (z.b. Texte, Bilder, Animationen, Filme, etc.) Groupware-Systeme erlauben eine parallele Nutzung mehrerer Interaktionsformen (z.b. synchrone textbasierte Konferenzen mit Window-Sharing). Im Sinne einer Grundlage zur Bewertung der Möglichkeiten, die CSCL im Hinblick auf einen Einsatz im fernuniversitären Lerngeschehen zu bieten hat werden im nachfolgenden Kapitel zunächst die theoretischen Hintergründe des Gruppenlernens aufgezeigt. Im Anschluss erfolgt eine Erörterung der Besonderheiten, die speziell im Bereich virtueller Kooperationsformen zu beachten sind Theoretische Grundlagen zum Gruppenlernen Die theoretischen Grundlagen des Gruppenlernens führen zum einen auf die bereits in Kapitel 3 geschilderten kognitions- und lernpsychologischen Ansätze zurück. Zum anderen werden durch die Einbindung der Lernenden in ein soziales Gefüge ebenso Aspekte angesprochen, zu deren Explikation auch soziologische Theorieansätze herangezogen werden können. Die folgende Betrachtung orientiert sich schwerpunktmäßig an den beiden erstgenannten Theoriegebäuden. Zunächst werden im nachfolgenden Abschnitt jedoch fundamentale Ansätze aus dem Randbereich der Soziologie vorgestellt. Abschließend 62

70 6. Kooperation erfolgt, ausgehend von den an anderer Stelle bereits angesprochenen Grundsätzen des situativen Lernens, ein Transfer der theoretischen Ausführungen auf den Bereich des CSCL Sozio-kulturelle und sozio-konstruktivistisch orientierte Theorieansätze Die Nähe der Thematik des kooperativen Lernens zur Soziologie wird bei einem Blick auf die von den meisten Autoren für relevant befundenen theoretischen Grundlagen augenscheinlich. Die Kerngedanken zweier sozio-kultureller und sozio-konstruktivistischer Theorieansätze werden zur näheren Erläuterung kurz angeführt. Gemäß Vygotsky s zone of proximal development (1988) wird ein Lernzuwachs bei sozialen Lernsettings dadurch erklärt, dass durch die Interaktion mit anderen insbesondere kompetenteren Lernpartnern die angewandten Problemlösungsprozesse übernommen (internalisiert) werden. Durch diesen Vorgang werden neue kognitive Strukturen ausgebildet, die einen Übergang auf eine höhere kognitive Entwicklungsstufe nach sich ziehen. Renkl (1997) weist darauf hin, dass diese Effekte auch bei einer Interaktion von Lernenden der gleichen Stufe unter kooperativen Lernbedingungen erzielt werden können. Ausführliche Gedanken zum Transfer von Vygotsky s Konzept auf das kooperative Lernen finden sich z.b. bei Doolittle (1997). Sozio-konstruktivistische Ansätze (z.b. Berger & Luckmann, 1980) berufen sich, wie auch die radikalen Formen des Konstruktivismus (z.b. Maturana, 1970; v. Glasersfeld, 1979) in ihren Grundsätzen auf die kognitive Lerntheorie von Piaget (1974, 1999). Innerhalb Piagets Theoriegebäude wirken Perturbationen des kognitiven Systems als Impulse für kognitive Veränderungen also für das Lernen. Eine ausführliche Darstellung der Grundannahmen von Piaget s Theorie erfolgte bereits in Kapitel 3. Vor diesem theoretischen Hintergrund offenbart sich ein Teilbereich des Potenzials des Gruppenlernens. Kooperative Lernformen können einem Lernenden vielfältig Gelegenheit bieten, Einblicke in die Positionen und Perspektiven anderer Personen zu bekommen. Prozesse der Assimilation und Akkommodation werden dadurch angeregt und ein Lernen gefördert. Die Möglichkeiten eines sinnvollen Einsatzes kooperativer Lernformen gelten als unumstritten (z.b. Dichanz, 2001), divergierend sind allerdings die Meinungen hinsichtlich ihres Stellenwertes im Lernprozess. Während einige Autoren Lerngruppen als eine von vielen Lernformen sehen, sprechen andere Autoren ihnen eine Initialfunktion zu: Mit einer bestimmten individuellen geistigen Reife wird die Teilnahme an sozialen Interaktionen nicht 63

71 6. Kooperation nur möglich, sondern auch zum treibenden Faktor für das weitere kognitive Wachstum (Baumgartner, 1997, S.142). Innerhalb des an anderer Stelle (Kapitel 3.3) bereits angesprochenen kognitiv anthropologischen Ansatzes von Rogoff (1990, 1997) wird die kognitive Entwicklung gänzlich aus der Perspektive kollaborativer Prozesse betrachtet Kognitionspsychologische Ansätze Die dargestellten potenziellen Vorteile kooperativer Lernformen werden auch durch kognitionspsychologische Erkenntnisse gestützt. Insbesondere Theorien aus dem Bereich der kognitiven Elaboration lassen sich nahtlos in die Argumentationslinie einfügen. Um die dem Gruppenlernen zugesprochenen Effekte zumindest in Grundzügen nachvollziehen zu können, wird das Spektrum der dargestellten Theorien nun um einen grundlegenden Ansatz aus diesem Bereich ergänzt. Theorie der kognitiven Elaboration Ausgehend vom Multispeicher-Modell von Atkinson und Shiffrin (1968), bei welchem ein dreistufiges menschliches Informationsverarbeitungssystem, mit einem sensorischen, einem Kurzzeit- und einem Langzeitspeicher postuliert wird, entwickelten Craik und Lockhart (1972) den Ansatz des levels of processing. Craig und Lockhart vertreten im Gegensatz zu Atkinson und Shiffrin die Auffassung, dass unsere kognitiven Grenzen die Grenzen der Verarbeitungsfähigkeit und nicht des Speichervermögens (wie von Atkinson & Shiffrin angenommen) repräsentieren (Wessels, 1994, S.142). Die Vorstellung einer Verarbeitung auf verschiedenen Stufen wird von ihnen beibehalten, allerdings fokussieren sie auf die Qualität der Informationsverarbeitung auf unterschiedlichen Ebenen ohne sie verschiedenen Speichern zuzuordnen. Auf eine Person eintreffende Informationen werden zunächst auf einer oberflächlichen Ebene hinsichtlich ihrer physikalischen oder sensorischen Merkmale analysiert. Eine tiefere Verarbeitung erfolgt gegebenenfalls auf einer phonemischen und schließlich auf einer semantischen Ebene. Bei geringen Verarbeitungstiefen kann eine Ausdehnung der Behaltensdauer durch eine zirkulatorische Verarbeitung (Wiederholungen) erfolgen, während bei zunehmender Verarbeitungstiefe eine Steigerung durch eine elaborative Verarbeitung erfolgt. Mit steigender Verarbeitungstiefe steigt auch die Behaltensdauer. In einer Vielzahl empirischer Untersuchungen wurde diese Grundannahme generell bestätigt (vgl. Wessels, 1994). Es ist eine zunehmende Abkehr von den erwähnten Verarbeitungsstufen festzustellen und eine stärkere Fokussierung auf das Konzept der kognitiven Elaboration (Anderson, 2001). 64

72 6. Kooperation Übertragen auf die Thematik des Gruppenlernens kann durch die Auseinandersetzung mit anderen eine tiefere Elaboration von Sachverhalten erfolgen (Dansereau, 1988; O Donnell & Dansereau, 1992). Nach Webb (1989) werden durch das Geben von Erklärungen (Verbalisierung), wie es der kooperative Austausch erfordert, elaborative, metakognitive und verständnisüberwachende Prozesse ausgelöst. Der Grund dafür ist, dass Erklären nicht einfach ein Geben von Antworten bedeutet, sondern Elaborationen voraussetzen, die eine Reorganisation des Wissens und eine Aufdeckung von Unklarheiten nach sich ziehen können. Durch Reflexion und Abstraktion findet eine Vergegenwärtigung impliziten Wissens statt. Dies entspricht konstruktivistischen Forderungen nach einer selbstständigen Erarbeitung und Konstruktion von Inhalten und fördert damit auch den Erwerb von Transferwissen (vgl. Mandl et al., 1995, 1996, 2000). Wie bereits ausführlich beschrieben wurde, betonen auch eine Vielzahl von Ansätzen aus dem Bereich des situativen Lernens die Bedeutung einer diskursiven Auseinandersetzung mit anderen Lernenden (vgl. Kapitel 3.3). Theorien zur kognitiven Speicherung und zum Abruf von Informationen Ein weiterer Bereich der Kognitionspsychologie bezieht sich auf Prozesse der Enkodierung, der Organisation und dem Abruf von Informationen innerhalb des kognitiven Systems. Auf den Cognitive Flexibility Ansatz von Spiro (1991) wurde bereits im Zusammenhang mit den Vorteilen von Hypertext und Hypermedia verwiesen. Die kognitionspsychologischen Grundlagen dieser Theorie stehen in engem Zusammenhang mit Konzepten semantischer Netzwerke (z.b. Anderson & Bower, 1973; Collins & Loftus, 1975; Lindsay & Norman, 1977; Tergan, 1986) sowie auch mit konnektionistischen Modellvorstellungen (z.b. Rumelhart & McClelland, 1986, 1993). Eine Gemeinsamkeit, die all diese Modelle in ihrer Kernaussage vereint liegt darin, dass der hochgradigen Vernetzung von Bedeutungseinheiten eine zentrale Funktion beim Behalten und Erinnern zugeschrieben wird. Informationen, die mit einer Vielzahl von anderen Wissenseinheiten verbunden sind, können leichter und länger abgerufen werden (vgl. Wessels, 1994). Vor diesem Hintergrund kann eine Förderung der Anwendbarkeit von Gelerntem durch multiperspektivische Darstellungen beim Wissenserwerb erzielt werden. Zentral bei dem Erwerb neuen Wissens durch kooperative Lernformen ist ein interaktiver Austausch der Teilnehmer. Die Lernenden bringen dabei ihr individuelles Vorwissen aus ihrer persönlichen Perspektive in die Diskussion mit ein. Die eigene Position muss dabei den anderen Teilnehmern vermittelt und unter Umständen gegen alternative Sichtweisen verteidigt werden. Durch das wiederholte Überdenken des eigenen kognitiven Modells und durch die Synthese bzw. Integration weiterer herangetragener Aspekte, kann die Entstehung eines hochgradig vernetzten und elaborierten Modells gefördert werden. 65

73 6. Kooperation 6.5. Besonderheiten virtueller Gruppenarbeit Während sich die vorgenannten Theorieansätze sowohl auf face-to-face als auch auf virtuelle Gruppen beziehen, gibt es auch Aspekte die speziell im Sonderbereich des virtuellen Gruppenlernens zu beachten sind bzw. sich unter diesen Bedingungen anders verhalten. So werden gruppenorientierten Lernkonzepten in face-to-face Situationen besondere motivationssteigernde Effekte, die im Zusammenhang mit der Übernahme sozialer Rollen und Normen stehen, nachgesagt. Die hier wirksamen Mechanismen wurden intensiv im Bereich der Kleingruppenforschung untersucht und werden in dieser Arbeit nur selektiv weiter ausgeführt. Eine kompakte Zusammenfassung einer Vielzahl theoretischer Ansätze ist zum Beispiel in Hertweck & Krcmar (2001) zu finden. Als entscheidende Voraussetzungen für die Erfahrung positiver Interdependenz innerhalb der Gruppe gelten die Faktoren Gruppenkohäsion und soziale Präsenz (vgl. Slavin, 1995; Döring, 1996; Hesse et al., 2002). Da sich diese sich bei face-to-face Situationen jedoch völlig anders gestalten als bei virtuellen Varianten, bleibt die Übertragbarkeit dieser Konzepte zunächst offen. Die populärsten Modelle, die zur Klärung dieser Übertragbarkeits-Problematik beitragen, werden nun vorgestellt. Es handelt sich zum einen um Modelle die sch dem Aspekt der Kanalreduktion zuwenden und zum anderen um die darauf aufbauenden Theorien der reduzierten sozialen Hinweisreize Kanalreduktionsmodelle Im Gegensatz zur direkten Kommunikation bei der eine Vielzahl von verbalen und nonverbalen Signalen zum Einsatz kommen, ist die computervermittelte Kommunikation in den heute noch üblichen Formen auf einen Kanal (schriftliche Texte) reduziert. Sie wurde daher oftmals als defizitär und unpersönlich bezeichnet und schien daher nicht geeignet, um soziale und emotionale Beziehungen, wie sie für ein erfolgreiches Gruppenlernen erforderlich sind, zu ermöglichen (vgl. Rice, 1984; Astleitner, 2001). Im Hinblick auf kooperatives Lernen würde man (vor dem Hintergrund einer fehlenden sozialen Präsenz) nur eingeschränkte Lernvorteile gegenüber Einzellernsituationen erwarten, da intrinsische motivationale Komponenten nicht zum Tragen kommen können (Hesse et al., 2002, S.286). Zumbach und Reimann (2001) identifizieren das Fehlen eines sozialen Gefüges, einer gemeinsamen Identität und sozialer Normen als entscheidende Faktoren für die hohen Ausstiegs-Quoten, die teilweise in virtuellen Lerngruppen zu beobachten sind. 66

74 6. Kooperation Eine Gegenposition dazu nimmt Walther (1994, 1996, 1999) in seiner hyperpersonale Perspektive ein, indem er primär Vorteile in der Reduktion der zwischen den Kommunikationspartnern übermittelten Signale annimmt. In verschiedenen Studien stellte er fest, dass virtuelle Interaktionspartner unter bestimmten Voraussetzungen idealisierte Vorstellungen von den anderen Teilnehmern entwickeln (vgl. auch Mc Kenna et al., 2002). Unter der Bedingung der starken Restriktionen, die die Kommunikation im virtuellen Kontext unterliegt, werden die wenigen sozialen Informationen über die anderen Teilnehmer oftmals im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten überattribuiert. Die Stärke der Gruppenkohäsion kann dadurch unter der Bedingung der Kanalreduktion höher sein als dies in face-to-face Situationen der Fall wäre (z.b. Postmes, et al., 1999). Die genauen Bedingungen für diese Zusammenhänge wurden bisher allerdings noch keiner systematischen empirischen Analyse unterzogen (vgl. Döring, 1999). Ausführliche theoretische Grundlagen dazu können von der SIDE-Theorie (Social Identity and De-Individuation) abgeleitet werden (Spears & Lea, 1992). Weitere theoretische Unterstützung, die sich gegen eine generelle Überlegenheit von direkter Kommunikation wendet, liefert die Media-Synchronicity-Theory (Dennis & Valacich, 1999). Demnach ist für die Bestimmung des jeweils am besten geeigneten Mediums entscheidend, welche Medieneigenschaften besonders gut mit den aufgabenrelevanten Kommunikationsprozessen interagieren (media appropriateness) Theorien reduzierter sozialer Hinweisreize Die Theorien aus dem Bereich der reduzierten sozialen Hinweisreize gehen nicht von einer generellen Überlegenheit von face-to-face Kommunikation aus, sondern zeigen die Besonderheiten auf die durch die Einschränkung der Kommunikationskanäle zustande kommen. Das ursprüngliche Modell wurde von Kiesler, Siegel & McGuire (1984) entwickelt und postuliert, dass durch die medienvermittelte Kommunikation soziale Hinweisreize herausgefiltert werden. Dieser Effekt kann sich sowohl in positiver als auch in negativer Weise auf die Diskussion auswirken. Walther fasst einige wesentliche Aspekte zusammen: The absence of such (social) cues in CMC leads to increased excited and uninhibited communication such as flaming (insults, swearing, and hostile, intense language); greater self-absorption versus other-orientation; and messages reflecting status equalization (Walther, 1992, S.56). Damit sich die daraus resultierenden Konsequenzen im Sinne des Lernerfolgs positiv auswirken (verstärkte Beteiligung aller Teilnehmer, Demokratisierung der Interaktion) und nicht kontraproduktiv sind (Flaming, etc.), bedarf es einzelfallbedingter 67

75 6. Kooperation Überprüfungen und der Einleitung entsprechender Maßnahmen durch den Moderator (z.b. Netiquette). In späteren Veröffentlichungen werden die Untersuchungen von Kiesler et al. (1984, 1986, 1992) allerdings stark kritisiert, da es sich ausnahmslos um Studien an ad hoc Gruppen handelt und die Befunde bei länger bestehenden Gruppen nicht mehr nachzuweisen sind (z.b. Walther, 1994). Auch experimentell eingeleitete Statusmerkmale wirkten sich eindeutig auf die Kommunikationsanteile aus und widersprechen damit den ursprünglichen Schlussfolgerungen (Hollingshead, 1996). Es wurde vielfach versucht die unterschiedlichen theoretisch begründeten Effekte von CMC empirisch nachzuweisen. Die Ergebnislage ist insgesamt sehr heterogen (vgl. z.b. Döring, 1999; Mandl, 2000; Boos et al., 2000; Issing, 2002; Joinson, 2003). Zusammenfassend kann man feststellen, dass sich die erwarteten Effekte die im Zusammenhang mit dem Gruppenlernen in face-to-face Gruppen auftreten auch in virtuellen Gruppen oftmals nachweisen lassen und das theoretische Potenzial von CSCL dadurch unterstützen. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass sich eine Vielzahl von Einflussfaktoren auf die erzielten Ergebnisse auswirken und somit besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Hesse et al. (2002, S.297) kommen zu dem Schluss, dass die Prozesse die in netzbasierten Kooperationssituationen zu beobachten sind (durch) eine Vielzahl von Randbedingungen beeinflusst werden und generelle Aussagen über Effekte von CMC auf kooperative Lernprozesse eine starke Vereinfachung darstellen würden. Diese Randbedingungen werden im Folgenden auf unterschiedliche Weise in die Betrachtung einbezogen. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden zunächst einige technisch bedingte Aspekte von CSCL angesprochen. Ein folgendes Kapitel wendet sich speziell individuellen Komponenten sowie Vorwissen, Motivation und weiteren Voraussetzungen im Bereich des selbstgesteuerten Lernens zu. Darüber hinaus gingen die Kenntnisse hinsichtlich relevanter Randbedingungen netzbasierter Kooperationsformen auch in der Gestaltung der im weiteren Verlauf geschilderten Untersuchungssituation ein. Exemplarisch kann hier z.b. auf die Wahl der Kommunikationsplattform und auf die Maßnahmen zur Unterstützung der Interaktion zwischen den Studierenden verwiesen werden (vgl. Kapitel 10 und 12) Technisch bedingte Vorteile und Nachteile von CSCL Es gibt eine Reihe systemimmanenter Merkmale, die bei virtueller Kommunikation vorteilhafte sowie auch nachteilige Konsequenzen auf die Lerneffizienz nach sich ziehen 68

76 6. Kooperation können. Die folgende Darstellung gibt einen kurzen Überblick hinsichtlich der am häufigsten genannten Merkmale und ihren Auswirkungen: Permanenz des Nachrichtenkorpus Die Permanenz der ausgetauschten Nachrichten und die zeitliche Flexibilität hinsichtlich des Zugriffs ermöglichen eine überlegte Rezeption und Beantwortung der Mitteilungen (vgl. Lerche & Mandl, 1999; Hesse et al., 2002). Durch die elektronische Speicherung und Distribution von Diskussionsverläufen und ergebnissen resultieren darüber hinaus starke Veränderungen hinsichtlich der Möglichkeiten des Wissensmanagements (vgl. Baumgartner, 2001). Überangebot von Nachrichten Bruhn et al. (2000) ermittelten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines cognitive overload der Teilnehmer in textbasierten virtuellen Kooperationsumgebungen. Die Kumulation von Mitteilungen kann zu einem großen unverbundenen und schwer zu überschauenden Nachrichtenangebot führen. (Hesse et al., 2002, S.288). Es besteht die Problematik, dass die Kohärenz (vgl. Kuhlen, 1991) der Informationseinheiten für den Rezipienten nicht mehr nachvollziehbar ist. Erhöhter Koordinations- und Kommunikationsaufwand Sämtliche Abstimmungen die im Rahmen der Interaktion zwischen den Diskussionsteilnehmern stattfinden, müssen bei CSCL explizit vorgenommen werden. Da die Möglichkeit Äußerungen von Gesprächspartner durch nonverbale Signale wie Kopfnicken oder schütteln direkt zu bewerten entfällt (sog. backchannel-feedback) entsteht ein erhöhter Koordinations- und Kommunikationsaufwand (vgl. Gräsel et al., 1997; Hron et al., 1997). Zeitliche Aspekte Generell werden bei textbasierter Kommunikation aufgrund der Notwendigkeit des Eintippens per Tastatur Aussagen deutlich langsamer kommuniziert als bei vokaler Kommunikation (Kiesler & Sproul, 1992). Ebenso kann eine Information nicht schon durch ihre Veräusserung als geteilt angesehen werden, sondern (scheinbar trivialerweise) erst dann, wenn sie tatsächlich rezipiert wurde - ein Vorgang, der in FTF-Szenarien simultan abläuft, in asynchronen Netzszenarien dagegen zeitlich erheblich verzögert erfolgen kann (Hesse, Hoppe & Mandl, 1999, S.14). Hinzu kommen Zeitverzögerungen durch verspätete 69

77 6. Kooperation Reaktionen der Diskussionsteilnehmer auf Eingaben, die im allgemeinen nicht sofort erfolgen (Mc Kinlay et al., 1994; Sassenberg, 1999). Dem gegenüber steht die allerdings Möglichkeit einer Aufgliederung von Diskussionen in unterschiedliche Stränge. Dies lässt eine gleichzeitige Debatte über unterschiedliche Aspekte einer oder verschiedener Themen zu (Cornelius & Boos, 1999). In Abhängigkeit von den Strukturierungsmöglichkeiten die die Kommunikationsplattform bietet und der Medienkompetenz der Nutzer können diese Nachteile eingegrenzt werden. Einbezug von Experten und Integration elektronischer Exkursionen Durch die zeitliche und räumliche Entkopplung der Kommunikation können mit einem vertretbaren Aufwand für besondere Fragestellungen spezielle Experten in die Diskussion einbezogen werden (vgl. Döring, 2000; Gomez, Fishman & Pea, 1998). Ein weiterer Vorteil webgestützter Kommunikation ergibt sich durch die Möglichkeit externe Links im WWW zu integrieren, die ohne Medienwechsel besucht werden können. Auf diese Weise können auch Startpunkte zur freien Exploration eines Themenfeldes angegeben werden (vgl. Reinmann- Rothmeier, 2001; Hesse, 2002) Der Mehrwert von CSCL im Hinblick auf eine situative Lehrorientierung Bei der Bewertung des Mehrwerts ist zunächst die Frage nach der heranzuziehenden Vergleichsgröße zu stellen. Das Ziel kann nicht darin liegen die computerbasierte Interaktionsform als Alternative zu realen Meetings diesen gegenüber zu stellen. Anstelle einer Substitution geht es vielmehr darum die Vorteile einer Ergänzung vorherrschender Lernszenarien durch den Einsatz von virtuellen Lerngruppen herauszustellen. Diese bimediale Form der Lehre wird auch als blended learning bezeichnet. Ausgehend von den Implikationen, die sich von den zuvor dargestellten Theorien und Ansätzen ableiten lassen, werden nun die mit einem Einsatz virtueller Lerngruppen verbundenen Chancen erörtert. Im wesentlichen ist der besondere Mehrwert der neuen Medien im Kontext kooperativen Lernens in den Merkmalen computervermittelter Kommunikation, der Hypertext-Struktur sowie den Möglichkeiten multimedialer Darstellungen zu sehen. Die in Kapitel 3.3 beschriebenen Grundsätze zur Gestaltung von Lernvorgängen (Mandl & Reinmann-Rothmeier, 1995) werden jeweils als Ausgangspunkt für eine Argumentation aufgegriffen. Im Sinne einer Zusammenfassung werden jeweils nur einige Aspekte pointiert herausgearbeitet: 70

78 6. Kooperation 1. Lernen über aktive Beteiligung und als konstruktiver Prozess Wesentlicher Aspekt beim Aufbau anwendbaren Wissens ist die Abkehr vom passivrezeptiven Lernen im Sinne des Nürnburger-Trichter-Modells und die Hinwendung zum aktiven individuell konstruierten Wissen. Die aktive Beteiligung der Lernenden bekommt damit einen zentralen Stellenwert. Der Einsatz von CSCL eröffnet hier eine Reihe neuer Möglichkeiten. Zunächst wird eine Flexibilisierung des Lernens und Lehrens erreicht - relativ unabhängig von Ort und Zeit können sich die Teilnehmer in das System einloggen und sich an Kommunikation und Kooperation beteiligen. Die multiperspektivische Betrachtung einer Thematik wird durch unterschiedliche Ansichten der Teilnehmer gefördert. Gemäß der Forderung konstruktivistischer Lerntheorien soll eine Lernumgebung es weitgehend erleichtern neues Wissen in die individuell vorhandene Wissensstruktur der Lernenden zu integrieren. Demnach existieren für jeden Lernenden viele verschiedene individuell wählbare Lernpfade, die es ihm ermöglichen neues Wissen an Vorhandenes anzuknüpfen. Dieser Anforderung kommt die Realisierung der Diskussionsbeiträge in Form von Hypertext entgegen. Die Autoren legen damit keinen eindeutigen Lesepfad fest und die Rezipienten werden so zur aktiven Gestaltung ihrer Informationsaufnahme angehalten. Die eigenständige Suche und Einbindung von Quellen aus dem Internet sind diesem Ziel ebenfalls zuträglich. Da die Einträge der Teilnehmer gewöhnlich dauerhaft gespeichert werden, ist eine entsprechend tiefgründige Auseinandersetzung mit den Inhalten möglich. Diese Eigenschaft des Systems erlaubt es, sich ohne enge Zeiteinschränkungen mit den Beiträgen der anderen Teilnehmer auseinandersetzen und den anderen eigene Kommentare erst nach gründlicher Elaboration zur Verfügung zu stellen. Damit können einzelne Diskussionsaspekte jederzeit wieder gefunden und aufgegriffen werden. Die Beteiligung der einzelnen Teilnehmer an der Gruppendiskussion wird durch den Medieneinsatz ebenfalls beeinflusst. Es besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit einer Egalisierung der Kommunikationsanteile, da Eingaben von unterschiedlichen Teilnehmern auch parallel erfolgen können. Während Kanalreduktionsmodelle (Rice, 1984; Astleitner, 2001) darauf hindeuten, dass durch die medienvermittelte Kommunikation eine defizitäre Kommunikationssituation entsteht, sieht Walther (1999) in seinem hyperpersonalen Ansatz besondere Vorteile in dieser Reduktion. Theorien die sich speziell auf den Bereich der reduzierten sozialen Hinweisreize beziehen verdeutlichen ebenfalls, dass sich aus dieser Einschränkung auch vorteilhafte Gesichtspunkte ziehen lassen. Entscheidend scheinen sich ebenso die konkreten Interaktionsbedingungen und das Verhalten des Moderators auszuwirken. 71

79 6. Kooperation Eine grundsätzliche Voraussetzung für eine aktive Beteiligung der Teilnehmer stellt ihre Motivation dar. Der Mythos, der bloße Einsatz neuer Medien würde bereits einen Motivationsschub auslösen, wurde im wesentlichen durch die berühmte Bildplattenserie Adventures of Jasper Woodbury (Bransford 1990) ausgelöst. Mittlerweile ordnet man die damaligen Untersuchungsergebnisse eindeutig einem Neuigkeitseffekt zu. Die lernmotivationssteigernde Funktion des Medieneinsatzes kann daher zur Erleichterung der Einführung derselben genutzt werden. Im weiteren Verlauf muss die Motivation der Teilnehmer dann durch Arbeitsanweisungen, die zur intensiven kognitiven Auseinandersetzung einladen (Kerres 2001, S.96) aufrechterhalten werden. Vorteilhafte motivationale Aspekte, wie sie im Bereich des konventionellen Gruppenlernens zu beobachten sind, konnten auch in virtuellen Varianten der Kooperation festgestellt werden. 2. Lernen mit verstärkter Selbststeuerung Die Planung und Kontrolle des Lernfortschritts sollen konstruktivistischen Prinzipien folgend auf den Lernenden übertragen werden. Der Lehrende, der in konventionellen Settings diese Funktion übernommen hat, sollte daher beim CSCL nur noch als Berater oder Coach in Erscheinung treten. Die Fähigkeit zur Selbststeuerung gehört zu den wesentlichen Fähigkeiten, die bei den Teilnehmern vorausgesetzt werden muss. Innerhalb virtueller Gruppen kann diese Aufgabe leichter gemeistert werden als von einzeln Lernenden, da im Diskurs mit anderen der soziale Vergleich des Wissensstandes ermöglicht wird. Weitere Möglichkeiten ergeben sich durch die gezielte Implementierung von Feedback-Funktion z.b. in Form von Peer- oder Co-Assessment, bei dem die Teilnehmer sich gegenseitig ihren Wissensstand abfragen (vgl. Dochy, 1999). Der Aspekt der Selbststeuerung wird ebenfalls durch die bereits im letzten Abschnitt angesprochene individuelle Wahl der Lernpfade in einer Hypertextumgebung unterstützt, die eine nichtlineare Bearbeitung der angebotenen Inhalte ermöglicht bzw. erforderlich macht. 3. Lernen im spezifischen Kontext Die Forderung nach situativem Lernen kann im Kontext virtueller Lerngruppen hauptsächlich durch die Möglichkeit multimedialer Darstellungen, sowie der Anbindung an das gewaltige Informationsangebot des Internets erfüllt werden. Durch die Integration multimedialer Elemente wird eine vielseitige und realitätsnahe Darstellung der Lerninhalte ermöglicht. Im Gegensatz zu den traditionellen Medien besteht die Möglichkeit viele Sachverhalte durch den Einsatz von Simulationen deutlicher und anschaulicher darzustellen und aus verschieden Perspektiven zu betrachten. Ausschnitte aus realen Situationen (z.b. durch Videosequenzen) können ebenfalls zur Anregung von Diskussionen oder als 72

80 6. Kooperation Unterstützung einzelner Argumente herangezogen werden. Ganze Wissensgebiete lassen sich durch die Einbindung von Datenbanken und Suchsysteme umfassend und direkt verfügbar machen. Die im nächsten Abschnitt angesprochenen Möglichkeit Experten in die Diskussion mit einzubeziehen und somit Informationen aus erster Hand zu bekommen, kann ebenfalls dazu beitragen ein realitätsnahes Lernsetting bereitzustellen. Nach Kerres ist das gewählte Symbolsystem (Sprache, Symbole, Zahlen, Bilder,...) wichtiger für die Informationsverarbeitung als die Nähe zur scheinbar abgebildeten Realität. Darstellungen beeinflussen hierdurch die Konstruktion von Vorstellungen über Welten. (Kerres 2001, S.95). Den Möglichkeiten multimedialer Darstellungen sind auch unter Beachtung dieses Einwandes kaum Grenzen gesetzt. 4. Lernen als kooperativer und sozialer Prozess Wesentlicher Bestandteil virtueller Lerngruppen ist der gegenseitige Austausch der Teilnehmer. Im Vergleich zum E-Learning ohne den Einsatz virtueller Lerngruppen ist das Potenzial in dieser Hinsicht zunächst in den generellen Vorteilen kooperativer Lernformen zu sehen. Bei der Aneignung anwendungsbezogenen Wissens können hier zwei Aspekte als zentrale unterstützende Faktoren angesehen werden: die Artikulation der eigenen Kognitionen gegenüber anderen Gruppenmitgliedern und die verstärkte Reflektion der einzelnen Argumente im Diskurs (vgl. Brown et al., 1989). Der Vorteil flexibler Zugangsmöglichkeiten kann ferner dazu genutzt werden, Experten aus dem jeweiligen Fachgebiet (Praktiker, Forscher,...) an dem Austausch kontinuierlich oder punktuell zu beteiligen. Einem internationalen Austausch stehen mittels CMC ebenfalls kaum Barrieren im Weg. Lernen im Umfeld der Scientific Community ermöglicht die Integration neuster Strömungen und Untersuchungsergebnisse in das Curriculum. Weitere Besonderheiten der virtuellen Variante des gemeinsamen Lernens liegen in der bereits anfangs genannten Möglichkeit der dauerhaften Speicherung der Beiträge. Unter der Voraussetzung einer durchdachten internen Gliederung der einzelnen Einträge kann diese Möglichkeit auch zum Aufbau einer gemeinsamen Wissensdatenbank genutzt werden. Wissensmanagement ist ein relativ junger Forschungszweig, der sich dieser Thematik widmet. Experten sehen hier die gravierendsten Vorteile, die sich durch CSCL erreichen lassen (vgl. Guttmann, 2002). 73

81 6. Kooperation 6.7. Schlussfolgerungen Wie bei den zuvor behandelten Möglichkeiten des computergestützten Lernens besteht auch im Bereich des virtuellen Gruppenlernens ein großartiges Potenzial. Insbesondere vor dem Hintergrund der eingangs geschilderten aktuellen bildungspolitischen Erfordernisse mit dem Ziel der Schaffung von Möglichkeiten zum offenen, flexiblen und selbstgesteuerten Lernen kommt dieser Form der Lehre eine wachsende Bedeutung zu. Die stetig steigenden Bildungs- und Weiterbildungsangebote im Online-Bereich bestätigen und fördern diesen Trend (vgl. Schenkel, 2002). Damit sich die angestrebten Erfolge einstellen können, sind jedoch eine Fülle von weiteren Bedingungen zu beachten. Die Bereitstellung einer webbasierten Kooperationsumgebung ist eine notwendige aber bei weitem nicht hinreichende Bedingung zur Initiierung eines angeregten Austausches zwischen Lernenden. Von allgemeingültigen Aussagen zu den Effekten von virtuellem Gruppenlernen muss daher abgesehen werden. Eine Betrachtung der Aspekte aus dem Bereich der individuellen Einflussfaktoren erfolgt im nächsten Kapitel. 74

82 7. Individuelle Einflussfaktoren 7. Individuelle Einflussfaktoren Die in den vorherigen Kapiteln theoretisch begründeten Lerneffekte, die durch den Einsatz neuer Medien und virtuellen Varianten des Gruppenlernens erzielt werden können, werden von einer Vielzahl von Variablen beeinflusst. Schon seit den 40er Jahren ist die psychologische Wirkungsforschung bemüht zu eindeutigen Aussagen hinsichtlich der Zusammenhänge von Medium, Lerninhalt und Lernerfolg zu gelangen. Doch die Frage mit welchem Medium ein Lerninhalt am besten zu vermitteln ist, muss man nach aktuellem Erkenntnisstand als falsch gestellt bezeichnen (vgl. Brünken, 2001). Obwohl ein nicht unbeträchtlicher Aufwand zur Identifikation von eindeutigen Medienwirkungen auf das Erlernen von Inhalten betrieben wurde, ergaben sich kaum einheitliche Ergebnisse (vgl. Glowalla & Häfele, 1995). Aus heutiger Sicht sind diese ernüchternden Resultate darauf zurückzuführen, dass sich die Qualität oder Wertigkeit eines Mediums nicht an Merkmalen des Mediums selbst feststellen lässt, sondern nur in dem kommunikativen Zusammenhang, in dem das Medium Verwendung findet (Kerres, 2001, S.23). Hinzu kommen die lernerseitigen Voraussetzungen, die sich ebenfalls auf die Interaktion von Lernenden und medialen Lernangeboten auswirken. Diese können von motivational-emotionalen Komponenten, über einstellungsrelevante Aspekte bis zu kognitiven Lernvoraussetzungen reichen. In Lernsettings mit Multimedia-Einsatz gehen folglich sowohl medienspezifische Eigenschaften, personenspezifische Lernvoraussetzungen als auch Besonderheiten im Rahmen der Interaktion dieser Komponenten ein. Auf die Wechselwirkung zwischen den Merkmalen medialer Angebote und den Merkmalen damit lernender Personen weisen nahezu sämtliche Autoren, die sich innerhalb der letzten Zeit mit einer empirischen Beforschung dieses Themenfeldes auseinandergesetzt haben, hin (z.b. Mandl et al., 1992; Kerres, 2001; Schulmeister, 2003). In den folgenden Abschnitten werden die theoretischen Hintergründe zu den lernerseitigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit den Komponenten der nachfolgend untersuchten virtuellen Lernumgebung ergründet. Auf dieser Basis werden im Anschluss einzelne Variablen determiniert, die in das Untersuchungsdesign aufgenommen werden. In diesem Sinne geht es nun darum, eine Grundlage für die Klärung der Fragestellung zu schaffen, inwiefern sich die individuellen Voraussetzungen und Einstellungen der Lernenden auf die Nutzung einer virtuellen Lernumgebung auswirken und wie sich die Zusammenhänge auf die zu erwartende Lerneffizienz auswirken. Im Rahmen der Datenauswertung sollen 75

