SVS. Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute. Prüfungskommission SVS-FEAS-FIAS. Diplomprüfung Invalidenversicherung (IV)

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1 SVS Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute Prüfungskommission SVS-FEAS-FIAS Diplomprüfung 2017 Lösungsvorschläge : Prüfungsdauer: Anzahl Seiten der Prüfung (inkl. Deckblatt): Beilage(n): 60 Minuten 10 Keine Maximale Punktzahl: 60 Erzielte : Note: Hinweise: Schreiben Sie Ihre auf das Deckblatt und jede Seite. Prüfen Sie den Aufgabensatz auf seine Vollständigkeit. Schreiben Sie Ihre Antworten ausschliesslich auf die Vorderseiten der Antwort-/Lösungsblätter. Stichworte sind zugelassen (auf Ausnahmen wird hingewiesen). Der blosse Hinweis auf einen Gesetzes- oder Verordnungsartikel genügt nicht (ausser, es wird ausdrücklich erlaubt). Verwenden Sie bei Bedarf für Ihre Lösungen ein Zusatzblatt. Es sind ausschliesslich die offiziellen Zusatzblätter erlaubt. Die Zusatzblätter werden Ihnen bei Bedarf durch die Prüfungsaufsicht abgegeben. Sie erhalten die Zusatzblätter nach Prüfungsbeginn durch Handzeichen. Die Prüfungsaufgaben können in beliebiger Reihenfolge gelöst werden. Teillösungen ergeben ebenfalls. Das maximum wird bei jeder Aufgabe angegeben. Die Experten/innen Unterschriften Datum Experte/in1 Experte/in 2

2 Aufgabe 1: Rente Sachverhalt: 22 Susanne Maier, geb. am , arbeitet seit Jahren als teilerwerbstätige Hausfrau an 4 Tagen zu je 8 Stunden in der Woche als KV-Angestellte. Bei einem 100%-igen Arbeitspensum beträgt die wöchentliche Arbeitszeit im gleichen Betrieb 40 Wochenstunden. Sie erzielt ein AHV-pflichtiges Monatseinkommen (x1) über CHF 5' Aufgrund einer psychischen Erkrankung muss sie am stationär in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden. Von den behandelnden Ärzten wird sie wie folgt arbeitsunfähig geschrieben: Dauer der Arbeitsunfähigkeit: Grad der Arbeitsunfähigkeit als KV-Angestellte = 100% = 50% = 0% weiterhin = 50% Hinweis: Der Grad der Arbeitsunfähigkeit bezieht sich auf die geleistete Teilzeittätigkeit als KV-Angestellte. Dauer der Arbeitsunfähigkeit: Grad der Arbeitsunfähigkeit als Hausfrau = 100% weiterhin = 0% Am geht bei der zuständigen IV-Stelle ein Rentengesuch von Susanne Maier ein. Nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen und einer Abklärung an Ort wird im Aufgabenbereich als Hausfrau eine Einschränkung von 20 % ermittelt. Kurz vor Ablauf der Wartezeit muss sich die Versicherte zudem einer medizinischen Begutachtung unterziehen. Der beauftragte Gutachter bestätigt abschliessend ebenfalls eine 50 % Arbeitsunfähigkeit als KV-Angestellte bezogen auf das geleistete Teilzeitpensum. Für adaptierte Tätigkeiten wird keine höhere Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen und der Arbeitszeitreduktion wird vom Arbeitgeber seit ein Monatslohn von CHF 2'200.- (x1) ausgerichtet. 1.1 Ermitteln Sie die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit während der einjährigen Wartezeit. Geben Sie Beginn und Ende der massgebenden Wartezeit an, und zeigen Sie den Berechnungsweg auf. 8 Seite 2

