Ausarbeitung. Stefan Gehn. Eingabeperformance von Multitouch-Displays am Beispiel von Spielen
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- Johanna Brinkerhoff
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1 Ausarbeitung Stefan Gehn Eingabeperformance von Multitouch-Displays am Beispiel von Spielen Fakultät Technik und Informatik Studiendepartment Informatik Faculty of Engineering and Computer Science Department of Computer Science
2 Stefan Gehn Eingabeperformance von Multitouch-Displays am Beispiel von Spielen Seminararbeit eingereicht im Rahmen der Veranstaltung Anwendungen 1 im Studiengang Master Of Science Informatik am Studiendepartment Informatik der Fakultät Technik und Informatik der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Betreuender Professor: Prof. Dr. rer. nat. Kai von Luck Eingereicht am: 30. Juli 2007
3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Gliederung Grundlagen Hardwarelösungen Darstellungsformen Eingabeformen Cursorbewegung Einzelselektion und Befehlsausführung Auswahl und Zoom Drehung Weitere Eingabeformen Bewertung Anforderungen an die Eingabe Bewertung der Darstellungsformen Bewertung der Eingabeformen Einzelselektion und Aktivierung Mehrfachselektion Drehung Andere Eingabeformen Ausblick Prototyp Pipes Prototyp Puzzle Testszenario Fazit Literaturverzeichnis 20
4 1 Einleitung Die Interaktion zwischen Mensch und Computer erfolgt seit der Einführung von grafischen Oberflächen vor Allem durch die Kombination aus Maus, Tastatur und Bildschirm. Diese Art der Interaktion ist jedoch abstrakt, da der Anwender einen Cursor indirekt über die Maus steuert, eine direkte Interaktion mit den auf dem Bildschirm dargestellten Objekte über die Hand ist damit nicht möglich. Eine partielle Aufhebung dieser Indirektion wird durch den Einsatz von Touchscreens erreicht. Diese werden vor allem in öffentlich zugänglichen Systemen genutzt, um sich gegen Vandalismus abzusichern. Die Eingabe ist bei Touch-Screens jedoch auf einen einzigen Druckpunkt beschränkt; eine Eingabe mit mehreren Fingern zur gleichen Zeit ist somit nicht vorhanden. Durch neue Techniken im Bereich der Touchscreens ist seit einiger Zeit auch die Interaktion mit Hilfe mehrerer Druckpunkte möglich. Die Eingabemöglichkeiten von Multitouch- Displays gehen über die der herkömmlichen Touchscreens hinaus. Sie ermöglichen die parallele Eingabe mit mehreren Fingern, Händen oder Gegenständen, sowie die Eingabe durch mehrere Personen. 1.1 Gliederung Schwerpunkt dieser Ausarbeitung sollen Eingabemethoden für Multitouch-Displays sein. Im nächsten Semester soll im Rahmen des Projekts eine Evaluation ausgewählter bestehender Eingabemethoden erfolgen. Ziel ist hierbei, die Einsatzzwecke dieser Methoden zu bestimmen, um eine Grundlage für die Auswahl zwischen verschiedenen Eingabemethoden zu bilden. Als Anwendungen für die Evaluation sollen Spiele zum Einsatz kommen, da sie für neue Eingabeformen besonders geeignet erscheinen und evtl. andere Anforderungen im Vergleich zu anderen Anwendungsarten besitzen. Computerspiele nutzten bereits in der Vergangenheit alternative Eingabemethoden, wie z.b. Lichtpistolen [Wikipedia, 2007b] oder die neuere Wii-Remote [Wikipedia, 2007a]. Da Spiele zudem bei Fehlern des Spielers keine realen Konsequenzen nach sich ziehen, kann davon ausgegangen werden, dass
5 1 Einleitung 5 Spiele den Anwender eher zum Ausprobieren neuer Verhaltensweisen animieren, als es in anderen Anwendungsbereichen der Fall wäre. Im ersten Teil der Ausarbeitung wird ein kurzer Überblick über bereits vorhandene Entwicklungen und Erkenntnisse im Bereich von Multitouch-Displays gegeben. Weiterhin wird ein Überblick über diverse Eingabemethoden für Multitouch-Displays gegeben. Da dieses Themengebiet im Projekt genauer betrachtet werden soll, werden die Eingabemethoden detaillierter behandelt und in mehrere Kategorien eingeteilt. Innerhalb dieser Kategorien kann im Rahmen des Projekts ein Vergleich erfolgen. Abschließend werden einige konkrete Umsetzungsmöglichkeiten genannt und ein mögliches Testvorgehen für die Evaluation der zuvor genannten Eingabemethoden vorgestellt.