83 7. Individuelle Einflussfaktoren später durch eine Gewichtung dieser Faktoren entsprechende Hinweise zum Einsatz und zur Konzeption virtueller Lernumgebungen abgeleitet werden. Dem in Kapitel 1 ausführlich beschriebenen Trend zum Lebenslangen Lernen, der von einer Individualisierung des Lernens und einer zunehmenden Selbstverantwortlichkeit für den eigenen Lernprozess begleitet ist, soll bei dieser Betrachtung in besonderem Maße Rechnung getragen werden. Das Lernszenario der Zukunft, welches bereits aktuell zunehmend Einzug in unsere Gesellschaft nimmt, zieht einen breiten Wandel nach sich. Im Kontrast zur klassischen Präsenzlehre im Klassenverbund oder als Einzelseminarveranstaltung ergibt sich für alle Beteiligten eine völlig neue Situation (vgl. Kapitel 6.5). Diese resultiert einerseits aus neuen Anforderungen an die Gestaltung von Lernmaterialien, die speziell darauf ausgerichtet sein muss ein selbstbestimmtes Lernen zu ermöglichen und zu unterstützen (vgl. Rebel, 1998). Andererseits stellen diese Neuerungen auch veränderte Anforderungen an die Lernenden. Die zunehmende Flexibilität der Lernorganisation führt eine Rollenveränderung der Lehrenden und Lernenden herbei. Während sich die Rolle der Lehrenden in die eines Lerncoaches wandelt, wächst auf der Seite der Lernenden die Selbstverantwortung (vgl. Mandl, 2001; Dohmen, 1998). Bei der Auswahl der betrachteten Dimensionen soll die spezielle Situation der in stärkerem Maße auf sich selbst gestellten Lernenden in besonderem Maße berücksichtigt werden. In der gegebenen Untersuchungssituation von Fernstudierenden sind die Möglichkeiten der Datenerhebung stark eingeschränkt. Daher ist bei der Auswahl der Variablen stets zu antizipieren, welche Variablen mit angemessenem Aufwand in diesem Setting überhaupt erfasst werden können. Zunächst gilt es jedoch die relevanten Variablen zu identifizieren. Ein übergreifendes Konzept, welches eine Vielzahl der in diesem Zusammenhang relevanten Aspekte in sich vereint, ist das des Selbstgesteuerten Lernens. Es wird im nächsten Abschnitt in seinen Grundzügen vorgestellt. Teilkomponenten des Selbstgesteuerten Lernens als Moderator- und Kontrollvariablen Als Indikator für die von der scientific community zugesprochenen Relevanz eines Themas kann die Anzahl der Veröffentlichungen herangezogen werden, die innerhalb eines Gebietes publiziert werden. Zum Thema Selbststeuerung des Lernens fanden in den letzten 10 Jahren rege Forschungsaktivitäten statt (vgl. zusammenfassend Nacke & Dohmen, 1996; Dohmen, 1997, 1999). Das Thema wird teilweise auch unter anderen Begriffen wie zum Beispiel dem selbstregulierten, selbstorganisierten, und selbsttätigen Lernen diskutiert oder auch in der englischsprachigen Literatur unter self-directed learning, self-regulated learning und self planned learning abgehandelt (vgl. Schreiber, 1998). Oft beziehen sich diese Untersuchungen auf das konstruktivistische Lernparadigma und finden im Bereich 76

84 7. Individuelle Einflussfaktoren virtueller Lernszenarien statt. Im Umfeld des lebenslangen Lernens und der Entstehung einer Wissensgesellschaft wird selbstgesteuertes Lernen meist als einzige Realisierungsmöglichkeit gesehen, um den aktuellen und künftigen Anforderungen nachzukommen (vgl. Kapitel 1). Es existieren immense Unterschiede der von unterschiedlichen Autoren unter dem Begriff des selbstgesteuerten Lernens subsumierten Aspekte. Ein Grund für diese Uneinheitlichkeit liegt sicher darin, dass es sich weder um einen präzise definierten wissenschaftlichen Begriff handelt, noch um eine einheitlich gebrauchte alltagssprachliche Bezeichnung (Weinert, 1982, S.99). Im Grunde enthält schließlich jede Form des Lernens Elemente von Selbst- und Fremdsteuerung und befindet sich damit eher im Mittelfeld des Kontinuums zwischen den beiden Extremen, deren Realisierung in Reinform im Grunde nicht möglich ist. Die unterschiedliche Granularität der Betrachtungsebenen In Abhängigkeit von den Interessenschwerpunkten und der theoretischen Grundorientierung der Forscher werden verschiedene Betrachtungsebenen in den Vordergrund gerückt. Ein wesentlicher Unterschied besteht zum Beispiel darin, ob eher die Lernenden oder die situativen Rahmenbedingungen selbstgesteuerten Lernens im Zentrum der Betrachtung stehen. Im Bereich der Lernenden kann darüber hinaus eine Unterscheidung im Hinblick auf die Größe des untersuchten Realitätsausschnitts erfolgen. Einige Untersuchungen konzentrieren sich hier eher auf eine Mikroebene und greifen einzelne Teilaspekte heraus, andere nähern sich der Thematik durch die Untersuchung globalerer Faktoren, wie zum Beispiel der aufgewendeten Lernzeit, welches einer Betrachtung auf der Makroebene entspricht. Sehr differenzierte Ansätze auf der Mikroebene wurden im Bereich der Informationsverarbeitungstheorien entwickelt. Sie setzen sich schwerpunktmäßig mit den beteiligten kognitiven Verarbeitungsprozessen auseinander. Andere fokussieren hingegen die motivationalen, volitionalen und metakognitiven Abläufe innerhalb der Handlungssteuerung (z.b. Reinmann-Rothmeier & Mandl, 1997; Boekaerts, 1999). Die Analyse situativer Rahmenbedingungen dient der Formulierung fundierter Gestaltungshinweise für die Konzeption und Realisierung von Lernumgebungen zur Förderung individuellen Lernens. Auch in diesem Bereich erstreckt sich ein breites Forschungsfeld. Die Interessengebiete liegen hier insbesondere in der Gestaltung der äußeren Lernbedingungen (Medien, Informationsmittel, Werkzeuge) sowie im Entwurf von Instruktionsdesigns, die selbstgesteuertes Lernen fördern und anregen (vgl. Friedrich & Mandl, 1997). 77

85 7. Individuelle Einflussfaktoren Erwartungsgemäß groß ist die Divergenz der Definitionen zum selbstgesteuerten Lernen, die von verschiedenen Autoren hervorgebracht wurden: Nach Deitering (1996, S.45) ist Selbststeuerung ein Oberbegriff für alle Lernformen, in denen die Lernenden ihren Lernprozess weitgehend selbst bestimmen und verantworten können. Im Gegensatz zu dieser äußerst umfangreichen Definition fasst Corno (1989) den Begriff mit starken Einschränkungen und zwar als ein Set von Lernstrategien, welches der Lerner nutzen kann, um effektiv und flexibel die Anforderung einer Lernaufgabe zu bewältigen. Schiefele & Pekrun (1996, S.258) definieren selbstreguliertes Lernen als eine Form des Lernens, bei der die Person in Abhängigkeit von der Art ihrer Lernmotivation selbstbestimmt eine oder mehrere Selbststeuerungsmaßnahmen (kognitiver, metakognitiver, volitionaler oder verhaltensmäßiger Art) ergreift und den Fortgang des Lernprozesses selbst überwacht. Knowles (1980, S.18) hebt besonders den Prozesscharakter hervor: Selbstgesteuertes Lernen ist ein Prozess, bei dem der Lerner mit oder ohne Hilfe anderer initiativ wird, um seine Lernbedürfnisse festzustellen, seine Lernziele zu formulieren, menschliche und dingliche Ressourcen für das Lernen zu identifizieren, angemessene Lernstrategien zu wählen und zu realisieren und um die Lernergebnisse zu evaluieren. (Friedrich & Mandl, 1997, S.238) Friedrich & Mandl (1997) plädieren für eine Einschränkung dieser differenzierten Betrachtungsweise auf die zentralen Facetten des Lerngeschehens, die sie in der Steuerung des Lernens im Hinblick auf extern vorgegebene Inhalte und Ziele sehen. Sie orientieren sich an Simons (1992) handlungsorientiertem Modell nach welchem die Phasen der Vorbereitung, Durchführung, Kontrolle, Selbstevaluation und Selbstmotivation durchlaufen werden. 78

86 7. Individuelle Einflussfaktoren 7.1. Theoretische Ansätze zum selbstgesteuerten Lernen Wie bereits beschrieben erfreute sich das Forschungsgebiet des selbstgesteuerten Lernens in den letzten Jahren eines breiten Interesses. Durch den gestiegenen Bedarf im Anwendungsbereich (vgl. Kapitel 1.3ff) nahm auch die Nachfrage in Bezug auf theoriegestützte Erklärungsansätze deutlich zu. Dementsprechend wurden einige konzeptuelle Neuentwicklungen und Rahmenmodelle zur Beschreibung und Erklärung der Zusammenhänge zwischen Merkmalen der Lernumgebung und individuellen Lernervoraussetzungen veröffentlicht. Eingrenzung des betrachteten Bereichs auf die Ebene des Individuums Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung stehen besondere Teilaspekte des Selbstgesteuerten Lernens im Vordergrund. Eine Betrachtung des gesamten Spektrums ist daher nicht sinnvoll. Zunächst erfolgt eine Eingrenzung des untersuchten Bereichs auf Dimensionen, die sich auf interindividuelle Unterschiede der Lernenden beziehen. Das Forschungsinteresse dieser Arbeit ist nicht primär darauf ausgerichtet fein ausdifferenzierte Gestaltungshinweise zur Konzeption von Lernumgebungen zu ermitteln. Die Untersuchung findet innerhalb des laufenden Unterrichtsbetriebes unter dem Einsatz verschiedener virtueller Lernkomponenten statt. Abgesehen von den Unterschieden hinsichtlich der Nutzung dieser Komponenten durch die Teilnehmer (durch einen individuellen Medienmix kreiert jeder Teilnehmer seine eigene Lernumgebung), sind keine Variationen in Bezug auf die äußeren Lernbedingungen (Medien, Informationsmittel, Werkzeuge) oder das Instruktionsdesign vorgesehen. Die Untersuchung der individuellen Faktoren hingegen zielt darauf ab, eine Gewichtung der Relevanz der verschiedenen individuellen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Selbstgesteuertes Lernen vornehmen zu können. Aus diesen Erkenntnissen können im Anschluss Maßnahmen zur Förderung Selbstgesteuerten Lernens abgeleitet werden. Diese können selbstverständlich auch Gestaltungshinweise im Bereich von Lernumgebungen enthalten. Bedingungen des Selbstgesteuerten Lernens Fähigkeiten (kognitiv) interne Bedingungen Bereitschaft (motivational) externe Bedingungen Chancen und Möglichkeiten Förderung des Selbstgesteuerten Lernens Direkte Förderansätze Gestaltung von Lernumwelten Abb.11: Ansatzpunkte des Selbstgesteuerten Lernens (in Anlehnung an Breuer, 2000, S.89) 79

87 7. Individuelle Einflussfaktoren Ausführungen zu den Aspekten, die sich auf die individuellen situativen Rahmenbedingungen der Lernenden beziehen (z.b. Computerausstattung, Zugangsmöglichkeiten, störungsfreies Umfeld, etc.), werden im Rahmen der Datenerhebung ebenfalls einbezogen (siehe Kapitel 11). Für einen Überblick der Dimensionen, die auf intraindividueller Ebene als relevant erachtet werden, werden nun im Sinne einer Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zwei Rahmenkonzepte neueren Datums vorgestellt. Die Modelle zeichnen sich im Gegensatz zu früheren Modellen des Selbstgesteuerten Lernens, die sich tendenziell eher auf einzelne Teilaspekte Selbstgesteuerten Lernens konzentrierten, durch eine eher ganzheitliche Perspektive aus. Zunächst erfolgt eine Darstellung des Modells der Selbstlernkompetenz von Kammerer (2001) Das Modell der Selbstlernkompetenz von Kammerer (2001) Kammerers Definition von Selbstlernkompetenz stützt sich auf die bereits angeführte Definition von Knowles (s.o.), integriert allerdings einige präziser formulierte Aspekte und nimmt verschiedene Erweiterungen vor. Nach Kammerer (2001, S.3) ist Selbstgesteuertes Lernen ein aktiver Aneignungsprozess, bei dem das Individuum über sein Lernen entscheidet, indem Möglichkeiten gegeben sind die eigenen Lernbedürfnisse bzw. den Lernbedarf, Interessen und Vorstellungen zu bestimmen und zu strukturieren, die notwendigen menschlichen und materiellen Ressourcen (inklusive professioneller Lernangebote oder Lernhilfen) hinzuzuziehen, Lernziele, inhaltliche Schwerpunkte, Lernwege, -tempo und -ort weitestgehend selbst festzulegen und zu organisieren, geeignete Methoden auszuwählen und einzusetzen und den Lernprozess auf seinen Erfolg sowie die Lernergebnisse auf ihren Transfergehalt hin zu bewerten. Die Erweiterungen beziehen sich damit insbesondere auf Freiheiten im Hinblick auf eine selbstbestimmte Wahl der Lerninhalte und auf den Einbezug intrapersoneller motivationaler Orientierungen (s.u. Modell von Baumert) wie zum Beispiel persönlicher Interessen und Präferenzen. Hervorzuheben ist des weiteren, dass die Definition sowohl lernvorbereitende als auch lernbegleitende Aspekte berücksichtigt. 80

88 7. Individuelle Einflussfaktoren Die für ein Selbstgesteuertes Lernen konstituierenden Faktoren auf Individualebene beschreibt Kammerer als die Bereitschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person, den eigenen Lernprozess selbstgesteuert zu gestalten. Das bedeutet, dass beim Lernen die Schritte der Antizipation bzw. Planung, der Durchführung und der Kontrolle aktiv bewältigt werden müssen (Kammerer, 2001, S.5). Zur theoretischen Fundierung des Modells werden zwei bedeutsame Ansätze integriert: einerseits das Handlungskompetenz-Modell von Roth (1971) und das von Friedrich & Mandl (1990) entwickelte Prozess-Modell des Lernens. Nach ein paar rudimentären Ausführungen zu diesen Ansätzen folgt eine Kurzdarstellung der fundamentalen Begriffe, die im Zusammenhang mit der Modellentwicklung von Kammerer gebildet wurden. Theoretischer Hintergrund Im Rahmen seines allgemeinen Handlungskompetenz-Modells definiert Roth (1971) den Begriff der Handlungskompetenz als menschliche Handlungsfähigkeit, die die drei Teilbereiche Sachkompetenz, Selbstkompetenz und Sozialkompetenz beinhaltet. (Kammerer, 2001, S.5). Zur Beleuchtung des Themenfeldes des Selbstgesteuerten Lernens werden diese Teilkompetenzen nun mit den zentralen Begriffen des Lernens von Friedrich & Mandl (1990) in Zusammenhang gebracht. Diese reichen von den informationsverarbeitenden Prozessen über die Lernorganisation und die Lernkoordination bis zur Lernzielbestimmung. Gewissermaßen als Schnittmenge dieser beiden Perspektiven bestimmt Kammerer sechs Kompetenzen, die als zentrale Elemente des Selbstgesteuerten Lernens erachtet werden. Im Rahmen der Erläuterungen der Begriffe führt sie jeweils eine Auswahl von Studien an, die die Relevanz der Dimensionen im Zusammenhang mit dem Selbstgesteuerten Lernen unterstreichen. Fachkompetenz Unter Fachkompetenz wird das gesamte Wissen einer Person in einem Themenbereich verstanden, dabei sind sowohl deklaratives als auch prozedurales Wissen von Bedeutung. Entscheidend beim Erschließen neuer Wissensgebiete ist das Anknüpfen an vorhandenes Wissen. Anschlussfähiges Vorwissen kann selbstverständlich auch im Bereich der Allgemeinbildung liegen. Personale Kompetenz Personale Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit für ein selbstverantwortliches Handeln unter Berücksichtigung verschiedener motivationaler und volitionaler Gesichtspunkte. Kammerer 81

89 7. Individuelle Einflussfaktoren führt hier die Komponenten Motivation, Anstrengung, Willensstärke, Selbstwirksamkeit, Aufmerksamkeitssteuerung und selbstregulative Aspekte an. Sozialkompetenz In der Definition vom Selbstgesteuerten Lernen ist nicht enthalten, dass es ausschließlich im Alleingang erfolgen muss. Es bleibt dem Lernenden vorbehalten eine Kooperation mit anderen für ein gemeinsames Lernen einzugehen. Für diese Zusammenarbeit sind Kompetenzen im Umgang mit anderen (Konflikt-, Kontakt- und Teamfähigkeit) von großer Bedeutung. Methodische Kompetenz Der Bereich der methodischen Kompetenz umfasst kognitive und metakognitive Aspekte des Lernens. Betrachtet werden insbesondere die individuellen Lernstrategien, Metakognitionen (Planung und Kontrolle des Lerngeschehens) sowie die Organisation des Lernens unter der Perspektive des Zeitmanagements und der Auswahl von Informationsquellen. Emotionale Kompetenz Unter emotionaler Kompetenz fasst Kammerer Facetten der Selbstwahrnehmung und Bereiche der emotionalen Selbstregulation zusammen. Ihr Beitrag liegt in einer adäquaten Handlungssteuerung unter Bewusstheit und Kontrolle der eigenen Emotionen. Kommunikative Kompetenz Die Rolle des Austausches mit anderen wurde bereits im Bereich der Sozialkompetenz hervorgehoben. In diesem Zusammenhang sind verbale und nonverbale Fähigkeiten wesentlich für eine erfolgreiche Kooperation. 82

90 7. Individuelle Einflussfaktoren Die Dimensionen der Selbstlernkompetenz (nach Kammerer, 2001) Methodische Kompetenz Emotionale Kompetenz Kommunikative Kompetenz Aneignungsstrategien bzw. Lernstrategien (zur internen Organisation, Integration, Wiederholung und Prüfung des Wissens) Metakognition (zur Reflexion und Kontrolle bzw. Planung des Lernvorgangs) Organisationsstrategien (zur Gestaltung der Lernumgebung, des Zeitmanagements sowie zur Nutzung von Informationsquellen) Selbstwahrnehmung (Bewusstheit der eigenen Emotionen und ihre Auswirkungen, Bewusstheit der Stärken und Schwächen) Selbstregulierung (Kontrolle und adäquate Äußerung von Gefühlen) konstruktive verbale Kommunikation angemessener Einsatz der nonverbalen Kommunikation spezifische Selbstlernkompetenzen anschlussfähiges Vorwissen über den Lerngegenstand Allgemeinwissen Autonomieerleben (eigener Handlungsspielraum wird positiv erlebt) Kompetenzerleben (Erleben der Selbstwirksamkeit) Anstrengung (Durchhaltevermögen, Willensstärke, Beendigungswunsch) Motivation (Neugierde, eigene Zielsetzung, Interesse) Aufmerksamkeit (Konzentration auf das Ziel, keine Ersatzhandlungen) konstruktive Auseinandersetzung mit anderen Personen (Konfliktfähigkeit) Aufnahme von Gesprächen und Kontakten (Kontaktfähigkeit) zielführende Zusammenarbeit mit anderen (Teamfähigkeit) Fachkompetenz Personale Kompetenz Sozialkompetenz allgemeine Handlungskompetenzen Abb.12: Dimensionen der Selbstlernkompetenz (nach Kammerer, 2001) Anhand der von Kammerer vorgenommenen Kategorisierung lassen sich zusammenfassend eine Reihe von Dimensionen extrahieren, die für eine Untersuchung des Selbstgesteuerten 83

91 7. Individuelle Einflussfaktoren Lernens bedeutsam sind: Fachkompetenz (anschlussfähiges Vorwissen) Lernstrategien / Lernstile Metakognition (Selbstreflektion des Lernprozesses) Selbstwahrnehmung Selbstregulation (emotional und kognitiv i.s.v. Aufmerksamkeitssteuerung) erlebte Selbstwirksamkeit (Autonomieerleben / Kompetenzerleben) Motivation Sozialkompetenz (Kommunikative Fähigkeiten). Die starke Gewichtung die Kammerer der kommunikativen Kompetenz und der Sozialkompetenz einräumt, muss im Hinblick auf das hier zu untersuchende Umfeld der virtuellen Lehre relativiert werden. Dazu können zwei Gründe angeführt werden: Im Bereich des Fernstudiums herrschen generell eingeschränkte Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Aufgrund der räumlichen Trennung der Fernstudierenden durch oftmals große Distanzen ergeben sich für viele nur selten Chancen den Lehrstoff gemeinsam mit anderen zu bearbeiten. Fernstudierende weichen im Gegensatz zu konventionellen Studierenden verstärkt auf Formen computervermittelter Kommunikation aus (vgl. Kapitel 4) und hier sind, die kommunikativen Fähigkeiten betreffend, andere Qualitäten von Bedeutung als bei direkter Kommunikation (vgl. Döring, 1999) Das Modell zum Selbstgesteuerten Lernen von Boekaerts (1997) modifiziert von Baumert (1999) Ein weiteres aktuelles Modell, welches sich dem Konstrukt des Selbstgesteuerten Lernens unter einer relativen Gleichgewichtung kognitiver und motivational-volitionaler Komponenten nähert, wurde von Boekaerts entwickelt. Die Grundpfeiler des Modells werden durch eben diese beiden Kategorien gebildet. In ihrer ursprünglichen Version postulierte sie ein Drei- Stufen-Modell, bei dem die Komponenten beider Kategorien strikt den Ebenen Wissen, Ziele und Strategiegebrauch zugeordnet wurden. Zur bisherigen Forschung merkt Boekaerts an, dass die durch die Positionierung des Forschungsfeldes im Zwischenbereich verschiedener Forschungsfelder gegebenen Transfer- und Integrationsmöglichkeiten nur wenig genutzt werden. Investigators have the tendency to reinvent the wheel, adapting and extending their emerging theories, instead of borrowing existing conceptual frameworks from neighbouring fields (Boekaerts, 1997, S.162). Das 84

92 7. Individuelle Einflussfaktoren Modell zum Selbstgesteuerten Lernen stellt einen Ansatz dar, diesen Misstand zumindest in Teilen aufzuheben. Im Umfeld der kognitiven und metakognitiven Regulationsfaktoren werden die Bereiche kontextspezifisches Vorwissen, kognitive Lernstrategien und metakognitive Strategien genannt. Als motivational-volitionale Komponenten gehen die Faktoren motivationale Orientierung, situationaler Motivationszustand und volitionale Merkmale der Handlungssteuerung in das Modell ein. Zur theoretischen Fundierung der ausgewählten Variablen verweist Boekaerts (1997) auf die grundlegenden Arbeiten der Cognition and Technology Group at Vanderbilt (1990), sowie auf einflussreiche Studien und Modelle die von namhaften Autoren in den 80er und 90er Jahren veröffentlicht wurden. Sie bezieht sich hier explizit auf Arbeiten von Gardner (1991), Resnick (1987), Scardamalia & Bereiter (1986) und Weinert & Helmke (1995), die zum Teil bereits in den vorhergehenden Kapiteln erwähnt wurden. Auf eine Darstellung dieses umfangreichen Gebietes wird verzichtet, für den geneigten Leser soll ein Verweis auf die Originalquellen genügen. Die folgende Abbildung (Abb.13) stellt das durch Baumert (1999) modifizierte Modell dar. Durch die hinzugefügten Erläuterungen wird ein Eindruck vermittelt, was unter den genannten Dimensionen inhaltlich zu verstehen ist. 85

93 7. Individuelle Einflussfaktoren A) Kognitive und metakognitive Komponenten der Selbstregulation B) Motivational-volitionale Komponenten der Selbstregulation 1. Kontextspezifisches Vorwissen - deklaratives Wissen - prozedurales Wissen 2. Kognitive Lernstrategien - Memorierstrategien - Tiefenverarbeitung - Transformation 1. Motivationale Orientierungen - selbstbezogene Kognitionen (Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugung) - motivationale Präferenzen (Interesse, Aufgabenorientierung, Ich-Orientierung, intrinsische Motivation) - Prüfungsangst - subjektive Theorien der Begabung 2. Situationaler Motivationszustand - Aufmerksamkeit - Anstrengung - Ausdauer 3. Metakognitive Strategien - Planung und Zielrepräsentation - Überwachung (Monitoring) - Korrekturstrategien 3. Volitionale Merkmale der Handlungssteuerung - Abschirmung gegen konkurrierende Intentionen - Umgang mit Erfolg und Misserfolg Abb.13: Komponenten der Selbstregulation (in Anlehnung an Baumert, 1999) In ihren Darstellungen weist Boekaerts (1997) verstärkt auf die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Subkonstrukten hin und relativiert damit das ansonsten eher starr wirkende Modell. Boekaerts selbst stellt das Modell bereits in ihrer darauf folgenden Veröffentlichung (1999) nicht mehr in dieser Form dar. Die Gründe für diesen Entschluss werden in dem Artikel leider nicht angegeben. Artelt (2000) weist jedoch darauf hin, dass die Annahme einer kognitiven und motivationalen Regulation auf drei Ebenen weder theoretisch haltbar sei, noch empirisch bestätigt werden konnte. In ihrer Neufassung geht Boekaerts nun von einem Drei-Schichten-Modell mit einer weniger strikten Unterteilung der Subkonstrukte aus (vgl. Abb.14). Auf der obersten Schicht werden motivationale und volitionale Vorgänge der Selbstregulation auf einer Makroebene 86

94 7. Individuelle Einflussfaktoren betrachtet. Thematisiert werden insbesondere Aspekte der Handlungssteuerung und kontrolle. Die mittlere Schicht bezieht sich auf die Gestaltung des Lernprozesses. Dieser Bereich zielt auf eine Analyse der Steuerung des Lernens auf der Basis des individuellen metakognitiven Wissens und einem angemessenen Einsatz desselben ab. Der Kernbereich des Modells widmet sich einer Betrachtung der konkret angewandten Lernstrategien bzw. Lernstile, was einer Betrachtung auf Mikroebene entspricht. Abb.14: Das Drei-Ebenen-Modell des Selbstregulierten Lernens von Boekaerts (1999, S.452) Die Komponenten, die innerhalb des früheren Modells als wesentlich für das Selbstgesteuerte Lernen erachtet wurden, blieben auch in dieser Version weiterhin enthalten. Der grundsätzlichen Idee einer Integration verschiedener theoretischer Gedankengebäude (Kognition, Volition, Emotion, und Informationsverarbeitung) wurde ebenfalls fortgeführt. Die Querverbindungen zwischen den Schichten, auf die in dem alten Modell bereits hingewiesen wurde, werden in der neuen Variante ausdrücklich betont. Beispielsweise können sich ungünstige volitionale Ausgangsbedingungen entscheidend auf den eingesetzten Lernstil auswirken. Eine positive motivationale Grundeinstellung, sich mit einer gegebenen Thematik auseinanderzusetzen, kann die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Verarbeitung der Inhalte der Lehrmaterialien erhöhen (vgl. Marton & Säljö, 1984). 87

95 7. Individuelle Einflussfaktoren Es könnten noch weitere Autoren angeführt werden, die (auf dem Hintergrund unterschiedlicher theoretischer Fundierungen) zu ähnlichen Ergebnissen im Hinblick auf die relevanten Dimensionen des Selbstgesteuerten Lernens gelangen. Abgesehen von einer feineren Aufgliederung der einzelnen Variablen, ist darin jedoch kaum ein weiterer Nutzen hinsichtlich der hier anvisierten Herausstellung von wesentlichen personenspezifischen Faktoren zu erwarten. Die angeschnittenen Themenbereiche übersteigen ohnehin bereits den Rahmen des Möglichen, bezogen auf die Zumutbarkeitsgrenze der Belastung der Versuchspersonen durch den Umfang der Datenerhebung. Unter Berücksichtigung der Limitationen, die bei einer Feldstudie an der Population der Fernstudierenden als gegeben hingenommen werden müssen, werden im folgenden Abschnitt die zu untersuchenden Dimensionen vorgestellt Zusammenführung der theoretischen Aussagen und detaillierte Betrachtung der zu berücksichtigenden Konstrukte Als Ausgangspunkt für eine zusammenhängende Betrachtung der Moderatorvariablen wird das von Baumert (1999) modifizierte Modell von Boekaerts (1997) herangezogen. Es bietet den Vorteil einer systematisierten und strikter nach psychologischen Dimensionen orientierten Gliederung der Teilkomponenten des komplexen Konstrukts des Selbstgesteuerten Lernens auf verschiedenen Detailstufen. Die Tatsache, dass das Modell als Ganzes sich nicht als viabel erwiesen hat, spielt in diesem Fall keine Rolle, da es schließlich nur zur Strukturierung der relevanten Dimensionen dienen soll. Teilkomponenten des von Kammerer (2001) vorgeschlagenen Modells werden entsprechend integriert bzw. gesondert aufgeführt. Zunächst erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Teilkomponenten im Bereich der kognitiven und metakognitiven Aspekte. 88

96 7. Individuelle Einflussfaktoren Kognitive und metakognitive Komponenten Kontextspezifisches Vorwissen (Boekaerts) bzw. Fachkompetenz (Kammerer) Die Bedeutung von anschlussfähigen Vorkenntnissen für das Lernen wurde schon in frühen lerntheoretischen Modellen erkannt (vgl. z.b. Skinner, 1958). Sie nehmen auch in späteren Theorieansätzen des Lernens (vgl. z.b. Piaget, 1969; Ausubel, 1968, 1974; neuere Ansätze auch in Schulmeister, 1997; Kerres, 2001) eine wichtige Position ein. Weitere Ansätze, die den Zusammenhang zwischen Vorwissen und der Aneignung neuen Wissens auf theoretischer Ebene stützen, sind im Grundlagenbereich der Kognitionspsychologie insbesondere im Bereich der Forschung zu semantischen und neuronalen Netzwerken zu finden (zusammenfassend Wessels, 1984; Edelmann, 2000). Neue Erkenntnisse werden demnach an individuell vorhandene Strukturen (Repräsentationen) angeknüpft. Der Grad der Vernetzung kann dabei stark variieren, bei einer geringfügigen Vernetzung einzelner Wissenskomponenten spricht man von sogenanntem trägen Wissen im Gegensatz zum flexiblen Wissen bei starker Vernetzung (vgl. Kapitel 3). Im Zusammenhang mit der Ergründung der Funktionsprinzipien von Lernprozessen wurden von Plötzer und Spada (1995) computerisierte Modelle erstellt. Der Umfang des Vorwissens spielt für die Verarbeitung weiterer Informationen auch hier eine wesentliche Rolle. Der lernförderliche Vorteil von fundierten Vorkenntnissen beim Erlernen weiterer Wissensinhalte wurde empirisch innerhalb eines breiten Themenfeldes und unterschiedlichster Populationen, z.b. bei Schülern (z.b. Spiel & v. Eye, 1994) bei Studierenden (z.b. Schoemann, 1995) und auch bei Fernstudierenden (Schnotz, 1993) nachgewiesen. Vahle und Riehl (1999) identifizierten bei der Untersuchung der Lernerfolgs- und Prädiktorparameter am Beispiel eines Computerlernprogramms für Mathematik auf der Basis eines probabilistischen Modells und LISREL-Modells die Faktoren bereichsspezifisches Vorwissen und Lernfähigkeit als besonders aussagekräftig. Bezug zum Selbstgesteuertes Lernen Eine gesteigerte Relevanz des Vorwissens für ein Selbstgesteuertes Lernen ist in Anbetracht der Komplexitätserhöhung (durch das Hinzukommen einer eigenständigen Lernprozesssteuerung) schon auf der Basis von Plausibilitätsüberlegungen augenscheinlich. Ein Überblick der Forschungsergebnisse, die in diesem Bereich ermittelt wurden zeigt, dass sich dieser Eindruck auch empirisch bestätigen lässt. In aktuellen Studien (z.b. Noß & Achtenhagen, 2000; Klein et al., 2000; Kross & Lind, 2001) wird die Bedeutung anschlussfähigen Vorwissens bei Selbstlernprozessen als wesentliche Voraussetzung für den Lernerfolg bestimmt. 89

97 7. Individuelle Einflussfaktoren Bedeutung von Vorwissen für das Lernen mit virtuellen Lernumgebungen Beim Selbstgesteuerten Lernen in einer virtuellen Lernumgebung werden außer dem thematischen Vorwissen auch Vorkenntnisse zur Nutzung des Systems benötigt. Es ist davon auszugehen, dass Vorerfahrungen im Bereich der integrierten Medien und allgemeine Computerkenntnisse die Nutzung des Systems erleichtern. Gestützt wird diese Annahme unter anderem von der Theorie zur Verteilung kognitiver Ressourcen oder engl. cognitive load (Kahnemann, 1973; Norman & Bobrow, 1975; aktuelle Weiterentwicklungen von Sweller, 1998). Wie bereits in Kapitel 5.4 angeführt, postuliert das Modell einen begrenzten Pool kognitiver Ressourcen, die je nach parallel zu verarbeitenden Aufgaben bedarfsorientiert verteilt werden. Wenn der Nutzer also bereits einen großen Anteil der kognitiven Ressourcen für die Nutzung und Orientierung innerhalb der Lernumgebung benötigt, verbleibt für die Verarbeitung der Inhalte nur noch ein reduziertes Kontingent (vgl. Meravech et al., 1992). Der Lernfortschritt steht dabei im direkten Zusammenhang mit der Gestaltung der Benutzeroberfläche (insbesondere Navigationsmöglichkeiten), den thematischen Vorkenntnissen der Lernenden sowie der individuell und situativ bedingten Aufmerksamkeitssteuerung (vgl. Müller-Kalthoff & Möller, 2000). Im Falle einer Überforderung des Nutzers, kann dies unter anderem zu dem bekannten Phänomen des lost in hyperspace führen (vgl. Conklin, 1987). Vorwissen als Determinante für die Medienwahl In einer groß angelegten Studie von Scholl, Pelz und Rade (1996) wurden die Determinanten der Nutzung der neuen Medien als Kommunikationsmittel detailliert untersucht. Im Rahmen einer Voruntersuchung und unter Einbezug theoretischer Erwägungen wurden eine Reihe von Faktoren ausgewählt und deren Zusammenhang mit der Medienwahl analysiert. Aus dem empirisch ermittelten Modell geht hervor, dass das verfügbare Medienwissen mit einer Korrelation von.58 die höchste prädiktive Validität für die Medienwahl hat. Weitere Variablen des Modells werden teilweise in späteren Abschnitten aufgegriffen. Abschließend ist anzumerken, dass die von Scholl et al. (1996) gefundenen Bezüge innerhalb eines eingeschränkten Nutzerkreises erhoben wurden. Die Datenerhebung erfolgte im Kreis von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Fachrichtungen Psychologie, Sozialwissenschaften, Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre und Pädagogik der Universität Göttingen. Eine Generalisierung auf die nachfolgend untersuchte Population von Fernstudierenden ist daher nur unter Vorbehalt möglich. 90

98 7. Individuelle Einflussfaktoren Kognitive und metakognitive Lernstrategien Die Bereiche kognitive und metakognitive Lernstrategien des Modells von Boekaerts, werden von Kammerer unter dem Begriff der methodischen Kompetenz zusammengefasst. Wichtige Beiträge zum Oberbegriff der Lernstrategien wurden von der Lernpsychologie, insbesondere der Kognitionspsychologie geliefert. Nach einer systematischen Vorstellung der wesentlichen Konzepte folgt auch hier ein Überblick der empirischen Befunde und die Darlegung von Bezügen zum Untersuchungskontext. Lompscher definiert Lernstrategien als mehr oder weniger komplexe, unterschiedlich weit generalisierte bzw. generalisierbare, bewusst oder auch unbewusst eingesetzte Vorgehensweisen zur Realisierung von Lernzielen, zur Bewältigung von Lernanforderungen (Lompscher, 1992, 1994). Die grundsätzliche Bedeutung von adäquaten Lernstrategien kann in nahezu allen denkbaren Lernformen als gegeben angesehen werden. Wie bereits zuvor geschildert, lassen sich konkrete Lernsituationen auf dem Kontinuum zwischen Selbst- und Fremdsteuerung einordnen. Lernende aller Altersklassen und Bildungsinstitutionen werden mit der Aufgabe konfrontiert sich Lerninhalte selbst zu erarbeiten bzw. eine kognitive Abspeicherung von Wissen zu erzielen, auf das zu einem späteren Zeitpunkt zurückgegriffen werden kann. Weinstein und Mayer (1986) grenzen unter dem Oberbegriff der Lernstrategien drei Komponenten voneinander ab: Kognitive Strategien Im weitesten Sinne werden unter diesem Begriff Aspekte der Informationsverarbeitung zusammengefasst. Die Autoren (s.o.) weisen auf drei Teilbereiche besonders hin: Zunächst sind hier Memorierstrategien zu nennen, unter denen die verschiedenen eingesetzten Mnemotechniken und Wiederholungsstrategien verstanden werden. Des weiteren werden Elaborationsstrategien angeführt, die ein sinnkonstruierendes Vorgehen bei der Erschließung neuer Wissensbereiche beschreiben. Und schließlich gibt es noch den Bereich der Transformationsstrategien, die sich mit den individuellen Vorgehensweisen zur Informationsreduktion auseinandersetzen. 91

