Prof. Dr. phil. Norbert Linke. Die Tätigkeit des Musiklehrers an allgemeinbildenden Schulen unter dem Gesichtspunkt der Langzeitplanung ( )

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1 FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr / Fachgruppe Geisteswissenschaften Herausgegeben vom Minister für Wissenschaft und Forschung Prof. Dr. phil. Norbert Linke Fachhereich 4 Universität - Gesamthochschule - Duisburg Die Tätigkeit des Musiklehrers an allgemeinbildenden Schulen unter dem Gesichtspunkt der Langzeitplanung ( ) Empirische Untersuchungen zur Anthropologie der Musikerziehung Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1982

2 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Linke, Norbert: Die Tätigkeit des Musiklehrers an allgemeinbildenden Schulen unter dem Gesichtspunkt der Langzeitplanung : ( ) ; empir. Unters. zur Anthropologie d. Musikerziehung Norbert Linke. (Forschungsberichte des Landes Nordrhein Westfalen ; Nr. )145 : Fachgruppe Geisteswiss.) ISBN NE: Nordrhein-Westfalen: Forschungsberichte des Landes 1982 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1982 Herstellung: Westdeutscher Verlag ISBN ISBN (ebook) DOI /

3 Inhalt Vorwort I. Abschnitt: Zur Entstehung und Abwicklung des Forschungsprojekts EMUNAMUS II. Abschnitt: Interviews mit Musiklehrern - 35 Fragen und Antworten A. Unterrichtsorganisation (1-5) B. Ausbildung (6-9) C. Gruppenarbeit (10-12) D. Unterrichtspraxis (13-17) E. Schülerprobleme (18-20) F. Arbeitsklima (21-26) G. Ubergeordnete Fragen (27-34) H. Zusätzliche Fragen (35) III. Abschnitt: Ergebnisse 195 A. Ubereinstimmende Merkmale, die für alle befragten Musiklehrer gelten B. Die Auswirkungen der unmittelbaren Praxisbegegnung auf das Unterrichts- und Planungsverhalten der Junglehrer 202 C. Das Verhalten des "etablierten" Musikerziehers gegenüber Reform und Innovation 206 D. Aspekte der Mode wie auch der kontinuierlichen Planung im Rückblick des pensionierten Musik- 210 erziehers E. Appell an die staatliche Verantwortung IV. Abschnitt: Anmerkungen und Literatur-Hinweise 218

4 - 3 - VORWORT Mit den "Empirischen Untersuchungen zur Anthropologie der Musikerziehung " (EMUNAMUS) ist eine Art Bestandsaufnahme über das Fach Musik an allgemeinbildenden Schulen verbunden - Bestandsaufnahme nicht im Sinne von bloßer Statistik oder katalogartiger Sammlung, sondern im Sinne erinnernder, gesprächhafter Dokumentation. Die Erinnerung der 45 interviewten Musiklehrer mag lückenhaft, zuweilen "getarnt" oder gar verfälscht sein. Dennoch gerät viel stärker als bei anderen Untersuchungsmethoden das Prozeßhafte, das Zielgerichtete, das langfristig Planbare, eben: das Umsetzbare ins Blickfeld. Allzu große "Tarnungen" haben wir ohnehin mit Hilfe der Vergleichs- oder Kontrollfrage der Revision zuführen können; in Einzelfällen waren auch Präzisierungen der Aussagen möglich. Das Fach Musik ist beinahe 60 Jahre alt. Die Lehrer der "Stunde Null" (1924/25) leben zum Teil noch - als Pensionäre. 20 von ihnen haben wir interviewt. Vergleichsinterviews mit 13 Junglehrern und mit 12 Musiklehrern der mittleren Jahrgänge wurden mit der Absicht geführt, die kontinuierlich weittragenden, aber auch die modisch kurzfristigen Lehrinhalte des Faches zu ermitteln. Das Fach Musik war seit seiner Begründung ideologisch bestimmt: 1925 sozialdemokratisch - zur Formung des 11neuen Menschen", 1933 nationalsozialistisch- zur Züchtung des kämpfenden Menschen; 1945 war der "musische" und ab 1965 der gesellschafts- und medienkritische Schüler gewünscht. Wie reagieren darauf die Musiklehrer: engagieren sie sich politisch - oder versuchen sie, die Politik so weit wie möglich dem Musikunterricht fernzuhalten? Die Forschergruppe EMUNAMUS der Universität - Gesamthochschule - Duisburg, Fach Musik, hat die anthropologischen