6 2 Grundlagen Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Eingabe via Maus und der Multitouch-Eingabe ist die absolute Eingabe von Koordinaten, im Vergleich zur relativen Eingabe mit Hilfe der Maus. Durch die Kombination von Eingabe und Anzeige erreichen sowohl (Single-)Touch- Screens als auch Multitouch-Displays eine weniger abstrakte Eingabe als mit einer Maus. Diese Art der direkten Eingabe hat jedoch auch einige Nachteile, wie z.b. die geringere Genauigkeit im Vergleich zu einer Maus. Ein Finger überdeckt üblicherweise mehrere Pixel gleichzeitig. In den Arbeiten Potter u. a. [1988] und Benko u. a. [2006] wurde versucht, dieses Problem zu lösen, um die Arbeit mit bisher gängigen Oberflächen weiterhin zu ermöglichen. In diesem Kapitel werden zunächst hardwaretechnische Lösungen für eine Eingabe vorgestellt, die eine unkomplizierte Bedienung eines Systems ermöglichen sollen. Weiterhin erfolgt ein kurzer Überblick über bereits vorhandene sowie neu entstandene Darstellungsformen, die sich bei der Verwendung von Multitouch-Displays bewährt haben. Im Anschluss werden verschiedene Arten der Eingabe vorgestellt, die daraufhin in Kapitel 3 diskutiert und in Hinblick auf die Einsetzbarkeit für Spiele bewertet werden. 2.1 Hardwarelösungen Grundlage für den Einsatz von Multitouch-Displays ist Hardware, die die Erkennung mehrerer Druckpunkte ermöglicht. Um dies zu erreichen gibt es mehrere technische Ansätze. Hierbei sind vor allem die FTIR-Methode 1, sowie der DiamondTouch-Screen [Dietz und Leigh, 2001] zu nennen. Das Wissen über die eingesetzte Technik ist auch für andere Themenbereiche wichtig, da die Hardware großen Einfluss auf Eigenschaften wie Genauigkeit, Erkennungsrate, die Anzahl gleichzeitig erfassbarer Druckpunkte oder auch die Erkennung unterschiedlicher Personen nimmt. Letzteres ist z.b. beim DiamondTouch-Screen möglich. Weiterhin schränkt die Technik u.u. auch den Einsatzzweck oder den Einsatzort ein. Beispielsweise ist nicht jede Technik robust genug für den Betrieb in öffentlichen Räumen. Ein 1 Frustrated Total Internal Reflection. [siehe Han, 2005]
7 2 Grundlagen 7 anderes Problem könnte der benötigte Platz sein, der von Beamer-basierten Techniken aufgrund der Projektionsfläche erforderlich ist. 2.2 Darstellungsformen Insbesondere im Bereich der Popup-Menüs haben sich mehrere Arbeiten direkt oder indirekt mit speziellen Darstellungsformen befasst, die vor allem auf großflächigen Multitouch- Displays Vorteile bieten können. Da viele der neu entstandenen Oberflächenelemente als Ersatz für bisher per Maus gesteuerte Elemente gedacht sind und damit für Spiele eher eine untergeordnete Rolle spielen, erfolgt hier nur ein kurzer Überblick. CoR²Ds Die in Shen u. a. [2005] beschriebenen Context-Rooted Rotatable Draggables sind eine Art von Popup-Widgets. Mit ihrer Hilfe ist etwa eine gemeinsame Nutzung kontextsensitiver Popup-Widgets durch mehrere Personen möglich. Die einzelnen Menüeinträge sind dabei