99 7. Individuelle Einflussfaktoren Metakognitive Strategien Metakognitive Lernstrategien fokussieren die Planung und Steuerung von Lernhandlungen in Bezug auf eine interne Erfolgskontrolle der eigenen Lernschritte unter Einbezug der eigenen Fähigkeiten und situativen Gegebenheiten. Die Bedeutung der Metakognitionen wird von Pintrich wie folgt auf den Punkt gebracht: Ohne Kenntnis der eigenen Fähigkeiten, der Anforderungen, die bestimmte Aufgaben beinhalten, und der Strategien, die zur Bewältigung dieser Aufgaben angemessen sind, könnte eine effektive Steuerung des Lernens kaum gelingen (Pintrich, zit. nach Schiefele & Pekrun, 1996, S.262) Strategien des Ressourcenmanagements Mit dem Konstrukt des Ressourcenmanagements werden Lernaktivitäten zusammengefasst, die der Orientierung über Informationen und der Ermittlung von Informationen dienen (vgl. Weinstein und Mayer, 1986). Hierzu gehören zum Beispiel Aspekte hinsichtlich der herangezogenen Informationskanäle, des Austausches und der Kooperation mit anderen Personen, der zeitlichen Disposition sowie der Gestaltung einer störungsfreien Lernumgebung. Wild et al. (1992) untergliedern diese Ressourcen nach ihrer Verortung in internen und externen Ressourcen. Als ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit dem selbstgesteuerten Lernen wird eine Strategie hervorgehoben, die als Anstrengungsmanagement bezeichnet wird, d.h. die Fähigkeit, kognitive Lernstrategien mit einem angemessenen Ausmaß an Anstrengung zu koordinieren. Der Bereich der ressourcenorientierten Strategien wird in dem hier herangezogenen Rahmenmodell von Boekaerts nicht den Lernstrategien und damit der kognitiven Regulation zugeordnet, sondern findet sich teilweise unter den Aspekten der motivational-volitionalen Komponenten der Selbstregulation wieder. Dazu gehören zum Beispiel der planvolle Umgang mit der zur Verfügung stehenden Lernzeit und der selbstreflektiven Überwachung der Anstrengung. Den genannten externen Ressourcen wird in Boekaerts Modell keine Aufmerksamkeit geschenkt, sie sollen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung daher gesondert betrachtet werden. Beim Lernen im allgemeinen und beim selbstorganisierten Lernen im Besonderen erhalten diese, dem eigentlichen Lernen vorangestellten Lernaktivitäten, einen exponierten Stellenwert. Forschungsergebnisse im Bereich Lernstrategien und Lernstile Unter der Prämisse, dass Individuen im Verlauf ihrer Lerngeschichte stets ihre eigenen Lernstrategien bzw. Lernstile entwickeln, wurden von einer Vielzahl von Forschern 92

100 7. Individuelle Einflussfaktoren intensive Bemühungen unternommen, um diese Lernstile zu identifizieren und zu klassifizieren. Dazu Klimsa (1993, S.263): Jeder Erwachsene hat seinen eigenen Lernstil, um notwendige Verhaltensänderungen einzuleiten und einen individuellen Kognitionsstil, mit Informationen umzugehen. Es folgt eine Übersicht der bekanntesten Varianten von Lernstil-Taxonomien und ihrer jeweiligen Autoren (in Anlehnung an Boekaerts 1999, S.447): Dimensionen Oberflächenverarbeitung (surface level processing) Tiefenverarbeitung (deep level processing) Holisten (holists) Serialisten (serialists) Reproduktionsorientierung (reproducing orientation) Zielorientierung (achieving orientation) Bedeutungsorientierung (meaning orientation) Anwendungsorientierung (utilizing orientation) Zielorientierung (achieving orientation) Internalisierungsorientierung (internalizing orientation) Abb.15: Übersicht bekannter Lernstil-Taxonomien Autoren Marton & Säljö (1984) Pask (1988) Entwistle (1988) Biggs (1987) Einen ausführlichen und außerordentlich breiten Einblick in die Lernstil-Forschung bieten Jonassen und Grabowski (1993). Sie nehmen eine Unterteilung in verschiedenen analysierten Subdimensionen in drei Hauptkomponenten vor (vgl. Jonassen & Grabowski 1993, S.83ff) und unterscheiden zwischen: Cognitive Controls Cognitive Styles Learning Styles. Sie ordnen Cognitive Controls und Cognitive Styles den Persönlichkeitsmerkmalen zu und gehen damit davon aus, dass es sich in diesen Bereichen um zeitlich überdauernde Eigenschaften handelt. Learning Styles hingegen werden als situations- und themenabhängige Präferenzen betrachtet, ihnen kommt daher eine größere individuelle Variabilität zu. Kontroverse Aspekte Die Kontroverse, in welchem Maße die verschiedenen Lernstile eher stabilen Eigenschaften oder individuellen Präferenzen zuzuordnen sind oder gar kontextabhängig eingesetzt werden, ist bis heute aktuell (vgl. Weidenmann et al., 1993, S.511). Es gibt deutliche Hinweise dahingehend, dass Lernende ihren Lernstil in Abhängigkeit von der Aufgabenstellung und den Umgebungsfaktoren situationsspezifisch anpassen (vgl. Schulmeister, 1997, S.41). 93

101 7. Individuelle Einflussfaktoren Dazu auch Kerres (2001, S.141): der individuelle Lernstil zeigt sich nicht als stabile Disposition der Persönlichkeit, die das Lernverhalten konstant und unabhängig von weiteren situativen und gegenstandsbezogenen Aspekten beeinflusst. Das Lernverhalten einer Person scheint durch ein wesentlich komplexeres Bündel von Merkmalen der Person und der Situation bestimmt zu sein, als dass wir es mit einem wie auch immer zu beschreibenden Lernstil einer Person in Zusammenhang bringen können. In jedem Fall haben diese neueren Erkenntnisse zu einer deutlichen Absenkung der Forschungsaktivitäten in diesem Feld geführt. Eine weitere Kernproblematik im Rahmen der Lernstilforschung sieht Lompscher (1994) in der Erfassungsmethodik der Lernstile durch Fragebögen. In umfangreichen Studien wurde z.b. von Wild et al. (2000, 2001) ein Inventar zur Erfassung von Lernstilen im Studium entwickelt. Lompscher (2004, S.2) kritisiert, dass mit solchen Instrumenten in erster Linie Strategiewissen und der Grad der Bewusstheit der Lernenden hinsichtlich ihrer eigenen Vorgehensweisen in Lernsituationen erfasst wird. Die Relevanz dieser Bewusstheit soll dadurch keinesfalls angezweifelt werden, jedoch wird auf den Unterschied zwischen dem Einsatz von Lernstrategien und deren Bewusstheit hingewiesen. Lompscher (2004, S.3) fordert, dass Lernstrategien deshalb möglichst sowohl auf der Handlungs- als auch auf der Reflexionsebene erfasst werden sollten und die entsprechenden Ergebnisse aufeinander bezogen werden. Mit dieser Ansicht geht auch Kerres (2001, S.141) konform. Lernstile im Zusammenhang mit der Nutzung neuer Medien Im Umfeld der virtuellen Lehre wurden bisher erst wenige Untersuchungen zur Identifikation von Lernstilen durchgeführt. Im Rahmen einer überblicksartigen Darstellung einer Reihe von Forschungsprojekten kommt Schulmeister (1997, S.42) zu dem Schluss, dass viele der als Vergleichsmaßstab herangezognen Lernstilskalen bisher weder theoretisch begründet noch empirisch ausreichend validiert sind. Transfer auf den vorliegenden Untersuchungskontext Vor dem Hintergrund der dargestellten Widrigkeiten wird von einer intensiven Untersuchung der Lernstile im Kontext dieser Untersuchung abgesehen. Für eine ernst zu nehmende Analyse im Rahmen virtueller Lernumgebungen wären aufwendige Verfahren zur Erhebung der tatsächlich eingesetzten Lernstile auf der Handlungsebene von Nöten. Beispielsweise wäre für die Unterscheidung zwischen serialists und holists auf der Handlungsebene (vgl. Pask, 1988) eine detaillierte Protokollierung der bearbeiteten Lernmaterialien erforderlich, die die inhaltliche Beschaffenheit der Information der Lernmaterialien und die jeweils aufgewendete Lernzeit mit einschließt. Eine nicht-reaktive Messung gestaltet sich bei den 94

102 7. Individuelle Einflussfaktoren elektronischen Medien problematisch (vgl. Degenhardt, 2001), bei konventionellen Lernmaterialien ist sie im Grunde nur mittels Beobachtung zu realisieren. Der Einsatz reaktiver Messverfahren würde hingegen Einschränkungen hinsichtlich der protokollierbaren Dimensionen nach sich ziehen, die Rückschlüsse auf die eingesetzten Lernstile nur grob bzw. gar nicht abschätzen ließen. Das Umfeld der Fernuniversität in dem die vorliegende Untersuchung stattgefunden hat, ist offensichtlich ein ungeeignetes Forschungsfeld für eine Untersuchung auf dieser Granularitätsstufe. Als Subdimension des Selbstgesteuerten Lernens wird die Variable Lernstil daher aus der Betrachtung ausgeschlossen Motivational-volitionale Komponenten der Selbstregulation unter Einbezug des Handlungsphasenmodells als Rahmenkonzept Der Bereich der kognitiven und metakognitiven Komponenten setzte sich mit individuellen Fähigkeiten als Grundvoraussetzung für ein Selbstgesteuertes Lernen auseinander. Zur Vorhersage eines erfolgreichen Selbstgesteuerten Lernens sind jedoch noch eine Reihe weiterer Prädiktoren von Bedeutung. Zwischen der Fähigkeit zu einer Handlung und deren tatsächlicher Ausführung liegen neben situativen Aspekten noch die Bereiche der Motivation und Volition. Die Teilkomponenten der motivationalen und volitionalen Aspekte des Selbstgesteuerten Lernens, die von Boekaerts (1997) bzw. Baumert (1999) in das Modell aufgenommen wurden, überschneiden sich zu großen Teilen mit den von Kammerer (2001) genannten Kompetenzen. Während die relevanten Dimensionen von Boekaerts und Baumert jedoch in den Subkategorien Motivationale Orientierungen, Situationaler Motivationszustand und Volitionale Merkmale der Handlungssteuerung subsumiert werden, wählt Kammerer die Unterscheidung zwischen Personaler und Emotionaler Kompetenz. Selbstbezogene Kognitionen wurden ebenfalls in beide Modelle integriert, allerdings legt Kammerer den Schwerpunkt in dieser Hinsicht verstärkt auf eine emotionale Perspektive. Abbildung 16 zeigt eine Gegenüberstellung der in den Modellen von Baumert und Kammerer enthaltenen Variablen: 95

103 7. Individuelle Einflussfaktoren Baumert Kammerer Motivationale Orientierungen - motivationale Präferenzen (Interesse, Aufgabenorientierung, Ich- Orientierung, intrinsische Motivation) - selbstbezogene Kognitionen (Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugung) - subjektive Theorien der Begabung Situationaler Motivationszustand - Aufmerksamkeit - Anstrengung - Ausdauer Volitionale Merkmale der Handlungssteuerung - Abschirmung gegen konkurrierende Intentionen - Umgang mit Erfolg und Misserfolg Personale Kompetenz - Motivation (Neugierde, eigene Zielsetzung, Interesse) Emotionale Kompetenz - Selbstwahrnehmung - Selbstregulierung - Kompetenzerleben (Erleben der Selbstwirksamkeit) Personale Kompetenzen - Autonomieerleben (eigener Handlungsspielraum wird positiv erlebt) Personale Kompetenz - Anstrengung (Durchhaltevermögen, Willensstärke, Beendigungswunsch) - Aufmerksamkeit (Konzentration auf das Ziel, keine Ersatzhandlungen) Emotionale Kompetenz - Selbstwahrnehmung - Selbstregulierung Abb.16: Gegenüberstellung der Modellkomponenten von Baumert und Kammerer In einem Zwischenschritt wird nun zunächst die Gesamtheit der beteiligten Prozesse und Zusammenhänge des Handlungsprozesses betrachtet, um dann im Anschluss eigene Konsequenzen für die im Rahmen dieser Untersuchung zu erhebenden Variablen abzuleiten. Ein Modell, welches diese Anforderungen erfüllt und sämtliche Variablen und Theorien der Handlungstheorie einschließt, ist das Handlungsphasenmodell von Heckhausen (1980, 1987, 1989). Die komplexen Prozesse, die bei der Entstehung von Intentionen und Handlungen ablaufen, werden von diesem Modell im Gesamtzusammenhang betrachtet. Heckhausens Ansatz zielt darauf ab, die diversen Partialtheorien des Handlungsprozesses innerhalb eines Rahmenkonzepts zusammenzufügen. In den folgenden Abschnitten werden die Kernaspekte des Handlungsphasenmodells erläutert und aus der Perspektive des Selbstgesteuerten Lernens reinterpretiert. 96

104 7. Individuelle Einflussfaktoren Das Handlungsphasenmodell von Heckhausen Das Handlungsphasenmodell von Heckhausen (1980, 1989), welches auch unter der Bezeichnung Rubikon-Modell große Popularität erlangte, zählt zu den Prozesstheorien der Motivationsforschung. Das Modell zielt folglich darauf ab, Erklärungen und Vorhersagen für die Auswahl von Handlungsalternativen, deren Realisierung und anschließende Bewertung vorzunehmen. Heckhausen unterscheidet zwischen vier aufeinander folgenden Phasen. Jeder der Abschnitte wendet sich dabei phasenspezifischen Besonderheiten bei der Wahl, Zielsetzung und Realisierung von Handlungsalternativen sowie ihrer anschließenden Bewertung zu. Die eindeutige Abgrenzung der Phasen ist als modellhafte Veranschaulichung zu verstehen, bei der Steuerung alltäglicher Handlungsabläufe sind ständige Rückkopplungsprozesse zwischen den Phasen die Regel. Es wird zwischen der prädezisionalen, präaktionalen, aktionalen und postaktionalen Phase unterschieden (vgl. Abb.17): prädezisionale präaktionale aktionale postaktionale Motivationsphase Volitionsphase Motivationsphase Wählen Zielsetzen Handeln Bewerten zwischen Handlungsalternativen Charakteristik des Ziels Regulation und Kontrolle Abb.17: Das Handlungsphasenmodell nach Heckhausen (1987) Bewertung als Voraussetzung für zukünftige Wahl Für ein zusammenhängendes Verständnis und einer Einbettung der Komponenten des Selbstgesteuerten Lernens in das theoretische Rahmenkonzept der Handlungsphasen (Heckhausen, 1987) folgt nun eine Kurzdarstellung der wesentlichen Aspekte der einzelnen Phasen. Für eine ausführliche Abhandlung wird auf Heckhausen (1989) und Gollwitzer (1991) verwiesen Prädezisionale Motivationsphase In der prädezisionalen Motivationsphase besteht die Klärung der Frage nach den Kriterien der Auswahl von Handlungsalternativen im Vordergrund. Für Individuen gilt es in dieser Phase zwischen verschiedenen Wünschen auszuwählen und abzuwägen, welchem die oberste Priorität zur Realisierung zukommen soll. Die Entscheidungsfindung stützt sich unter anderem auf bereits gesammelte Erfahrungen als Resultat früherer Handlungen. Der Abschluss der Phase ist durch ein Überschreiten des Rubikons determiniert. Darunter werden die Beendigung der Intentionsbildung und der Übergang zur konkreten Handlungsplanung verstanden. 97

105 7. Individuelle Einflussfaktoren Die Motivationspsychologie bietet eine Vielzahl theoretischer Ansätze zur Explikation der Determinanten die innerhalb dieses Entscheidungsprozesses von Bedeutung sind. An dieser Stelle soll ein Verweis auf die Erwartungs-mal-Wert Theorien (vgl. Gollwitzer, 1991; Neuberger, 1985; Schmalt & Heckhausen, 1992) und die VIE-Theorie von Vroom (1964 in Heckhausen, 1989) genügen. Transfer auf die Rahmenmodelle Selbstgesteuerten Lernens Auf das Themenfeld des Selbstgesteuerten Lernens sind diese Theorieansätze aus der Grundlagenforschung ohne weiteres zu übertragen. Die Rahmenmodelle von Boekaerts, Baumert und Kammerer (vgl. Kapitel 7.1.ff) zielen allerdings darauf ab, allgemeingültige Prädiktoren für ein erfolgreiches Selbstlernen zu identifizieren. Die Granularität der betrachteten Dimensionen muss in diesen anwendungsorientierten Modellen daher gröber ausfallen. Die Betrachtungsebene bezieht sich daher nicht auf einzelne konkrete Entscheidungsalternativen (z.b. einer Tagesplanung mit den Punkten: Arbeiten, Lernen, Einkaufen, Freizeit), sondern eher auf generelle individuelle Handlungstendenzen, Orientierungen und Prädispositionen. Boekaerts und Baumert führen unter den motivationalen Orientierungen in diesem Zusammenhang die Gruppe der motivationalen Präferenzen auf, unter denen sie persönliche Interessen, Aufgabenorientierung, Ich-Orientierungen und intrinsische Motivation zusammenfassen. Ähnliche Aspekte werden von Kammerer unter dem Oberbegriff der personalen Kompetenzen genannt, konkret werden hier die Motivationsfaktoren Neugierde, eigene Zielsetzung und Interesse aufgeführt. Im Gegensatz zu den auf konkrete Handlungen bezogenen Variablen der Erwartungs-mal- Wert Modelle postulieren die Rahmenmodelle dahinter liegende Dimensionen, die das Verhalten in unterschiedlichen Situationen determinieren. Transfer auf den Untersuchungskontext Im Kontext der vorliegenden Untersuchung wäre es sicher aufschlussreich, einen umfassenden Eindruck hinsichtlich der vorgenannten Dimensionen der untersuchten Personen zu erhalten. Im Hinblick auf die Auswahl der erhobenen Moderatorvariablen muss an dieser Stelle jedoch auf die starken Einschränkungen bei der Datenerhebung verwiesen werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Studie im Rahmen des normalen Unterrichtsgeschehens, innerhalb einer Klausurvorbereitungsphase mit freiwilligen Fernstudierenden über Fragebögen stattfindet (vgl. Kapitel 10), ist die Anzahl der abfragbaren Items recht begrenzt. 98

106 7. Individuelle Einflussfaktoren Vor diesem Hintergrund werden die Variablen danach ausgewählt, dass sie Indikatoren aus unterschiedlichen Richtungen darstellen, anstatt einen speziellen Interessensbereich tiefer gehend mit mehreren Variablen zu erfassen. Da es sich bei dem untersuchten Themengebiet um ein eher neues Forschungsfeld handelt, ist insbesondere im anwendungsorientierten Bereich einem breiten Ansatz Vorrang zu gewähren. Konkrete Hinweise auf einflussreiche Moderatorvariablen können anschließend in Folgeuntersuchungen detailliert analysiert werden. Diese Erwägungen sollen nun auf die vorliegende Untersuchung und den thematisierten Bereich der Motivation übertragen werden. Hier erscheint auf der einen Seite die Granularität der Erwartungs-Mal-Wert Theorien zu fein und auf der anderen Seite die der motivationalen Präferenzen (vgl. Abb.16) zu grob. Im Mittelpunkt des Interesses stehen motivationale Orientierungen, die sich auf den Bereich des Fernstudiums beziehen. Das im Folgenden als Fernstudienmotivation bezeichnete Konstrukt liegt zwischen diesen beiden Betrachtungsebenen und soll daher im Folgenden näher betrachtet werden. Grundlagen zur Fernstudienmotivation und empirische Erkenntnisse Fernstudienmotivation wird hier definiert als eine Subdimension der allgemeinen Lernmotivation die sich ausschließlich auf den Kontext des Fernstudiums bezieht. Nach Wegge (1998, S.47) kann der Begriff der Lernmotivation als ein Sammelbegriff für alle emotionalen und kognitiven Prozesse definiert werden, die dafür Sorge tragen, dass ein Lernender (absichtlich) etwas Neues lernt, um die von ihm antizipierten, mit dem Lernen (mehr oder weniger direkt) verknüpften Folgen erreichen oder verhindern zu können. Bezogen auf Lernhandlungen meint Motivation / Motiviertheit die Absicht oder Bereitschaft einer Person, sich in einer konkreten Lernsituation intensiv und ausdauernd mit einem Gegenstand auseinander zu setzen. Als Motiv wird die zeitlich überdauernde Bereitschaft eines Lerners bezeichnet, sich mit Lernaufgaben zu befassen. (Wild et al., 2001, S. 218 ) Studierende stehen während ihres Studiums in einem breiten Spannungsfeld zwischen eigenen Erwartungen an das Studium und den Ansprüchen, die von außen an sie herangetragen werden (vgl. Helmke & Schrader, 1998, S.61). Dies gilt insbesondere für Studierende, die ihr Studium in Form eines Fernstudiums absolvieren. Miller (1991) weist in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Teilumwelten (fern-)studentischer Identitäten hin, deren Abstimmung ein konfliktträchtiges Potenzial in sich birgt. Besondere Bedeutung kommt abgesehen von dem Bereich des Studiums auch den Teilumwelten der Familie, des Berufs und der Freizeit zu. Studierende, die das Studium in Teilzeit, also parallel zur Arbeitstätigkeit, durchführen, betrifft diese Problematik in besonderem Maße. Peters (1989, nach Miller, 1991, S.61) führt als vorrangig genannte Gründe für einen Studienabbruch die 99

107 7. Individuelle Einflussfaktoren berufliche Belastung, den zu hohen Zeitaufwand und die zu starken Einschränkungen im Privatleben an. Ein weiterer Aspekt, der im Schnittpunkt motivationaler Aspekte und einem Fernstudium steht, ist die zumeist isolierte Lernsituation der Studierenden. Die Freiheiten, die ein Fernstudium hinsichtlich der örtlichen und zeitlichen Disposition mit sich bringt, hat für einen Großteil die Schattenseite eines Selbstgesteuerten Lernens das durch geringe Möglichkeiten zum sozialen Austausch mit anderen Studierenden geprägt ist (Wienicki et al., 1999). Empirische Untersuchungen im Bereich der Studienmotivation beziehen sich zum größten Teil auf die Erforschung qualitativer Aspekte und schließen teilweise auch Analysen zu den Hintergründen der Studienfachwahl mit ein (z.b. Moosbrugger, 1999; Leppich, 1996; Kiefel- Gstuer, 1996). In Studien, die sich mit einer Quantifizierung der Studienmotivation und den Zusammen-hängen mit der Studienleistung auseinandersetzen, wird häufig der Begriff der studienbezogenen Lernmotivation verwendet. Es wurde bereits mehrfach nachgewiesen, dass Personen die kognitiv in der Lage sind ein Lernziel zu erreichen, manchmal dennoch nicht bereit sind, die notwendigen Ressourcen einzusetzen (Boekaerts, 1999, S.452). Pekrun und Hoffmann (1999) weisen darauf hin, dass das Lernverhalten (insbesondere die Aufmerksamkeitssteuerung) und der erzielte Studienerfolg zu großen Anteilen von der Lernmotivation bestimmt wird. Metaanalysen über die Effekte der Motivation auf das Lernen bzw. das Lernergebnis ergaben, dass die Bedeutung der intrinsischen Lernmotivation (Varianzaufklärung ca. 20%) etwa vier mal so hoch ist wie die der extrinsischen Lernmotivation (Varianzaufklärung ca. 5%, vgl. Schiefele & Schreyer, 1994). Als Kovariaten der studienbezogenen Lernmotivation ermittelte Zimmermann (1989) die Variablen Selbstwirksamkeit, intrinsische Motivation und Zielorientierung. Studien, die sich speziell auf den Bereich der Fernstudierenden beziehen, sind eher selten anzutreffen. Bei einem Vergleich von Fernstudierenden mit Studierenden an Präsenzuniversitäten stellte Konrad (2000, S.75) einige bedeutsame Unterschiede fest: Fernstudenten sind motivierter, nutzen vermehrt (meta-) kognitive Strategien, beurteilen ihr Selbstkonzept positiver und empfinden ihr Lernen eher als selbstgesteuert. Sowohl aus theoretischer als auch aus empirischer Perspektive können die Bezüge zwischen Studienmotivation und Lernverhalten sowie der resultierenden Lernergebnisse als gesichert angesehen werden. In der vorliegenden Untersuchung sollen die Effekte der Nutzung der in eine Lernumgebung integrierten, virtuellen Lernkomponenten auf das Lernergebnis analysiert werden. Auf Basis des aktuellen Forschungsstandes ist davon auszugehen, dass dieser Zusammenhang stark von der jeweiligen Studienmotivation (oder hier Fernstudienmotivation) der untersuchten Personen beeinflusst wird. Um die 100

108 7. Individuelle Einflussfaktoren Ergebnisse im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens im Anschluss interpretieren zu können, sollte der Faktor Studienmotivation daher ebenfalls kontrolliert werden. Ein weiterer Aspekt, der einer näheren Betrachtung bedarf, ist die weit verbreitete aber im Grunde dennoch naive Annahme, dass multimediale Lernmaterialien aufgrund ihres Abwechslungsreichtums in der Darstellungsform generell eine lernmotivationsförderliche Wirkung haben (vgl. Hasebrook, 1998; Hasebrook & Wagner, 1997). Weidenmann (1997, S.75ff) führt die gesteigerte Auseinandersetzung mit multimedialen Lernmaterialien auf den Neuigkeitseffekt zurück, dessen Wirkung nach einer kurzen Einführungsphase zunehmend verblasst. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass einigen wissenschaftlichen Untersuchungen zur Folge die als Vorteil angeführte Abwechslung auch nachteilige Konsequenzen auf die Verarbeitung der Inhalte haben kann (vgl. Kapitel 5.4). Aus einer gesteigerten Freude beim Lernen kann nicht direkt auf dessen Effektivität und Qualität geschlossen werden (Bork, 1992, S.4). So ist aus einer Aussage von Lernenden, dass sie ein Lernsystem als interessant empfunden haben, noch nicht abzuleiten, dass tatsächlich auch ein hoher Lernerfolg erzielt wurde (Blumstengel, 1998, S.139). Der angeführte Neuigkeitseffekt wird vom Autor nicht aus einer eher negativen Perspektive gesehen, wie sie von Weidenmann eingenommen wurde. Schließlich kommt es vornehmlich auf die Auseinandersetzung mit den Inhalten und das erzielte Lernergebnis an. Insofern ein Neuigkeitseffekt eine verstärkte Auseinandersetzung mit den Materialien unterstützt und dies dem Ziel des Wissenserwerbs, wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum zuträglich ist, kann der Einsatz dieser Materialien dennoch sinnvoll sein. Einstellungen bzw. Einstellungsrelevante Aspekte Ein weiterer Faktor, der innerhalb der Phase der Intentionsbildung aufgrund seines starken Einflusses auf das Verhalten ebenfalls näher betrachtet werden soll, ist der Bereich der Einstellungen. Es gibt darüber hinaus Hinweise auf direkte Zusammenhänge zwischen Einstellungen und dem im vorherigen Abschnitt besprochenen Bereich der Motive. Hoffmann (1988) zeigte anhand einer Untersuchung zur Studienmotivation von Psychologiestudenten auf, dass diese zu großen Teilen von der Einstellung zu den Methoden der Psychologie determiniert wird. Heckhausen (1980, S.226) beschreibt den Bereich der Einstellungen als eine Funktion der Instrumentalität eines Sachverhalts (oder Objekts) für die Erreichung eines angestrebten Ziels und der Befriedigung, die aus der Zielerreichung gewonnen wird, was schließlich von der Motivation abhängt. 101

109 7. Individuelle Einflussfaktoren Grundlegende Konzepte Ein Überblick der Konzepte zur Einstellungsforschung lässt zwei bedeutsame Positionen erkennen. Nach dem Ansatz von Rosenberg & Hovland (1960 in Stahlberg & Frey, 1990, S.145) haben Einstellungen die Funktion einer intervenierenden Variable zwischen vorausgehenden Stimuli und folgenden individuellen Reaktionen. Der sogenannte mehrdimensionale Ansatz setzt sich mit den Effekten von Einstellungen auf ein mehrdimensionales System mit affektiven, kognitiven und handlungsintentionalen Elementen auseinander. Es wird postuliert, dass diese Elemente das Bestreben haben miteinander konsistent zu sein. Hier lassen sich Heiders Theorien der kognitiven Konsistenz und Festingers Dissonanztheorie anknüpfen, für einen Überblick der wesentlichen Aussagen sei auf Frey & Greif (1994) verwiesen. Im Gegensatz dazu fokussiert das eindimensionale Konzept der Theorie der Handlungsveranlassung (theory of reasoned action) von Aizen und Fishbein ausschließlich verhaltensrelevante Aspekte. Empirische Untersuchungen geben bisher keine Veranlassung für eine Favorisierung einer der beiden Ausrichtungen. Allerdings gibt es im Bereich der praktischen Anwendung aufgrund des besseren (ökonomischeren) diagnostischen Zugriffs, eindeutige Tendenzen dem eindimensionalen Konzept den Vorzug zu geben (vgl. Schwarzer, 1996). Theoretische Bezüge zwischen Einstellungen und Verhalten Obwohl es unstrittig ist, dass Einstellungen Verhaltensentscheidungen beeinflussen, hat es sich insgesamt als problematisch erwiesen allein durch die Messung von Einstellungen valide Aussagen über ein zukünftiges Verhalten zu treffen (vgl. Pickering, 1999). Aizen und Fishbein weisen in diesem Zusammenhang mit ihrer sogenannten Korrespondenzhypothese auf die oftmals unbeachtete Übereinstimmung der Charakteristik der jeweiligen Einstellungs- und Verhaltensmaße hin. Eine enge Beziehung zwischen Einstellungen und Verhalten kann nur dann erwartet werden, wenn beide Maße in ihrem Spezifikationsgrad übereinstimmen (1977 aus Stahlberg & Frey, 1990, S.163). Die Bedeutung von Einstellungen im Untersuchungskontext Schwerpunkt der Betrachtung stellen auf der einen Seite Einstellungen zu den Inhalten dar, die mittels der untersuchten Lehrveranstaltung vermittelt werden sollen. Auf der anderen Seite wird ein Untersuchungsschwerpunkt auf die Einstellungen gelegt, der sich auf den Bereich der virtuellen Lernkomponenten der untersuchten Lernumgebung bezieht. Im Folgenden werden zunächst ausgewählte empirische Erkenntnisse aus dem Feld der Einstellungen zur Statistik vorgestellt. 102

110 7. Individuelle Einflussfaktoren Einstellungen zu statistischen Methoden Zahlreiche Publikationen lassen keinen Zweifel daran, dass insbesondere die zu Beginn des Studiums erfolgende Statistik-Grundausbildung bei den Psychologie-Anfängern im Durchschnitt nur einen mittelmäßigen Beliebtheitsgrad aufweist und bei einem mehr oder minder großen Teil sogar aversive Reaktionen hervorruft (Diehl, 1991, S.7). Diehl stellte auf Basis einer breit angelegten Recherche fest, dass sich dieser Befund international bestätigt, sowie er sich auch auf andere sozialwissenschaftliche Disziplinen übertragen lässt. Die Ursachen sind zum Teil auf schlechte Erfahrungen mit der Mathematik aus der Schulzeit zurückzuführen (Kettler, 1998). In diesem Zusammenhang ist von einem gewissen Grad an Selbstselektion bei der Entscheidung für ein Studienfach im Bereich der Geisteswissenschaften auszugehen. Vermutlich erliegen ebenso zahlreiche Studienanfänger der Sozialen Verhaltenswissenschaften dem Irrglauben sich nun im mathematikfreien Raum zu befinden. In einer umfangreichen Untersuchung an Psychologiestudenten die sich über 4 Jahre erstreckte, identifizierte Schulmeister (1997, S.347) folgende Hauptkomponenten des als Statistikangst oder Statistikphobie bezeichneten Phänomens: fehlendes Vertrauen in empirische Methoden Zahlenangst Abneigung gegen systematische Aktivitäten Diskrepanz zwischen einer humanistischen Motivation und dem formalen Charakter der Methoden. Wie dies auch in der vorliegenden Studie der Fall ist, war das Forschungsprojekt von Schulmeister ebenfalls in den laufenden Lehrbetrieb eingebettet. So wurden parallel zur Statistikausbildung über mehrere Semester Daten hinsichtlich der Abneigung zu statistischen Forschungsmethoden erhoben. Es zeigte sich, dass der Anteil der Studierenden mit einer ausgeprägten emotionalen Abneigung im Zeitverlauf stetig abnahm (vgl. Abb.18): t Abneigung neutral keine Abneigung 1. Semester 73% 12% 15% 2. Semester 25% 48% 27% 3. Semester 31% 26% 53% Abb.18: Einstellung zu statistischen Forschungsmethoden (Schulmeister, 1997, S.348) Schulmeister führt diesen Erfolg primär auf das eingesetzte didaktische Konzept des entdeckenden Lernens zurück, welches von Kleingruppenarbeit, Rückmeldungsphasen und speziellen Lehrmaterialien unterstützt wurde. Zu den Lehrmaterialien zählten unter 103

111 7. Individuelle Einflussfaktoren anderem Vorversionen der Übungsaufgaben (damals noch in Papierform), die als Grundlage zur Erstellung der interaktiven Übungen genutzt wurden, die in der vorliegenden Untersuchung zum Einsatz kamen (Interaktive Übungen des ILS siehe Kapitel ). Leider fehlen zur Unterstützung der Schlussfolgerungen entsprechende Vergleichswerte von Kontrollgruppen, bei denen die Wissensaneignung über alternative didaktische Konzepte erfolgte. Auf einen kausalen Zusammenhang der Einstellungsänderung mit dem didaktischen Konzept kann daher nicht geschlossen werden. Ebenso angemessen ist die Annahme einer Veränderung der Einstellungen aufgrund von direkter Erfahrung als Quelle für neue Informationen hinsichtlich des Einstellungsobjekts (vgl. Bornstein, 1989). Wie bereits zuvor beschrieben begründen sich Einstellungen zu großen Anteilen aus Informationen, die einer Person hinsichtlich eines Einstellungsobjekts vorliegen. Neue Informationen bewirken natürlich nur dann einen Einstellungswandel, wenn sich Diskrepanzen zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Eigenschaften des Objekts ergeben (Ströbe & Jonas, 1990, S.174). In diesem Fall wäre die aversive Grundeinstellung der Psychologiestudenten zu statistischen Forschungsmethoden dem Bereich der Vorurteile zuzuordnen, die sich durch inkonsistente Erfahrungen verringern sollten (vgl. Six, 1997). Mit der Bedeutung von Einstellungen im Kontext von Problemen bei der Methodenausbildung in den Bereichen Pädagogik und Psychologie, haben sich auch Mandl und Stark (2000) intensiv auseinander gesetzt. Im Rahmen eines Forschungsberichts stellen sie die Bereiche der kognitiven Lernvoraussetzungen, emotionale Aspekte, Motivation und Einstellungen Studierender gegenüber empirischen Forschungsmethoden als Hauptkomponenten eines Modells zur Beschreibung und Erklärung dieser Problematik dar. Einstellungsaspekte nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. 104

112 7. Individuelle Einflussfaktoren Abb.19: Heuristisches Modell zur Methodenausbildung (Mandl & Stark, 2000, S.15) Eine Vielzahl der Variablen und Zusammenhänge, die Mandl und Stark in diesem heuristischen Modell postulieren, werden innerhalb der nachfolgenden empirischen Untersuchung ebenfalls berücksichtigt. Es wird angestrebt, abschließend eine Quantifizierung der Einflussstärken der betrachteten Faktoren auf den Lernerfolg vorzunehmen. Einstellungen zu Computern Die zu evaluierenden Komponenten der virtuellen Lernumgebung weisen eine zentrale Gemeinsamkeit auf: ein Zugriff eröffnet sich grundsätzlich nur über den Einsatz von Computern. Folglich ist für das Lernen im Kontext der Neuen Medien die Akzeptanz bzw. die Einstellungen gegenüber der Computertechnologie von Bedeutung. Erste empirische Studien zur Akzeptanz der neuen Technologien wurden bereits anfangs der 80er Jahre, also parallel zum Einzug der Computer in die Arbeitswelt durchgeführt (vgl. Kapitel 1). Heutzutage gilt als gesichert, dass computerbezogene Einstellungen sowohl einen starken Effekt auf die Nutzungsintensität haben als auch auf die Art des Umgangs 105