3 Durchschnittliche AUF als KV-Angestellte während der Wartezeit: Dauer AUF Monate Faktor = 100% x = 50% x = 0% x = 50% x (1) (1) : 12 = 58% (1) Durchschnittliche AUF als Hausfrau während der Wartezeit: Dauer AUF Monate Faktor = 100% x = 0% x (1) : 12 = 45% (1) Durchschnittliche AUF als teilerwerbstätige Hausfrau: Tätigkeit Qualifikation Durchschnittliche Prozentualer Anteil AUF im Wartejahr KV-Angestellte 80% 58% 46.4% Hausfrau 20% (1) 45% 9.0% Total 55.4% (1) Die durchschnittliche Wartezeit während dem Wartejahr vom (1) beträgt als teilerwerbstätige Hausfrau 55 %. Seite

4 1.2 Berechnen Sie den IV-Grad nach Ablauf des Wartejahrs, und zeigen Sie den Berechnungsweg auf. 4 Berechnung des IV-Grades als KV-Angestellte: Einkommensvergleich: CHF 5'200.- x 1 = CHF 67'600.- (Valideneinkommen) CHF 2'200.- x 1 = CHF 28'600.- (Invalideneinkommen) (1) CHF 9'000.- ( Erwerbseinbusse) IV-Grad: CHF 9'000 x 100 : CHF 67'600 = 58% (1) Tätigkeit Qualifikation EUF nach Wartejahr Prozentualer Anteil KV-Angestellte 80% 58% 46.4% Hausfrau 20% 20% (1) 4.0% Total 50.4 % (1) 1. Ab wann besteht welcher Anspruch auf eine IV-Rente? 2 Ab (1) besteht Anspruch auf eine halbe IV-Rente (1). Erweiterter Sachverhalt: Im Mai 2016 führt die zuständige IV-Stelle eine Rentenrevision von Amtes wegen durch. Die Abklärungen ergeben, dass sich der Gesundheitszustand verbessert hat. Im Aufgabenbereich als Hausfrau besteht seit März 2016 keine Einschränkung mehr. Die Arbeitsfähigkeit und die Einkommenssituation als KV- Angestellte haben sich hingegen nicht verändert. Die Arbeitsunfähigkeit beträgt weiterhin 50 % und vom Arbeitgeber wird wie bisher ein Leistungslohn von CHF 2'200.- (x1) ausgerichtet. 1.4 Berechnen Sie den IV-Grad ab März 2016, und zeigen Sie den Berechnungsweg auf. 2 Seite 4

5 Tätigkeit Qualifikation AUF nach Wartejahr Prozentualer Anteil KV-Angestellte 80% 58% 46.4% Hausfrau 20% 0% (1) 0% Total 46.4 % (1) 1.5 Ist die IV-Rente anzupassen? Falls ja, welche Rente wird die IV Susanne Maier inskünftig ausrichten? Begründen Sie Ihre Antwort. Ein Revisionsgrund ist ausgewiesen. (1) Dank der Steigerung der Arbeitsfähigkeit im Haushalt resultiert neu ein IV-Grad von 46 %. (1) Damit ist die IV- Rente auf den nächstmöglichen Zeitpunkt auf eine Viertelsrente herabzusetzen. (1) Erweiterter Sachverhalt: Angenommen der Gesundheitszustand von Susanne Maier würde sich wieder erheblich verschlechtern und es wäre wiederum der Anspruch auf eine höhere Rente zu prüfen. 1.6 Hat Susanne Maier Anspruch auf eine Übergangsleistung bis die Rentenrevision abgeschlossen ist? Begründen Sie Ihre Antwort. Nein (1), da die IV-Rente weder nach Durchführung von Massnahmen zur Wiedereingliederung nach Art.8a IVG (1) noch wegen der Erhöhung des Beschäftigungsgrades herabgesetzt oder aufgehoben wurde. (1) Seite 5