vom Benutzer frei dreh- und verschiebbar. Dadurch können zwei Einträge übereinander gelegt werden, um eine Aktion auszulösen oder um einen Eintrag einer Person auf der gegenüber liegenden Seite des Tisches zugänglich zu machen. Abbildung 2.1: CoR²Ds [Shen u. a., 2005] X-Menu Das X-Menu [Benko u. a., 2006] ist eine weitere Erscheinungsform von Popup- Widgets. Das Grundprinzip des X-Menu ähnelt dem Pie-Menu [vgl. Callahan u. a., 1988], welches die einzelnen Menüeinträge kreisförmig um den Cursor anordnet. Das X-Menu dient im Besonderen dem Wechsel von Cursoreinstellungen, wie z.b. der Cursorgeschwindigkeit oder dem Hinzuschalten einer Vergrößerung um den Cursor (siehe Abb. 2.2). Modal Spaces Die in Everitt u. a. [2005] beschriebenen Modal Spaces teilen die Anzeige in verschiedene Bereiche auf, die jeweils einer bestimmten Aktion zugeordnet sind. Zu manipulierende Objekte werden auf den jeweiligen Bereich gezogen, um sie mit der
8 2 Grundlagen 8 Abbildung 2.2: X-Menu, Quelle: Benko u. a. [2006] entsprechenden Aktion zu bearbeiten. Aktionen können beispielsweise, wie in Abb. 2.3 dargestellt, die Größenänderung oder die Beschneidung von Bildern sein. Abbildung 2.3: Modal Spaces [Shen u. a., 2005] 2.3 Eingabeformen An dieser Stelle werden bestehende Eingabeformen für Multitouch-Displays behandelt. Diese werden in Interaktionsarten eingeteilt. Abschließend werden noch einige Eingabeformen vorgestellt, die sich nicht eindeutig dieser Einteilung zuordnen lassen Cursorbewegung Für das Verschieben oder Selektieren von Objekten wird bzw. werden auch bei Multitouch- Displays oftmals ein oder mehrere Cursor benötigt. Insbesondere für kleine Objekte ist dies hilfreich, da die Fläche eines Fingers, der das Display berührt, größer als das zu treffende Objekt sein kann. Dadurch können unbeabsichtigt benachbarte Objekte manipuliert werden. Den Druckpunkt als Cursorposition anzunehmen ist daher nicht immer die beste Lösung [vgl. Benko u. a., 2006].
9 2 Grundlagen 9 Cursor mit Offset Eine der ersten Lösungen, um die Eingabegenauigkeit zu verbessern, stellte die Einführung eines festen Offsets für den Cursor dar. Dieser entkoppelte den eigentlichen Druckpunkt vom Cursor und ließ somit den anvisierten Punkt sichtbar werden. Diese Lösung steht jedoch der Idee der direkten Eingabe entgegen und wurde in mehreren Evaluationen ([Benko u. a., 2006] und [Potter u. a., 1988]) als eher hinderlich angesehen. Dies gilt insbesondere für Anwender, die den Umgang mit dieser Eingabetechnik nicht gewohnt sind. Eine Erweiterung, wie in [Benko u. a., 2006] vorgeschlagen, erlaubt ein manuelles Aktivieren des Offsets für den Cursor, der normalerweise nicht vorhanden ist. Das Problem der Indirektion bleibt aber auch bei dieser Erweiterung bestehen. Zentrierter Cursor Ein anderer Ansatz ist die Zentrierung des Cursors zwischen zwei Druckpunkten. Der Vorteil dieser in [Benko u. a., 2006] evaluierten Methode ist, dass durch einen größeren Abstand zwischen