113 7. Individuelle Einflussfaktoren mit Computeranwendungen (z.b. Levine & Donitsa-Schmidt 1997, 1998; Selwyn, 1998; Brock & Sulsky, 1994). Levine und Donitsa-Schmidt (1997) wiesen darüber hinaus einen Zusammenhang von allgemeiner Computernutzungsintensität und besseren Lernerfolgen beim computergestützten Lernen nach. Diese Ergebnisse sind kongruent mit den Resultaten von Studien, die von Fricke (1991, 1992) zur Untersuchung individueller Determinanten des Lernerfolgs beim computergestützten Lernen durchgeführt worden sind. Computerakzeptanz und Vorwissen erwiesen sich auch hier als bedeutsame Prädiktoren für einen erfolgreichen Einsatz. In der bereits im Zusammenhang mit dem Faktor Vorwissen angesprochenen Studie von Scholl, Pelz und Rade (1996) wurden die computerbezogenen Einstellungen ebenfalls als Determinante für deren Nutzung als Kommunikationsmittel erfasst. Die von den Autoren ermittelte Korrelation von.46 deutet ebenfalls auf einen moderaten Zusammenhang dieser Faktoren hin. Der Zusammenhang von computerbezogenen Einstellungen und der Teilnahme an webgestützten kooperativen Lernformen wurde ebenso durch Studien von Daley et al. (2001) bestätigt. Die Aspekte, die bereits im Abschnitt zur Einstellung zur Statistik genannt wurden, lassen sich zum Teil auch auf diesen Bereich übertragen. So ist ein Einstellungswandel bei direkten und positiven Erfahrungen mit dem Einstellungsgegenstand natürlich auch im Bereich der computerbezogenen Einstellungen anzunehmen. Vorkenntnisse im Umgang mit Computern erleichtern eine Nutzung im Lernkontext (vgl. Kapitel 5.3) und können sich entsprechend auf eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit von künftigen positiven Erfahrungen beim Lernen mit dem Computer auswirken. Eine Reihe von Untersuchungen widmen sich speziell dem Aspekt geschlechtsspezifischer computerbezogener Einstellungen. Einige von Astleitner und Herber (2001) rezensierte Studien ergeben, dass es entgegen der landläufigen Meinung kaum Unterschiede hinsichtlich computerbezogener Einstellungen zwischen Männern und Frauen gibt. Bezogen auf die Lerneffizienz resümieren die Autoren, dass es nicht der Tatsache entspricht, dass eine Geschlechtergruppe mehr von web based learning profitiert als die andere (ebenda). Die Resultate einer groß angelegten Studie von Fricke (1989) unterstützen diese Schlussfolgerungen ebenfalls. Als relevant im Zusammenhang für einen erfolgreichen Einsatz computerunterstützten Lernens wird neben den bereits angesprochenen Einflussvariablen Computerakzeptanz und Vorwissen auch das Alter der Lernenden herausgestellt. Die unterschiedliche Akzeptanz von Computern in verschiedenen Altersgruppen konnte in einer Vielzahl von Untersuchungen nachgewiesen werden (z.b. Jaufmann & Kistler, 1989; Famulla et al., 1992). Eine negative Korrelation zwischen 106

114 7. Individuelle Einflussfaktoren Computerakzeptanz und Alter kann zum aktuellen Zeitpunkt als abgesichert angesehen werden. Da die heranwachsende Generation zu großen Anteilen bereits in frühen Jahren an den Umgang mit Computern gewöhnt wird und sozusagen mit ihm aufwächst, ist künftig mit Veränderungen zu rechnen. Im Bereich des Fernstudiums muss von einer starken Heterogenität der Studierenden ausgegangen werden (vgl. Kapitel 1). Dies bezieht sich auch auf eine eher breite Streuung des Alters bei den Studierenden, folglich wird diese Variable ebenfalls in die Betrachtung einbezogen Präaktionale Volitionsphase Nach dem mit einer Überschreitung des Rubikons verbundenen Abschluss der Intentionsbildung, wendet sich diese Phase der konkreten Realisierung von Handlungsabsichten zu. Von zentraler Bedeutung ist hier der Begriff der Volition, also der willentlichen Entscheidung zur Handlungsausführung. Folglich geht es auf theoretischer Ebene um die Identifizierung der Determinanten, die für die Steuerung der Richtung, Intensität und Ausdauer des Handelns maßgeblich sind (ausführlich in Heckhausen, 1989). Der entscheidende Aspekt innerhalb dieser Phase ist die Handlungsinitiierung einer Zielintention, die sich gegenüber anderen konkurrierenden Intentionen durchgesetzt hat. Auch für diesen Bereich können eine Vielzahl von psychologischen Theorien zur Erklärung einzelner Elemente des beschriebenen Wirkungsgefüges herangezogen werden. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Zielsetzungstheorie von Locke und Latham (1984, 1990) zu. Die zentrale Grundannahme der Zielsetzungstheorie besteht in dem Postulat, dass Ziele unmittelbare Regulatoren menschlichen Handelns darstellen. Locke und Latham orientieren sich diesbezüglich an den Erklärungen erster Ordnung von Ryans levels of explanation (Ryan, 1970 nach Locke & Latham, 1990, S.8). Im Rahmen des Modells wird zwischen zwei Dimensionen von Zielen unterschieden: Zielinhalt ( goal content ) und Zielintensität ( goal intensity ). Im Bereich des Zielinhalts erfolgt eine qualitative und eine quantitative Betrachtung der gesetzten Ziele. Zur qualitativen Beschreibung von Zielen werden die Dimensionen Zielschwierigkeit und Aufgabenspezifität also die Genauigkeit der Zielbeschreibung herangezogen. Bei der Vorgabe von Mehrfachzielen sind die natürlichen und individuellen Grenzen der kognitiven Kapazität zu berücksichtigen. Ressourcen, die durch die Auseinandersetzung mit einer Aufgabe gebunden sind, stehen bei der Lösung anderer Aufgaben nicht mehr zur Verfügung. Die zweite Dimension von Zielen ist die Zielintensität (auch Commitment): It refers to such factors as the scope and integration of the goal setting process, the effort required to form the goals, the place of the goal in the 107

115 7. Individuelle Einflussfaktoren individual s goal hierarchy, the degree to which the individual is committed to the goal, and the importance of the goal. (Locke & Latham, 1990, S.26). Anhand von Metaanalysen von ca. 400 Studien zum Zielinhalt ermittelten die Autoren wesentliche Zusammenhänge. Zum einen konnten sie eine lineare Beziehung zwischen Zielschwierigkeit und Leistung nachweisen, zum anderen ermittelten sie, dass spezifische schwierige Ziele zu höheren Leistungen führen als schwierige unspezifische Ziele. Der lineare Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Leistung lässt sich allerdings nur bei hoher Zielintensität nachweisen. Zur Verbesserung der prognostischen Validität des Modells haben Locke und Latham weitere Faktoren in ihr Modell aufgenommen. Sie unterscheiden zwischen Moderatoren und Mediatoren. Bei den Moderatoren wird das Augenmerk insbesondere auf die Faktoren Selbstwirksamkeit, Feedback und Aufgabenkomplexität gelenkt. Die Dimension Selbstwirksamkeit stützt sich auf das gleichnamige Konzept Banduras und wird hier als aufgabenspezifisches Selbstvertrauen interpretiert (vgl. auch Kapitel ). Die motivierende Wirkung von Rückmeldungen als prozessbegleitende Möglichkeit zur Selbstevaluation wurde in einer Studie von Latham (1978, in Locke & Latham, 1990) nachgewiesen. Der Aufgabenkomplexität, die nur als Teilkomponente von der Zielschwierigkeit abzugrenzen ist, wurde an dieser Stelle ebenfalls ein moderierender Effekt eingeräumt. Komplexe Aufgaben erfordern elaborierte Pläne und Strategien der Aufgabenbewältigung, so dass in diesen Fällen die Leistung abhängig ist von der Qualität der Pläne und Strategien. (Nerdinger, 1995, S.120). Bei den Mediatoren wird zwischen Richtung, Ausdauer und Intensität differenziert. Locke und Latham beziehen sich hier auf eine Studie von Terborg (1976, in Locke & Latham, 1990). Demnach erleichtern Zielvorgaben die Handlungsausrichtung und führen zu einer Aktivierung kontextbezogenen gespeicherten Wissens. Die Aufdeckung dieser grundlegenden Zusammenhänge zog eine Fülle von Untersuchungen nach sich, so dass aktuell eine fast unüberschaubare Anzahl von Einzeluntersuchungen vorliegt, die je nach Untersuchungsschwerpunkt Explikationen zu speziellen Teilbereichen des Modells darlegen. Einen aktuellen Überblick über den Stand der Forschung geben Locke und Fassina (2003), speziellere Bereiche werden von Seijts (1999a, 1999b) neu bewertet. Transfer zu den Rahmenmodellen des Selbstgesteuerten Lernens Die vorgestellten Rahmenmodelle zum Selbstgesteuerten Lernen von Baumert (1999) und Kammerer (2001) enthalten auch in diesem Bereich einige Aspekte, für die die Theorien der präaktionalen Phase des Handlungsphasenmodells (bzw. speziell die Zielsetzungstheorie) eine theoretische Grundlage darstellen. 108

116 7. Individuelle Einflussfaktoren Baumert fasst unter dem Oberbegriff des situationalen Motivationszustands unter anderem die Variablen Anstrengung und Ausdauer zusammen. Analog sind diese Variablen bei Kammerer unter dem Oberbegriff Personale Kompetenz ebenfalls vorzufinden. Innerhalb der Zielsetzungstheorie nehmen diese Dimensionen eine zentrale Rolle ein und liefern darüber hinaus Hinweise für weitere mögliche Betrachtungsebenen und ihre Zusammenhänge. Zunächst jedoch ein paar generelle Überlegungen zum Transfer der Zielsetzungstheorie auf den Bereich des Selbstgesteuerten Lernens. Auf den ersten Blick mag es etwas widersprüchlich erscheinen, eine Theorie wie die Zielsetzungstheorie, die sich primär auf den Bereich fremdgesetzter Ziele bezieht, im Feld des Selbstgesteuerten Lernens anzuwenden. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich jedoch leicht ausräumen. Wie bei der Begriffsbestimmung des Selbstgesteuerten Lernens beschrieben, bewegt sich die Selbststeuerung grundsätzlich auf einem Kontinuum zwischen Selbst- und Fremdsteuerung. Jedes Bildungsangebot muss schon allein aus didaktischen Gründen irgendeine Form von Lehr- und Lernziel ins Auge fassen und den Lernenden daher fremdgesetzte Ziele vorgeben. Dies gilt ebenso für den Bereich konstruktivistischer Lerntheorien und beim explorativen Lernen. Selbst beim Schreiben eines Buches oder der Programmierung interaktiver Übungen haben Autoren zumindest implizite Ideen über die Inhalte, die vermittelt werden sollen. Je nach lerntheoretischem Hintergrundparadigma variieren lediglich die Eigenarten und Vorstellungen hinsichtlich der Vermittlung von Lernzielen. In den 70er Jahren führte im Bereich der Pädagogik die starke Orientierung an dem sogenannten Lehrzielansatz zu reformartigen Umgestaltungen des Curriculums (Schwarzer, 2000, S. 204). Auch wenn die Ausrichtung des Unterrichts nach dem Primat der Lehrzielorientierung hier seinen Höhepunkt fand, wird der Thematik auch in aktuelleren Ansätzen große Bedeutung zugemessen (vgl. Bloom, 1956; Gagné, 1965; Klauer, 1987; etc.). Problematisch ist allerdings ein Transfer der Grundaussagen der Zielsetzungstheorie auf den Bereich radikaler konstruktivistischer Ansätze bei denen gänzlich von instruktionalen Aspekten abgesehen wird. Solche Lernsettings existieren jedoch ausschließlich auf theoretischer Ebene, sie haben in der praktischen Anwendung keine Relevanz. Darüber hinaus wird die fundamentale theoretische Position in beiden Anschauungen zu einem gewissen Grad relativiert. Im Rahmen der Zielsetzungstheorie eröffnen die Dimensionen Zielschwierigkeit und Aufgabenkomplexität eine Möglichkeit die Kernaussage abzuschwächen. In der Untersuchung von Terborg (s.o.) wird darüber hinaus auf die Bedeutung des Vorwissens in einem Wissensgebiet für die Handlungsausrichtung hingewiesen. Im Bereich der Pädagogik finden sich gleichfalls Einschränkungen hinsichtlich der Umsetzung der theoretischen Kernaussagen in konstruktivistischen Lernsettings. Der als 109

117 7. Individuelle Einflussfaktoren ideal angesehene Grad an Instruktion ist ein heftig diskutiertes Thema, er orientiert sich auch hier unter anderem an dem Ausmaß an Expertise der Lernenden in dem betreffenden Wissensgebiet. Weitere Einschränkungen beim Transfer ergeben sich ebenso durch die Art der angestrebten Ziele, die auf der einen Seite Leistungsziele und auf der anderen Seite Lernziele sind. Dennoch ist ohne Eigenaktivität des Lernenden (und sei sie auf rein kognitive Aktivitäten beschränkt) kein Lernen zu erwarten. Das Modell erscheint daher geeignet einen bedeutsamen Beitrag zur Identifikation handlungsinitiierender Dimensionen zu leisten. Schlussfolgerungen für den Untersuchungskontext Es folgt ein Transfer der theoretischen Vorüberlegungen auf das Untersuchungsfeld der Methodenausbildung im Rahmen des Fernstudiums. Die Betrachtung orientiert sich dabei an den Dimensionen der Zielsetzungstheorie. Zunächst erfolgen einige Überlegungen zum Bereich der Zielsetzung mit den Schwerpunkten Zielinhalt und Zielintensität. Beim vorliegenden Untersuchungsfeld des Fernstudiums obliegt die Steuerung des Lernprozesses den Studierenden. Konkrete inhaltliche Lernziele werden durch die Vorgabe von Lernmaterialien, die dort thematisierten Inhalte und vor allem durch ihre explizite Ausformulierung festgelegt. Im Hinblick auf die verschiedenen Themen, die innerhalb dieser Materialien behandelt werden, sind kaum Unterschiede zu erwarten. Im Hinblick auf die themenspezifische Schwierigkeit kann nicht von einer solchen Übereinstimmung ausgegangen werden, da für das Verständnis komplexerer Inhalte Vorkenntnisse aus vorhergehenden Abschnitten vorausgesetzt werden. Unter volitionalen Gesichtspunkten kann abgeleitet werden, dass sich bei der Erarbeitung schwieriger Themenfelder ein höheres Commitment positiv auf den Lernerfolg auswirken sollte. Die Bedingungen für ein gesteigertes Commitment (insbesondere Feedback) sind bei den virtuellen Lernkomponenten günstiger einzustufen (siehe unten). Die etwas undifferenzierte Definition der Zielintensität von Locke & Latham rückt Aspekte der persönlichen Relevanz des Studiums, speziell des Teilbereichs Methodenlehre und den Stellenwert der damit verbundenen Ziele innerhalb der persönlichen Zielhierarchie in den Vordergrund. Direkte Bezüge zu den bereits ausführlich diskutierten motivationalen und einstellungsrelevanten Aspekten liegen auf der Hand. Entsprechend lassen sich diese Konstrukte als Teilkomponenten für das individuelle Commitment interpretieren, welches die Studierenden der Vorbereitung auf die Methodenklausur zuordnen. Im Bereich der Moderatoren weist die Zielsetzungstheorie insbesondere auf die Variablen Selbstwirksamkeit, Rückmeldung und Aufgabenkomplexität hin. Übertragen auf die Situation der Studierenden ist die Dimension Selbstwirksamkeit im Kontext des Statistiklernens auf die subjektive Überzeugung zu beziehen, welche sie hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur 110

118 7. Individuelle Einflussfaktoren weitgehend selbständigen Aneignung des vorgegebenen Lernstoffs innehaben. Gemäß der theoretischen Ausführungen wirkt sich eine hohe Selbstwirksamkeit positiv auf die Leistung also hier auf die Lernbemühungen aus. Regelmäßige Rückmeldungen haben sich im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Zielsetzungstheorie als motivationsförderlich erwiesen (vgl. Locke & Latham, 1990). Bei der Auseinandersetzung mit den Lernmaterialien ergeben sich bei einer ausschließlichen Bearbeitung konventioneller schriftlicher Fernstudienmaterialien nur sehr eingeschränkte Quellen für den Bezug solcher Informationen. Die virtuellen Komponenten bieten hingegen zahlreiche Möglichkeiten zur Überprüfung der eigenen Kenntnisse. Allen voran ist hier die Gelegenheit zum kooperativen Lernen und zum Austausch mit anderen Kommilitonen und Mitarbeitern der Fernuniversität im Rahmen des CSCL zu nennen. Es wird angenommen, dass die Bedeutung realer Zusammenkünfte aufgrund der räumlichen Situation der Studierenden eher gering einzuschätzen ist (dies ist später zu überprüfen). Abgesehen vom gemeinschaftlichen Lernen kann bei computergestützten Lernformen die Möglichkeit zur Bearbeitung interaktiver Aufgaben integriert werden, die direkte Rückmeldungen zu den eingegebenen Antworten vorhalten. Vor diesem Hintergrund ist den virtuelle Lernkomponenten auch wegen ihrer positiven volitionalen Effekte ein lernförderliches Potenzial zuzusprechen. Im Zusammenhang mit der Aufgabenkomplexität werden von Locke & Latham Aspekte angeführt, die stark an die bereits beschriebenen kognitiven und metakognitiven Lernvoraussetzungen von Personen erinnern. Wie bereits unter der Betrachtungsebene der Aufgabenschwierigkeit geschildert wurde, sind auch im Bereich der Methodenlehre zur Lösung komplexer Aufgabenstellungen elaborierte Pläne und Bewältigungsstrategien erforderlich. An dieser Stelle wird daher auf die in Kapitel geschilderten kognitiven und metakognitiven Konzepte verwiesen. Fragestellungen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, sind im Bereich der Mikroebene einzustufen, sie decken sich damit nicht mit dem hier angestrebten Forschungsinteresse. Ein weiterer Bereich der Zielsetzungstheorie wendet sich den als Mediatoren zusammengefassten Bereichen der Handlungsausrichtung, -intensität und Ausdauer zu. Präzise formulierte Lernziele sollten auch im Bereich der Methodenlehre eine gezielte Ausrichtung der Lernaktivitäten erleichtern. Eine Überprüfung der Lernaktivitäten im Hinblick auf ihre Lernzielorientierung kann allerdings ebenfalls nur auf einer Mikroebene erfolgen und ist daher in der vorliegenden Untersuchungssituation nicht zu leisten. Die Theorie äußert sich weiterhin zu Auswirkungen der vorgenannte Faktoren auf die investierte Anstrengung, die im übertragenen Sinne zum Erreichen des Lernziels aufgebracht wird. Die Aussage, dass schwer zu erlernende Themenbereiche unter der Bedingung eines hohen Commitments zu erhöhten Lernbemühungen führen sollen, ist eher trivial. Ein empirischer Nachweis 111

119 7. Individuelle Einflussfaktoren dieser Aussage erweist sich jedoch selbst unter Laborbedingungen als sehr problematisch, da eine direkte Erfassung von Lernanstrengung kaum möglich ist. Empirische Untersuchungen, die Aussagen hinsichtlich der investierten Lernanstrengung machen, bedienen sich indirekter Messvariablen hauptsächlich der Lerndauer (vgl. z.b. Boekaerts, 1993). Eine Protokollierung der Lerndauer, die durch die Studierenden selbst vorgenommen wird, ist auch hier vorgesehen. Die theoretischen Aussagen, die sich auf die Ausdauer beziehen sind mit denen zur Anstrengung vergleichbar. Die Problematik der Operationalisierung ist speziell in Bezug auf den vorliegenden Untersuchungskontext ebenfalls gegeben, sie beinhaltet jedoch noch weitere Aspekte. Eine Erfassung der Ausdauer kann ebenfalls nur über die Zeit erfolgen, innerhalb der sich die Studierenden mit der Materie auseinandersetzen. Die Ausdauer kann sich dabei sowohl auf die tatsächliche Spanne einer ununterbrochenen Lernphase beziehen als auch auf das beständige Lernen in mehreren aufeinander folgenden Phasen. Der große Einfluss nicht weiter erfassbarer externer Faktoren lässt diese Form der Erweiterung des Begriffs sinnvoll erscheinen. Die angesprochene Selbstprotokollierung der Lerndauer kann daher auch für Schlussfolgerungen hinsichtlich der Ausdauer herangezogen werden. Insgesamt passen die theoretisch abgeleiteten Aussagen recht gut in das restliche Argumentationsschema und kräftigen dieses dadurch. Variablen, die aus anderer theoretischer Perspektive bereits als relevant erkannt wurden, spielen auch hier eine bedeutsame Rolle Aktionale Volitionsphase Im Fokus der aktionalen Volitionsphase liegen die Handlungs- und Ausführungskontrolle. Nach Heckhausen (1989) übernimmt in dieser Phase die mentale Repräsentation der betreffenden Zielintention die Führung der Handlung. Es sind auch in dieser Phase vorrangig volitionale Prozesse, die den zielorientierten Fortgang der Handlung steuern. Schwarzer spricht von metakognitiven Abschirm- und Kontrolltendenzen die dafür sorgen, dass man nicht abdriftet, die Handlungen nicht unterbricht und seine Aufmerksamkeit nicht ständig anderen Dingen widmet. Gäbe es keine metakognitive Kontrollinstanz, würden wir ständig den roten Faden verlieren, uns von den augenblicklichen Umständen hin- und herschieben lassen und die Handlungsziele aus den Augen verlieren (Schwarzer, 1996, S.90). Dieses Themenfeld wird der Handlungskontrolle zugeordnet. Der Fragestellung wie Ziele in konkrete Handlungsschritte umgesetzt werden, wendet sich die Forschung zur Ausführungskontrolle zu. In diesem Bereich liegen vorrangig selbstbezogene, kognitive und emotionale Aspekte im Fokus der Betrachtung. 112

120 7. Individuelle Einflussfaktoren Zur Beleuchtung des theoretischen Hintergrundes soll eine kleine Auswahl theoretischer Ansätze angeführt werden. Dies ist zum einen die Theorie der Handlungskontrolle von Kuhl (1983, 1987), zum anderen das Flow-Konzept von Csikszentmihalyi und zu guter letzt die sozial-kognitive Theorie von Bandura (1963, 1969, 1994, 1997), die sich der Ausführungskontrolle zuwendet. Von näheren Ausführungen zu den Theorien wird an dieser Stelle abgesehen und auf die angegebenen Quellen verweisen. Transfer zu den Modellen des Selbstgesteuerten Lernens Zusammenfassend lassen sich im Forschungsumfeld der Determinanten zur Handlungssteuerung innerhalb der aktionalen Volitionsphase vornehmlich zwei theoretische Ausrichtungen erkennen. Dies ist zum einen der Bereich der zielorientierten Steuerung von Kognitionen, der sich bei Kuhl (1983, 1987) in den Mechanismen Aufmerksamkeitskontrolle (inkl. Sonderfall Flow- Zustand nach Csikszentmihalyi, 1999, 2001), Enkodierkontrolle, Umweltkontrolle und sparsamer Informationsverarbeitung wieder findet. In den Modellen zum Selbstgesteuerten Lernen sind Facetten dieser Dimensionen ebenfalls integriert. Boekaerts (1997) führt dazu die Abschirmung gegen konkurrierende Intentionen an. Kammerer (2001) fasst unter ihrem Konzept zur Aufmerksamkeit die Fähigkeit zur Konzentration auf das Ziel und die Abschirmung gegen Ersatzhandlungen zusammen, außerdem weist sie auf die Kompetenz zur Selbstregulierung hin. Der zweite Bereich bezieht sich auf selbstbezogene kognitive und emotionale Komponenten, die sich während der Handlungsausführung auf die Volition auswirken. Kuhl führt hier die Emotionskontrolle an; die ebenfalls von ihm genannte Misserfolgsbewältigung wird im Handlungsphasenmodell der postaktionalen Phase zugeordnet. Komponenten der Konzepte zur Selbstbewertung und Selbstwirksamkeitserwartung von Bandura finden sich bei Boekaerts in den Dimensionen selbstbezogene Kognitionen (mit den Unterpunkten: Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit und Kontrollüberzeugung) und subjektive Theorien der Begabung wieder. Kammerer führt dazu die Aspekte Selbstwahrnehmung und Kompetenzerleben auf. Die Rahmenmodelle des Selbstgesteuerten Lernens bedienen sich folglich selektiv den vorliegenden theoretischen Erkenntnissen und legen damit unterschiedliche Schwerpunkte. Transfer zum Untersuchungskontext Es geht nun darum, die verschiedenen angesprochenen Facetten der Thematik auf die vorliegende Untersuchung zu beziehen und durch die Auswahl der zu betrachtenden Dimensionen eigene Akzente zu setzen. 113

121 7. Individuelle Einflussfaktoren Im Bereich des Fernstudiums kommt den Fähigkeiten zur zielorientierten Handlungskontrolle eine besondere Bedeutung zu. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, sind Fernstudierende im Vergleich zu konventionellen Studierenden erschwerten Bedingungen ausgesetzt, da sie sich stärker auf ein Leben in verschiedenen Teilumwelten einstellen müssen als andere Studierende. Es ist anzunehmen, dass beim Lernen verstärkt Handlungsalternativen aus anderen Teilumwelten zur Realisierung drängen und sie dadurch häufig Zielkonflikten ausgesetzt sind (vgl. Miller, 1991; Ströhlein, 1983). Anliegen der Untersuchung ist daher, die Ermittlung des Einflusses der volitionalen Handlungskontrolle auf die Beziehung zwischen Mediennutzung und Lernerfolg. In diesem Kontext können insbesondere auch Störungen während der Auseinandersetzung mit den Studienmaterialien im heimischen Umfeld negative Konsequenzen für das Lernen haben. Die räumliche Situation des Lernumfeldes spielt hier neben volitionalen Aspekten ebenfalls eine entscheidende Rolle. Im Rahmen der stark eingeschränkten Möglichkeiten der Analyse der konkreten räumlichen Lernsituation müssen Variablen erhoben werden, die Informationen hinsichtlich der Störungsfreiheit des Lernumfelds der Studierenden bieten. Es ist plausibel, dass hier negative Effekte für das Lernen bzw. die Lerneffizienz zu erwarten sind. Häufig wird beim computergestützten oder multimedialen Lernen pauschal davon ausgegangen, dass das Lernen mit diesen Medien mehr Spaß bereitet (vgl. Scholl, Pelz & Rade, 1999; Döring, 1997). Diese Erkenntnis wird oft daraus abgeleitet, dass die Lernenden unter diesen Umständen mehr Zeit für das Lernen investieren (Schulmeister, 1997). Im Themenfeld positiver Erlebnisse während des Lernens bewegen sich die Konzepte von Csikszentmihalyi (Flow-Zustand) oder auch von Bandura (erlebte Selbstwirksamkeit). Die begleitend auftretenden positiven Emotionen ziehen selbstbekräftigende Reaktionen nach sich, die eine Grundlage zur Aufrechterhaltung von Handlungen oder konkret zu einer Fortsetzung der ausgeführten Lernaktivität führen sollten. Für die vorliegende Untersuchung ist eine Bestimmung der kausalen Hintergründe für die positive emotionale Befindlichkeit bei der Nutzung der virtuellen Lernkomponenten von keiner großen Bedeutung. Der Detailliertheitsgrad, den diese Ansätze verfolgen, kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht erfüllt werden. Empirische Belege für den positiven Zusammenhang zwischen empfundener Bedürfnisbefriedigung (vgl. Scholl, Pelz & Rade, 1999) oder auch der Nützlichkeit (vgl. Döring, 1997) der Mediennutzung und der aufgewendeten Zeit für die Auseinandersetzung mit denselben, können als gesichert angesehen werden. Für den hier untersuchten Zusammenhang zwischen Mediennutzung und Lernerfolg sind diesbezüglich einige Fragestellungen von Interesse. So ist zunächst zu ermitteln, ob die Studierenden das Lernen mit den virtuellen Lernkomponenten positiver bewerten als das Lernen mit der 114

122 7. Individuelle Einflussfaktoren Kurseinheit. Des weiteren stellt sich die Frage, ob die Teilnehmer entsprechend ihrer positiven Bewertung gegebenenfalls auch mehr Zeit für das Lernen mit virtuellen Lernkomponenten investieren. Für Aspekte, die im Zusammenhang mit der Selbstbewertung und Selbstwirksamkeitserwartung stehen, ergeben sich auch innerhalb der speziellen Situation des Fernstudiums einige Besonderheiten. Wie aus den vorherigen Ausführungen hervorgeht, setzen sich die Maßstäbe für eine Selbstbewertung aus individuellen, sozialen und sachlichen Bezugsnormen zusammen. Da sich das Gros der Fernstudierenden in einer eher isolierten Lage im Hinblick auf einen Austausch mit anderen Kommilitonen befindet (vgl. Kapitel 1), wird die Bildung sozialer Bezugsnormen erschwert. Individuelle Bezugsnormen werden dadurch ebenfalls beeinflusst. Sachliche Bezugsnormen können aus der Anzahl der richtig gelösten Übungsaufgaben gebildet werden. Die Nutzung der virtuellen Lernkomponenten (BSCW und ILS) bieten hier ein größeres Angebot zur Bewertung der eigenen Leistungen. Die wesentlichen Aspekte zu diesem Thema wurden bereits im Abschnitt zur Rückmeldung im Zusammenhang mit Commitment angeführt (vgl. Kapitel ). Abschließend scheinen diese Erwägungen die Relevanz kooperativer Lernformen zu unterstützen, eine detaillierte empirische Überprüfung dieser These ist im Rahmen dieser Studie jedoch nicht vorgesehen. Die Analyse bezieht sich auf eine Untersuchung der Zusammenhänge auf Makroebene, die eben angesprochenen Themenfelder sind diesen nicht zuzuordnen Postaktionale Motivationsphase In der postaktionalen Motivationsphase erfolgt eine rückblickende Bewertung des Handlungsablaufs und der erzielten Handlungsergebnisse. Die Bewertung orientiert sich anhand der in der prädezisionalen Phase beteiligten Variablen (Valenzen, Erwartungen, Instrumentalitäten, etc.), die ursprünglich zur auch Intentionsbildung geführt haben (vgl. Gebert & Rosenstiel, 2002). Das Ergebnis des Abgleichs der gesetzten mit den erreichten Zielen hat einen entscheidenden Einfluss auf künftige Abläufe innerhalb des Handlungsphasenmodells, da sie sich auf die grundlegenden Parameter der Motivation (insbesondere der Valenzen) auswirken. Wird die anfangs gesetzte Zielintention mit der Handlung erfüllt, geht dies mit einer Deaktivierung der Intention einher. Nicht abgeschlossene Handlungen können bei dem Durchlaufen zukünftiger präaktionaler Phasen reaktiviert werden und mit anderen Zielintentionen in Konflikt geraten. Dies kann je nach Ausgang des Konflikts zu einer späteren Realisierung führen oder auch mit einer Modifizierung der ursprünglichen Zielintention einhergehen. Ebenso erfolgt eine Zuordnung von Ursachen für den Handlungsausgang. 115

123 7. Individuelle Einflussfaktoren Analog zu den Ausführungen der vorhergehenden Phasen wird auch hier wieder eine Auswahl theoretischer Modelle zur Erklärung der Zusammenhänge angeführt. Grundlegend ist zunächst die Theorie der Kausalattribution von Heider (1958 in Hewstone & Antaki, 1990) zu nennen, die später von Weiner (1979) erweitert wurde. Der Bereich der mit dem Handlungsausgang einhergehenden selbstbewertenden Emotionen (und motivationalen Konsequenzen) wird im Rahmen von Seligmans Theorie der erlernten Hilflosigkeit aufgegriffen (zusammenfassend in Hewstone & Antaki, 1990, S.141ff). Ein weiteres Forschungsgebiet, welches abschließend im Bereich der postaktionalen Phase anzusiedeln ist, findet sich im Umfeld der Austausch- und Gerechtigkeitstheorien (z.b. Schuler, 1990; Bierhoff, 1992). Einschätzungen zur Verfahrens- oder Verteilungsgerechtigkeit, die intensiv mit Erwägungen zur Chancengleichheit verknüpft sind, haben einen starken Einfluss auf das künftig gezeigte Commitment. Die Bewertung von Handlungsergebnissen in den Modellen zum Selbstgesteuerten Lernen In beiden vorgestellten Modellen zum Selbstgesteuerten Lernen wird der Bereich handlungsbewertender Rückblicke mit einbezogen. Boekaerts (1999) führt explizit den Aspekt Umgang mit Erfolg und Misserfolg an, während Kammerer diesem Bereich eher eine untergeordnete Rolle zuweist. Die Bewertung von Handlungsergebnissen wird hier nur mittelbar über die Dimension Kompetenzerleben angesprochen. Aufgrund der starken Auswirkungen von der Bewertung von Handlungsausgängen auf folgende prädezisionale Motivationsphasen, ist diesen auch im Bereich des Selbstgesteuerten Lernens eine große Bedeutung zuzurechnen. Allerdings scheint die Komplexität der mit Leistungshandlungen verbundenen Emotionen die Prognose der Auswirkungen auf den antizipierten Anreizwert vergleichbarer Leistungsaufgaben sehr schwierig zu gestalten (Nerdinger, 1995, S.154). Transfer zum Untersuchungskontext Bezogen auf die vorliegende Untersuchung ist davon auszugehen, dass sich die Bewertung vorhergehender Lernbemühungen auf die Ausrichtung zukünftiger Aktivitäten (folgender präaktionaler Motivationsphasen) auswirken. Im Hinblick auf die Nutzung der virtuellen Lernkomponenten ist anzunehmen, dass die Erfüllung der eingangs intentionsbildenden Erwartungen einen entscheidenden Einfluss auf die wiederholte Mediennutzung hat. Da sich die Bewertung von Handlungsergebnissen jedoch nur auf zukünftige präaktionale Phasen bezieht, ist ihre Bedeutung hier zu vernachlässigen. Der angesprochene Bereich wäre 116

124 7. Individuelle Einflussfaktoren nur bei einer Beforschung der Klausur nachfolgender Phasen, zum Beispiel bei Klausur- Wiederholern oder für die Orientierung im weiteren Studienverlauf (Wahl der Methoden im Rahmen der Abschlussarbeit), von Interesse. Aus diesen Gründen kann von einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Feld postaktionaler Kognitionen und Emotionen abgesehen werden Abschließende Anmerkungen zum Bereich individueller Einflussvariablen Abgesehen von den theoretisch begründeten Variablen, die in den letzten Abschnitten ausführlich behandelt wurden, gibt es noch weitere Faktoren, die aus Plausibilitätsüberlegungen ebenfalls in das Untersuchungsdesign aufgenommen werden müssen. Diesbezügliche Vorüberlegungen werden im folgenden Abschnitt dargelegt. Voraussetzung für die Wirksamkeit von motivationalen und volitionalen Aspekten bei der Nutzung der virtuellen Lernkomponenten ist die grundsätzliche Möglichkeit der problemlosen Nutzung dieser Systemkomponenten. Abgesehen von den beschriebenen äußeren und situativen Umständen (z.b. störungsfreie Rahmenbedingungen beim Lernen) können jedoch insbesondere im PC-Bereich systemimmanente Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf den Gebrauchswert nehmen. Für einen ordnungsgemäßen Programmablauf jeder der virtuellen Systemkomponenten ist ein funktionierendes Zusammenspiel des Betriebsystems, Browsers und weiterer Soft- und Hardwarekomponenten der PCs der Studierenden erforderlich. Kleine Fehler können hier leicht Programm- oder Systemabstürze nach sich ziehen und einem effizienten Einsatz so entgegenstehen. Obwohl auf der Basis intensiver Voruntersuchungen von einer relativ fehlerfreien Programmierung der integrierten Elemente auszugehen ist, können bisher unbekannte Inkompatibilitäten mit individuellen PC-Systemen nicht ausgeschlossen werden. Es ist offensichtlich, dass sich solch widrige Gegebenheiten stark auf eine Vielzahl der relevanten Variablen der Untersuchung auswirken wird. Eine entsprechende Erfassung der problemfreien Nutzung der computergestützten Lernkomponenten in technischer Hinsicht ist daher vorgesehen. Eine Zusammenstellung der in der nachfolgenden Untersuchung zu klärenden Fragestellungen erfolgt im nächsten Kapitel. 117

