Parallelverarbeitung von Farbe, Bewegung, Form und Tiefe
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- Justus Friedrich
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1 Grundlagen der Allgemeinen Psychologie: Wahrnehmungspsychologie Herbstsemester (aktualisiert) Prof. Dr. Adrian Schwaninger Überblick Wahrnehmung: Sinnesorgane Prozesse und Grundprinzipien Sehen Hören Propriozeption Tastsinn Geschmackssinn Geruchssinn Wahrnehmung: Organisation und Interpretation Selektive Aufmerksamkeit Wahrnehmungstäuschungen Wahrnehmungsorganisation Wahrnehmungsinterpretation Prof. Dr. Adrian Schwaninger 2 1
2 Parallelverarbeitung von Farbe, Bewegung, Form und Tiefe Colliculus ITC Superior (CS) Prof. Dr. Adrian Schwaninger (Aus Eysel, 2006) 3 Dorsaler und ventraler Strom (Aus Goldstein, 2008) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 4 2
3 Doppelte Dissoziation Läsionsexperimente von Pohl (1973) und Ungerleider & Mishkin (1982) mit Menschenaffen zeigten eine Doppelte Dissoziation: Entfernung des Temporallappens führt zu Versagen bei einer Objektunterscheidungsaufgabe, wo der dreieckige Klotz ausgewählt werden soll. Entfernung des Parietallappens führt zu Versagen bei einer Ortsunterscheidungsaufgabe, wo die näher zu einem Zylinder liegende Verdeckung aufgehoben werden soll. Objektunterscheidungsaufgabe Ortsunterscheidungsaufgabe (Nach Goldstein, 2008) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 5 Prof. Dr. Adrian Schwaninger Bild: Anne Seeger ZHdK
4 Befunde beim Menschen (Aus Gazzaniga, et al. 1998) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 7 Patient V.K.: Schädigung im dorsalen Strom Patient V.K. hat eine Schädigung im dorsalen Strom. Dies zeigt sich in einer optischen Ataxie, d.h. der Patient kann räumliche Informationen nicht mehr richtig auswerten, um seine Hand- und Greifbewegungen zu steuern. Die Abbildung zeigt die Distanz zwischen Daumen und Zeigefinger (grip aperture) beim Greifen eines Gegenstandes durch V.K. und normale Kontrollpersonen (L.K. und B.S.) (Aus Milner & Goodale, 1993; nach Jakobson, 1991) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 8 4
5 Patientin D.F.: Schädigung im ventralen Strom Patientin D.F. erlitt wegen eines Lecks einer Propangasheizung eine Kohlenmonoxid-Vergiftung. Dies hatte eine beidseitige Schädigung im ventralen Strom zur Folge was sich in einer visuellen Formagnosie zeigt (Unfähigkeit visuelle Merkmale für die Objekterkennung zu verarbeiten). Der primäre visuelle Cortex (V1) blieb intakt. Modell Kopie von D.F. (Nach Milner & Goodale, 1995) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 9 Patientin D.F.: Wahrnehmung vs. Action Die Schädigung im ventralen Strom führt dazu, dass eine Karte nicht so ausgerichtet werden kann wie ein Briefschlitz. Weil der dorsale Strom aber intakt blieb, kann D.F. einen Brief in einen Briefschlitz einwerfen. Wahrnehmungsbedingung ( Was ) Action Bedingung ( Wie ) (Modifiziert nach Gazzaniga et al., 1998 und Goodale et al., 1991) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 10 5
6 Parallelverarbeitung von Bewegung, Farbe, Form, Position und Tiefe Parallelverarbeitung ist die natürliche Methode der Informationsverarbeitung im Gehirn; mit ihrer Hilfe kann man viele Aspekte eines Problems gleichzeitig angehen. Die Fähigkeit des Gehirns, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen, ermöglicht es ihm, Unterdimensionen des Sehens (Bewegung, Farbe, Form, Position und Tiefe) auf unterschiedliche neuronale Teams zu verteilen, die getrennt voneinander und gleichzeitig arbeiten. Andere neuronale Teams arbeiten dabei zusammen, um die Ergebnisse zusammenzuführen, sie mit gespeicherten Informationen zu vergleichen und Wahrnehmungen zu ermöglichen. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 11 Repräsentation von Objekten Hypothesen zur Repräsentation von Objekten (Gauthier, 2000) Hypothese 1: Zwei Modul-Hypothese Gesichter werden in einem spezifischen Modul verarbeitet (fusiform face area, FFA), Objekte in einem separaten generellen Modul. Hypothese 2: Kategorie spezifische Module Für jede Objektkategorie gibt es ein separates Modul. Hypothese 3: Merkmalskarten Objekte werden durch die Kombination von einfachen und komplexen visuellen Merkmalen repräsentiert. Hypothese 4: Prozesskarten In Abhängigkeit von der Erkennungsaufgabe werden verschiedene Aspekte visueller Information relevant. Auch könnte die FFA (fusiform face area) nicht speziell für Gesichter sondern genereller für Exemplar-Erkennung durch Experten zuständig sein. Nach dem heutigen Wissensstand erscheint die Kombination von Hypothese 3 und 4 am plausibelsten aufgrund von Computersimulationen und aufgrund verschiedener Befunde aus den Neurowissenschaften. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 12 6
7 a b Befunde mit funktioneller Magnetresonanztomographie (functional magnetic resonance tomography, fmrt) beim Menschen. Häuser, Stühle und Gesichter scheinen unterschiedliche Module im Gehirn zu aktivieren (a und b). Eine detailliertere Analyse spricht aber eher für eine Repräsentation anhand von Merkmalskarten und verteilter Aktivität (c). c (Nach Ishai et al., 1999) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 13 Objekterkennung (Nach Knoblich et al., 2002; Riesenhuber & Poggio, 1999) Prof. Dr. Adrian Schwaninger 14 7
8 Prof. Dr. Adrian Schwaninger 15 Zusammenfassung Wahrnehmungen entstehen aus der Wechselwirkung zwischen vielen Neuronensystemen, die jeweils eine einfache Aufgabe ausführen. Die Verarbeitung beginnt in den mehrfachen neuronalen Schichten der Retina, anschließend übermitteln die 6 Mio. Zapfen und die 120 Mio. Stäbchen der Retina ihre Informationen über die bipolaren Zellen an die Ganglionzellen. Die Impulse wandern entlang der Axonen der Ganglionzellen, die den Sehnerv bilden, zum Thalamus und weiter zum visuellen Kortex. In der Sehrinde (primärer visueller Kortex, V1) reagieren Merkmalsdetektoren auf die besonderen Merkmale eines visuellen Reizes. Die übergeordneten Zellen eines höheren Niveaus führen diese gesammelten Daten zusammen, um sie dann in anderen Arealen des Kortex zu verarbeiten. Im dorsalen Strom wird räumliche Information verarbeitet, was für die Steuerung der Visuomotorik wichtig ist (Wo/Wie Strom). Im ventralen Strom wird v.a. Form und Farbe verarbeitet für die Wahrnehmung und Erkennung von Objekten (Was Strom). Wenn die sensorischen Signale die unterschiedlichen Verarbeitungsniveaus durchlaufen (bottom-up), werden sie von unseren Annahmen, Interessen und Erwartungen beeinflusst (top-down). Prof. Dr. Adrian Schwaninger 16 8
Vorlesung Prof. Dr. Adrian Schwaninger 87
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