den Fingern die Bewegung des Cursors beliebig fein reguliert werden kann. Nachteilig ist hierbei allerdings der Verlust der direkten Eingabe. Ein weiterer Nachteil tritt außerdem an den Kanten des Displays auf, da sich der Cursor bei dieser Eingabemethode nicht bis an die Kanten positioniern lässt Einzelselektion und Befehlsausführung Eine der wichtigsten Eingabeformen ist die Selektion einzelner Objekte sowie das Initiieren von Aktionen auf diesen Objekten. Bei einer mausgesteuerten Oberfläche erfolgt beides mit Hilfe der primären Maustaste. Da Multitouch-Displays keine Tasten besitzen, muss die Auslösungserkennung einer Aktion auf anderem Wege erfolgen. Land-On, First-Contact und Lift-Off Strategie Die drei in [Potter u. a., 1988] vorgestellten Strategien stellen die Grundlage vieler nachfolgender Überlegungen für die Eingabe auf Touchscreens sowie Multitouch-Displays dar. Die Verfahren unterscheiden sich hauptsächlich durch den Zeitpunkt, an dem ein Druckpunkt als Aktivierung angesehen wird. Land-On Es wird ausschließlich der zuerst erfasste Druckpunkt genutzt. Nur an diesem Punkt wird eine Aktion ausgeführt. Eine weitergehende Veränderung des Druckpunktes wird ignoriert. First-Contact Der erste Druckpunkt, der sich auf einem Objekt befindet, wird als Aktivierung angesehen. Take-Off Es wird ausschließlich der letzte Berührungspunkt zur Aktivierung genutzt. In [Potter u. a., 1988] wurde Take-Off mit einem festen Cursor-Offset kombiniert.
10 2 Grundlagen 10 Veränderung der Auflagefläche Die in [Benko u. a., 2006] erläuterte SimPress-Technik erreicht eine Unterscheidung zwischen dem Berühren der Oberfläche und dem Ausführen einer Aktion über Unterschiede in der Auflagefläche. Ein Klick wird dadurch erreicht, dass der Finger kurzzeitig nach unten bewegt wird, um die Auflagefläche zu vergrößern (siehe Abb. 2.4). Abbildung 2.4: SimPress [Benko u. a., 2006] Nutzung mehrerer Druckpunkte Insbesondere für physisch eingeschränkte Anwender kann es sinnvoll sein, wenn die Aktivierung von Objekten durch mehrere Finger erfolgt, da so z.b. ein Zittern in der Hand oder das Abstützen auf dem Handballen nicht zu einer ungewollten Aktion führt. In diesem Fall erfolgt das Ausführen einer Aktion durch die Kombination mehrerer Druckpunkte und deren Positionen. Eine Möglichkeit für die Umsetzung der ersten drei Maustasten auf entsprechende Multitouch-Gesten wird in [Yuan u. a., 2005] exemplarisch dargestellt. Abbildung 2.5: Klick durch mehrere Druckpunkte. [Yuan u. a., 2005] Auswahl und Zoom Die Auswahl mehrerer Elemente und das Zoomen werden zumeist mit Hilfe eines Rechtecks umgesetzt. Dieses gibt den zu vergrößernden Ausschnitt an oder wählt die zu selektierenden Elemente aus. Aufgrund dieser Ähnlichkeit werden beide Aktionen hier gemeinsam behandelt. Selektionsrechteck durch zwei Druckpunkte Die naheliegendste Methode ein Rechteck zu beschreiben ist die Festlegung zweier gegenüberliegender Eckpunkte, wie in Abb. 2.6 dargestellt.