125 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellungen In den vorangegangenen Kapiteln wurde das breite Feld der virtuellen Lernkomponenten im Hinblick auf ihr Potenzial im Umfeld der Fernlehre betrachtet. Im Fokus des Interesses standen dabei die Bereiche des selbstgesteuerten computerbasierten Lernens und computergestützte Formen des Gruppenlernens. Es konnte belegt werden, dass diese Lernformen vor dem Hintergrund lerntheoretischer, kognitionspsychologischer sowie didaktischer Grundlagen eine sinnvolle Möglichkeit zur Unterstützung der Lernenden darstellen können. Befunde bisheriger empirischer Untersuchungen in diesem Bereich ergeben dennoch ein sehr heterogenes Bild. Eine Bewertung der Ergebnisse wird durch eine zumeist stark eingeschränkte Betrachtungsweise und durch die häufige Vernachlässigung einer Vielzahl relevanter Einflussfaktoren erschwert. Um dieser Kritik entgegenzuwirken wird bei der vorliegenden Untersuchung einerseits ein eher breites Spektrum von Variablen in die Betrachtung einbezogen. Da andererseits natürlich auch in diesem Fall Limitationen gegeben sind, wird im Sinne einer Vergleichbarkeit mit anderen Untersuchungen eine möglichst umfassende und präzise Beschreibung des Untersuchungsumfeldes, der untersuchten Personen, der virtuellen Lernkomponenten sowie weiterer relevanter Rahmenbedingungen vorgenommen. In einer Lernumgebung, die sowohl konventionelle, hypermediale sowie auch kollaborative Elemente beinhaltet, sollten sich die von den Lernern tatsächlich genutzten Komponenten auf ihren Lernerfolg auswirken. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl die Nutzung der verschiedenen Komponenten als auch der zu erwartende medienspezifische Lernerfolg von einer Vielzahl individueller Variablen beeinflusst wird. Die nachfolgende Studie bezieht sich folglich auf die Untersuchung der Zusammenhänge dreier Variablenbereiche. Die Grundannahmen können in einem Evaluationsmodell zusammengefasst werden: AV Lernergebnis / Erwerb von Transferwissen Kognitive - metakognitive Aspekte (Kapitel ) Motivationale - volitionale Aspekte (Kapitel ) Individuelle Rahmenbed. (Kapitel ) indiv. Var. Vorwissen - inhaltlich - medienspezifisch - Einstellung zur Statistik - Einstellung zu Computern - Fernstudienmotivation - Selbstregulation - medienspezifische Lernzeit - Lernumfeld (PC-Ausstattung, Störungsfreiheit, ) - indiv. Funktionalität der Anwendungen UV genutzte Lernmedien - konventionelle Lehrtexte - Hypermedia - computergestützte kollaborative Lernformen 118 Abb.20: Evaluationsmodell

126 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung Weiterhin soll eine Analyse mit erkundendem Charakter bezüglich der Nutzung der verschiedenen Lernkomponenten erfolgen. Berücksichtigt werden dabei einerseits der zeitliche Verlauf der Mediennutzung sowie auch die Einschätzung von Nutzen und Spaß bei der Auseinandersetzung mit den Materialien. Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass hypermediale Lernmaterialien nicht im klassischen Sinne als Treatment zu verstehen sind und die erwarteten Lerneffekte daher nicht auf übliche Weise evaluiert werden können. Hypermedia stellt vielmehr eine Grundlage dar, welche ein optimales Umfeld zur Realisierung moderner kognitivistischer und konstruktivistischer Konzepte bietet. Inwiefern die vorhandenen Spielräume innerhalb eines konkreten Produkts im Sinne dieser Gestaltungsprinzipien umgesetzt werden, muss daher gesondert erörtern werden. Der Einsatz der medienspezifischen Möglichkeiten im Sinne der didaktischen Theoreme schließt darüber hinaus den Einsatz neuartiger Instruktionsmethoden (Simulation, Interaktion,...) ein, die sich in dieser Form ohne den Medieneinsatz nicht realisieren ließen. Daraus ergibt sich eine unvermeidliche Konfundierung von Medien- und Methodeneffekten, die eine exakte Analyse der Kausalitätszuschreibung von Lernerfolgen erschwert. Ebenso ist zu beachten, dass auch erstklassig gestaltete Medien immer noch eine aktive Auseinandersetzung seitens der Lernenden erfordern, und somit die Eigenaktivität eine notwendige Voraussetzung für das Erzielen von Lerneffekten darstellt. Die investierte Lernzeit sagt dabei nichts über die Intensität oder Art der Auseinandersetzung aus. Analog kann auch das kooperative Lernen nicht als singuläre Untersuchungsvariable analysiert werden. Ergebnisse, die in einem sozialen Lernsetting durch eine bestimmte Lerngruppe erzielt werden sind streng genommen mit keiner anderen Gruppe vergleichbar. Die Lernimpulse ergeben sich jeweils aus der speziellen Kombination der Teilnehmer und dem jeweiligen Gesprächsverlauf. Da sich aus der gleichen Grundgesamtheit sehr viele Gruppenkombinationen bilden lassen, sind die synergetischen Wirkungen schwer durchschaubar und lassen daher ebenfalls nur eingeschränkte Vorhersagen zu. Im Evaluationsmodell tauchen diese Aspekte nicht auf, da sie zum einen unvermeidbare Gegebenheiten darstellen und zum anderen im Untersuchungsfeld der Fernstudierenden kaum zu erfassen sind. Die Konzeption der Untersuchung orientiert sich stattdessen zu Gunsten einer minimalinvasiven und praxisorientierten Forschung, die begleitend zum normalen Lehrbetrieb stattfinden kann. Wie bereits zuvor bemerkt findet eine Berücksichtigung der medienspezifischen Besonderheiten in Form präziser Beschreibungen insofern dennoch statt. Gleichfalls werden diese Aspekte in jedem Fall in der abschließenden Diskussion aufgegriffen und somit in die endgültigen Schlussfolgerungen einbezogen. 119

127 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung Es folgt eine Zusammenfassung der wesentlichen Annahmen, die nachfolgend einer empirischen Überprüfung unterzogen werden Unterstützung des Wissensaufbaus durch hypermediale Lernmaterialien Hypermediale Lernmaterialien bieten durch ihre vielfältigen medienspezifischen Eigenschaften einzigartige Möglichkeiten zur Umsetzung gemäßigt konstruktivistischer Lehrkonzepte. Die Darstellung von Inhalten in Form von hypertextuell vernetzten Komponenten ermöglicht einen individuellen Zugang zu einem Wissensgebiet. Durch die selbstständige Wahl eigener Lernwege werden die Studierenden somit in die Lage versetzt neue Inhalte an vorhandene Strukturen anzuknüpfen. Im Hinblick auf ihr Vorwissen eher heterogene Zielgruppen, wie sie im Bereich des Fernstudiums zu erwarten sind, können in besonderem Maße von der Nutzung eines solchen Produkts profitieren. Die Forderung nach reichhaltigen und anregenden Lernumgebungen lassen sich in hypermedialen Lernsettings durch die Einbindung von anschaulichen Erläuterungen zum Beispiel anhand fixer oder bewegter grafischer Darstellungen ebenfalls vorbildlich umsetzen. Neuartige Instruktionsmethoden wie Simulationen und interaktive Übungen regen zur aktiven Konstruktion neuen Wissens an, anstatt eine bloße Rezeption von Fakten zu erfordern. Ebenso ermöglichen sie unterschiedliche Varianten der Rückmeldung anzubieten und somit Eingaben von Lernenden in das System automatisch zu kommentieren bzw. zu bewerten. Eine breite Variation von Handlungsangeboten und einschränkungen kann darüber hinaus eine aktive Suche nach Bedeutung fördern. Selbstverständlich können durch in das Programm eingebettete Übungseinheiten im Stil von drill & practice gleichfalls behavioristische Lernformen unterstützen werden. Sie können insbesondere Novizen bei der Festigung von Faktenwissen dienen. Insgesamt führen die theoretischen und empirischen Erkenntnisse damit zu einer ersten forschungsleitenden These (H1): Die Nutzung hypermedialer Lernmaterialien unterstützt die Aneignung von Lerninhalten beim Selbstgesteuerten Lernen. Abgesehen von einer generellen Unterstützung der Aneignung von Lerninhalten sind hypermediale Lernmaterialien prädestiniert speziell beim Aufbau von Transferwissen einen Beitrag zu leisten. Dies wird zum einen durch die zuvor angesprochene eigenständige Konstruktion von Wissen anstelle einer eher passiven Aufnahme von Informationen erzielt. Die kognitivistischen Ansätzen oftmals entgegengebrachte Kritik durch instruktionsorientierte Lernsituationen nur träges Wissen hervorzubringen, kann durch die Bereitstellung von 120

128 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung reichhaltigen Lernumgebungen, die zur selbstgesteuerten Auseinandersetzung anregen, überwunden werden. Insbesondere durch eingebundene Anwendungsbeispiele können Lernsituationen gestaltet werden, die sich an den Grundsätzen des Problemlösungsparadigmas orientieren und multiperspektivische Einblicke in eine Thematik gewähren. Grundsätzlich sollte dies den Aufbau von flexiblem und anwendungsbezogenem Wissen fördern. Die Ausführungen führen zu folgender forschungsleitenden These (H2): Die Nutzung hypermedialer Lernmaterialien unterstützt den Aufbau anwendungsorientierten Wissens Unterstützung des Aufbaus von Wissen durch virtuelle kollaborative Lernformen Wie das zuvor behandelte Feld der Hypermedien bieten auch computergestützte Formen des Gruppenlernens ein geeignetes Umfeld zur Realisierung gemäßigt konstruktivistischer Lernsituationen. Der soziale Austausch wird explizit als wichtige teilweise sogar als essentielle Ressource zur Anregung von Lernprozessen benannt. Dabei gelten vor allem Reflexion und Artikulation als wesentliche Elemente zur Festigung von Wissensinhalten im Sinne einer tiefen kognitiven Elaboration. Die Teilnahme an einem Diskurs impliziert eine Eigenaktivität der Teilnehmer und entspricht damit ebenfalls konstruktivistischen Prinzipien. Entsprechend führen die theoretischen und empirischen Erkenntnisse auch im Bereich des virtuellen kooperativen Lernens zur folgenden forschungsleitenden These (H3): Die Beteiligung an virtuellen kollaborativen Lernformen unterstützt die Aneignung von Lerninhalten beim Selbstgesteuerten Lernen. Vor dem Hintergrund der vorangestellten theoretischen Grundlagen ist auch in diesem Bereich von einem qualitativen Unterschied des erworbenen Wissens auszugehen. Eine weitere der untersuchten Fragestellungen wendet sich daher der Förderung des Erwerbs von Transferwissen bei kollaborativen Lernformen zu (These H4): Die Beteiligung an virtuellen kollaborativen Lernformen unterstützt den Aufbau von anwendungsorientiertem Wissen Individuelle Einflussvariablen Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt wird auf individuelle Einflussfaktoren gelegt, von denen Effekte hinsichtlich der Nutzung der virtuellen Lernkomponenten und den resultierenden Lernerfolgen erwartet werden. Das primäre Interesse gilt der Ermittlung empirisch bedeutsamer Variablen, die für einen erfolgreichen Einsatz virtueller Lernumgebungen maßgeblich sind. Zur Identifikation potenziell relevanter Dimensionen wurden sowohl Mo- 121

129 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung delle aus dem Bereich des Selbstgesteuerten Lernens als auch das übergreifende Handlungsphasenmodell herangezogen und zusammengeführt. Nach einer überblicksartigen Darstellung der theoretisch wichtigen Dimensionen (vgl. Kapitel 7) wurde unter Relevanz- und Praktikabilitätskriterien eine Auswahl von Variablen vorgenommen, die in die nachfolgende Untersuchung aufgenommen werden (vgl. Evaluationsmodell). Es folgen einige zusammenfassende Ausführungen zu den verschiedenen Betrachtungsebenen und den angenommenen Wirkungszusammenhängen im Untersuchungskontext Kognitive und metakognitive Aspekte Theoretische Ansätze aus dem Bereich kognitiver und metakognitiver Aspekte stellten die Bedeutung unterschiedlicher Vorkenntnisse in den Vordergrund. Zum einen stellt inhaltlich anschlussfähiges Vorwissen bei Selbstlernprozessen eine wesentliche Vorraussetzung für den zu erwartenden Lernerfolg dar. Da die Untersuchung im Rahmen der Statistik-Ausbildung für Studierende der Sozialen Verhaltenswissenschaften stattfindet, kommt damit unter inhaltlicher Perspektive dem Vorwissen der im Curriculum enthaltenen Themengebiete eine besondere Bedeutung zu. Es ist zu erwarten, dass Lernende die über fundierte grundlegende Kenntnisse im Bereich Statistik verfügen, besser mit einer explorativen Lernumgebung umgehen können. Innerhalb der theoretischen Ausführungen wurde darauf hingewiesen, dass in einem Themenfeld wenig erfahrene Personen oft nicht zielgerichtet vorgehen und verstärkt auf Instruktionen angewiesen sind. Bei ihnen besteht durch die Gewährung zu hoher Freiheitsgrade eher das Risiko einer Überforderung als dies bei fortgeschrittenen Lernern der Fall ist. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu überprüfen, ob sich vorrangig Studierende die bereits über ein umfangreicheres Vorwissen im Bereich der Statistik verfügen, verstärkt dem Aufbau von anwendungsorientiertem Wissen mittels computergestützter Medien zuwenden und die ermittelten Zusammenhänge damit von Selektionseffekten beeinflusst werden. Eine weiterer Aspekt im Bereich des Vorwissens bezieht sich auf medienspezifische Kenntnisse. Auf Basis des aktuellen Forschungsstandes muss davon ausgegangen werden, dass Vorerfahrungen in den verschiedenen Teilbereichen der zu evaluierenden virtuellen Lernumgebung einen Einfluss auf den Lernerfolg haben. Ansätze aus dem Umfeld der Theorie zur Verteilung kognitiver Ressourcen legen nahe, dass Personen die über ein umfassendes computerbezogenes Grundlagenwissen verfügen, stärker von der Nutzung der virtuellen Lernkomponenten profitieren, da sie sich bei der Auseinandersetzung mit den Materialien mehr auf die relevanten Inhalte konzentrieren können. Auch hier muss im 122

130 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung Rahmen der Untersuchung eine Kontrolle hinsichtlich möglicher Selektionseffekte erfolgen, da ein Zusammenhang zwischen dem medienspezifischen Kenntnisstand und der Nutzungsintensität des Mediums bestehen könnte. Die theoretischen Grundlagen deuten ebenfalls auf moderierende Effekte dieser Variablen im Zusammenhang mit den Untersuchungskomponenten hin. Das nachfolgende Forschungsvorhaben stellt einen ersten Ansatz dar, dieses Wirkungsgefüge näher zu betrachten. Eine differenzierte Analyse sämtlicher Moderatoreffekte wird dabei nicht angestrebt Motivationale und volitionale Aspekte Im Bereich der motivationalen und volitionalen Aspekte konnte anhand der theoretischen Ausführungen ein relativ breites Spektrum an relevanten Variablen identifiziert werden. Zusammenfassend werden an dieser Stelle die ausgewählten Dimensionen und die wesentlichen Aussagen im Untersuchungskontext noch einmal wiederholt. In Anbetracht der vielfältigen Teilumwelten, die Fernstudierende in ihrem Alltag in Übereinstimmung bringen müssen, spielt die Fernstudienmotivation eine entscheidende Rolle für das studienbezogene Lernverhalten (Auswahl von Handlungsalternativen und deren Aufrechterhaltung vgl. Kapitel 7.2.2). Sie stellt eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Auseinandersetzung mit den Studienmaterialien dar. Von einem direkten Zusammenhang mit den erzielten Studienleistungen ist daher auszugehen. Multimedialen Lernmaterialien wird eine lernmotivationsförderliche Wirkung zugeschrieben. Von ihnen sollten daher vorrangig Studierende mit einer geringen Fernstudienmotivation profitieren. Andererseits kann das Argument angeführt werden, dass es gerade Studierende mit einer eher hohen Studienmotivation sind, die sich für die Nutzung virtueller Lernkomponenten entscheiden. Um eine solche Konfundierung gegebenenfalls erkennen zu können, muss die Fernstudienmotivation daher in die Betrachtung eingeschlossen werden. Weitere Faktoren, die einen maßgeblichen Einfluss auf das konkrete Lernverhalten haben, liegen im Bereich der Einstellungen. Im Untersuchungskontext sind vor allem Einstellungen zur Statistik (statistischen Datenauswertungsmethoden) und computerbezogene Einstellungen von Bedeutung. Die vorgestellten Theoriekonzepte weisen darauf hin, dass Einstellungen sich über die Intentionsbildung entscheidend auf die Intensität und Richtung von Verhalten auswirken. Bei einer Abneigung gegenüber statistischen Methoden muss mit einer weniger intensiven Auseinandersetzung mit den Lernmaterialien gerechnet werden. Die Alternative einer direkten Erfassung der Lernintensität ist selbst unter Laborbedingungen äußerst 123

131 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung problematisch und steht im Rahmen der geplanten Untersuchung damit völlig außer Frage. Die Bedeutung aversiver Einstellungen zur Statistik für die Aneignung entsprechender Kenntnisse wurde bereits in vorhergehenden Untersuchungen anderer Autoren herausgestellt. Ähnliche Überlegungen lassen sich auch auf den Bereich der computerbezogenen Einstellungen übertragen. Da sich ein wesentlicher Bereich des Untersuchungsfeldes auf computergestützte Lernmedien bezieht, müssen die Auswirkungen dieser Variable im Hinblick auf die individuelle Nutzung dieser Komponenten berücksichtigt werden. Zusammenhänge zwischen Einstellungsaspekten und einer effizienten Nutzung computerbasierter Anwendungen zur Unterstützung des Lernens gelten als erwiesen. Gleichfalls ist eine Wechselbeziehung zwischen computerbezogenen Einstellungen und dem Umfang des zuvor angesprochenen medienspezifischen Vorwissens anzunehmen. Eine Variable, die zumindest rudimentäre Informationen zum Umfang der aufgewendeten Lernbemühungen beinhaltet, ist die allgemeine sowie die medienspezifische Lernzeit. Es ist trivial anzunehmen, dass hier ein genereller Zusammenhang mit dem Lernerfolg besteht. Interessant ist jedoch die Fragestellung, ob die Nutzer der virtuellen Lernkomponenten möglicherweise aufgrund lernmotivationsförderlicher Effekte derselben, mehr Zeit in die Auseinandersetzung mit den Materialien investieren. Zu guter letzt sei innerhalb der volitionalen und motivationalen Variablen noch auf den zuvor eher breit diskutierten Bereich der Selbstregulation hingewiesen. Er bezieht sich auf Fähigkeiten im Rahmen eines planvollen Umgangs mit der zur Verfügung stehenden Lernzeit, der selbstreflektiven Überwachung der Anstrengung sowie der konkreten Aufmerksamkeitssteuerung bei der Handlungsausführung also bei Lernaktivitäten. Bei Studierenden mit eher begrenzten Fähigkeiten zur Selbstregulation ist von einer generell geringeren Lerneffizienz auszugehen. Unabhängig von ihrer theoretischen Fundierung können Lernmaterialien jeglicher Art ihre intendierte Wirkung nur unter der Voraussetzung entfalten, dass eine kognitive Auseinandersetzung mit den Materialien durch den Lernenden erfolgt. Dem entsprechend ist Ansätzen zur Selbstregulation insbesondere im Umfeld des selbstgesteuerten Lernens eine gesteigerte Bedeutung zuzurechnen. Ob es einen direkten Zusammenhang mit den zu untersuchenden Lernkomponenten gibt, ist zu überprüfen. Aufgrund der verstärkten Verfügbarkeit sozialer (bei CSCL) sowie sachlicher Bezugsnormen (bei interaktiven Übungsaufgaben), könnte sich eine Verringerung der Auswirkungen selbstregulativer Fähigkeiten ergeben. 124

132 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung Individuelle Rahmenbedingungen Entscheidend für eine intensive Auseinandersetzung mit den zur Verfügung stehenden Lernmaterialien sind ebenso die konkreten Bedingungen unter denen die Studierenden sich mit ihnen auseinandersetzen können. Thematisiert werden hier Rahmenbedingungen des Lernens, die nicht der volitionalen und motivationalen Kontrolle der Studierenden stehen. Im Gegensatz zu gedruckten Lernmaterialien ist die Mobilität bei den aktuell am häufigsten verbreiteten Desktop- oder Tower-PCs stark eingeschränkt. Besonderes Augenmerk muss daher auf die Voraussetzung einer störungsfreien Lernumgebung im Bereich der computergestützten Anwendungen gelegt werden. Ebenso können zum Beispiel aus dem Umstand, dass Computer zum Teil von mehreren Personen eines Haushalts genutzt werden eine Rolle bei der Nutzung virtueller Lernkomponenten spielen. Eine weitere Grundvoraussetzung für ein effizientes computergestütztes Lernen liegt in einem störungsfreien Programmablauf. Individuelle Erfahrungen und Einschätzungen mit den untersuchten Systemkomponenten die an den Bereich der Softwareergonomie angrenzen (Usability, Systemresponsezeiten, etc.) müssen daher ebenfalls in die Betrachtung eingeschlossen werden. Weitere Einflussvariablen, die sich auf eine eher allgemeine Betrachtungsebene beziehen sollen in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigt werden. Abgesehen von allgemeinen demografischen Variablen sind hier Aspekte wie die der Umfang der beruflichen Arbeitszeiten und dergleichen zu erfassen. In der nachfolgenden Untersuchung wird angestrebt, neben einer Klärung der forschungsleitenden Fragestellungen aus dem Bereich des Wissensaufbaus mittels hypermedialer und kooperativer Lernformen, Aussagen zu den weiteren angesprochenen Variablenbereichen zu treffen. Es geht dabei vorrangig um eine Einschätzung der Relevanz dieser Dimensionen im Zusammenhang mit der Nutzung virtueller Lernkomponenten und dem erzielten Lernerfolg. Die vielfältigen angesprochenen Wechselwirkungen können dabei nicht im Einzelnen betrachtet werden, da dies deutlich über den Rahmen der geplanten Studie gehen würde. Im Falle konkreter Hinweise auf bedeutsame Variablen im Bereich individueller Einflussvariablen wären anschließende Folgeuntersuchungen, die sich explizit mit diesem Teilbereich auseinandersetzen, durchzuführen Explorative Untersuchungsansätze zum Lernverlauf Degenhardt weist darauf hin, dass... bereits vielfältige Vorschläge existieren, wie multi- und hypermediale Lernsysteme unter didaktischer Perspektive gestaltet werden sollten, jedoch 125

133 8. Evaluationsmodell und forschungsleitende Fragestellung die Frage, wie Studierende mit diesen Lernsystemen umgehen noch weitgehend unbeantwortet ist (2001, S.1). Da innerhalb der geplanten Untersuchung eine Vielzahl von Daten zur Nutzung und zum Umgang der Studierenden mit den untersuchten Lernkomponenten erhoben wird, bietet sich die Gelegenheit auch einige Auswertungen aus dieser Perspektive anzuschließen. Betrachtungen zum allgemeinen und medienspezifischen Lernzeitverlauf vermitteln zumindest einen groben Eindruck, ob und in welchem Umfang die Studierenden die Systemkomponenten in ihre Lernaktivitäten einbinden. Der von anderen Autoren oftmals angesprochene Neuigkeitseffekt multimedialer Anwendungen, welcher sich durch eine anfängliche motivationssteigernde Phase und einem anschießenden rasch nachlassenden Interesse auszeichnet, kann in diesem Zug ebenfalls überprüft werden. Abgesehen von der Zeitkomponente werden auch eine Einschätzung des Nutzens der Lernbemühungen und der empfundenen Freude bei der Auseinandersetzung mit den Materialien erhoben. Das Lernen mit den neuen interaktiven Medien soll bekanntlich mehr Spaß machen als konventionelle Lernmaterialien (vgl. Kapitel 5). Eine explorative Analyse des Verlaufs dieser Bewertungsdimensionen, insbesondere in medienspezifischer Hinsicht, ist daher ebenfalls angedacht. 126

134 9. Die Problematik bei Evaluationsvorhaben im Bereich des CSCL 9. Die Problematik bei Evaluationsvorhaben im Bereich des CSCL Der Begriff der Evaluation ist von einer schillernden Bedeutungsvielfalt geprägt (vgl. Wottawa & Thierau, 1990). Ebenso vielfältig sind auch die Möglichkeiten der Auswahl von Evaluationsobjekten im Bereich virtueller Lerngruppen. Reinmann-Rothmeier & Mandl (2001) führen folgende vier Aspekte an, die bei Evaluationen virtueller Lehrveranstaltungen aus einer psychologisch-didakischen Perspektive von besonderem Interesse sind: a) das Seminarkonzept b) die Umsetzung des Konzepts c) die Qualität der Lern- und Arbeitsprozesse d) die Lernergebnisse. Den erzielten Lernergebnissen kommt dabei zweifelsfrei eine zentrale Bedeutung zu. Das Hauptinteresse besteht im Allgemeinen in der Optimierung des Lernzuwachses der Teilnehmer, mit anderen Worten, im Nachweis des sogenannten Mehrwerts. Im Folgenden wird versucht einen Eindruck der vielschichtigen Problematik, mit denen Evaluatoren bei diesem Vorhaben konfrontiert sind, zu vermitteln Problematik der Definition von Lernerfolg und Zielvorstellung Als Ausgangspunkt für eine Evaluation des Lernerfolgs wird zunächst eine Definition derselben benötigt. Dem zur folge kann zum Beispiel ein Kriterium definiert werden, an dem der Kenntnisstand der Lernenden bemessen werden kann. Zur Ermittlung eines individuellen Lernzuwachses wäre alternativ ein Design mit zwei Messzeitpunkten (Vorher-/Nachher- Vergleich) eine besser geeignete Alternative. Die Messung von Lernerfolg ist bei behavioristisch oder kognitivistisch gestalteten Lernsettings relativ einfach, überspitzt formuliert muss schließlich nur die angestrebte Prozentzahl der korrekt zu beantwortenden Items festgelegt werden. Konstruktivistisches Lernen zielt jedoch auf einen Erwerb von anwendungsbezogenem und transferierbarem Wissen. Einen solchen Lernerfolg quantifizierbar zu machen, stellt an sich schon eine größere Schwierigkeit dar. Zusätzlich ergeben sich durch die veränderten Zugangsbedingungen im Bereich der Fernleihe auch weitaus größere Unterschiede hinsichtlich der Ausgangssituation und der Zielvorstellungen der Teilnehmer, welche in unterschiedlichen Unterstützungsanforderungen und Lern-Bedürfnissen resultieren (vgl. Baumgartner, 1997). Kerres (2001) 127

135 9. Die Problematik bei Evaluationsvorhaben im Bereich des CSCL geht mit seiner Dekonstruktion der Sinnhaftigkeit traditioneller Evaluationsforschung noch einen Schritt weiter: Wenn Wissen nicht im Kopf des Individuums abgespeichert ist, sondern ständig in sozialen Kontexten konstruiert wird, dann sind individuumszentrierte Evaluationsansätze obsolet (S.111) Problematik der Konfundierung von Medium, Instruktion und Messung Im Anschluss an eine Auseinandersetzung mit dem Mehrwert neuer Lehrmedien, mag ein Vergleich mit dem Lernerfolg beim Einsatz von traditionellen Unterrichtsformen auf den ersten Blick interessant erscheinen. Beim Einsatz neuer Medien können jedoch neuartige Instruktionsmethoden (Simulation, Interaktion, etc.) eingesetzt werden, die sich in dieser Form ohne den Medieneinsatz nicht realisieren lassen. Dies bringt eine Konfundierung von Medien- und Methodeneffekten mit sich, die eine Analyse der Kausalitätszuschreibung des Lernerfolgs erschwert. Die gleiche Problematik ergibt sich beim Vergleich der Lernergebnisse von traditionellen mit neuen Lernformen. Zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse müssen in beiden Situationen die selben Meßmethoden eingesetzt werden. Setzt man traditionelle Evaluationsmethoden für beide Ansätze ein, sind die Ergebnisse zwar vergleichbar, aber wenig sinnvoll, da die Besonderheiten der neuen Medien zum Beispiel im Bereich des Aufbaus von Transferwissen nicht erfasst werden können. Beim Einsatz der neuen Medien - z.b. computergestützten Simulationsaufgaben zur Messung des Lernerfolgs - ergibt sich wiederum ein Vorteil für die Untersuchungsgruppe, die sich bereits beim Erlernen der Inhalte mit solchen Aufgabenstellungen beschäftigt haben. Isolierte experimentelle Vergleichsstudien zwischen interaktiven und nicht-interaktiven Medien sind daher meist Pseudoevaluationen. Weil die Definition der Untersuchungsvariable Lernerfolg das Prüfverfahren mitbestimmt, unterliegen sie der klassischen Form des operationalen Zirkelschlusses. (Baumgartner, 1997, S.135ff) Problematik der Fokussierung auf einzelne Medieneffekte Der sinnvolle Einsatz von kommunikativen Elementen als Unterstützung für das Erreichen von Lernzielen ist nur im Gesamtzusammenhang zu sehen. Wenn das Lernziel beispielsweise darin besteht eine bestimmte Anzahl von Fakten auswendig zu lernen, rückt die Bedeutung von Kommunikation in den Hintergrund. Ebenso kann der fehlende Einbezug von 128

136 9. Die Problematik bei Evaluationsvorhaben im Bereich des CSCL Kommunikationsangeboten ohne entsprechende Aufgabenstellungen bedeuten, dass das Lernmaterial so gut ist, dass es nichts zu kommunizieren gibt. (Kerres, 2001, S.265) 9.4. Problematik der Datenerhebung Viele der bewährten traditionellen Evaluationsinstrumente insbesondere aus dem Bereich der Lerngruppenforschung können auf Grund der fehlenden Präsenz der Teilnehmer nicht eingesetzt werden. Durch die medienbedingten Entfernungen sind die Möglichkeiten Gruppendiskussionen und Beobachtungsverfahren durchzuführen stark eingeschränkt. Allerdings bieten die neuen Medien auch neue Möglichkeiten der Datenerfassung, die zuvor entweder nur mit größeren Umständen oder auch gar nicht realisiert werden konnten. Hierzu zählt zum Beispiel die einfach zu gestaltende (teilweise sogar automatische) Protokollierung der Eingaben bzw. Aktivitäten der Lernenden am PC, die als LOG-Files bezeichnet werden (vgl. Degenhardt, 2001). Mediengestützte Gruppendiskussionen z.b. im Online-Chat lassen sich auf diese Weise im Nachhinein sehr detailliert untersuchen. Beim Einsatz von Newsgroups kann eine im Anschluss durchgeführte Dokumentenanalyse differenzierte Ergebnisse zur gemeinsamen Wissensgenerierung liefern Problematik der Evaluation sozialen Lernens Die Ergebnisse, die in einem sozialen Lernsetting durch eine bestimmte Lerngruppe erzielt wird sind streng genommen mit keiner anderen Gruppe vergleichbar. Die Lernimpulse ergeben sich jeweils aus der speziellen Kombination der Teilnehmer. Da sich aus der gleichen Grundgesamtheit sehr viele Gruppenkombinationen bilden lassen, sind die synergetischen Wirkungen schwer durchschaubar und lassen nur sehr eingeschränkte Vorhersagen zu (vgl. Baumgartner, 1997) Schlussfolgerungen Es gilt als unbestritten, dass im Bereich der virtuellen Lerngruppen große Potenziale für zukünftige Lernformen gesehen werden können. Wie aus den vorherigen Ausführungen hervorgeht ist es jedoch aufgrund der besonders komplexen Zusammenhänge in diesem Forschungsgebiet problematisch, Ursachen und Wirkungen einzelnen Faktoren zuzuordnen. Aufgrund dieser generelle Identifikations- und Zuordnungsproblematik der relevanten abhängigen und unabhängigen Variablen wird es wohl noch etwas dauern, bis die Forschung elaborierte Modelle hervorgebracht hat, die als Handlungsanweisungen für die 129

137 9. Die Problematik bei Evaluationsvorhaben im Bereich des CSCL Planung und Organisation gelten können. Insbesondere in den Bereichen des problemorientierten Assessments (Mandl, 1998) und des sozialen Lernens (Baumgartner, 1997) bestehen noch gravierende Forschungslücken. Kerres (2001, S.112) weist auch noch auf folgende weitere Bereiche hin, über die bisher keine detaillierten Studien vorliegen: erlebte Qualität des Lernangebots emotionale Reaktion und Lernmotivation (Aufmerksamkeit, Interesse, Identifikation, etc. ) Lernverhalten (Lerndauer, -intensität, Persistenz, Abbruch) subjektive Zufriedenheit mit dem Lernverhalten und Lernergebnis. Wie bereits aus den vorangehenden Kapiteln ersichtlich wurde, soll die vorliegende Untersuchung zu einigen dieser Teilbereiche einen Beitrag zur Klärung der Gegebenheiten leisten. Im Anschluss an eine Beschreibung der Untersuchungsumgebung und den eingesetzten virtuellen Lernkomponenten erfolgen in den weiteren Kapiteln detaillierte Ausführungen zu den gewählten Erhebungsinstrumenten, dem Untersuchungsdesign sowie den ermittelten Ergebnissen. 130

138 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Die Durchführung der Untersuchung fand im Rahmen eines eigens des für diesen Zweck konzipierten Angebots zur Klausurvorbereitung für die Studierenden im Bereich Methoden am Institut für Psychologie der FernUniversität Hagen im Wintersemester 2001/2002 statt. In den folgenden Abschnitten wird zunächst das Untersuchungsumfeld der FernUniversität Hagen und der Studiengang Soziale Verhaltenswissenschaften des Instituts für Psychologie in groben Zügen vorgestellt. Ein besonderer Abschnitt wird der Methodenausbildung gewidmet. Im Anschluss folgen Ausführungen hinsichtlich des konkreten Vorgehens, des zeitlichen Ablaufs der vielfältigen Messungen sowie den eingesetzten Medien Die FernUniversität Hagen Die FernUniversität Hagen wurde am 1. Dezember 1974 gegründet und nahm im folgenden Wintersemester den Studienbetrieb mit anfangs 1300 eingeschriebenen Studierenden auf. Die Motivation für den Aufbau einer Fernuniversität hatte einerseits einen bildungspolitischen Hintergrund, um in Zeiten des damaligen Bildungsbooms zur Entlastung der Präsenzuniversitäten beizutragen. Die diesbezüglichen geschichtlichen Rahmenbedingungen und die Entwicklungstendenzen in den 70er Jahren im Bereich der Lehre wurden bereits in Kapitel 1 ausführlich beschrieben. Andererseits wurde ebenfalls eine Förderung der wissenschaftlichen Weiterbildung angestrebt, die einer Nachfrage auch über Nordrhein-Westfalen hinaus entsprechen sollte. Diese Ziele wurden bei der Gründung in den Leitsätzen der FernUniversität festgelegt. Das Studienangebot der FernUniversität ist durchaus mit dem einer klassischen Präsenzuniversität vergleichbar. Aktuell werden im Bereich der grundständigen Lehre die Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften, Kultur- und Sozialwissenschaften, Informatik, Rechtswissenschaften, Mathematik und Elektrotechnik abgedeckt. In vielen dieser Forschungsrichtungen werden darüber hinaus die unterschiedlichsten Ergänzungs- und Weiterbildungsstudiengänge angeboten. Nicht selten wird das Studienangebot der FernUniversität als kostengünstige Alternative genutzt, um eine Weiterbildung in einzelnen Teilgebieten zu erhalten, ohne den Abschluss eines kompletten Studiums anzuvisieren. Die Klientel der FernUniversität unterscheidet sich hingegen beachtlich von den Adressaten konventioneller Universitäten. Der Vorteil hinsichtlich der Flexibilität bei den Studienzeiten wird überwiegend von berufstätigen Studierenden genutzt. So üben aktuell ca. 80% der 131

139 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Immatrikulierten einen Beruf aus und 40% haben bereits einen Studienabschluss vorzuweisen. Setzte sich die Studentenschaft zu Gründungszeiten nahezu vollständig aus Anwohnern Nordrhein-Westfalens zusammen, beträgt dieser Anteil nun nur noch 33%. Mittlerweile hat sich die FernUniversität in der gesamten Bundesrepublik etabliert und ca. 8% der Studierenden nehmen das Angebot aus nahezu 100 verschiedenen Staaten der ganzen Welt wahr (Hoyer, 2001, S.12ff). Da die Lehre an der FernUniversität wegen der großen räumlichen Distanz nur bedingt innerhalb klassischer Vorlesungen erfolgen kann, kommen primär didaktisch aufbereitete Studienbriefe (auch Kurseinheiten genannt), audiovisuelle Medien (Ton- und Videokassetten) und computergestützte Lernprogramme zum Einsatz. Diese Materialien werden den Studierenden in jedem Semester zu festgelegten Versandterminen per Post zugestellt. Abgesehen von Klausuren und Prüfungen im Sinne von Lernerfolgskontrollen, können die Studierenden ihren Leistungsstand kontinuierlich anhand von Einsendeaufgaben überprüfen lassen. Diese Aufgaben, die zu fast allen angebotenen Kurseinheiten erstellt wurden, erfordern eine schriftliche Bearbeitung durch die Studierenden. Die Aufgabenlösungen werden dann zur Korrektur an die jeweiligen Lehrgebiete gesandt, dort korrigiert, kommentiert und anschließend wieder an die Studierenden zurückgesandt. Doch auch eine Form der lokalen Unterstützung der Studierenden fehlt nicht im System der FernUniversität. In den fast 70 Studienzentren, die sich über Deutschland, Österreich, die Schweiz sowie über Mittel- und Osteuropa erstrecken, werden von den Lehrgebieten Präsenzseminare angeboten. Hier finden ebenso regelmäßige Veranstaltungen von Mentoren und Tutoren statt, die die Studierenden im Studienverlauf begleiten und unterstützen. Oft werden betreute Arbeitsgruppen organisiert in denen die Fernstudierenden ortsnah persönliche Kontakte zu Kommilitonen pflegen können. Die FernUniversität mit der aus ihrer Entstehung resultierenden Rolle eines Vorreiters auf dem Gebiet der Fernlehre versteht sich mittlerweile als Universität der Zukunft. Der Entwicklung multimedialer Studienmaterialien und der zunehmende Einbezug des Internets in den Lehrbetrieb wird daher eine besondere Bedeutung zugemessen. Als Meilenstein in der Geschichte der FernUniversität gilt die Einrichtung des Lernraums Virtuelle Universität ( im Jahre Zentral für das Konzept der Virtuellen Universität ist die Etablierung vollständig online verfügbarer Studiengänge, die ein flexibles lebenslanges Lernen für eine Studentenschaft mit breit gefächertem Bildungs- bzw. Weiterbildungsinteresse ermöglicht. Bisher wurden drei Bachelor- Studiengänge (Informatik, Elektrotechnik, Mathematik), bei denen der Lehr- und Prüfungsbetrieb komplett über das Portal der Virtuellen Universität abgewickelt wird, 132