6 Aufgabe 2: Wiedererwägung Sachverhalt 14 Iris Müller, Jahrgang 1992, wurden bis zur Vollendung des 20.Altersjahres medizinische Massnahmen zur Behandlung des Geburtsgebrechens Ziffer 182 zugesprochen. Nach einer erfolgreichen Ausbildung zur Primarlehrerin und einem einjährigen Praktikum begann sie auswärts ein Studium zur Heilpädagogin. Diese Ausbildung war schon immer ihr primäres Ausbildungsziel. Aufgrund ihrer eingeschränkten Gehfähigkeit reichte sie ein Gesuch um Ausrichtung von beruflichen Massnahmen bei der IV ein. In der Folge verfügte die IV mit Verfügung vom , sämtliche Ausbildungskosten im Rahmen der erstmaligen Ausbildung zur Heilpädagogin zu übernehmen. Daneben wurde mit Verfügung vom für die gesamte Ausbildungszeit ein kleines IV-Taggeld zugesprochen. Mit Verfügung vom wurden die Verfügungen vom und in Wiedererwägung gezogen und die Leistungszusprachen aufgehoben. 2.1 Welches sind die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung? Die Unrichtigkeit muss zweifellos festzustellen sein. (1) Die Berichtigung muss von erheblicher Bedeutung sein. (1) Es muss eine formell rechtskräftige Verfügung vorliegen. (1) 2.2 Wie unterscheidet sich eine Wiedererwägung rechtlich von der prozessualen Revision? Nennen Sie unterschiedlich definierte Bestimmungen oder Voraussetzungen. Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine prozessuale Revision müssen formell rechtskräftige Verfügungen von Amtes wegen in Revision gezogen werden. (1) Eine prozessuale Revision setzt voraus, dass nach Erlass der Verfügung neue erhebliche Tatsachen entdeckt werden, die bei Erlass der Verfügung bereits bestanden, deren Beibringung jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war. (1) Die Einreichung des Revisionsbegehrens ist innert 90 Tagen zu stellen. (1) Ebenfalls korrekt: Ohne Schuld nicht eingebracht. (1) Seite 6

7 2. Wie geht die Verwaltung vor, wenn diese nach summarischer Prüfung auf einen Wiedererwägungsantrag einer versicherten Person nicht eintritt? Begründen Sie Ihre Antwort. Die Verwaltung kann (1), muss (1) aber nicht auf ein Wiedererwägungsgesuch eintreten und dieses materiell prüfen. Der Nichteintretensentscheid erfolgt deshalb in diesem Fall in Briefform ohne Rechtsmittel. (1) 2.4 Hat die IV-Stelle im eingangs angeführten Sachverhalt die Verfügungen mit Zusprache der Ausbildungskosten zur Logopädin und des IV-Taggelds zu Recht in Wiedererwägung gezogen und rechtmässig nachträglich eine Leistungsübernahme verneint? Begründen Sie Ihre Antwort. Ja (1), da keine behinderungsbedingten zusätzlichen Ausbildungskosten zur Logopädin anfallen (1), die einen Anspruch auf eine eba begründen und während der Ausbildung keine behinderungsbedingte Erwerbseinbusse (1) ausgewiesen ist. 2.5 Auf welchen Zeitpunkt werden die Leistungen von der IV eingestellt? 2 Die Leistungen werden rückwirkend (1) eingestellt und zurückgefordert (1). oder Die Leistungen werden per sofort aufgehoben (2). Seite 7