11 2 Grundlagen 11 Abbildung 2.6: Selektion durch zwei Druckpunkte Selektionsrechteck durch Handkanten Die in [Tse u. a., 2006] vorgestellte Adaption des Spiels Warcraft III an Multitouch-Displays nutzt für die Selektion von Spiel-Einheiten auf der Karte Handkanten. Die Handkanten definieren die linke und rechte Seite des Selektionsrechtecks und legen durch den höchsten und tiefsten Berührungspunkt der Handkanten auch die Gesamthöhe des Rechtecks fest (siehe Abb. 2.7). Abbildung 2.7: Selektion durch Handkanten Ein Vorteil gegenüber anderen Methoden wurde in [Tse u. a., 2006] nicht genannt. Ein möglicher Vorteil könnte die eindeutige Unterscheidung zwischen der Selektion einzelner Objekte und der Mehrfachselektion sein. Eine interessante Fragestellung wäre, in wie weit diese Selektionsart auch auf andere Szenarien übertragbar ist und ob sie weitere Vorteile gegenüber der Selektion durch zwei Druckpunkte bietet. Selektionsrechteck durch abgewinkelte Hände Ein anderer Ansatz wird in [Wu und Balakrishnan, 2003] verfolgt, indem dort zwei Hände jeweils einen rechten Winkel Formen, um die oberen Ecken des Selektionsrechtecks zu definieren (siehe Abb. 2.8). Die Höhe ist hierbei durch die Handlänge limitiert. Ein Vorteil gegenüber den zuvor genannten Techniken ist nicht erkennbar Drehung Neben der Selektion und dem Zoom ist die Drehung von Objekten ein Einsatzgebiet, bei dem Multitouch-Displays gegenüber einer Maus Vorteile bieten können. Die Drehung kann dabei entweder durch Festlegung von Ursprung und Drehwinkel oder fest um den Objektmittelpunkt erfolgen.
12 2 Grundlagen 12 Abbildung 2.8: Selektion durch abgewinkelte Hände. [Wu und Balakrishnan, 2003] Freihandrotation Bei der Freihandrotation [Wu und Balakrishnan, 2003] dient ein Druckpunkt zur Festlegung des Rotationsmittelpunkts. Ein zweiter Druckpunkt gibt, ausgehend von seinem initialen Berührungspunkt, den Drehwinkel an. Rotation über Knöpfe Die zweite Variante der Rotation von Objekten ist u.a. im DiamondSpin-Toolkit [DiamondSpin] implementiert. Sie bietet über einen auf dem Objektrahmen befindlichen Knopf (siehe Abb. 2.9) eine Rotation um den Objektmittelpunkt an. Diese Art der Drehung ist im Gegensatz zur vorigen Methode auch über eine Mauseingabe realisierbar. Abbildung 2.9: Rotation per Fensterdekoration. [DiamondSpin] Weitere Eingabeformen Außer den zuvor erläuterten grundlegenden Aktionen existieren noch weitere, zumeist komplexere, Interaktionsformen. Hierzu zählen vor allem Gesten, die physikalische Eigenschaften auf Multitouch-Displays nachbilden sollen. Flick und Catch Eine in der Realität oft anzutreffende Geste ist das Werfen oder Auffangen von Objekten. Im Falle von Multitouch-Displays kann diese Technik vor allem zum
13 2 Grundlagen 13 Überbrücken von großen Entfernungen auf dem Display oder auch zum Einsparen von Zeit genutzt werden. Außerdem kann sie die Zusammenarbeit mehrerer Personen aktiv fördern, da sie den Austausch von Objekten zwischen den Personen erleichtert. Eine mögliche Implementierung beider Techniken ist in [Wu und Balakrishnan, 2003, 196] beschrieben. (Siehe Abb ) Hierbei können Objekte auf die andere Bildschirmseite geworfen oder von ihr herangeholt werden, sobald die Bewegung des Druckpunktes einen bestimmten Geschwindigkeitswert überschreitet. Abbildung 2.10: Gesten Flick und Catch [Wu und Balakrishnan, 2003] Eine weitere Implementierung der Flick-Funktionalität ist seit Mai 2007 Teil des DiamondSpin-Projekts. Sie erlaubt das Zuwerfen von Dokumenten der Teilnehmer untereinander. Sweeping Die in [Wu und Balakrishnan, 2003, 198] erläuterte Sweep-Geste erlaubt das gleichzeitige Verschieben mehrerer Objekte. Die Geste ist dabei ähnlich dem Wegwischen von Gegenständen auf einer Oberfläche. Sie wird durch die Bewegung einer Handkante auf der Displayoberfläche umgesetzt. Jedes Objekt, das während der Geste von der Handkante erfasst wird, wird entsprechend der Bewegungsrichtung verschoben (siehe Abb. 2.11). Abbildung 2.11: Gesten Sweep [Wu und Balakrishnan, 2003] Je nach Anwendungsfall könnte diese Geste eine Mehrfachselektion mit anschließender Bewegung ersetzen. Ein Vergleich zu einer Rechteckselektion (siehe Kap ) wurde in [Wu und Balakrishnan, 2003] nicht durchgeführt und könnte daher für die weiteren Betrachtungen von Interesse sein.