140 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design eingerichtet. Sämtliche Fachbereiche der FernUniversität bieten jedoch ebenfalls bereits digital aufbereitete Kurse, interaktive Studienmaterialien, virtuelle Seminare und themenspezifische Newsgroups auf der Plattform der Virtuellen Universität an. Aktuell wird mit höchster Anstrengung am weiteren Ausbau der Virtuellen Universität gearbeitet, mit dem Ziel in absehbarer Zeit sämtliche Studienmaterialien online verfügbar zu machen Die Komponenten des Lehrbetriebs der FernUniversität Hagen Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf eine Kombination von Komponenten konventioneller und virtueller Lehre, die bisher noch nicht in das ganzheitliche Konzept der Virtuellen Universität eingegliedert wurden. Entsprechende Funktionalitäten wurden jedoch für das System vorgesehen und wurden innerhalb anderer Anwendungsbereiche bereits realisiert. Durch die spätere Integration der untersuchten Lehr- und Lernmedien in das Konzept der virtuellen Universität sind (eine gute Usability der Plattform der virtuellen Universität vorausgesetzt) kaum Veränderungen im Hinblick auf die hier ermittelten Ergebnisse zu erwarten. Somit lassen sich die ermittelten Ergebnisse auch für die Ableitung entsprechender Schlussfolgerungen bei der Ausgestaltung der Virtuellen Universität verwenden. Virtuelle Lehre - virtuelle Seminare - virtuelle Studienmat. - virtuelle Koop.umg. - virtuelle Mentoren. Präsenzlehre Studienmaterialien. - Seminare - Kurseinheiten - Workshops - Ton-Kassetten - Praktika - CD-ROMs - Übungen - Übungsaufgaben Betreuung Abb.15 - Lehrgebiete - Studienzentren - Mentoren Abb.21: Komponenten des Lehrbetriebs der FernUniversität Hagen. 133

141 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Im Fokus der Untersuchung steht die Frage, wie und mit welchem Erfolg die Teilnehmer die angebotenen Einzelbestandteile der Lernsystems nutzen und ob und wie sich verschiedene individuelle Einflussfaktoren, auf die Zusammenhänge auswirken. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der individuellen Lernumwelt (Medienmix), der sich die Studierenden zuwenden Das Institut für Psychologie und das Teilgebiet Methoden Das Institut für Psychologie an der FernUniversität besteht aus drei Lehrgebieten: der tendenziell eher grundlagenbezogenen Psychologie Sozialer Prozesse, der sowohl grundlagen- als auch anwendungsorientierten Ökologischen Psychologie und der überwiegend anwendungsbezogenen Arbeits- und Organisationspsychologie. Eine Belegung der Fächer erfolgt im Rahmen des Magisterhauptfachs Soziale Verhaltenswissenschaften oder auch im Magisternebenfach Psychologie. Die Methodenausbildung wird lehrgebietsübergreifend angeboten und ist im Grundstudium des Magisterhauptfachs Soziale Verhaltenswissenschaften angesiedelt. Für eine Zulassung zur Zwischenprüfung werden drei studienbegleitende Leistungsnachweise ( Scheine ) benötigt. Einer dieser Leistungsnachweise muss im Bereich Methoden erworben werden. Für die beiden anderen können aus den drei Lehrgebieten zwei nach persönlichen Präferenzen ausgewählt werden. Das Kursangebot im Teilgebiet Methoden besteht aus drei Kursen, zwei davon befinden sich im Pflichtbereich einer im so genannten Wahlpflichtbereich. Folgender Auszug der Informationsbroschüre des Instituts für Psychologie gibt Aufschluss über das Curriculum im Teilgebiet Methoden: Abb.22: Curriculum des Teilgebietes Methoden 134

142 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Zum Erwerb eines Leistungsnachweises stehen den Studierenden verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Im Regelfall wird der Schein durch eine Klausur erlangt, die sich auf die beiden Kurseinheiten des Pflichtbereichs bezieht. Dabei ist anzumerken, dass sich der Kurs aus zwei Blöcken zusammensetzt, von denen sich der erste mit der Thematik der deskriptiven Statistik auseinandersetzt. Der zweite Block setzt sich mit analytischer Statistik und statistischen Tests auseinander und ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht Teil des Curriculums. Wenn im weiteren Verlauf von der Kurseinheit die Rede ist, wird grundsätzlich nur der erste Block dieser Kurseinheit angesprochen. Eine Alternative zur Klausur besteht in Form einer Kombination aus der Teilnahme an einer mehrtägigen Präsenzveranstaltung, die und unter der Bezeichnung Methodenpraktikum zu belegen ist und einer in diesem Zusammenhang anzufertigenden empirischen Hausarbeit. Für diese Arbeit ist eine Erhebung, Auswertung und Interpretation von Daten im Rahmen einer konkreten empirischen Untersuchung durchzuführen und schriftlich auszuarbeiten. Eine weitere Alternative des Scheinerwerbs stellt die regelmäßige und aktive Beteiligung an einem der jeweils im Wintersemester angebotenen virtuellen Methodenseminare dar (vgl. Heidbrink, 2000). Diese Seminare erstrecken sich über das gesamte Semester, so dass eine ähnlich umfangreiche Themenbearbeitung möglich ist, wie in den verhältnismäßig kompakten Präsenzveranstaltungen. Ein beliebtes Thema ist zum Beispiel die Fragebogenentwicklung. Die Teilnehmer erstellen dabei in virtuellen Arbeitsgruppen eigenständig einen Fragebogen zu einem selbst gewählten Thema. Für eine erste Erprobung des erstellten Instruments werden die Teilnehmer der anderen Gruppen herangezogen. Nach der Durchführung von Itemanalysen, erfolgt eine gegenseitige Vorstellung der Gruppenergebnisse in Form von schriftlichen Berichten, die von den Teilnehmern über das Internet abgerufen werden können. Abschließend werden die Ergebnisse der Gruppen innerhalb einer moderierten virtuellen Diskussionsrunde mit allen Teilnehmern besprochen Konzeption der untersuchten Lernumgebung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Evaluation einer Lernumgebung, bei denen den Studierenden sämtliche Komponenten traditioneller Fernlehre online zur Verfügung gestellt werden. In Anlehnung an Dichanz (1987) lassen sich die Bestimmungsmerkmale der Fernlehre auf folgende grundlegenden Bestandteile reduzieren: 1. didaktisch aufbereitete Studientexte 2. Aufgaben zur Selbstkontrolle und Einsendeaufgaben 3. fortlaufende individuelle Beratung durch Mentoren 4. Sozialphasen für den interstudentischen Austausch. 135

143 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Im Rahmen der zunehmenden Virtualisierung des Studienangebots der FernUniversität und im Hinblick auf das angestrebte Ziel einer breitflächigen Integration unterschiedlichster Online-Komponenten in den Lernraum Virtuelle Universität wurden auch im Bereich der Methodenlehre Anstrengungen unternommen diese Elemente in Form von Online- Anwendungen bereitzustellen. Die Funktionalität der ersten beiden Komponenten wird durch eine aktuelle Neuentwicklung im Bereich der deskriptiven Statistik - der Integrierten Lernumgebung Statistik (ILS) - abgedeckt. Beim ersten Einsatz dieses Produkts wurde die einmalige Gelegenheit einer kontrollierten Distribution an eine identifizierbare Zielgruppe zum Anlass für die vorliegende wissenschaftliche Begleitforschung genommen. Im Hinblick auf die einfache Möglichkeit der Anfertigung von Kopien des zunächst in Form einer CD-ROM realisierten Lernprogramms, ist im Anschluss an diese Studie keine zuverlässige Differenzierung zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern des Programms mehr möglich. Der Austausch von Studienmaterialien unter den Studierenden ist auch an der FernUniversität trotz der geringeren Kontaktmöglichkeiten im Vergleich zu Präsenzuniversitäten nicht unterzubewerten. Die ILS ist mittlerweile ohne jegliche Zugangseinschränkungen über das Internet verfügbar ( Für die webgestützte Bereitstellung der zweiten beiden elementaren Komponenten der Fernlehre also der mentoriellen Unterstützung und dem interstudentischen Austausch wird der BSCW-Server (Basic Support for Cooperative Work) der FernUniversität genutzt. Im Folgenden werden diese beiden Formen virtueller Lehr- und Lern-Unterstützung in groben Zügen beschrieben: Kurzvorstellung der Integrierten Lernumgebung Statistik (ILS) Die ILS entstand im Rahmen eines vom Innovationsfond der FernUniversität geförderten Projekts am Institut für Psychologie. Das Programm ist auf die Inhalte des Kurses Beschreibende und schließende Statistik (Wolf, 1994) beschränkt. Das Themenfeld der deskriptiven Statistik ist aus verschiedenen Gründen prädestiniert für eine Einbettung in eine multimediale Lernumgebung. Zunächst handelt es sich bei der deskriptiven Statistik um einen Bereich hochgradig standardisierter Konzepte und Methoden. Dies ermöglicht eine Verknüpfung verschiedener bereits existierender Multimedia-Produkte von unterschiedlichen Autoren auf einer gemeinsamen Anwendungsoberfläche. Ebenso ist im Hinblick auf den Transfer der Inhalte ein besonderer Mehrwert beim Einsatz von Multimedia zu erwarten. Das Verständnis statistischer Konzepte (z.b. Kurseinheit 04771, 136

144 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Kapitel 16: Zusammenhänge zwischen Korrelation, Regression und Varianz) sollte aufgrund der eingangs ausführlich geschilderten Theorien einfacher durch exploratives Lernen (im Rahmen von interaktiven Übungen und Simulationen) zu erlernen sein, als durch eine bloße Explikation der zugrunde liegenden mathematischen Formeln, wie dies in der Kurseinheit vorrangig der Fall ist. Vor einer überblicksartigen Darstellung der Inhalte der Kurseinheit und einer detaillierten Beschreibung der didaktischen und programmtechnischen Besonderheiten der ILS wird nun zunächst die technische Plattform für den webbasierten Austausch zwischen den Teilnehmern sowie auch mit dem Mentor geschildert CSCL via BSCW Der Zielvorstellung kooperatives Lernen durch den Einsatz von Computern zu verbessern, wirft die Notwendigkeit einer Entscheidung für eine entsprechende Kooperationsplattform auf. Der Entschluss den BSCW-Server der FernUniversität für dieses Vorhaben zu nutzen wird von vier grundlegenden Aspekten gestützt: 1. BSCW unterstützt sämtliche Funktionen, die bei der Planung des Projekts als notwendig bzw. wünschenswert erachtet wurden: asynchrones Kommunikationstool geschlossene Nutzergruppen persönliche Identifikation beim einloggen Protokollierung aller Aktivitäten innerhalb des Systems ( Log-Files ) Suchfunktionen, um ein Objekt innerhalb des BSCW-Arbeitsbereichs zu finden umfassende Benachrichtigungsdienste, die die Benutzer über Ereignisse in ihrem Arbeitsbereich informieren Generierung und Vorgabe von Diskussionssträngen Rollenzuweisung mit gruppenspezifischen Rechten Einbindung von Dateien vieler gängiger MIME-Types (.jpeg,.pdf,.doc, ) Up- und Download von Dateien, sowie der Import und die Verwaltung von Fremdformaten (MS Office, Adobe Acrobat, etc.) browserbasiertes Frontend (ohne proprietäre Plugins) für die Systemverwaltung sowie für die Eingabe und Gestaltung von Inhalten, mit einer gegebenen Cross- Browser-Kompatibilität nach dem W3C-Standard. 137

145 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design 2. kostenlose Nutzung (zumindest im wissenschaftlichen Bereich) 3. hohe Usability vor allem eine intuitive Bedienbarkeit des Systems (eine ausführliche Untersuchung zur Usability von BSCW mit internationaler Beteiligung wurde im Rahmen des CESAR Projekts durchgeführt, vgl. Sellar & Shah, 1998, 1999). 4. Sicherstellung des technischen Supports der Teilnehmer durch das Rechenzentrum der FernUniversität (die Hotline steht den Studierenden Wochentags täglich von 8:00-22:00 Uhr zur Verfügung) Insbesondere die Möglichkeit des technischen Supports ist auch bei verhältnismäßig intuitiv bedienbaren Systemen nicht zu unterschätzen. Erfahrungen bei früheren virtuellen Seminaren haben gezeigt, dass Murphy s Law ( was schief gehen kann, geht schief ) insbesondere im Bereich von Computeranwendungen seinen Gültigkeitsbereich zu haben scheint. Die Beantwortung der technischen Fragen von ca. 20 Teilnehmern in einem virtuellen Seminar kann im Zeitraum des ersten Einloggens der Teilnehmer in die Kooperationsumgebung vorübergehend einen beachtlichen Betreuungsaufwand mit sich bringen. In dem vorliegenden Projekt wurde über 200 Teilnehmern eine Betreuung über BSCW angeboten. Daher wurde der Sicherstellung einer technischen Unterstützung bei Fragen zum System ein entsprechend hoher Stellenwert eingeräumt Detailbeschreibung der Kurseinheit und der ILS Die Studie bezieht sich wie bereits erwähnt im Wesentlichen auf die Vermittlung der Inhalte der Kurseinheit Beschreibende und schließende Statistik (Wolf, 1994). Dieser Kurs hat eine zentrale Funktion im Kontext der herkömmlichen Fernlehre im Bereich der deskriptiven Statistik und diente darüber hinaus als Grundlage für die Erstellung der ILS. Vor einer Gegenüberstellung der beiden Lernmaterialien, die auch die theoretischen Erkenntnisse der Kapitel 4 bis 6 mit einbeziehen, werden die Produkte zunächst im Hinblick auf ihren inhaltlichen Umfang, medialen Aufbau und die didaktischen Besonderheiten einzeln vorgestellt. 138

146 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Die Kurseinheit Beschreibende und schließende Statistik Aufbau, Inhalte und Lernziele Die Kurseinheit (Block 1) umfasst 16 Kapitel auf insgesamt 197 Seiten und ist in einen Teil 1 Eindimensionale Häufigkeitsverteilungen und einen Teil 2 Zweidimensionale Häufigkeitsverteilungen untergliedert. Im ersten Teil werden in den sieben Kapiteln die grundlegenden Ziele und zentralen Begriffe der deskriptiven Statistik vorgestellt. Inhaltlich werden dabei vorrangig die Themengebiete Stichproben, Häufigkeiten, Klassierung, graphische Darstellung von Häufigkeitsverteilungen, Operationalisierung, Messen, Messniveaus und die Codierung von Daten abgehandelt. Ein weiterer Schwerpunkt des ersten Teils erstreckt sich über die Kapitel Hier erfolgt zunächst eine Vertiefung der einführenden Aspekte zum Bereich Verteilung. In diesem Zuge geht es beispielsweise um die zentralen Begriffe Spannweite und Modalwert, sowie Typen von Verteilungen. Im weiteren Verlauf werden die wesentlichen Lokalisations- und Dispersionsmaße behandelt. Der zweite Teil (Kapitel 11 bis 16) wendet sich Zweidimensionale(n) Häufigkeitsverteilungen zu. Im Wesentlichen konzentriert sich die Darstellung auf eine Vorstellung der Konzepte Korrelation, Regression und Kovarianz. Das Ziel liegt darin den Studierenden Kenntnisse in den genannten Bereichen zu vermitteln und die Kompetenz zu erzielen, diese auch im fachlichen Kontext anwenden zu können. Die vom Autor der Kurseinheit angestrebten Ziele die durch die Auseinandersetzung mit der Kurseinheit erlangt werden sollen, werden in den Vorbemerkungen zum Kurs beschrieben. Zusammenfassend folgt daraus, dass die Studierenden in die Lage versetzt werden sollen: 1. Artikel über empirische Studien zu verstehen 2. die Angemessenheit der verwendeten statistischen Parameter zu beurteilen 3. die Güte empirischer Untersuchungen zu beurteilen 4. die Relevanz der Ergebnisse empirischer Untersuchungen für bestimmte Verwendungszwecke einzuschätzen 5. eigenständig empirische Untersuchungen zu planen und durchzuführen. Komponenten und Aufbau Lehrbriefe sollen als Bestandteile des Fernstudium-Curriculums hinsichtlich ihrer inhaltlichen, methodischen und äußeren Merkmale die Funktion von Selbststudienmaterialien erfüllen. Durch diese besondere Einsatzform werden hohe Anforderungen an die Gestaltung gestellt und bedingen einer speziellen Aufbereitung der Lehrtexte. 139

147 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Die Kurseinheit setzt sich aus fünf Bestandteilen zusammen, von denen allerdings nur die ersten drei für den hier untersuchten ersten Block relevant sind. Sie sind durch die Verwendung von verschiedenen Papierfarben auch optisch voneinander abgegrenzt: 1. Kurstext Die einzelnen Kapitel beginnen jeweils mit einem hervorgehobenen Block in dem die Lernziele kurz vorgestellt werden. Die Inhalte werden systematisch aufeinander aufgebaut präsentiert. Wenn für das Verständnis eines Textabschnitts Kenntnisse aus vorhergehenden Kapiteln vorausgesetzt werden, wird mittels Querverweisen auf die entsprechenden Seiten verwiesen. Zur Erleichterung der Orientierung ist der Text am Rand mit einer Vielzahl von Marginalien versehen, die die behandelten Inhalte charakterisieren. Das Verständnis der abstrakten Materie wird durch den Einsatz einer Vielzahl von Abbildungen und Beispielen unterstützt. Die Konzepte der Statistik lassen sich zu großen Teilen durch mathematische Ableitungen und Beweisführungen erklären. Dies setzt einerseits fundierte mathematische Kenntnisse voraus und dient auf der anderen Seite nur indirekt den anwendungsorientierten Lernzielen. Aus diesem Grund wird innerhalb des Kurses nach dem Black-Box Modell vorgegangen (vgl. Wolf, 1994, S.XIII), welches im folgenden Abschnitt vorgestellt wird. Black-Box Modell Anhand konkreter Problemstellungen wird zunächst auf die relevanten Aspekte eines Bereichs hingewiesen. Eine Lösung erfolgt in einem zweiten Schritt durch eine sachlogische Argumentation und demnach vorwiegend auf sprachlicher Ebene, mathematische Zusammenhänge werden dabei umschrieben und nicht en detail dargestellt. Dieses Vorgehen wird vom Autor der Kurseinheit als statistisches Argumentieren bezeichnet. Die zugrunde liegenden mathematischen Beweise im Bereich der höheren Mathematik werden zu Gunsten einer Konzentration auf die Vermittlung der wesentlichen Zusammenhänge ausgespart. Diese Art der Darlegung der im Bereich Statistik relevanten Begriffe und Zusammenhänge wird vom Autor der Kurseinheit als Black-Box Modell bezeichnet: Black-Box Problem (höhere) Mathematik Lösung/ Ergebnis Abb. 23: Das Black-Box Modell (nach Wolf, 1994; S.XIII) 140

148 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Der erfahrungsgemäß eher negativ gefärbten Einstellung zur Mathematik bei Psychologiestudenten soll durch dieses Vorgehen entgegengewirkt werden und die Studierenden auf die Relevanz statistischer Grundkenntnisse hinweisen. Die Kapitel schließen mit einer Aufforderung zur Selbstkontrolle hinsichtlich der eingangs formulierten Lernziele und einem Verweis auf die zugehörigen Übungsaufgaben. 2. Übungsaufgaben Zur Überprüfung des eigenen Lernfortschritts werden zu allen Kapiteln Aufgaben zur Selbstkontrolle angeboten. Inhaltlich beziehen sich die Aufgaben hauptsächlich auf die in den jeweiligen Lernzielen angegeben Themen. Die Art der Aufgabenstellungen variiert über eine Vielzahl von Darbietungsformen. Folgende Arten kommen zum Einsatz: Multiple-Choice-Aufgaben, Textaufgaben, Satzergänzungsaufgaben, Rechenaufgaben, sowie Aufgaben mit grafischen Lösungen. 3. Lösungen zu den Übungsaufgaben Die Lösungen zu den Übungsaufgaben sind in einem gesonderten Teil der Kurseinheit untergebracht, um ein vorschnelles Nachsehen der Antworten vor dem vollständigen Abschluss der eigenen Bearbeitung nicht unnötiger Weise zu begünstigen. Viele der Lösungen werden von einem kurzen Text zur Explikation des Lösungswegs begleitet Die ILS - Integrierte Lernumgebung Statistik Inhalte, Lernziele, Komponenten und Aufbau Zur Erstellung ILS wurden verschiedene Module bzw. Komponenten, die unabhängig voneinander von verschiedenen Autoren zum Themenfeld der deskriptiven Statistik erstellt worden sind, zu einem Gesamtprodukt mit einheitlicher Benutzeroberfläche integriert. Bei der Integration der einzelnen Elemente wurde auf zwei Aspekte besonderer Wert gelegt: 1. auf eine inhaltliche Integration der Einzelkomponenten, d.h. einer Feinabstimmung der Begriffsverwendung und Notation 2. auf eine technische Integration der Module durch die Einbettung in eine einheitliche Benutzeroberfläche und Bereitstellung übergeordneter Navigationselemente In didaktischer Hinsicht soll das Erlernen der statistischen Grundlagen durch die Ermöglichung von entdeckendem Lernen, interaktiver Visualisierung, Animationen und Übungsaufgaben gefördert werden. Durch eine Unterstützung des Verständnisses 141

149 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design statistischer Konzepte ist auf diese Weise mit positiven motivationalen Auswirkungen zu rechnen (vgl. Kapitel 5.3 ff). Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht der im ILS integrierten Module: Nr. Modul Basis der Entwicklung bzw. Anwendung 1 Hypertext zur deskriptiven Statistik (für Sozialwiss.). Kurs (Wolf, 1994) 2 deutsch- & englisch-sprachiges Glossar zur deskriptiven Statistik Glossar des Kurses und des Programms LernSTATS (Schulmeister) 3 Pool von interaktiven textbasierten Übungsaufgaben Übungsaufgaben aus Kurs und Online-Klausur-Trainer 4 System von interaktiven graphischen Übungsaufgaben Übungen in LernSTATS (Schulmeister) Abb.24: Module der Integrierten Lernumgebung zur Statistik (ILS) Nach einer kurzen Vorstellung der einzelnen Bausteine des ILS in den nächsten Abschnitten wird auf die Besonderheiten der Verflechtung zu einem Gesamtsystem eingegangen. Modul 1: Als Grundgerüst zur Erstellung der ILS wurde die Kurseinheit herangezogen. Die Textbausteine des Kurses sind nahezu unverändert in das Programm eingegangen, für Informationen zu den Inhalten soll daher an dieser Stelle ein Verweis auf die entsprechenden Passagen zur Kurseinheit genügen (siehe Kapitel ). Im Sinne einer Integration des Textmaterials in die ILS, wurden die enthaltenen Texte in die Programmiersprache HTML (HyperText Markup Language) transformiert. Von der Möglichkeit der Einbindung von Querverweisen (sog. Links) in den Text wurde dabei intensiv Gebrauch gemacht. So sind an allen Textstellen, bei denen zuvor geschilderte Sachverhalte vorausgesetzt werden, Links zu den vorhergehenden Passagen eingefügt. An anderen Stellen wird auf später folgende Kapitel verwiesen. Verbindungen die zwischen den in den einzelnen Kapiteln dargestellten Themengebieten bestehen, wurden auf diese Weise 142

150 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design ebenfalls abgebildet. Darüber hinaus sind zentrale Begriffe der deskriptiven Statistik mit Links zum Glossar verbunden. Ein besonderer Vorteil von HTML im Gegensatz zu vielen alternativen programmtechnischen Realisierungsmöglichkeiten liegt darin, dass unter der Voraussetzung eines bereits vorhandenen üblichen Standardbrowsers keine Software auf dem PC des Nutzers installiert werden muss. Modul 2: Ein weiterer Baustein des ILS ist das Glossar zur deskriptiven Statistik. Da keines der in das Gesamtkonzept einbezogenen Module bereits ein Glossar enthielt, wurde dieses Modul komplett neu entwickelt. Zu 150 elementaren Fachbegriffen wurden Definitionen und knappe präzise Erklärungen erstellt. Sie sollen ein schnelles Nachschlagen bei begrifflichen Unklarheiten während der Auseinandersetzung mit der Materie ermöglichen. Da aktuelle Literatur im Fachgebiet der Psychologie häufig nur in Englisch veröffentlicht wird, werden die Fachtermini auch in englischer Sprache präsentiert. Das Glossar bietet zu jedem Begriff einen direkten Link (via HTML) zu den zentralen Referenzstellen im Studientext. Da das Glossar in alphabetisch geordneter Reihenfolge vorliegt, ist es auch für eine Verwendung als Index (Schlagwortverzeichnis) geeignet. Zu den im Glossar enthaltenen Begriffen werden jeweils eine Reihe thematisch eng mit dem erklärten Terminus verbundene Begriffe aufgeführt und entsprechend verlinkt (Indexfunktion). Diese Verknüpfungen unterstützen ein Auffinden der Erklärungen zu den Grundlagen des gesuchten Begriffs. Ebenso können sich die Nutzer Abgrenzungen zu verwandten Begriffen vor Augen führen und Beziehungen zu weiterführenden Konzepten vergegenwärtigen. 143

151 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Abb.25: Glossar des ILS, Beispielbegriff arithmetisches Mittel Quelle: hagen.de/methoden/ils/ls/glossar/arithmetisches_mittel.html Modul 3: Zu nahezu sämtlichen behandelten Themengebieten des ILS werden textbasierte interaktive Übungen zur Selbstkontrolle angeboten. Zwei Quellen dienten maßgeblich als Basis zur Erstellung des umfassenden Aufgabenpools. Einerseits wurden die geeigneten Übungen und Textaufgaben die bereits in der Kurseinheit abgedruckt waren, entsprechend überarbeitet. Andererseits konnte der Aufgabenpool durch weitere Übungen angereichert werden, die im Rahmen eines früheren Projekts für eine Veröffentlichung auf der Internet-Seite des Bereichs Methoden programmiert worden waren. Unter den interaktiven textbasierten Übungen sind verschiedene Typen von Aufgaben zu finden. Es kommen sowohl multiple choice -Aufgaben mit Einfach- und Mehrfachauswahl, als auch offene numerische Aufgaben zum Einsatz. Für die Einbindung der Übungsaufgaben dieses Moduls wurde die Programmiersprache Java Script gewählt. Da Java Script von aktuellen HTML-Browsern interpretiert werden kann, ist unter Softwareaspekten auch bei Modul 3 von einer problemlosen Nutzung auszugehen. In der hier verwendeten CD-Version werden die Abfragen der richtigen Antworten im Sinne einer komfortablen und kostengünstigen Nutzung des Systems nicht über den Server der FernUniversität gesteuert, sondern erfolgen direkt über auf der CD 144

152 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design befindliche Programmelemente. Studierende können die Übungen also komplett offline bearbeiten. Sämtliche Funktionen der ILS sind demnach auch ohne Internetzugang uneingeschränkt nutzbar. Abb.26: Beispiel für die textbasierten Übungen des ILS Quelle: Modul 4: Das Modul 4 bezieht sich auf die Integration interaktiver grafischer Übungsaufgaben, die hauptsächlich dem Produkt LernSTATS (Schulmeister & Jacobs, 1994) entstammen. Das Spektrum wurde durch weitere Anwendungen von unterschiedlichen Autoren erweitert. Die Übungen wurden speziell entworfen, um kognitive Probleme beim Verstehen der statistischen Konzepte zu minimieren (vgl. Schulmeister, 2002). Mit diesem Ziel wurden die Aufgaben gemäß den didaktischen Prinzipien des Entdeckenden Lernens, interaktiver Visualisierung und Animation konzipiert. Zu den einzelnen Themen werden den Studierenden eine Reihe von Übungen angeboten, die zu einer Interaktion mit den Programmbausteinen auffordern. Durch diese Interaktion wird oftmals eine selbständige Erkundung der Konzepte der Statistik über das Entdeckende Lernen ermöglicht. Zusammenhänge verschiedener Parameter werden visualisiert und die Lernenden erfahren durch die Manipulation einzelner Werte etwas über die Effekte dieser 145

153 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Veränderung auf die Größen der weiteren dargestellten Parameter. In diesem Sinne geht es nicht notwendigerweise immer darum die Aufgaben durch die Eingabe einer korrekten Lösung zum Abschluss zu bringen, sondern die kognitive Auseinandersetzung mit der Thematik durch Simulation von Zusammenhängen zwischen Variablenwerten und einzelnen statistischen Parametern zu fördern. Eine abstrakte Darstellung dieser Übungsaufgaben kann im Einzelnen nur durch längere Erklärungstexte geleistet werden. Um den Leser an dieser Stelle nicht unnötig zu beanspruchen und mit detaillierten Beschreibungen zum Aufbau der Elemente sowie Ausführungen zu den Interaktionsmöglichkeiten zu überfrachten, wird vorgezogen die wesentlichen Charakteristika der Übungen darzustellen und auf ihre didaktischen Hintergründe hinzuweisen. 146

154 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Folgende Arbeitsformen werden durch die Art der Gestaltung der Aufgaben des ILS begünstigt: Entdeckendes Lernen: In einer Reihe von Aufgaben des ILS wird den Lernenden eine Experimentierumgebung angeboten, bei denen durch eine Interaktion mit den Programmelementen Zusammenhänge entdeckt werden können. Das Ziel besteht dabei oft nicht darin eine richtige Lösung für eine Problemstellung zu finden, sondern ein Verständnis für die Konzepte zu entwickeln. Beispiel: Unter der Voraussetzung entsprechender Vorkenntnisse und einer intensiven Auseinandersetzung mit der Lernumgebung, können anhand einer Übung zu den Maßen der zentralen Tendenz: Median und Mittelwert die Auswirkungen von selbst gewählten Messwerteverteilungen auf die beiden Maße nachvollzogen werden. Abb.27: Interaktive Übung Nr. 31 zu den Massen der zentralen Tendenz Quelle: 147

155 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Interaktive Visualisierung: In vielen Übungen erfolgt eine Veranschaulichung der dargestellten Konzepte durch eine Verknüpfung von Tabellenwerten mit grafischen Darstellungen. Alle denkbaren Kombinationen von Interaktion und Visualisierung kommen zum Einsatz. So wurden Aufgaben gestaltet bei denen Werte manipuliert werden können und deren Effekte sich in automatisch daraus berechneten Parametern (und Teilen von Formeln) widerspiegeln bei denen Werte manipuliert werden können und deren Effekte sich in entsprechend generierten grafischen Darstellungen widerspiegeln bei denen grafischen Darstellungen manipuliert werden können und deren Effekte sich in entsprechend generierten Werte widerspiegeln bei denen grafischen Darstellungen manipuliert werden können und deren Effekte sich in anderen grafisch dargestellten Parametern widerspiegeln. Abb.28: Interaktive Übung Nr. 34 zu den Prozenträngen Quelle: 148

156 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Animation: Teilweise werden vollständige Abläufe ohne Manipulationsmöglichkeit als Animation dargestellt. Damit ist es möglich jeden einzelnen Schritt einer Sequenz und ihren Gesamtverlauf zu visualisieren. In anderen Übungen wurden Interaktionen zwischen Programm und Nutzer mit Animationselementen angereichert. So erfolgen zum Beispiel innerhalb einer längeren Berechnung bei Bedarf Animationen mit Hinweisen zu den jeweils zu berechnenden Daten und Teile von Formeln werden in animierter Weise an die entsprechenden Stellen weiterführender Berechnungsschritte geführt. Abb.29: Interaktive Übung Nr. 36 zur Varianz einer Verteilung Quelle: 149

157 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Übung und Wiederholung: Übungseffekte, die auf einer mehrfach wiederholten kognitiven Verarbeitung basieren, sind nur zu erwarten, wenn die Lösung nicht einfach aus der Erinnerung abgerufen werden kann. Die Programmierung der Aufgaben wurde daher so gestaltet, dass die Werte der enthaltenen Parameter bei jedem Aufruf neu berechnet werden und daher grundsätzlich variieren. Auf diese Weise besteht für die Nutzer die Möglichkeit die Lösung einer Aufgabe in Durchgängen von beliebiger Anzahl zu üben. Abb.30: Interaktive Übung Nr. 8 zur Berechnung der kumulativen Häufigkeit Quelle: Beschreibung des ILS nach ARIADNE-Standard Obwohl sich die Erstellung multimedialer Lernsoftware in jeder Hinsicht sehr aufwendig gestaltet, ist ein aktueller Trend zu vielfältigen Entwicklungen solcher Programme in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen zu erkennen. Um in dieser stetig steigende Menge an verfügbaren Anwendungen nicht den Überblick zu verlieren, wird ein Rechercheund Archivierungssystem benötigt, welches eine effiziente Suche nach zweckmäßig gestalteten Kategorien zulässt. Mit diesem Ziel wurde für den Bereich der europäischen Hochschulen das Projekt ARIADNE ins Leben gerufen ( Im Rahmen des Projekts wurde eine konsistente 150

158 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design und verbindliche Liste von Metakategorien entwickelt, nach denen eine standardisierte Beschreibung von multimedialen Lernmodulen erfolgen kann. Darüber hinaus wurde eine digitale Bibliothek eingerichtet, in der die Module zentral gespeichert und später wieder abgerufen werden können. Voraussetzung für eine Aufnahme neu entwickelter multimedialer Lernmodule in das ARIADNE System, ist die semantische Beschreibung auf Basis von IEEE Learning Object Metadata (LOM; Eine Beschreibung des ILS nach ARIADNE- bzw. LOM-Standard ist online verfügbar ( Untersuchungsplanung und Design Untersuchung des Lernerfolgs Zur Überprüfung der Auswirkungen einer Nutzung der vorgestellten virtuellen Lernkomponenten auf den Lernerfolg der Studierenden ist ein Untersuchungsaufbau mit einem Prä-Posttest-Design geeignet. Innerhalb eines Vortests kann somit eine Ausgangsposition der Statistik-Kenntnisse erfasst und mit einem späteren zweiten Test verglichen werden (summative Evaluation). Für eine differenzierte Erfassung der Effekte der verschiedenen Komponenten wäre eine Aufteilung der Gesamtpopulation in mehrere homogene Subgruppen, denen selektiv ein ausschließlicher Zugang zu bestimmten Medien bzw. Medienkombinationen gewährt wird, eine ideale Maßnahme. Zu Gunsten einer höheren externen Validität der Ergebnisse wurde jedoch eine Entscheidung für ein Design getroffen, welches dem einer Feldstudie entspricht. Aus diesem Grund erfolgt die Untersuchung innerhalb des normalen Lehrbetriebs und schließt eine Leistungsüberprüfung in Form einer Klausur, die als Posttest in die Datenauswertung einbezogen wird, mit ein. Die erzielten Prüfungs- und Klausurergebnisse stellen im Verlauf des Studiums ein übliches Bewertungskriterium dar und sollen daher im Sinne einer realitätsnahen Untersuchung auch in dieser Studie als Kriteriumsvariable fungieren. Selbstverständlich kann sowohl aus ethischen als auch aus juristischen Gründen unter diesen Umständen keine aufoktroyierte Zuordnung der Studierenden zu vordefinierten Untersuchungsgruppen, denen jeweils unterschiedliche Medien zur Klausurvorbereitung zur Verfügung gestellt werden, erfolgen. Aufgrund der theoretischen Vorüberlegungen wäre in einem solchen Fall von einer Verletzung der Chancengleichheit auszugehen. Darüber hinaus bezieht sich die Untersuchung auf den Bereich des Fernstudiums und liegt damit im Umfeld des selbstgesteuerten Lernens. Eine fremdbestimmte Zuweisung von 151

