Wie wird Sexualität in und durch Ins4tu4onen behindert?
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- Norbert Fürst
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1 Wie wird Sexualität in und durch Ins4tu4onen behindert? Ein Beitrag aus Sicht der Disability Studies Dr. Swantje Köbsell, Universität Bremen
2 Disability Studies Radikale Absage an Sicht von Behinderung als individuelles, tragisches Schicksal aufgrund von Natur / Biologie (med./indiv. Modell) sondern Ergebnis eines sozialen Konstruk4onsprozesses, der an der Beeinträch4gung ansetzt, und abhängig ist vom jeweiligen kulturellen/ historischen Kontext >> keine fixe Kategorie (soziales Modell) 2
3 Disability Studies Untersuchung der gesellscha\lichen Praxen & Diskurse, die Menschen mit Beeinträch4gungen unterschiedlichster Art behindern, aus Perspek4ve der Betroffenen: Wie & wo wird Behinderung hergestellt? Welche anderen Differenzlinien wirken sich ebenfalls aus? (Geschlecht, kultureller/ religiöser Hintergrund, Sexualität...) 3
4 Folgen des med. Mod. Behinderte Menschen gelten als hilflose, bedür\ige, abhängige und geschlechtslose Gruppe, die nicht für sich selbst sprechen kann/darf brauchen Experten, die für sie sprechen Dominanz von Behinderungsspezialisten (Ärzte, Therapeuten, Pädagogen) sind weitreichender Fremdbes4mmung in allen Bereichen des Lebens ausgesetzt, auch im Hinblick auf Sexualität 4
5 Sexualität & Behinderung (med. Mod.) Über lange Zeiträume: Absprechen/ Dämonisierung von Sexualität Im Zuge der sexuellen Revolution : zögerliches Anerkennen Paternalistische Grundhaltung: Experten entscheiden, wer was darf Inzwischen: Niemand spricht behinderten Menschen öffentlich das Recht auf Sexualität ab umsetzen können es dennoch viele nicht 5
6 Als behindert gelten: Menschen, die langfris4ge körperliche, seelische, geis4ge oder Sinnesbeeinträch*gungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberech4gten Teilhabe an der Gesellscha\ hindern können ( UN BRK Art. 1 Abs. 2, Hervorh. S.K.) 6
7 Barrieren, die die Sexualität von Menschen mit Beeinträch4gungen behindern: Vorurteile & Zuschreibungen von Asexualität, vorherrschendes Schönheitsideal/ nega4ves Selbstbild fehlende Auklärung, fehlende Gelegenheiten poten4elle Partner/innen zu treffen bzw. Unerreichbarkeit entsprechender Orte Berührungsängste, Normalitätsvorstellungen,... Leben in einer Ins4tu4on 7
8 Barriere Institution Merkmale d. Totalen Institution (Goffman 1961/1973): 1. allumfassend, alle Mitglieder sind überall einer zentralen Autorität unterworfen 2. Aufhebung der Trennung von privat, gemeinschaftlich und gesellschaftlich 3. Regeln schreiben Handlungen vor 4. Kontrolle durch einen Stab von Funktionären 5. Unterordnung des gesamten Lebens unter einen rationalen Plan Eine veraltete Sichtweise? Ist heute alles ganz anders? 8
9 Barriere Heim Trotz Paradigmenwechsel in der Behindertenpoli4k & UN BRK: Menschen, die aufgrund ihrer Beeinträch4gung einen sehr hohen Hilfebedarf haben, werden nur selten Alterna4ven zum Leben in sta4onären Einrichtungen ermöglicht 9
10 Barriere Heim Auch heute gilt in Einrichtungen Zentrale Regelung menschlicher Bedürfnisse Fremdbes4mmter Tagesablauf Abhängigkeit von Einstellungen/ Entscheidungen des Personals Missachtung der In4msphäre/ Grenzen 10
11 Aktuelle Erkenntnisse (repräs. Bielefelder Gewaltstudie ) Viele Frauen in Einrichtungen fühlten sich durch die Reglemen4erung des Alltags und Bevormundungen in ihrer Freiheit eingeschränkt (...). Das Leben von Frauen mit Behinderungen in Einrichtungen ist (...) von Teilhabeeinschränkungen und sozialer Ausgrenzung (etwa im Hinblick auf den Besuch kultureller Veranstaltungen, Freundscha\spflege oder die Mitarbeit in Organisa4onen) geprägt (...). (Kurzfassung o.j., 3) 11
12 Aktuelle Erkenntnisse (repräs. Bielefelder Gewaltstudie ) Das Leben in einer Einrichtung geht (...) o\mals mit erheblichen Einschränkungen der selbstbes5mmten Lebensführung und der Wahrung der eigenen In5msphäre einher. 20% der befragten Frauen haren kein eigenes Zimmer, 20 40% gaben an, dass es in der Einrichtung keine abschließbaren Waschräume gebe. (Kurzfassung o.j., 3) 12
13 Aktuelle Erkenntnisse (repräs. Bielefelder Gewaltstudie ) viele der in Einrichtungen lebenden Frauen haben keine Partnerscha\sbeziehung. Das Leben in Einrichtungen scheint (...) vielfach nicht mit einem Zusammenleben in festen Paarbeziehungen und/oder einer Familiengründung vereinbar zu sein. (Kurzfassung o.j., 3) 13
14 Behinderte Sexualität in & durch Heime Selbstbes4mmung grundsätzlich erschwert bis unmöglich Leben von selbstbes4mmter Sexualität nicht vorgesehen Sexualität bzw. bes4mmte Formen von Sexualität können erlaubt/verboten werden >> Abhängigkeit von den Einstellungen/ Vorurteilen des Personals Erhöhtes Risiko (insb. für Mädchen & Frauen) Opfer sexualisierter Gewalt zu werden 14
15 Sexualität ent hindern Den Körper, Zärtlichkeit, Sexualität zum Thema machen! Neue Sichtweisen entwickeln! 15
16 Sexualität ent hindern Vorstellungen von normaler (Hetero ) Sexualität hinterfragen Selbstbes4mmung ermöglichen Bewusstsein für Grenzüberschreitungen entwickeln & diese vermeiden Krüppelfrauengruppe Bremen 16
17 Sexualität ent hindern (Frei ) Räume schaffen für Begegnung Ausprobieren Erfahrungen
18 Sexualität ent hindern ist im Heim nur begrenzt möglich, da die strukturellen Gegebenheiten der Fremdbes4mmung Vorschub leisten verlangt ein selbstbes4mmtes Leben für alle, d.h. in letzter Konsequenz die Abschaffung der Heime 18
19 Sexualität ent hindern Begehren, Leidenscha\ und Zärtlichkeit lassen sich nicht einfordern wie Rampen an öffentlichen Gebäuden und Aufzüge in Bahnhöfen. (Marhias Vernaldi 2003) Letztendlich bedarf eine tatsächliche Ent hinderung einer veränderten Kultur im Umgang mit Anderssein! 19
20 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 20
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