14 3 Bewertung Um die zuvor vorgestellten Darstellungsformen und Eingabeformen beurteilen zu können, werden zuerst die Anforderungen von Spielen an die Eingabe definiert. Anschließend werden die Darstellungs- bzw. Eingabeformen anhand dieser Anforderungen bewertet. 3.1 Anforderungen an die Eingabe Grundsätzlich sollte die Eingabe per Multitouch-Display möglichst natürlich für den Anwender erscheinen. Dies ergibt sich durch das Problem, welches u.a. seit Einführung der Nintendo Wii Spielekonsole offensichtlich geworden ist: Heutige Spiele sind zu komplex und schrecken durch ihre Komplexität potentielle neue Anwender unnötig ab [vgl. Marshall u. a., 2006]. Da viele Spiele auch die Eingabegeschwindigkeit als Spielelement nutzen, sollte die Eingabe möglichst wenig Einfluss auf die Ablaufgeschwindigkeit eines Spieldurchgangs haben; d.h. letztendlich sollte nur der Anwender der limitierende Faktor sein. Dies setzt eine schnelle Erkennung der Eingabe auf Hardwareseite voraus. Zudem sollten Eingaben durch eine möglichst geringe Anzahl von Teilschritten erfolgen können. Ein weiterer Faktor ist die Fehlerrate der Eingabe: Spiele, deren Eingabe durch Ungenauigkeit oder fehlerhafte Erkennung von Gesten den Anwender das Spiel verlieren lässt, demotivieren den Anwender unnötig. Die Eingabeformen sollten dementsprechend eindeutig unterscheidbar sein, sowohl für den Anwender, als auch für die Software selbst. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass geeignete Eingabeformen für Spiele auf Multitouch-Displays einfach zu erlernen sein müssen. Ihre Ausführung muss sowohl schnell als auch fehlerfrei vom Anwender bewältigt und von der Anwendung erkannt werden. 3.2 Bewertung der Darstellungsformen Sowohl CoR²Ds als auch Pie-Menus wären grundsätzlich für Spiele einsetzbar. Einsatzgebiete könnten vor allem Spiele ohne Zeitdruck sein, die mehrere Aktionen über Menüs zugänglich machen.