159 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Lernbedingungen widerspräche diesem Ansatz in jeder Beziehung. Die Reihe an weiteren Argumenten gegen eine gezielte Gruppenzuordnung ließe sich im Hinblick auf negative motivationale und emotionale Auswirkungen beliebig verlängern. Abb.31: Übersicht möglicher Lernaktivitätsfelder im Untersuchungskontext Wie im künftigen Studienalltag der virtuellen Universität vorgesehen, stehen die neuen Komponenten der Lehre allen Studierenden zur Nutzung offen. Sie werden somit selbst vor die Entscheidung gestellt, welche Medien sie zum Erlernen der Inhalte verwenden wollen Identifikation der verwendeten Lernmaterialien Bei einem solchen Vorgehen ist für eine anschließende Interpretation der Daten eine möglichst präzise Protokollierung der Lernaktivitäten von wesentlicher Bedeutung. Bei serverbasierten Medien, die eine Identifikation der Nutzer erfordern, ist eine automatische Aufzeichnung der Vorgänge innerhalb des Systems in der Regel bereits integriert. Gewöhnlich werden die Daten in einer Protokolldatei, einem so genannten log file, gesammelt. Auf diese Weise kann eine Datenerhebung auch über einen längeren Zeitraum mit geringem Aufwand erfolgen. Die messmethodischen Vorteile bestehen darin, dass durch ein nichtreaktives Verfahren objektive Daten erhoben werden und demnach kein Bias durch die 152

160 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Interaktion mit dem Forscher zu befürchten ist. Mittels spezieller Auswertungsprogramme lassen sich aus den unübersichtlichen Datenmengen im Anschluss die gewünschten Parameter generieren. Mit gewissen Einschränkungen bietet die Kooperationsumgebung BSCW diese Möglichkeit. Ein Zugang zum System wird erst nach einer passwortgeschützten persönlichen Identifikation gewährt. Sämtliche eingestellten Beiträge und Lesevorgänge werden automatisch protokolliert und können auch im Nachhinein jederzeit einzelnen Studierenden zugeordnet werden. Die Daten lassen jedoch keine Rückschlüsse auf die individuellen Verweilzeiten auf einzelnen Webseiten oder eine zeitliche Abfolge der Seitenabrufe zu. Die CD-Version der ILS, die aus vorgenannten Gründen im Rahmen der Untersuchung zum Einsatz kommt, stellt leider keine Funktionalität zur Erstellung von log files zur Verfügung. Der Umstand einer Realisierung der ILS als CD-ROM erschwert des Weiteren eine Protokollierung im Gegensatz zur später genutzten serverbasierten Version. Eine Aufzeichnung müsste in diesem Fall dezentral also auf allen von den Studierenden genutzten PCs erfolgen und im Anschluss an den Autor gesandt werden. Einem solchen Vorgehen stehen vielfältige Aspekte entgegen: Problematik einer aufwendigen Programmierung Gefahr eines Protokollierungsprogramm-Absturzes oder Fehlfunktionen mit Folge eines Datenverlustes geringe Bereitschaft der Studierenden das Programm regelmäßig zu aktivieren bzw. mitlaufen zu lassen geringe Bereitschaft das log file zurückzuschicken Es muss außerdem darauf hingewiesen werden, dass auch eine Lösung dieser Probleme nicht dazu führt einen repräsentativen Eindruck darüber zu erhalten zu welchen Anteilen die Studierenden die neuen Medien in ihre Lernaktivitäten integrieren. Die Nutzung der Kurseinheit, telefonische Kontaktaufnahme zu Kommilitonen oder Zusammenkünfte in Lerngruppen um nur ein paar Beispiele zu nennen, blieben von einer solchen Messung nämlich unbeachtet. In diesem Sinne wird ein Verfahren benötigt, bei dem mit vertretbarem Aufwand auf Seiten der Studierenden eine Protokollierung des gesamten Spektrums der täglichen Lernaktivitäten erzielt wird. Zum aktuellen Zeitpunkt existiert kein etabliertes Messinstrument, welches diesen komplexen Anforderungen gerecht wird. Aus diesem Grund ist wird ein entsprechendes Instrument eigens für diese Untersuchung entwickelt. Eine detaillierte Schilderung des im Weiteren als Lerncheckliste bezeichneten Instruments erfolgt in Kapitel

161 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Moderatorvariablen Wie bereits in den vorherigen theoretisch orientierten Kapiteln ausgeführt wurde, ist die Anzahl der kontrollierbaren Faktoren im Rahmen einer Feldstudie recht begrenzt. Die Problematik liegt sowohl in der stark eingeschränkten Kontrolle der Situationsbedingungen (Verstoß gegen die ceteris-paribus-klausel), als auch in möglichen Unterschieden zwischen den Untersuchungsgruppen, die bereits vor dem betrachteten Zeitraum bestanden haben. Aufgrund dieser Schwächen in der Überwachung werden Bedingungsinteraktionen wirksam, deren Einflussstärke nicht bestimmt werden kann. Das Ziel dieser Feldstudie kann daher nur darin bestehen empirische Evidenz für Kausalhypothesen zu liefern, die später in nachfolgenden, möglicherweise eher experimentell orientierten Forschungsvorhaben bestärkt werden können. Zur Stärkung der internen Validität und als Alternative zu einer Homogenisierung der Untersuchungsgruppen werden eine Reihe zusätzlicher Variablen seitens der Teilnehmer erfasst, von denen auf Basis der vorangestellten theoretischen Überlegungen Einflüsse hinsichtlich der untersuchten Hauptwirkungen zu erwarten sind. Unter Beachtung der Grenzen der Zumutbarkeit bei freiwilligen Fragebogenerhebungen, kommt zu Beginn des Untersuchungszeitraums eine recht breite Auswahl an Messinstrumenten zum Einsatz. Es handelt sich um folgende Fragebögen: Fragen zur Person (allgemeine demographische Variablen) Einstellung und Vorerfahrungen mit den eingesetzten virtuellen Lehrformen (CBTs, BSCW, etc.) ESTAT - Einstellung zur Statistik (Diehl, 1983) Computer-Ausstattung und störungsfreie Verfügbarkeit INCOBI (Erfassung der computer literacy und computerbezogenen Einstellung; Richter et al., 2001) Fragebogen zur Selbstregulation (Schwarzer, 1999). Fragebogen zur allgemeinen Studienmotivation (Josuweck et al., 2001) Die Instrumente werden im nächsten Kapitel im Einzelnen vorgestellt Nachbefragung Zeitnah im Anschluss an die Klausur wird im Rahmen einer Nachbefragung ein abschließender Fragebogen an die Teilnehmer gerichtet. Er dient dazu eine rückblickende Bewertung der Komponenten der virtuellen Lehre (ILS und BSCW) zu erhalten. Ebenfalls enthalten sind Fragen, die eine retrospektive Beurteilung der 154

162 10. Das Untersuchungsumfeld, Planung und Design Selbststeuerung des eigenen Lernprozesses erfordern. Der Fragebogen schließt mit zwei offenen Fragen, die Gelegenheit zur freien Seminarkritik geben. Die wesentlichen Elemente des Untersuchungs-Designs werden in folgender Grafik veranschaulicht: Abb.32: Untersuchungsdesign 155

163 11. Die Messinstrumente 11. Die Messinstrumente Die bereits im letzten Abschnitt angesprochenen Fragebögen werden in diesem Kapitel ausführlich vorgestellt. Im Sinne eines ersten Überblicks können die eingesetzten Messinstrumente in sechs Kategorien unterteilt werden: Tests zur Erfassung der Kenntnisse im Bereich der Statistik Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen einer Klausur im Bereich Methodenlehre sowie einer als Paralleltest konstruierten Vorerhebung. Wissenstest zur Erfassung der computer literacy psychometrische Verfahren zur Erfassung ausgewählter Variablen Hier wurden Daten zur Einstellung zur Statistik, computerbezogener Einstellungen, der Studienmotivation und außerdem der Fähigkeit zur Selbstregulation erhoben. Messinstrument zur kontinuierlichen Erhebung der Lernaktivitäten der Teilnehmer Es wurden Formblätter zur Protokollierung der täglichen Lernaktivitäten entworfen auf denen auch eine Einschätzung des Nutzens der Aktivität vorgenommen werden kann. Fragebogen zu sozio-demographischen und persönlichen Angaben Dieser Fragebogen dient einer Beschreibung der Untersuchungsgruppe hinsichtlich allgemeiner sozio-demographischer Daten, der Computer- und Internetnutzung, Vorerfahrungen mit Computerlernprogrammen und virtuellen Seminaren. Fragebogen zur abschließenden Beurteilung der Elemente der Lernumgebung Nach Beendigung des Untersuchungszeitraums werden hier rückblickend Daten zur Beurteilung der genutzten virtuellen Lernkomponenten erhoben, sowie auch eine Gelegenheit zur freien Seminarkritik gegeben. In den folgenden Abschnitten werden diese Instrumente differenziert dargestellt. Bei den Verfahren, die von anderen Autoren übernommen wurden, erfolgt darüber hinaus eine Argumentation für die Wahl der eingesetzten Skalen bzw. Fragebögen sowie eine Explikation zu den teilweise vorgenommenen Abwandlungen. 156

164 11. Die Messinstrumente Statistik-Vortest und Klausur Wie bereits im Kapitel zur Untersuchungsplanung beschrieben, war die vorliegende Studie als Begleitforschung innerhalb des normalen Studienbetriebs angelegt. Gemäß der Studienordnung der Sozialen Verhaltenswissenschaften ist im Rahmen der Zwischenprüfung für den Bereich Methoden eine Prüfungsleistung in Form einer vierstündigen Klausur zu erbringen. Im gegebenen Fall soll diese Klausur zudem zur Überprüfung der Auswirkungen der virtuellen Lernkomponenten auf den Lernerfolg genutzt werden. Da für den Bereich deskriptiver und statistischer Verfahren in der Psychologie keine standardisierten Messinstrumente existieren, werden die Tests eigens von Mitarbeitern des Methodenbereichs konstruiert. Aus der Nutzung eines dieser Tests als Instrument zur differenzierten Messung des Lernerfolgs resultieren besondere Anforderungen an die Konstruktion dieser Klausur. Darüber hinaus wurde im Sinne des intendierten Prä-Post- Designs ein zweiter Test zur Überprüfung der Kenntnisse zu Beginn des Untersuchungszeitraums benötigt. Es folgt eine systematische Beschreibung der Klausur des Statistik- Vortests sowie ihrer zugrunde gelegten Konstruktionskriterien. Die Klausur lässt sich zunächst in zwei Blöcke untergliedern: der erste Teil erfordert eine Auseinandersetzung mit den Forschungsmethoden der Psychologie (Teil 1), der zweite Teil wendet sich statistischen Methoden zu (Teil 2). Die zu untersuchenden virtuellen Lernkomponenten beziehen sich ausschließlich auf Inhalte der Statistik. Eine differenzierte Auseinandersetzung findet daher nur in Bezug auf den 2. Teil der Klausur statt. Folglich betrifft auch der angesprochene Vortest inhaltlich ausschließlich dieses Themenfeld. Der 1. Teil der Klausur soll im Rahmen der Datenauswertung und Interpretation als Kontrollvariable (zur Überprüfung von Gruppenunterschieden) herangezogen werden. Es folgt eine Darstellung der verschiedenen Konstruktionsprinzipien, die bei der Erstellung der Aufgaben für die Klausur und den Vortest zum Einsatz kamen. 1. Lernzielorientierte Messverfahren In der pädagogischen Psychologie wird zwischen Intelligenz- und Leistungstests unterschieden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Leistungstest. Leistungstests bilden eine Klasse von Messverfahren, die die maximale Performance bei einem bestimmten Zielmerkmal erfassen sollen. Fisseni (1990, S.16) definiert Leistungstests als Verfahren, die nach den Regeln einer Testtheorie konstruiert werden und eine Stichprobe jeder Verhaltensweisen erheben, die zum Zielmerkmal gehören. In diesem Sinne evozieren Leistungstests das Zielmerkmal selber. Anhand der Testergebnisse wird auf individuelle 157

165 11. Die Messinstrumente Fähigkeiten geschlossen, die zur Erbringung der Leistung notwendig sind. Desweiteren wird zwischen allgemeinen und speziellen Leistungstests differenziert. Allgemeine Leistungstests beziehen sich auf Fähigkeiten, die als generelle Grundlage an nahezu allen beobachtbaren Verhaltensweisen beteiligt sind (z.b. Intelligenz, Konzentrationsfähigkeit etc.). Die Klausur ist den speziellen Leistungstests zuzuordnen, da es sich um die Abtestung eines begrenzten Teilbereichs kognitiver Fähigkeiten geht. Von dem Organisationsbereich Methoden wurde eine Vielzahl kognitiver Lernziele formuliert, die sich auch in der Kurseinheit (KE 4771) und in dem darauf abgestimmten Programm ILS wieder finden (vgl. Kapitel ). Die Überprüfung der Methodenkenntnisse der Studierenden kann daher durch den Einsatz eines kriteriumsorientierten Leistungstests erfolgen. Klauer definiert einen Test als kriteriumsorientiert, der die Gesamtheit einer wohl definierten Menge von Aufgaben enthält oder repräsentiert und der zu dem Zweck konstruiert ist, die Fähigkeit des Probanden zur Lösung der Aufgaben der definierten Menge zu schätzen und ihn gemäß dieser Fähigkeit einer Klasse von Probanden zuzuordnen (1987; S.11). Ein wesentliches Merkmal kriteriumsorientierter oder auch lernzielorientierter Tests ist damit, dass sie nicht an einer Durchschnitts- oder Realnorm orientiert sind, sondern eine absolute Messung im Hinblick auf einen festgesetzten Standard erlauben. Die verschiedenen Lernziele werden dazu jeweils durch eine oder mehrere Testaufgaben operationalisiert (vgl. Mager, 1975). Um auf diese Weise zu einer Überprüfung des gesamten Spektrums der Lernziele zu gelangen, wird eine Vielzahl von Testaufgaben benötigt. Da der Umfang der in der Klausur enthaltenen Aufgaben jedoch begrenzt ist, muss eine Auswahl hinsichtlich der abzutestenden Lernziele erfolgen. Als Auswahlkriterium wurde eine repräsentative Zusammenstellung der unterschiedlichen Lernziele innerhalb der abgehandelten Themenstränge definiert vorgenommen. Abbildung 33 gibt einen groben Überblick der in den verschiedenen Kapiteln abgehandelten Themengebiete: Kapitel Themenfeld Stichworte zum Inhalt 1-7 Grundlegende Ziele und z.b. Stichproben, Häufigkeiten, Klassierung, graphische zentrale Begriffe der Darstellung von Häufigkeitsverteilungen, deskriptiven Statistik Operationalisierung, Messen, Messniveaus und die Codierung von Daten 8-10 Verteilungen z.b. Spannweite, Modalwert, Typen von Verteilungen; Zweidimensionale Häufigkeitsverteilungen Abb.33: Übersicht der Kursinhalte der Kurseinheit Lokalisations- und Dispersionsmaße z.b. Korrelation, Regression und Kovarianz Ein weiteres Element zur Charakterisierung von Leistungstests ist der Zeitaspekt, der den Studierenden zur Bearbeitung der Aufgaben zur Verfügung gestellt wird. Es wird zwischen 158

166 11. Die Messinstrumente Speed- und Powertests differenziert. Bei Speedtests wird die Zeit, die von den Teilnehmern zur Aufgabenlösung benötigt wird, in besonderem Maße in die Bewertung einbezogen. Bei der Klausur handelt es sich hingegen um einen Powertest. Die Bemessung des Zeitrahmens ist dabei so großzügig ausgelegt, dass sie bei der Anzahl der bearbeiteten Aufgaben kaum eine Rolle spielen sollte. Zur Überprüfung wurden die Bearbeitungszeiten von einer Teilgruppe der Studierenden notiert. Die entsprechenden Daten werden im Rahmen der Ergebnisdarstellung evaluiert. 2. Taxonomie kognitiver Lernziele Als Kriterium für eine Untergliederung von kognitiven Lernzielen bedient sich der Organisationsbereich Methodenlehre einer an Bloom (1973) angelehnten Taxonomie. Demnach werden die einzelnen Testaufgaben, die zur Überprüfung jeweils festgelegter Feinlernziele entwickelt wurden, den Bereichen Wissen, Verstehen oder Anwenden zugeordnet. Aufgaben Nr Feinlernziel 59 Die aufgeklärte Varianz von 2 Variablen bei Angabe des Korrelationskoeffizienten angeben können 56, 57, 58, 60, 62 Korrelationskoeffizienten interpretieren können 80, 82 Je nach Skalenniveau die geeignete zentrale Tendenz bestimmen können kog. Lernziel Wissen Verstehen Anwenden Abb.34: Auszug aus den Klausuraufgaben unter Angabe von Feinlernziel und Zuordnung zu kognitiven Lernzielen nach der Bloomschen Lernzieltaxonomie Die Kontentvalidität des Tests ist durch eine repräsentative Abdeckung der definierten Feinlernziele durch entsprechende Aufgabenstellungen gewährleistet. Tabellen mit detaillierten Angaben zu sämtlichen in den Tests abgefragten Feinlernzielen befinden sich in Anhang III. 3. Aufgabenformen Als Darstellungsweise für lernzielorientierte Leistungstests stehen eine Reihe von Aufgabenformen zur Verfügung (Rütter, 1973; Herbig, 1976). Aus Gründen einer objektiven und ökonomieorientierten Auswertung wurden Fragestellungen mit offenen Kurzantworten (Freitext, Rechenergebnisse u.ä.) und gebundenen Antworten (multiple choice) gewählt. 159

167 11. Die Messinstrumente Beispiel für eine Aufgabe mit freier Antwortmöglichkeit: Den Messwert einer asymmetrischen Verteilung, der die Untersuchungsgruppe in zwei genau gleich große Hälften teilt, nennt man: Beispiel für eine Aufgabe mit gebundener Antwortmöglichkeit: Welcher statistische Test erlaubt die Beschreibung der Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen, während der Einfluss einer dritten Variable kontrolliert wird? A B C Rangkorrelation nach Spearman Partialkorrelation Multiple Korrelation Abb.35: Beispiele für offene und gebundene Aufgabenformen Zusammenstellung der Items für Statistik-Vortest und Klausur Am Institut für Psychologie wurde ein Prototyp einer computerbasierten Aufgabendatenbank entwickelt (DIP - digital item pool; Diel & Küffner, 2002) in der Testitems nach den oben dargestellten Kriterien gespeichert sind. Zu jeder Aufgabe können alle benötigten Informationen z.b. zum Lernziel, der Kategorisierung nach der bloomschen Taxonomie und der Aufgabenform abgerufen werden. Die Aufgaben wurden größtenteils bereits in vorhergehenden Klausuren eingesetzt und relevante statistischen Itemparameter (z.b. die Itemschwierigkeit) berechnet. Die Datenbank bietet somit ein wertvolles Instrument bei der Zusammenstellung von Aufgaben zu neuen Klausuren. Für das vorliegende Forschungsvorhaben wurde der Itempool durch weitere Aufgaben, die natürlich ebenfalls nach den oben angeführten Kriterien entwickelt wurden, erweitert. Für die Zusammenstellung der Aufgaben für die Klausur sowie auch für den Statistik-Vortest wurde diese Datenbank unterstützend herangezogen. Um einen Übungseffekt bei der Untersuchungsgruppe weitgehend auszuschließen, wurden die Tests (Vortest und Klausur) als Paralleltest konstruiert. In beiden Tests wurden die jeweils gleichen Lernziele folglich mit unterschiedlichen Aufgaben gleicher Itemschwierigkeit abgefragt. Die Parallelität der Tests kann durch diese konstruktionsbedingte Vorgehensweise als gegeben angesehen werden und bestätigte sich erwartungsgemäß bei einer statistischen Überprüfung durch den Bereich Methoden. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erhobenen Daten sind für einen solchen Vergleich nicht geeignet. Die beiden eingesetzten Tests zur deskriptiven Statistik befinden sich in Anlage II. 160

168 11. Die Messinstrumente Messung der Einstellung zur Statistik Der Bereich der Einstellung zur Statistik ist eng mit den Begriffen Statistikangst und Statistikphobie verbunden, welche allesamt dem Oberbegriff der Mathematik-Angst (vgl. Kettler, 1998) zuzuordnen sind. Zur Erfassung der Einstellungen von Schülern und Studierenden gegenüber der Statistik wurde eine Vielzahl verschiedener Messinstrumente entwickelt, die teilweise auf unterschiedlichen theoretischen Grundlagen und Konzepten basieren (vgl. z.b. Auzmendi, 1991; Cruise, Cash & Bolton, 1985; Diehl, 1983; Mc Call, Belli & Madjidi, 1990; Roberts & Bilderback, 1980; Seipp & Schwarzer, 1987; Schau, Stevens, Dauphinee & Veccio, 1995; Wise, 1985; Zeidner, 1991). Exemplarisch werden zunächst die bisher am häufigsten eingesetzten englischsprachigen Instrumente von Roberts & Bilderback (1980) und Wise (1985) vorgestellt, bevor der hier verwendete deutsche Fragebogen von Diehl (1983) näher beschrieben wird. Statistics Attitude Survey (SAS) von Roberts & Bilderback (1980) Bei der Entwicklung des SAS haben sich Roberts & Bilderback an Fragebögen zur Mathematik-Angst von Fennema and Sherman (1976) sowie Richardson and Suinn (1972) orientiert. Die Items wurden für eine Anwendung im Bereich der Statistik entsprechend umformuliert. Der SAS besteht aus einer Zusammenstellung von 33 Aussagen, zu denen Einschätzungen innerhalb folgender vier Subskalen vorgenommen werden: - Nützlichkeit von Statistik - Kompetenz beim Lösen statistischer Probleme - Anschauung (beliefs) zum Thema Statistik - gefühlsmäßige (affective responses) Reaktionen auf Statistik Zu den Items können die Untersuchten auf einer 5-stufigen Skala mit den Endpunkten strongly agree und strongly disagree Stellung nehmen. Die Autoren geben für alle Subskalen Alpha-Koeffizienten von mindestens 0.93 an. 161

169 11. Die Messinstrumente Attitudes Towards Statistics (ATS) von Wise (1985) Der ATS wurde von Wise vor dem Hintergrund von aufgedeckten Einschränkungen des SAS entwickelt. Wise kritisiert am SAS, dass die Items eher auf einen Bericht früherer Leistungen und Erfahrungen im Bereich der Statistik abzielen als auf Einstellungsaspekte. Zur Veranschaulichung dieser Bewertung wird an dieser Stelle ein Beispielitem aus dem SAS angeführt: I make a lot of errors when I calculate statistics problems. Der ATS setzt sich aus zwei Subskalen zusammen: - die kursbezogene Subskala (9 Items) erfasst Einstellungen zur Statistik, die sich auf den gegenwärtig besuchten Statistikkurs beziehen - die feldbezogene Subskala (20 Items) erfasst Einstellungen zur Nützlichkeit von Statistik bezogen auf das Fachgebiet Die Antworten können auf einer 5-stufigen Likert-Skala gegeben werden, deren Abstufung von strongly agree bis strongly disagree reicht. Wise (1985) konnte für beide Skalen eine hohe interne Konsistenz und zufriedenstellende Reliabilitätskennzahlen nachweisen. Der Fragebogen wurde bereits in vielzähligen Untersuchungen eingesetzt. Die gefundenen Alpha-Koeffizienten liegen zwischen 0.85 und 0.93 für die kursbezogene Subskala und zwischen 0.82 und 0.94 für die feldbezogene Subskala (vgl. Schau et al., 1995). Einstellung zur Statistik (ESTAT) von Diehl (1983) Der ESTAT von Diehl wurde basierend auf einem Fragebogen zur Erfassung der Statistikphobie im Bereich der Sozialwissenschaften von Hermskerk (1975) konstruiert. Der Itempool (45 Items) wurde hinsichtlich seiner Formulierungen auf einen Einsatz im Bereich der Psychologie angepasst und durch weitere Fragen (23 Items) ergänzt. Nach einer Reihe von Item- und Faktorenanalysen wurden 3 Skalen gebildet, die sich nach faktoren- und itemanalytischen Berechnungen auf insgesamt 24 Items reduzieren ließen: 1. Einstellung zum Sinn und Nutzen statistischer Methoden in der Psychologie (9 Items) 2. (Ausmaß der) Aversion gegen mathematisch-statistische Methoden und Vorgehensweisen (8 Items) 3. (Ausmaß der) Freude am Umgang mit statistischen Methoden (7 Items) 162

170 11. Die Messinstrumente Die meisten Fragen der Skala Einstellung zum Sinn und Nutzen statistischer Methoden in der Psychologie erfassen die Einschätzung zur Relevanz statistischer Konzepte für die Psychologie und für die Fachkompetenz von Psychologen. Weitere Items richten sich auf eine Einschätzung zur Eignung statistischer Vorgehensweisen für den speziellen Gegenstandsbereich der Psychologie. Die Items der zweiten Skala zum Ausmaß der Aversion gegen mathematischstatistische Methoden und Vorgehensweisen wenden sich an negative affektive Reaktionen beim Umgang mit Zahlen und Formeln und an das eigene bisherige Kompetenzerleben im schulischen Mathematikunterricht und universitären Methodenkursen. Die Skala zum Ausmaß der Freude am Umgang mit statistischen Methoden enthält Fragen, die zur Erfassung positiver Affekte im Umgang mit Zahlen, Formeln und Tabellen entworfen wurden. Die ursprünglich zweistufige Antwortskala ( stimmt - stimmt nicht ) von Hermskerk (1975) wurde von Diehl auf eine vierstufige Skala erweitert (durch Hinzufügen der Zwischenwerte: stimmt überwiegend und stimmt überwiegend nicht ). Die Alpha- Koeffizienten der Skalen liegen zwischen 0.93 und Die Korrelationskoeffizienten (0.14, 0.25 und 0.40) weisen darauf hin, dass die Skalen nicht als unabhängig bezeichnet werden können, jedoch sind die Werte im Gesamt so niedrig, dass davon ausgegangen werden kann, dass die ESTAT-Skalen deutlich unterschiedliche Aspekte der Einstellung zur Statistik erfassen (Diehl, 1983, S.5). Auswahl des eingesetzten Fragebogens Die Entscheidung für den Einsatz des ESTAT wird durch mehrere Argumente gestützt. Zunächst gibt es im deutschsprachigen Raum kein adäquates alternatives Messinstrument. Desweiteren ist die Übersetzung eines englischen Fragebogens ins Deutsche mit dem Risiko veränderter Reliabilitäts- und Validitätswerte verbunden. Diese wären daher zunächst erneut zu überprüfen. Ein entscheidender Vorteil des ESTAT liegt darin, dass bereits umfangreiche Datensätze für die Studierenden der Sozialen Verhaltenswissenschaften vorliegen. Somit kann überprüft werden, ob sich die hier untersuchte Stichprobe von anderen Gruppen der gleichen Grundgesamtheit unterscheidet Erhebung von computerbezogenen Kompetenzen und Einstellungen Zum Themenfeld der Erfassung des Computerwissens, der Computerbildung bzw. computer literacy beschränkt sich die Auswahl an verfügbaren, ausreichend validierten Instrumenten 163

171 11. Die Messinstrumente im deutschsprachigen Raum auf nur wenige Skalen (z.b. Arbinger & Bannert 1993; Haider 1995). Für die vorliegende Untersuchung sind diese Skalen zum größten Teil jedoch nicht geeignet, da sie wegen Ihres teilweise älteren Konstruktionsdatums insbesondere im Umfeld des schnelllebigen Bereichs computerbezogener Themen nicht mehr die entsprechende Aktualität aufweisen. Andere Instrumente scheiden aufgrund einer ungeeigneten Zielpopulation aus, da die Instrumente für einen Einsatz bei jüngeren Untersuchungsgruppen im schulischen Bereich konstruiert wurden (z.b. bei Haider: 14-jährige Schüler der Sekundarstufe 1). Einzig das von Richter, Naumann & Groeben (2001) konzipierte Inventar zur Computerbildung fokussiert eine systematische Erhebung verschiedener Facetten der Computerbildung. Da sich dieses Instrument darüber hinaus einem Einsatz im Bereich von Studierenden der Geistes- und Sozialwissenschaften zuwendet, war eine Entscheidung für diesen Fragebogen daher nahe liegend. Beschreibung des Inventars zur Computerbildung Das Inventar zur Computerbildung (INCOBI) wurde mit dem Ziel entwickelt, sowohl eine systematische Erhebung verschiedener Teilaspekte von computer literacy als auch eine inhaltlich differenzierte Erfassung computerbezogener Einstellungen (Naumann, et al. 2002, S.221) zu ermöglichen. Unter dem Begriff der Computerbildung subsumieren die Autoren demnach die Konstrukte der computer literacy und computerbezogener Einstellungen (vgl. Richter et al., 2001). Eine Begründung für diese Kombination kann durch einen Einblick in die Hintergründe der Erstellung des Instruments verdeutlicht werden. Das Instrument wurde ursprünglich für einen Einsatz als Kovariate beim Vergleich der Lerneffizienz von Hypertext und linearem Text entwickelt und diente hier der Erfassung lernerseitiger Voraussetzungen beim Umgang mit hypermedialen Lernangeboten (bisher unveröffentlichte Studie von Naumann & Richter). Zum einen sollte eine Identifikation der Teilnehmer ermöglicht werden, deren computer literacy einer speziellen Förderung bedurfte. Zum anderen sollten... Konstellationen computerbezogener Einstellungen... ausfindig gemacht werden,... die einem Lernerfolg entgegenstanden... (Naumann & Richter, 2001, S.293). Der Zusammenhang zwischen computerbezogenen Einstellungen und der Nutzung von Computern ist gut belegt (z.b. Levine & Donitsa-Schmidt, 1997; Brock & Sulsky, 1994; Yaghi, 1997; Miyashita, 1994). Unter der Voraussetzung einer differenzierten Erfassung dieser Einstellungskomponenten sollten daher Zusammenhänge (eventuell sogar Vorhersagen) dieser Einstellungen mit der Lerneffizienz hypermedialer Lernangebote nachgewiesen 164

172 11. Die Messinstrumente werden können. Entsprechende Analysen zu diesen Zusammenhängen wurden von Naumann et al. mittlerweile durchgeführt, die Ergebnisse wurden bisher allerdings nicht publiziert. Die INCOBI Subdimension computer literacy Für die Erfassung der verschiedenen Aspekte der computer literacy wurden von den Autoren vier Skalen gebildet. In zwei dieser Skalen wird das computerbezogene Wissen der Teilnehmer durch multiplechoice Fragen überprüft. Es werden jeweils 4 Alternativantworten angeboten, von denen jeweils nur eine der richtigen Lösung entspricht. Zwei weitere Skalen erfassen mittels Selbsteinschätzung die Vertrautheit und Sicherheit der Teilnehmer mit Computeranwendungen. Die Einschätzung erfolgt anhand von 5 stufigen Likert-Skalen mit den Endwerten trifft zu und trifft nicht zu. Die Skalen der computer literacy umfassen die folgenden vier Dimensionen: 1. TECOWI (13 Items multiple-choice) ein Wissenstest zur Messung des deklarativen (theoretischen) Computerwissens 2. PRACOWI (13 Items multiple-choice) ein Wissenstest zur Messung des prozeduralen (praktischen) Computerwissens 3. VECA (12 Items - 5 stufige Likert-Skala) eine Selbsteinschätzungsskala zur Messung der Vertrautheit im Umgang mit Computeranwendungen 4. SUCA (11 Items - 5 stufige Likert-Skala) eine Selbsteinschätzungsskala zur Messung der Sicherheit im Umgang mit Computeranwendungen (im Sinne eines Gegenpols zur Computerängstlichkeit) Die INCOBI Subdimension computerbezogene Einstellungen Weitere 8 Skalen, die insgesamt 52 Items umfassen, werden von den Autoren zu einem Fragebogen zur inhaltlich differenzierten Erfassung der computerbezogenen Einstellungen (FIDEC) zusammengefasst. Die Skalen wurden durch die Kombination von a priori gebildeten... Inhaltsklassen evaluativer Überzeugungen gegenüber dem Computer... (vgl. Richter et al., 2001, S.18) konstruiert. Folgende Inhaltsklassen werden von den Skalen repräsentiert: Beurteilungshintergrund persönliche Erfahrungen mit dem Computer vs. Computer als gesellschaftliches Phänomen 165

173 11. Die Messinstrumente Verwendungsweise Computer als Lern- und Arbeitsmittel vs. Computer als Unterhaltungs- und Kommunikationsmittel Kontrollierbarkeit der Technik Computer als nützliches Werkzeug vs. Computer als unbeeinflussbare Maschine) Die Konstruktion der einzelnen Skalen durch Kombination der genannten Klassen wird durch folgende Grafik veranschaulicht: Abb.36: Bewertungsebenen des INCOBI (nach Naumann & Richter, 2001, S.3) Alle Bewertungen erfolgen auch hier anhand einer 5-stufigen Likert-Skala. Die Bewertungen reichen bei den meisten Skalen von stimme zu bis stimme nicht zu - in der letzten Skala können Einschätzungen zwischen den Skalen-Endpunkten sehr wichtig bis völlig unwichtig vorgenommen werden. Zur Konstruktion des INCOBI Das INCOBI wurde auf Basis der Grundsätze der klassischen Testtheorie konstruiert. Weiterhin erfolgte die Gestaltung der integrierten Fragebögen unter der Perspektive des epistemologischen Subjektmodells (Groeben & Scheele, 1977), daher ist als Nebengütekriterium der Aspekt der Transparenz relevant. Die Autoren versuchten dieser Anforderung durch einen einführenden Text vor jedem Fragenblock nachzukommen, in denen die Teilnehmer über die jeweiligen Ziele der Messung und Inhalte der Skalen aufgeklärt werden. 166

174 11. Die Messinstrumente Eine weitere Besonderheit bei der Konstruktion des INCOBI ist der Versuch einer Stärkung der Validität des Verfahrens durch das explizite Angebot an die Teilnehmer, einzelne Items oder auch ganze Skalen nicht zu beantworten. Hintergrund für diese durchaus unübliche Offerte ist die Vermeidung der Erfassung von nonattitudes (vgl. Converse, 1970), Reaktanzreaktionen bei den Einstellungsmessungen sowie einer Verfälschung der Antworten durch Raten im Bereich der Wissenstests. Die endgültigen Skalen resultieren aus einer vorangegangenen Itemanalyse und -selektion unter Verwendung einer Stichprobe mit 80 Teilnehmern (vgl. Richter, Naumann & Groben, 2001). Statistische Kennzahlen Die mittlerweile in mehreren Untersuchungen eingesetzten Skalen zur computer literacy erzielten Alpha-Koeffizienten zwischen 0.86 und 0.91 (vgl. Richter et al, 2001; Naumann et al., 2002). Für die Skaleninterkorrelationen ergeben sich erwartungsgemäß hohe Werte, sie liegen zwischen 0.70 und Auswahl der eingesetzten Skalen Bei der vorliegenden Untersuchung wird das INCOBI mit einer der ursprünglich bei der Konstruktion des Inventars ähnlichen Zielsetzung eingesetzt. Es soll ebenfalls als lernerseitige Einflussvariable bei der Evaluation der Lerneffizienz von hypermedialen Lernkomponenten genutzt werden. Wie bei der Konstruktion des INCOBI ausführlich begründet, sollen auch hier die beiden Hauptvariablen des computerbezogenen Wissens und der computerbezogenen Einstellungen erfasst werden. Im Sinne einer ökonomischen Datenerhebung wird die Erfassung des computerbezogenen Wissens auf die Dimension TECOWI beschränkt. Zwei Argumente sollen dieses Vorgehen argumentativ stützen: Zum einen haben die Autoren des INCOBI in verschiedenen Untersuchungen hohe Interkorrelationen mit der Skala TECOWI nachgewiesen (r=0.84), so dass bei einer zusätzlichen Erhebung der Skala PRACOWI nicht von einem weiteren Erkenntnisgewinn ausgegangen werden kann. Zum anderen beziehen sich die Items der Skala vornehmlich auf bekannte Anwendungen und Tätigkeiten am PC (z.b. Windows-Betriebsystem, Windows-Anwendungen) und im Internet. Es kann davon ausgegangen werden, dass die in der vorliegenden Untersuchung eingesetzten Programme (BSCW und ILS) für alle Teilnehmer eine neue Erfahrung sind (vorhergehende Erfahrungen mit BSCW werden per Item abgefragt). 167