5 - 4 - Aspekte des Faches und seiner Vertreter untersucht. Folgende Fragen wurden dabei zu klären versucht: - Wie sind die verordneten Lehrpläne und Lernziel-Kataloge von den Musik-Lehrern angenommen und in der Praxis umgesetzt worden? - Was konnte relativ gut geleistet werden, was war Überforderung? - In welcher Weise wurde psychologisch auf die Schüler eingewirkt (Persönlichkeitsbildung), der Lehrer in seiner Arbeitswelt gefördert (Lehrerfortbildung)? - Wie hat sich der Wandel in der Umwelt auf das Lehrverhalten ausgewirkt? - Welchen Stellenwert hat das Fach Musik gehabt beziehungsweise inzwischen errungen? - Wie ließen sich die Arbeitsbedingungen (zum Beispiel im Lehrer-Schüler-Verhältnis) verbessern? - Welche Kriterien sind für den Musiklehrer maßgebend bei dem Versuch, private und schulische Interessen (Anforderungen) miteinander zu verknüpfen? Und so weiter Auf diese und andere Fragen sind zum Teil recht unterschiedliche Antworten gegeben worden. Für uns waren aber nicht nur die Urteile entscheidend - obwohl wir sie und alle statistisch erfaßbaren Daten, soweit es erforderlich und wünschenswert war, in dieser Arbeit mitgeteilt haben; wichtiger waren für.uns die Begründungen und die Zusammenhänge, die sich mit anderen Fragen oder Aspekten ergaben. Wesentlich war zudem der Gesprächspartner: der mit uns sprechende Musiklehrer als Mensch, in seiner Glaubwürdigkeit, in seiner "Stimmigkeit". Streng genommen hätten Erzieher, Psychologen, Küns.tler, Statistiker, Politiker, Fachvertreter (auch der Nebenfächer) usw. zusammenwirken müssen. Aber jeder hätte den anderen nur in seinem Spezialgebiet anerkannt, nicht jedoch in den übrigen Disziplinen und Tätigkeiten. Um dem Vorwurf des Dilettantismus zu entgehen, hätte man mehrere Gebiete koppeln

6 - 5 - und als "Bindestrich-Wissenschaften" vermitteln können. Diejenige Wissenschaft aber, die den Zusammenhang und das Obergreifende nicht als weniger seriöses Anliegen, vielmehr als legitimen Gegenstand der Forschung betrachtet, ist die Anthropologie. Hier ist die Methode und die Frageform eine ganz andere: der Hauptakzent liegt gleichsam auf jenem Verbindenden, das die Einzelwissenschaften entweder ausgelassen oder jeweils nur als Randphänomen behandelt haben. Mit der "Zusammenhangsbetrachtung" - über die Grenzen fachegoistischer Beschränkung hinweg - handelten wir uns freilich Schwierigkeiten ein, die in zahlreichen Sitzungen ausdiskutiert werden mußten. Die Forschergruppe EMUNAMUS hat sich über ein Jahr (vom April 1978 bis zum Juli 1979) intensiv auf die neuen Fragestellungen vorbereitet. Leider ist es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, die methodelogische Diskussion auch nur annäherungsweise wiederzugeben; dies soll in einer gesonderten Publikation geschehen - über die Möglichkeiten einer Anthropologie der Musikerziehung. Die Gediegenheit von Untersuchungen pflegt man u.a. am Kriterium des Repräsentativen zu messen. In unserem Falle stellt sich dieses Problem praktisch mit jedem Interviewten, mit jeder Frage wieder anders. Wer zum Beispiel als Schulmusiker an einem bestimmten (kleineren) Ort beinahe unumschränkter König auf dem Gebiete der musikalischen Förderung war- sowohl schulisch als auch außerschulisch- der ist unter Umständen für Tausende repräsentativ gewesen (gegebenenfalls über rund 50 Jahre hinweg). Keine Richtlinie, keine Kultusbehörde und keine andere "vorgesetzte" Institution hat ihm etwas antun können. Der Schulmusiker ist - ähnlich wie nur noch der Sportlehrer - derjenige Lehrer, der am stärksten und nachhaltigsten über die Schule hinaus unmittelbar auf das kulturelle Leben einer Gemeinde einwirken kann. Unsere Interviews wurden nach einem Fragen-Katalog geführt, der aber vom Befragten umgeworfen, rückgefragt, ergänzt oder teilweise auch nicht beantwortet werden konnte. In die-

7 - 6 - ser Beziehung mag von einem halbstandardisierten Test gesprochen werden - insofern er mit seinen 35 Fragen zwar andernorts auch durchgeführt werden kann, in Umfang und Wert der Antworten von Interview zu Interview aber niemals ganz vergleichbar ist. Beim einen läßt sich das gesamte Interview, von der Cassette abgehört, auf gut 5 Schreibmaschinen-Seiten aufschreiben, beim anderen aber auf 42 Seiten. Im letztgenannten Fall, dem Maximum unserer Untersuchung, tritt das Bezugsnetz des ~usammenhangs, der Reflexion und der Präzisierung selbstverständlich viel stärker in Erscheinung als bei dem wesentlich auf (teils nicht begründete) Urteile abgestellten Kurzinterview. Eine bedauerliche Störung unserer Untersuchung war durch die Einsparmaßnahmen des Jahres 1981 gegeben: durch sofortige Kündigung der Verträge war eine Gruppe von studentischen Hilfskräften gezwungen, sich anderweitig Arbeit suchen zu mtissen und aus dem Projekt EMUNAMUS auszuscheiden. Dadurch verzögerten sich die Auswertungsarbeiten nicht unbeträchtlich. Im tibrigen konnte das Projekt nicht mehr so allgemein informativ zuende geftihrt werden, wie es ursprunglieh gedacht war. Hier mußte der Projekt-Leiter einspringen und mehr oder weniger gewaltsam ~en Schlußpunkt setzen. Ergänzende Hinweise - zum Beispiel auf die herangezogene Literatur - sind im Schlußabschnitt gegeben. Die Schlußarbeiten wurden geleistet von: Cornelia Nelius (Schreibarbeite~, Ursula Wahnfried und Ulrike Wissel (Korrekturen). Nicht zuletzt sei dem Minister ftir Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen gedankt ftir die finanzielle Unterstützung des Forschungs-Projekts EMUNAMUS. Duisburg, im Februar 1~82 Professor Dr. Norbert Linke als Projektleiter