15 3 Bewertung 15 Das X-Menu zur Steuerung der Cursormodi wäre aufgrund seiner Komplexität vermutlich für ein Spiel ungeeignet. Außerdem wurden unterschiedliche Cursormodi in Spielen bisher wenig genutzt. 3.3 Bewertung der Eingabeformen Viele der zuvor in Kap. 2.3 auf Seite 8 vorgestellten Eingabeformen erscheinen für Spiele eher ungeeignet. Vor allem die (Wieder-)Einführung eines abstrakten Cursors, der nicht mit dem vom Anwender erzeugten Druckpunkt übereinstimmt, wäre für eine einfache und intuitive Bedienung nachteilig. Die Einarbeitungszeit, die durch diese Abstraktion erzeugt wird, würde u.u. zu einem Desinteresse beim Anwender führen Einzelselektion und Aktivierung Am sinnvollsten erscheinen hier die Verfahren Land-On, First-Contact sowie das SimPress-Verfahren. Land-On bietet für Szenarien, die keinen Hover-Status benötigen (z.b. für Tooltips) eine mögliche Eingabelösung. Als Alternative kann First-Contact angesehen werden, welches sich in der Evaluation in [Potter u. a., 1988] nur wenig von Land-On unterscheidet. Der Vorteil von First-Contact ist jedoch, dass der Anwender ein Objekt nicht unbedingt exakt treffen muss, da er den Druckpunkt im nachhinein noch verschieben kann. Für Szenarien mit Freiraum zwischen den Objekten, wie z.b. Brettspielen, könnte dies von Vorteil sein. Bei direkt aneinanderliegenden Objekten würde First-Contact vermutlich zu einer Verschlechterung führen. SimPress & drucksensitive Hardware Für Szenarien, die einen Hover-Status benötigen, kommen nur das SimPress-Verfahren (Kap auf Seite 10) oder ein drucksensitives Multitouch-Display in Frage. Bei SimPress kann zwischen Hover-Status und Aktivierung mit Hilfe der Auflagefläche eines Fingers unterschieden werden. Bei drucksensitiver Hardware würde sich eine Implementation mit Schwellwerten anbieten. Zu erwartende Probleme Insbesondere bei diesen beiden Techniken ist mit Problemen zu rechnen, da die Auflagefläche eines Fingers von Person zu Person variiert. Auch die Orientierung (Tisch- oder Wandmontage) des Multitouch-Displays kann eine Auswirkung auf die Auflagefläche haben [vgl. Forlines u. a., 2007, 652]. Eine Kalibrierung der Eingabe vor der Nutzung wäre vermutlich eine Lösung, würde jedoch die Einsetzbarkeit einschränken. Die Kalibrierung müsste vor jeder Sitzung erneut durchgeführt werden oder in Benutzerprofilen abgelegt werden.
16 3 Bewertung 16 Mehrere Druckpunkte Eine Nutzung mehrerer Druckpunkte für die Aktivierung von Objekten wäre für die meisten Spiele vermutlich zu kompliziert. Ähnlich der Eingabehilfen im Bereich der Maussteuerung könnte diese Methode jedoch als Option angeboten werden Mehrfachselektion Für die Mehrfachselektion per Rechteck kommen grundsätzlich beide in Kap auf Seite 10 genannten Verfahren in Frage. Bei der Selektion mit zwei Druckpunkten kann es zu einem Konflikt zwischen der Mehrfachselektion und zweier Einzelselektionen (siehe Kap auf Seite 9) kommen. Daher wäre hier die Nutzung von Handkanten zur Mehrfachselektion vorzuziehen Drehung Für die Rotation von Objekten dürfte sowohl die Freihandrotation (Kap auf Seite 12) als auch die Rotation über Knöpfe (Kap auf Seite 12) geeignet sein. Bei der Rotation über Knöpfe ist aufgrund der grafischen Darstellung ersichtlich, dass eine Drehung von der Anwendung vorgesehen wurde. Diese grafische Darstellung kann insbesondere bei Spielen nachteilig sein, da sie evtl. nicht ins Darstellungsschema der Anwendung passt. Ein weiteres Problem kann die Größe des Rotationsknopfs sein, da diese die Eingabegeschwindigkeit bei zu kleinen Dimensionen herabsetzen kann. Eine weniger offensichtliche, dafür aber grafisch unproblematischere Alternative wäre die Freihandrotation. Hierbei muss jedoch sichergestellt werden, dass der Anwender über die Rotationsmöglichkeiten informiert wird. Dies könnte über eine Anleitung oder, speziell bei Spielen, über eine kurzes Tutorial innerhalb der Anwendung erfolgen Andere Eingabeformen Die Gesten Flick, Catch sowie Sweep sind Anwendungsabhängig einsetzbar. Flick und Catch können eine intuitive Alternative für Drag n Drop über größere Distanzen bieten. Zu beachten ist jedoch, dass der Anwender die Verschiebung von Objekten eindeutig erkennen und nachvollziehen können muss. Eine Flick-Geste sollte daher Objekte nicht abrupt von einer Position auf eine andere Position umsetzen. Eine grafische Animation, die die Bewegung verdeutlicht, wäre vermutlich für das Anwenderverständnis von Vorteil.