175 11. Die Messinstrumente Für die Messung der computerbezogenen Einstellungen wurden in der Originalversion des INCOBI acht Skalen mit insgesamt 52 Items verwendet. Eine Untersuchung (Richter, et al., 2001) zur Korrelation dieser Einstellungsskalen mit Variablen der tatsächlichen Computernutzung erzielte signifikante Ergebnisse (p<.001) bei fast allen Skalen des Computers als Gegenstand persönlicher Erfahrung während die Ergebnisse für die Skalen des Computers als gesellschaftliches Phänomen bis auf wenige Ausnahmen keine signifikanten Werte ergaben. Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Untersuchung nur die vier Skalen aus dem Bereich des Computers als Gegenstand persönlicher Erfahrung eingesetzt. Abwandlung des Instruments Eine Änderung des Originalinventars bestand in der Entfernung der ausdrücklich durch ein Ankreuzfeld vorgesehenen Möglichkeit der Nichtbeantwortung eines Items bzw. einer Skala. Für den Bereich des eingesetzten Wissenstests TECOWI wird davon ausgegangen, dass bei zunehmender Expertise auch eine Steigerung der Wahrscheinlichkeit einer richtigen Antwort erfolgt. Gegen die Einräumung einer Möglichkeit der Nichtbeantwortung spricht ebenfalls, dass durch dieses Vorgehen ebenfalls Persönlichkeitsvariablen aus den Bereichen Zurückhaltung oder Selbstsicherheit mit in die Antworten einfließen. Diese Aspekte finden in der vorliegenden Untersuchung jedoch keine Beachtung. Bei den Selbsteinschätzungsskalen (SUCA und VECA) besteht zunächst ebenfalls die implizite Möglichkeit eines schlichten Überspringens von Skalen oder einzelner Items. Zu Gunsten vollständiger Datensätze wird auch hier die Antwortkategorie keine Einschätzung entfernt. Reihenfolge der Skalenanordnung Richter et al. (2001) führen als Argument für eine Voranstellung der FIDEC-Skalen vor den anderen Skalen des INCOBI die Vermeidung von carry-over Effekten an. Die ursprüngliche Abfolge der einzelnen Elemente des Inventars wird daher (abgesehen von den entfernten Skalen) beibehalten Studienmotivation Eine Recherche nach Instrumenten zur Erfassung des Konstrukts Studienmotivation vergegenwärtigt die unterschiedlichen Konnotationen, die mit diesem Begriff verbunden sind. Die Forschung auf diesem Gebiet lässt sich in zwei grundlegende Bereiche unterteilen: 168

176 11. Die Messinstrumente 1. Studienmotivation als Motivation für den Beginn eines Studiums bzw. zur Studienwahl Die Untersuchungen in diesem Bereich zielen auf eine Beschreibung wesentlicher Motivationsmerkmale von Studierenden ab. Die Motive die zu der grundlegenden Entscheidung für ein Studium und zu dem gewählten Studienfach geführt haben werden betrachtet (vgl. Windolf, 1994; Diehl, 1993). Ein Fragebogen für Fragestellungen in diesem Feld wurde von Moosbrugger et. al. veröffentlicht (vgl. Studien-Bedingungs-Fragebogen (SBF) von Moosbrugger, Struwe, Hartig & Reiss, 1999). 2. Studienmotivation als Basis für die Entwicklung von Interessenschwerpunkten während des Studiums Ein anderer Forschungsbereich setzt sich mit der Untersuchung der Entwicklung der inhaltlichen Orientierung innerhalb des Studienverlaufs auseinander. Hier wird zum Beispiel ein zunehmendes Interesse an anwendungsorientierten Inhalten bei höheren Semestern thematisiert (vgl. Probst, 1993; Ottersbach, Grabska & Schwarze, 1990). Im Gegensatz zu diesen beiden Forschungsschwerpunkten wird in der vorliegenden Untersuchung jedoch eher ein Instrument benötigt, welches sich darauf bezieht, wie motiviert die Studierenden ihr Studium betreiben. Während die beiden oben genannten Richtungen auch bzw. primär qualitative Elemente der Studienmotivation umfassen, geht es hier vorrangig um die quantitative Erfassung der Studienmotivation. Dabei ist die besondere Situation der Fernstudierenden zu berücksichtigen, die sich in ihrem Studienalltag zumeist in einer von anderen Kommilitonen isolierten Position befinden. Abgesehen von einem Fragebogen, der im Rahmen eines Projekts zur Studieneingangsberatung speziell für den Bereich des Fernstudiums entworfen wurde (Fritsch & Küffner, 1980), existieren bisher keine etablierten Instrumente für diesen Einsatzbereich. Die von Fritsch & Küffner entwickelte Fragensammlung wurde im Sinne einer Entscheidungshilfe für oder gegen den Beginn eines Fernstudiums gestaltet und wurden als Instrument zur Selbsteinschätzung an Interessierte ausgegeben. Der Bereich der Studienmotivation wird zwar abgefragt, bezieht sich jedoch wiederum auf die Motive für die Aufnahme eines Studiums. In Ermangelung eines etablierten Fragebogens wird auf ein Instrument zurückgegriffen, welches im Rahmen eines virtuellen Seminars (vgl. Heidbrink, 2001) von den Teilnehmern Josuweck, Sensenbrenner, Kettenbach und Scigala (2001) konstruiert und im Hinblick auf statistische Kennzahlen evaluiert wurde. Der ursprünglich 15 Items umfassende Fragebogen konnte nach einer Erprobung und anschließender Itemanalyse auf 11 Items reduziert 169

177 11. Die Messinstrumente werden. Nach Bereinigung der Skala wird ein Alphawert von.84 erzielt. Antworten werden auf einer 5-stufigen Likert-Skala gegeben, deren Abstufung von stimmt völlig bis zu stimmt gar nicht reicht. Wie der nachfolgend beschriebene Fragebogen zur Person (vgl. Kap 11.7) wurde auch dieses Instrument im Rahmen der Untersuchung erstmals bei der Präsensveranstaltung in Castrop-Rauxel eingesetzt. Bei dieser Erprobung wurde einer Mehrzahl der Studierenden Verständnisfragen zu den Items 5 und 10 gestellt, woraufhin die Entscheidung für einen Ausschluss dieser Fragen bei der weiteren Datenerhebung getroffen wurde Selbstregulation In Kapitel wurde im Rahmen der theorieorientierten Betrachtung der volitionalen Handlungskontrolle bereits auf die Bedeutung der Selbstregulation im Untersuchungskontext hingewiesen. Zur Erhebung der zielorientierten Handlungskontrolle der Studierenden können je nach theoretischer Grundüberzeugung unterschiedlichste Operationalisierungen herangezogen werden. Vor dem Hintergrund des Handlungsphasenmodells, insbesondere der aktionalen Volitionsphase an der sich die Auswahl der Selbstregulation als Moderatorvariable orientiert (vgl. Kapitel ), soll eine Dimension in das Untersuchungsdesign aufgenommen werden, die möglichst stark mit der tatsächlichen Handlungsausführung verknüpft ist. Ein Konzept, welches diesen Anforderungen entgegenkommt, ist die Selbstregulationstheorie (auch Handlungskontrolltheorie) von Kuhl. Sie ist eng verbunden mit Kuhls bekannter Theorie der Lageorientierung und ist dieser übergeordnet (vgl. Allmer, 1997). Ausgehend von der Suche nach den Hintergründen für die Vollendung bzw. Unterbrechung von Handlungen, die die Barriere der Intentionsausführung bereits überwunden haben, wendet sich Kuhl (1983) verstärkt der volitionalen Steuerung von Handlungen zu. Im Bereich der Volitionsforschung liegt bisher noch keine übersichtliche und sparsame, in sich geschlossene Theorie vor, die der ganzen Komplexität des Gegenstands gerecht wird (Schwarzer, 2000, S.231). Einige Partialtheorien haben sich jedoch bisher als viabel erwiesen und können somit als Erklärungsmodell herangezogen werden. Zwei Mechanismen stellt Kuhl im Zusammenhang mit der Handlungsfortführung bis zum Erreichen der Zielintention besonders in den Vordergrund: Zum einen sorgt die Intentionsabschirmung dafür, dass alternative Intentionen, die ebenfalls nach einer Realisierung drängen, in der Prioritätenhierarchie nicht soweit in den Vordergrund geraten, dass die ursprüngliche Handlung zu Gunsten alternativer Intentionen unterbrochen wird (Kuhl nach Allmer, 1997, S.78). Zum anderen ist es für die Vollendung der Handlung von Bedeutung, dass bei der 170

178 11. Die Messinstrumente Handlungsausführung auftretende Widrigkeiten nicht zu einem Handlungsabbruch führen. Analog zur Intentionsabschirmung wird hier der Begriff Handlungsabschirmung gewählt. Bedeutend ist ebenso Kuhls Differenzierung zwischen den Konstrukten Selbstkontrolle und Selbstregulation. Von Selbstkontrolle ist die Rede, wenn zur Durchführung der Handlung eine große Portion Überwindung und Willenskraft aufgewendet werden muss und selbst während der Ausführung ein innerer Konflikt erlebt wird (vgl. Schwarzer, 2000, S.227). Wenn man es dagegen nicht nötig hat, sich auf schmerzhafte Weise selbst zu etwas überwinden zu müssen, sondern sozusagen aus einem Fließgleichgewicht heraus schwierige Anforderungen in Angriff nimmt, dann wäre eher ein Fall von Selbstregulation gegeben (ebenda). Als zugrunde liegende Analyseebenen postuliert Kuhl holistische und analytische Repräsentationen, die auf jeweils eigene Weise zur Affektauslösung beitragen können (ebenda). Bei einer Dominanz der Selbstkontrolle orientiert sich das Handeln am analytischen Repräsentationssystem und der Konflikt (s.o.) während des gesamten Handlungsablaufs bis zum Erreichen des Intentionsziels bestehen. Diese Form der kognitiven Verarbeitung ist dysfunktional und beeinträchtigt die volitionale Effizienz. Als Subkonstrukt der Selbstkontrolle entwickelt Kuhl das Persönlichkeitskonzept der Lageorientierung. Selbstreguliertes Handeln kennzeichnet sich hingegen durch ein Gleichgewicht des analytischen und des holistischen Repräsentationssystems. Die Folge ist eine Reduktion der internen Konflikte durch Mechanismen, die an Festingers Dissonanzreduktion (Stroebe & Jonas, 1990, S.192) erinnern. Die bei der Selbstkontrolle auftretenden Dysfunktionalitäten treten hier nicht auf, positive Effekte für die volitionale Effizienz sind die Folge (vgl. Schwarzer, 2000, S.229ff). Da es sich bei Kuhls Konzept zur Selbstregulation um ein Konzept handelt, welches sich auf einen sehr schmalen und nicht übermäßig populären theoretischen Bereich bezieht, verwundert es nicht, dass zur Erfassung dieser Dimension nur ein einziges Messinstrument verfügbar ist. Es wurde allerdings nicht von Kuhl sondern von Schwarzer (1999) konzipiert. Schwarzer beschreibt seine Skala zur Selbstregulation mit folgenden Worten: Bei der Skala zur Selbstregulation steht die Tendenz im Vordergrund, schwierige Handlungen auch dann aufrechtzuerhalten, wenn Einflüsse auftreten, die die Motivation und Aufmerksamkeit beeinträchtigen. (Schwarzer, 1999) Die Skala ist aus 10 Items zusammengesetzt, zu denen die Studierenden auf einer 5- stufigen Likert-Skala mit den Abstufungen völlig falsch bis völlig richtig Stellung beziehen können. 171

179 11. Die Messinstrumente Beispiel-Items: Ich kann mich lange Zeit auf eine Sache konzentrieren, wenn es nötig ist. Nach einer Unterbrechung finde ich problemlos zu einer konzentrierten Arbeitsweise zurück. Abb.37: Skala zur Selbstregulation (Schwarzer, 1999) Schwarzer ermittelte im Rahmen verschiedener Anwendungen des Instruments jeweils Alpha-Werte um.82. Durch die Berechnung von Korrelationen mit anderen erhobenen Skalenwerten, zeigten sich Zusammenhänge zur Selbstwirksamkeitserwartung, zur Prokrastination sowie zu Maßen der Stresseinschätzung (Schwarzer, 2003) Die Lerncheckliste Zur Erfassung der Lernaktivitäten der Teilnehmer der Studie wird ein Instrument benötigt, an welches auf Grund der besonderen Untersuchungssituation außergewöhnliche Anforderungen gestellt werden müssen. Die Problematik einer Erfassung des gesamten Lerngeschehens bei einer großen Gruppe von Studierenden, die sich im Rahmen des Selbststudiums zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten mit den Materialien auseinandersetzen, wurde bereits in Kapitel 9 beschrieben. Da die Daten abgesehen von einer summativen Auswertung auch im Hinblick auf den Verlauf der Lernaktivitäten ausgewertet werden sollen, ist eine kontinuierliche Erfassung der Daten erforderlich. Zur Vermeidung von Verzerrungen der Angaben durch Erinnerungsprozesse (z.b. zu Verzerrungen beim Zeiterleben siehe Neisser, 1994; Pöppel, 2000) wird eine tägliche Dokumentation direkt nach Beendigung einer jeden Lernphase angestrebt. In der gegebenen Situation des Fernstudiums kann eine Datenerhebung nur durch einen Selbstreport der Teilnehmer erfolgen. Dieser Umstand zieht starke Restriktionen im Hinblick auf die Art und den Umfang der erhebbaren Daten nach sich. Bei der Operationalisierung der Dimensionen muss darauf geachtet werden, dass die Studierenden in der Lage sein müssen, die gewünschten Angaben nach einer kurzen Einführung ohne Probleme und mit wenig Aufwand vornehmen zu können. Möglichkeiten der täglichen Erhebung komplexer Variablen wie zum Beispiel der Browsingmethode (z.b. Unterscheidung zwischen gerichtetem und ungerichtetem Browsing nach Kuhlen (1991) oder Schulmeister (1997)) entfallen damit. Auch soll sich die Erhebung der Daten keinesfalls 172

180 11. Die Messinstrumente negativ auf die eigentliche Lernaktivität auswirken oder sogar zu Unterbrechungen derselben führen. Insbesondere in der Phase der Prüfungsvorbereitung ist von einer eher geringen Bereitschaft für eine intensive, zeitaufwendige Dokumentation der Lernaktivitäten auszugehen. Es gilt daher das Verhältnis zwischen einer möglichst detaillierten Datengewinnung im Sinne der wissenschaftlichen Verwertbarkeit der Ergebnisse und der Bereitschaft der Studierenden bezüglich der gefragten Angaben wahrheitsgetreue Antworten zu geben optimal einzuschätzen. In messtheoretischer Hinsicht ist bei dieser Einschätzung ein konservatives Vorgehen vorzuziehen. Wenige verlässliche Werte sind dieser Zielsetzung eindeutig dienlicher als eine Vielzahl unsicherer Angaben. Bei eine Überschreitung der Toleranzgrenze der Studierenden besteht aufgrund der nicht anonymen Datenerhebung (wegen der Datenzusammenführung mit den Klausurergebnissen unvermeidbar) und ihrer Abhängigkeit vom Autor als Teil des Prüfungsapparates das Risiko, dass die Fragebögen mit fiktiven Angaben oder groben Schätzungen ausgefüllt werden. Dem Prinzip der Datensparsamkeit (Bundesdatenschutzgesetz (BDSG 3a), nachdem ohnehin nur so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen sind, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls Folge zu leisten. Bewährte Methoden zur differenzierten Erfassung von Lernaktivitäten, wie sie zum Beispiel mit Lerntagebüchern (vgl. Heske 1997, 1998) vollzogen werden, sind im Rahmen dieser Untersuchung daher nicht praktikabel. Der Grundgedanke beim Einsatz von Lerntagebüchern liegt darüber hinaus oftmals nicht in der Dokumentation von Lernaktivitäten zum Zwecke einer anschließenden Auswertung, sondern zielt auf eine Stärkung der Eigenaktivität und Selbstreflektion des Lernenden ab (vgl. Baumgartner, 2001). Aus den genannten Gründen kann die Auswahl der erhobenen Variablen in diesem Untersuchungsbereich nicht aus der Perspektive der wünschenswerten Daten (top down) erfolgen, sondern muss sich auf die tatsächlich benötigten Daten (bottom up) beschränken. An dieser Stelle wird deutlich, mit welchen Nachteilen die Datenerhebung unter realitätsgetreuen Untersuchungsbedingungen im Feld verbunden sein kann. Für das im Folgenden beschriebene Messinstrument wurde die Bezeichnung Lerncheckliste gewählt, um von vorne herein zu betonen, dass das Ausfüllen wie bei einer Checkliste nur sehr wenig Zeit in Anspruch nimmt. In diesem Sinne wurde bei der Konstruktion der Lerncheckliste von den Minimalanforderungen, die an die Daten gestellt werden müssen, ausgegangen. Die Checkliste besteht aus einzelnen Formblättern, die sich jeweils auf eine Lernphase beziehen. Eine Lernphase wird als zusammenhängender Zeitabschnitt ohne längere Unterbrechungen definiert. Nach Angaben zur persönlichen 173

181 11. Die Messinstrumente Identifikation des Teilnehmers wird das Datum des Eintrags abgefragt. Es folgt eine Zuordnung der Lernaktivität zu den drei zentralen Themenbereichen, die in den Lernmaterialien abgehandelt werden. Eine solche Einstufung wurde auch beim Entwurf der Klausuraufgaben und dem Vortest vorgenommen, um im Anschluss eine themenbezogene Datenauswertung zu ermöglichen. Nun gilt es, eine Klassifizierung der Lernaktivitäten der Teilnehmer vorzunehmen. Aus dem Angebot der universitären Lernmedien und sonstigen individuell verfügbaren Lernmöglichkeiten gestalten sich die Studierenden jeweils ihre individuelle Lernumgebung. Die Untersuchung dieser Lernumgebung liegt im Fokus der Lerncheckliste. Sie setzt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den meisten Studierenden aus konventionellen und hypermedialen Lernmaterialien (Kurseinheit, ILS, ) zusammen. Hinzu kommen die verschiedenen Wege des interaktiven Austausches, welche sich ebenfalls computergestützt (BSCW, ,...) oder konventionell (per Zusammenkunft, Telefon,...) ereignen können. Diese Hauptkategorien werden weiter untergliedert, um konkrete Hinweise zu den verwendeten Lernmaterialien zu liefern. Zum Beispiel wird im Bereich der Printmedien zwischen der Kurseinheit und anderen schriftlichen Lerntexten unterschieden. Bei der Nutzung der ILS erfolgt eine Differenzierung zwischen einer Auseinandersetzung mit den integrierten Hypertextanteilen und den interaktiven Aufgaben. Zur Erfassung der Reihenfolge der genutzten Elemente der Lernumgebung innerhalb einer Lernphase wird eine Spalte bereitgestellt, in der die Lernenden die verwendeten Kategorien durchnummerieren können bzw. bei gleichzeitiger Nutzung die entsprechende Nummer mehrfach vergeben. Im Anschluss erfolgt eine Einschätzung der jeweiligen Lerndauer auf der Ebene der Unterkategorien. Um den Studierenden einen Anhaltspunkt für die erwartete Präzision der Schätzung zu geben und von allen Teilnehmern Werte in der gleichen Einheit zu erhalten, wird die Vorgabe gemacht, die Zeitangaben in Fünf-Minuten Abschnitten aufzuführen. Die erhobenen Daten sollen somit einen möglichst umfassenden Eindruck darüber vermitteln, welche Medien von den Teilnehmern genutzt werden und wie zeitintensiv sie sich mit den unterschiedlichen Komponenten der Lernumgebung auseinandergesetzt haben. Für eine Dokumentation der empfundenen Bedürfnisbefriedigung (vgl. Scholl, Pelz & Rade, 1999) oder auch der Nützlichkeit (vgl. Döring, 1997) der jeweiligen Lernaktivität bzw. Mediennutzung, wurde eine Spalte eingerichtet in der direkt nach dem empfundenen Nutzen gefragt wird. Die Einschätzung erfolgt auf einer sechsstufigen Likert-Skala mit den Endwerten kein Nutzen und sehr großer Nutzen. Die positive emotionale Komponente, also der Spaß bei der Auseinandersetzung mit den Materialien bzw. der Kooperation mit anderen, wird ebenfalls direkt abgefragt. Die 174

182 11. Die Messinstrumente Bewertungen erfolgen auch in diesem Fall anhand fünfstufiger Likert-Skalen mit den Endwerten kein Spaß und sehr großer Spaß. Zum Abschluss findet sich auf jedem Formblatt Raum für eigene Anmerkungen. Der Bereich ist mit einer entsprechenden Überschrift gekennzeichnet. Die Lernchecklisten wurden jeweils als 50 zusammengeheftete Formblätter vergeben, um zu vermeiden, dass einzelne Blätter abhanden kommen. Ein weiterer Vorteil bei diesem Verfahren liegt darin, dass bei einzelnen fehlenden Datumsangaben auch nachträglich noch Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Einträge möglich sind. Im Rahmen der Einführungsveranstaltungen wurde die Lerncheckliste unter den Teilnehmern verteilt. Die Studierenden wurden gebeten, die einführenden Anweisungen zu lesen und sich im Hinblick auf die eindeutige Verständlichkeit der gewünschten Einträge zu äußern. Aus den Rückmeldungen ging hervor, dass die Checklisten nahezu ohne Anweisungen intuitiv richtig auszufüllen waren. Der einzige Aspekt, der einer Erklärung bedurfte, war die Reihenfolge der getätigten Lernaktivitäten. Lernaktivität: Printmedien Integrierte Lernumgebung (CD) Kommunikation via PC Sonstige Kommunikation Sonstiges Reihenfolge Dauer bitte in 5 Minuten Schritten angeben geschätzter Nutzen 0 = kein Nutzen bis 5 = sehr großer Nutzen Spaß 0 = kein Spaß bis 5 = sehr großer Spaß Abb.38: Muster der Lerncheckliste (Auszug) Fragebogen Fragen zur Person Im Sinne einer angemessenen Charakterisierung der Untersuchungsgruppe werden in dieser Studie die üblichen soziodemographischen Daten erfasst. Desweiteren wurde in dieser vom Autor zusammengestellten Fragensammlung eine Reihe von Daten erhoben, die sich auf die Rahmenbedingungen und Vorerfahrungen der Teilnehmer beziehen. Wie im nachfolgenden Kapitel 12 weiter ausgeführt wird, ist in dem Untersuchungs-Design keine vorgegebene Zuordnung von Studierenden zu bestimmten Komponenten der Lernumgebung vorgesehen. Da gleichermaßen von keiner zufälligen Verteilung der Untersuchungsteilnehmer auf die verschiedenen Systemkomponenten ausgegangen werden 175

183 11. Die Messinstrumente kann, bedarf es eines intensiven Vergleichs der resultierenden Subgruppen hinsichtlich möglicher Einflussvariablen, die einen systematischen Fehler begünstigen könnten. Die abgefragten Bereiche beziehen sich auf folgende Kategorien: Soziodemographische Daten - grundlegende soziodemographische Daten (Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Beruf, wöchentliche berufliche Arbeitszeit) Fragen zur PC Nutzung - Nutzung von PCs im beruflichen und privaten Umfeld - Zugangsmöglichkeiten / -barrieren zu einem PC Internetnutzung - Möglichkeiten des Zugangs zum Internet - Intensität der Internetnutzung Vorerfahrungen mit computergestützten Lernprogrammen - Umfang und Qualität der gesammelten Erfahrungen im Bereich computergestützter Lernprogramme Vorerfahrungen mit virtuellen Seminaren - Umfang und Qualität der gesammelten Erfahrungen im Bereich von virtuellen Seminaren Der standardisierte Fragebogen wurde mit kollegialer Unterstützung von Mitarbeitern des Instituts für Psychologie konstruiert. Als Antwortmöglichkeit kommen teilweise offene Antworten (z.b. Items p_2, p_3, p_5b, etc.), teilweise zweistufige kategoriale Antworttypen (z.b. Items p_8, p_9c, etc.) sowie auch fünfstufige Ratingskalen (z.b. Items p_5d, p_12, etc.) zum Einsatz. Zur Konstruktion und Formulierung der Items wurde einschlägige Literatur zu Rate gezogen (z.b. Bortz & Döring, 2002). Ein erster Einsatz des Fragebogens erfolgte innerhalb der Einführungsveranstaltungen zum ILS (siehe auch Kapitel 12). Zusätzlich zu dem Abschlussitem mit offener Antwortmöglichkeit zur Kritik wurden die Teilnehmer darüber hinaus verbal zu einer Bewertung des Fragebogens und den Itemformulierungen aufgefordert. 176

184 11. Die Messinstrumente Insgesamt fand der Fragebogen breite Akzeptanz. Ein Fehler, der sich bei der Nummerierung der Items eingeschlichen hatte, konnte direkt nach dieser ersten Veranstaltung korrigiert werden Nachbefragung Die im Untersuchungsdesign aufgeführte Nachbefragung zielt darauf ab, eine abschließende Bewertung der von den Studierenden genutzten Elemente der virtuellen Lernumgebung zu erhalten. Sämtliche Items wurden vom Autor selbst formuliert. Inhaltlich ist der Fragebogen in 4 Abschnitte gegliedert, die nun im einzelnen vorgestellt werden: 1. Fragen zur ILS (CD-ROM) Die ersten Items des Fragebogenabschnitts zur ILS dienen der Erfassung eventueller technischer Probleme beim Starten der CD sowie Schwierigkeiten bei der Installation der Plugins und bei der regelmäßigen Nutzung des Programms. Zur Beantwortung wurden in den meisten Fällen 4-stufige Likert-Skalen mit den Polen trifft voll zu bis trifft nicht zu bereitgestellt. Weiterhin werden ein paar Fragen zu den üblichen Vor- und Nachteilen beim Lernen mit Hypertext gestellt. Hier geht es zum Beispiel darum zu erfahren, ob sich die Studierenden bei der Nutzung der ILS mit dem Effekt des lost in hyperspace konfrontiert sahen. ob die Studierenden das Lernen mit der ILS als motivierend empfunden haben. wie die Studierenden die Orientierungs- und Navigationsmöglichkeiten des ILS einschätzen. Abschließend sollte eine Gesamtbewertung des ILS anhand der Schulnotenskala gegeben werden. 2. Fragen zum BSCW Die einleitenden Fragen des Fragebogens, der sich mit der Lernkomponente BSCW auseinandersetzt, beziehen sich zunächst ebenfalls auf technische Probleme beim Zugang zum Internet und zum BSCW. Es folgen einige Einschätzungen zur Nutzungsfreundlichkeit der beim regulären Umgang mit dem System benötigten Funktionen (Navigation innerhalb 177

185 11. Die Messinstrumente des Systems, Lesen von Einträgen und Einstellen eigener Beiträge). Anschließend werden die Studierenden um ein Urteil hinsichtlich der Verständlichkeit und des Umfangs der bereitgestellten Kurzanleitung zum BSCW gebeten. Weitere Fragen setzen sich mit motivationalen und verständnisbezogenen Effekten auseinander, die durch den Austausch mit Kommilitonen und Mitgliedern des Projektteams innerhalb von BSCW bewirkt wurden. Ein paar inhaltliche Fragen zur Beurteilung der Anzahl und Schwierigkeit der Übungsaufgaben runden diesen Bereich ab. Die Beantwortung der Fragen erfolgt größtenteils auf einer vierstufige Likert-Skala mit den Polen trifft voll zu bis trifft nicht zu. Die Befragung endet analog zum Fragebogenabschnitt im Bereich des ILS mit einer Gesamtbewertung des BSCW auf der Schulnotenskala. 3. Fragen zur Steuerung des Lernprozesses In diesem Abschnitt des Fragebogens erfolgt eine Selbst-Beurteilung der Fähigkeit zur selbständigen Organisation des Lernprozesses durch die Studierenden. Es wird erhoben, ob die Vorgabe einer zeitlichen Struktur bei der Themenabfolge im BSCW eher als positiv oder negativ für den eigenen Lernprozess empfunden wurde. Der Wunsch nach verstärkter Fremdsteuerung, also Orientierung und Anleitung während des Lernprozesses, wird in diesem Zusammenhang ebenfalls abgefragt. Diesbezüglich wird auch der Einfluss der anderen Teilumwelten für die als ideal angesehene Selbst- bzw. Fremdsteuerung ermittelt. Möglicherweise sind für einen Teil der Studierenden durch enge Rahmenbedingungen wenig Freiräume gegeben, um einem erweiterten Angebot an Fremdsteuerung überhaupt nachkommen zu können. 4. Abschließende Seminarkritik Der Fragebogen endet mit zwei offenen Fragen zur Seminarkritik, bei denen die Studierenden aufgefordert werden sich hinsichtlich besonders positiv in Erinnerung gebliebener Aspekte und eigenen Verbesserungsvorschlägen zu äußern. Wie bei den Fragen zur Person wurde auch dieser Fragebogen mit Unterstützung der Mitarbeiter des Instituts für Psychologie konstruiert. Die Formulierung der Items orientiert sich auch in diesem Bereich an einschlägiger Literatur zu diesem Thema (vgl. Bortz & Döring, 2002). 178

186 12. Vorbereitung und Untersuchungsablauf 12. Vorbereitungen und Untersuchungsablauf Als Untersuchungsdesign wurde eine Längsschnitt-Analyse über einen Zeitraum von ca. 8 Wochen gewählt. Es folgt eine Beschreibung der vorbereitenden Maßnahmen und Ausführungen zum genauen Prozedere des Seminarablaufs und der Datenerhebung Vorbereitungen Im Rahmen eines besonderen Angebots zur Klausurvorbereitung für die Methoden-Klausur vom wurde im Oktober 2001 begonnen, Studierende zur Teilnahme an dem Projekt zu gewinnen. Eine diesbezügliche Bekanntmachung wurde innerhalb eines 14-tägig versandten Informationsorgans der FernUniversität (der sog. Info ), in dem auch sämtliche weiteren Veranstaltungstermine (Präsenzveranstaltungen, etc.) veröffentlicht werden, an alle Studierenden der Sozialen Verhaltenswissenschaften gerichtet. Leider bestätigte sich unsere Befürchtung, dass die durch dieses Medium verbreiteten Informationen von vielen Studierenden nicht angemessen zur Kenntnis genommen werden und wir erhielten zunächst nur von 12 Studierenden eine Rückmeldung. In der Absicht, die zu dem genannten Klausurtermin angemeldeten Studierenden mit persönlichen Briefen direkt anzusprechen, wurde die Zielgruppe (204 Studierende) unmittelbar nach Ablauf der Anmeldefrist für die Klausur in einem Anschreiben über das geplante Projekt informiert und zur Teilnahme an diesem besonderen Angebot zur Klausurvorbereitung eingeladen. Die verschiedenen Komponenten, die im Rahmen des Projekts zur Vorbereitung auf die Klausur zum Einsatz kommen sollten, wurden in diesem Anschreiben ebenfalls im einzelnen vorgestellt, da es sich insbesondere bei den Komponenten ILS und BSCW um neu in das Lehrkonzept eingeführte Medien handelte. Dem Schreiben war ein Formular (mit frankiertem Rückumschlag) beigefügt, auf dem sich die Studierenden durch Ankreuzen für eine Nutzung der gewählten Komponenten anmelden konnten. Die ILS Im Rahmen der Vorstellung der ILS wurde darauf hingewiesen, dass die Textteile des Produkts auf der Grundlage des klausurrelevanten Pflichtkurses Deskriptive und schließende Statistik (Wolf, 1994) basierten und die dort behandelten Inhalte somit in multimedial aufbereiteter Form bearbeitet werden konnten. Dabei wurde insbesondere die 179

187 12. Vorbereitung und Untersuchungsablauf Möglichkeit einer anschaulichen Auseinandersetzung mit der Thematik durch die Integration von grafischen interaktiven Übungen, Simulationen und Animationen innerhalb der ILS in den Vordergrund gestellt. Ebenso betont wurden die Vorteile des umfangreichen Glossars, welches mit Rückverweisen zu den relevanten Passagen innerhalb des Lehrtextes versehen ist. Präsenzveranstaltungen zur Einführung in die ILS Interessierten Studierenden wurde darüber hinaus eine Präsentation der ILS im Rahmen zweier Präsenzveranstaltungen angeboten. Wegen der weiten räumlichen Verteilung der Studierenden der FernUniversität wurden sie zum einen an einem Studienzentrum im Nord- Westen ( in Castrop-Rauxel) und zum anderen im Süden Deutschlands ( in München) angesetzt. Die Veranstaltungen boten zusätzlich eine optimale Gelegenheit zur Erhebung von Vorkenntnissen im Bereich der deskriptiven Statistik sowie auch weiterer Daten. Die Kommunikationsplattform BSCW Die Möglichkeit der Nutzung der genannten internetbasierten Kommunikationsplattform BSCW wurde ebenfalls bekannt gemacht. Durch sie sollte der interstudentische Austausch im Sinne einer selbständigen Erarbeitung von Lernzielen vereinfacht werden. Zur Initiierung einer gemeinsamen Diskussion wurden Übungsaufgaben zu den verschiedenen Themengebieten zur Verfügung gestellt. Es wurde angekündigt, dass innerhalb dieses Mediums auch eine mentorielle Betreuung hinsichtlich individueller Fragen zur Statistik stattfinden sollte. Als Gegenleistung wurde von den Teilnehmern verlangt, ihre klausurbezogenen Lernaktivitäten auf speziell zur Verfügung gestellten Formblättern (Lernchecklisten) regelmäßig zu dokumentieren und Bereitschaft für eine schriftliche Vor- und Nachbefragung zu zeigen. Um eine hohe Rücklaufquote der Unterlagen nach dem Klausurtermin sicherzustellen, wurde den Teilnehmern nach Eingang der vollständigen Materialien beim Autor ein Präsent aus folgender Auswahlliste in Aussicht gestellt: 180 Video: Video zur Zwischenprüfung Bücher: Wiendieck - Arbeits- und Organisationspsychologie Flade, Ströhlein, et al. - Psychologie und gebaute Umwelt Zimbardo - Einführung in die Psychologie Multimedia: Endversion der Integrierte(n) Lernumgebung zur Statistik ILS

188 12. Vorbereitung und Untersuchungsablauf Für die Rückmeldung wurde dem Anschreiben ein Formular beigefügt, welches per Post, Fax oder auch per an den Autor zurück zu senden war Der Untersuchungsablauf Von den 204 angeschriebenen Studierenden konnten 91 Studierende für eine Teilnahme an der Studie gewonnen werden. Allen wurde zu Beginn ein Fragebogen mit folgenden Bestandteilen vorgelegt (bzw. zugesandt): allgemeine Fragen zur Person ESTAT (Einstellung zur Statistik) INCOBI (ausgewählte Skalen aus dem Fragebogen zur computer literacy ) Fragebogen zur Studienmotivation Fragebogen zur Selbstregulation. Studierenden, die sich für eine Nutzung der ILS entschlossen haben, wurde auf diesem Wege auch die CD-Version der ILS übermittelt. Teilnehmer der angebotenen Präsenzveranstaltungen (43 Studierende) absolvierten darüber hinaus einen Paralleltest zur später folgenden Klausur. Für diese Stichprobe lagen damit Ausgangswerte im Bereich der Statistikkenntnisse vor. Diese Daten sollten nach Abschluss der Datenerhebung für einen Vergleich mit den in der Klausur gezeigten Leistungen genutzt werden. Über Einschränkungen, die bei diesem Vergleich zu beachten sind, wird an späterer Stelle d.h. im Rahmen der Dateninterpretation und diskussion, weiter eingegangen. Um unerwünschte Nebeneffekte dieses Vortests möglichst gering zu halten, wurde den Teilnehmern bei der Durchführung nicht mitgeteilt, dass es sich um eine Parallelform der Klausur handelt. Rückschlüsse über den persönlichen Leistungsstand wurden damit erschwert. In diesem Sinne wurde ebenso auf eine Rückmeldung der erzielten Ergebnisse verzichtet. Ausführliche Untersuchungen zur Nutzung und Wirkung von Rückmeldungen bei Probeklausuren wurden z.b. von Jacobs (2000) durchgeführt. Studierenden, die Interesse an der Nutzung der Kommunikationsplattform BSCW bekundet hatten, wurde nach Eingang des Anmeldeformulars eine einführende Erklärung zur Funktionsweise des Systems per zugesandt. In diesem Zuge erhielten die Studierenden ebenso eine Übersicht der zeitlichen Ablaufplanung der virtuellen Unterstützung, die über das System erfolgen sollte. Für Fragen, die im Zusammenhang mit der Nutzung des BSCW aufkamen, stand den Studierenden ein 181

189 12. Vorbereitung und Untersuchungsablauf technischer Support durch die telefonische Hotline des Universitäts-rechenzentrums zur Verfügung. Diese Hotline wurde von Montags bis Freitags zwischen 9.00 Uhr und Uhr betreut. Die Beratung während der Wochenenden beschränkte sich auf einen Support via E- Mail. Eine Möglichkeit des Austausches unter den Studierenden zu technischen Fragen wurde durch die Einrichtung eines Diskussionsstranges (auch als Ordner oder Thread bezeichnet) mit der Überschrift Technik - Fragen zu BSCW oder ILS eingeräumt. Im Sinne der Gewährleistung einer optimalen Beantwortung der Fragen wurde dieser Thread ebenfalls von einer Mitarbeiterin des Rechenzentrums betreut. Abb.39: Darstellung BSCW mit allen Hauptordnern Für einen ersten Einstieg wurde der Ordner mit dem Titel Café - small talk eröffnet. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, sich hier innerhalb der ersten Woche im Rahmen einer kurzen Vorstellung der eigenen Person mit der Funktionsweise des Systems vertraut zu machen. Auf diese Weise sollten auch erste Kontakte unter den Teilnehmern, die nicht an einer der beiden Präsenzveranstaltungen teilgenommen hatten, zustande kommen. 182

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