8 Aufgabe : Datenschutz - Akteneinsicht Sachverhalt 1 Der UVG-Versicherer bittet die IV-Stelle um Zustellung des vollständigen IV- Dossiers von Max Müller. Die IV-Stelle prüft zeitgleich den Anspruch auf eine IV-Rente von Max Müller. In der Vergangenheit wurden Max Müller bereits verschiedene Leistungen in Form von medizinischen Massnahmen zur Behandlung eines Geburtsgebrechens, diverse Hilfsmittel und berufliche Eingliederungsmassnahmen gewährt..1 Kann dem UVG-Versicherer das vollständige IV-Dossier zur Einsichtnahme zugestellt werden? Begründen Sie Ihre Antwort. Nennen Sie die massgebende(n) Rechtsgrundlage(n). 4 Nein (1), es dürfen nur die diejenigen Daten dem UVG-Versicherer bekannt gegeben werden (1), die für einen in Art.2 Abs.1 ATSG (1) aufgeführten Zweck erforderlich sind. (1).2 Kann die IV die direkte Bekanntgabe ihrer Gesundheitsdaten einer versicherten Person gegenüber verweigern? Falls ja, nennen Sie die massgebende(n) Voraussetzung(en) und Rechtsgrundlage(n). Ja (1), sofern sich die Bekanntgabe der Gesundheitsdaten für die versicherte Person nachteilig auswirken würde, so kann von ihr verlangt werden, dass sie einen Arzt bezeichnet, der ihr diese bekannt gibt. (1) Art.47 Abs.2 ATSG (1). Darf die IV-Stelle den nachfolgenden Personen oder Stellen ohne Vollmacht der versicherten Person Auskunft zum Fall erteilen? Begründen Sie Ihre Antwort. 6 a. Ehegatte? b. Polizei? c. Familienrichterin? d. Sozialhilfebehörde? a. Nein (1), da eine gesetzlichen Grundlage fehlt. (½ ) b. Nein (1), da eine gesetzlichen Grundlage fehlt. (½ ) c. Ja (1), sofern die Daten für die Beurteilung eines familien oder erbrechtlichen Streitfalles erforderlich sind. (½ ) d. Ja (1), sofern die Daten für die Festsetzung, Änderung oder Rückforderung von Leistungen oder die Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge erforderlich sind. (½ ) Seite 8

9 Aufgabe 4: Hilflosenentschädigung - Koordination 11 Florian Meister, Jahrgang 1972, Bezüger einer IV-Rente und wohnhaft in Basel, leidet an einer psychischen Erkrankung. Mit Anmeldung vom beantragt er die Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung. Die Abklärungen der IV ergeben, dass er seit dauernd auf lebenspraktische Begleitung im Sinne von Art. 8 IVV und auf indirekte Hilfe bei der Körperpflege angewiesen ist. 4.1 Begründet Florian Meister den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der IV? Falls ja, welcher Grad der Hilflosenentschädigung kommt zur Ausrichtung? 2 Ja (1), der Versicherte hat Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung leichten Grades (1). Erweiterter Sachverhalt: Angenommen, Florian Meister erfülle die Anspruchsvoraussetzungen für die Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung. 4.2 Ab welchem Zeitpunkt kann die Hilflosenentschädigung ausgerichtet werden? Begründen Sie Ihre Antwort. Nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) im IVG. 4 Ab (1) infolge verspäteter Anmeldung (1) kann die Hilflosenentschädigung leichten Grades ausgerichtet werden. Art.42 Abs.4 IVG oder Art.28 IVG (1) und Art.48 IVG (1) Erweiterter Sachverhalt: Am erleidet Florian Meister einen schweren Arbeitsunfall. Infolge der dabei zugezogenen Lähmungen ist er neu auch beim Anziehen, beim Aufstehen, beim Essen und der Fortbewegung auf die regelmässige und erhebliche Hilfe von Drittpersonen angewiesen. Der involvierte UVG-Versicherer spricht Florian Meister deshalb eine Hilflosenentschädigung mittelschweren Grads zu. Seite 9

10 4. Erhält Florian Meister neu eine Hilflosenentschädigung der IV und des UVG-Versicherers ausgerichtet? Falls nein, wie sind diese Leistungen zu koordinieren? Begründen Sie Ihre Antwort, und nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) im ATSG und im IVV. 5 Nein (1), der Versicherte erhält neu lediglich über den UVG-Versicherer eine Hilflosenentschädigung ausgerichtet. (1) Die bisherige Hilflosenentschädigung der IV ist von der IV an den UVG-Versicherer zu überweisen. (1) Art.66 Abs. ATSG (1) Art.9k IVV (1) Seite 10