17 3 Bewertung 17 Die Sweep-Geste kann für die Verteilung sowie Verschiebung vieler Objekte geeignet sein. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass diese Geste evtl. auch unbeabsichtigt durch die Ablage einer Hand auf dem Display ausgeführt werden könnte. Ein Vergleich mit einer expliziteren Eingabe per Selektionsrechteck (siehe Kap auf Seite 10) wäre daher angebracht.
18 4 Ausblick Die Hauptziele des Projekts im nächsten Semester sollen zum Einen die Evaluation verschiedener Eingabemethoden für Multitouch-Displays sein, zum Anderen aber auch die Nutzbarkeit dieser Methoden im Hinblick auf Spiele als Anwendungsfall. Um die Evaluation aller zuvor genannter Eingabemethoden zu ermöglichen, würde sich die Implementation zweier Spielekonzepte anbieten, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. 4.1 Prototyp Pipes Das Spielprinzip entspricht hierbei dem Spiel Pipes bzw. Pipemania (siehe Abb. 4.1). Ziel ist es, eine Flüssigkeit von einer Ecke des Spielfelds zur Anderen zu leiten. Zu diesem Zweck müssen Kacheln verlegt werden, die verschiedene Rohrformen darstellen. Das Spielprinzip ist aufgrund der permanent fließenden Flüssigkeit sehr zeitabhängig. Der Spieler wird daher gezwungen sein, das Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Insbesondere diese Eigenschaft erlaubt eine Evaluation verschiedener Eingabeformen für das Aufnehmen, Verschieben, Absetzen und Drehen der Rohrkacheln in Bezug auf die Eingabeperformance. Abbildung 4.1: Prototyp Pipes
19 4 Ausblick Prototyp Puzzle Ein weiteres umsetzbares Spielekonzept ist ein Bilderpuzzle. Bei Diesem könnten zusätzlich zur Bewegung einer oder mehrerer Puzzleteile auch die Flick- oder Sweep-Geste eingesetzt werden. Diese würde, vergleichbar mit einem realen Puzzle, das anfängliche Verteilen der Puzzleteile auf die Fläche erlauben. Desweiteren ist es eine gemeinsame Lösung des Puzzles mit mehreren Spielern möglich. Bei diesem Prototyp könnten somit fast alle Eingabemethoden sinnvoll gestest werden: Drehung Ausrichtung von Puzzleteilen an bereits verlegte Teile Selektion Aufnehmen bzw. Verschieben einer oder mehrerer Teile auf der Spielfläche Flick Zuwerfen eines Puzzleteils, damit der Spielpartner das Teil auf der anderen Displayseite anfügen kann Sweep Verteilen oder Zusammenschieben eines Haufens von Puzzleteilen 4.3 Testszenario Um die Ergebnisse aus Tests verschiedener Eingabemethoden zu vergleichen, müsste ein identisches Testszenario für alle Durchläufe verwendet werden. Es sollten dabei sowohl verschiedene Eingabemethoden als auch die herkömmliche Mausbedienung getestet werden. Als Messgrößen könnten die Zeit für das Erreichen einer bestimmten Aufgabe oder auch die Zeiten für die Ausführung einzelner Unteraufgaben (Drehung eines Elements oder mittlere Zeit für eine Verschiebe- bzw. Drag n Drop-Operation) herangezogen werden. 4.4 Fazit Mit dem Aufkommen neuer Techniken auf dem Gebiet von Multitouch-Displays hat sich auch die Anzahl von Eingabeformen vervielfacht. Die Eigenschaften und möglichen Einsatzszenarien sind in vielen Bereichen noch offen gelassen worden. Eine Evaluation sowie ein Vergleich bisher entstandener Eingabeformen für Multitouch-Displays stellt daher eine sinnvolle Fortführung bisheriger Arbeiten auf diesem Gebiet dar.
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