Dr. Cordula Reimann, swisspeace/koff
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- Irmgard Weiß
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1 1000 Frauen für den Friedensnobelpreis Basel, 6. Juni 2006 UNO Resolution 1325 und was passiert damit in der Schweiz? Dr. Cordula Reimann, swisspeace/koff 1
2 Hintergrund Die UNO Sicherheitsratsresolution 1325 (kurz Resolution 1325) zu Frauen, Frieden und Sicherheit wurde am 31. Oktober 2000 einstimmig verabschiedet. Sie ist in der Geschichte der UN die erste Sicherheitsratsresolution, die ausdrücklich die Auswirkungen von bewaffneten Konflikten auf Frauen und Mädchen benennt und die stärkere Teilnahme von Frauen auf allen Ebenen der Friedensschaffung und Konfliktbearbeitung fordert. Die Resolution ist das Resultat der langjährigen internationalen Lobbying- und Advocacy-Arbeit der internationalen Frauenbewegung, nationaler Frauen-NGOs, UN-Organisationen, wie z.b. UNIFEM, und einzelnen UN-Mitgliedstaaten, wie z.b. Kanada. Die Resolution 1325 verfolgt eine holistische Perspektive, in dem sie auf existierende UN Konventionen und Resolutionen aufbaut, wie z.b. der Antidiskriminierungskonvention (CEDAW) von 1979, der Bejing Deklaration und Aktionsplattform von 1995 und der Wiendhoek Declaration and the Namibia Plan of Action on Mainstreaming a Gender Perspective in Multidimensional Peace Support Groups von Themenschwerpunkte und Verantwortlichkeiten Die Hauptforderungen der Resolution 1325 lassen sich in den folgenden drei Themenbereichen zusammenfassen: 1) Verstärkte Teilnahme von Frauen in der Friedensförderung 2) Prävention von gender-spezifischer Gewalt und Schutz der Bedürfnisse und der Rechte von Mädchen und Frauen während und nach Gewaltkonflikten 3) Gender-sensitive Perspektive in allen Projekten und Programmen der Friedensförderung Neben den Mitgliedsstaaten der UNO, dem UN Sicherheitsrat und dem UN Generalsekretär sind alle beteiligten bewaffneten Konfliktparteien und alle Akteure, die in der Friedensschaffung inklusive Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration involviert sind, aufgefordert, die Resolution umzusetzen. Seit Verabschiedung der Resolution sind nationale Regierungen jedes Jahr aufgerufen, nationale Berichte zur Umsetzung der Resolution vorzulegen. In vielen Ländern haben nationale Nichtegierungsorganisationen einen Schattenbericht zur Umsetzung vorgelegt. So legte die deutsche Frauenorganisation Frauensicherheitsrat der UNO ihren Schattenbericht zum offiziellen Bericht des Auswärtigen Amtes vor. Resolution 1325: Erfolg der internationalen Frauenbewegung gleichzeitig politische Kompromissformel und Gunst der Stunde Die Verabschiedung der Resolution 1325 muss zweifelsohne als Erfolg der internationalen Frauenbewegung und ihrer hartnäckigen Lobbing-Aktivitäten gesehen werden. Gleichzeitig ist die Resolution eindeutig eine politische Kompromissformel: Im Vergleich zu anderen UN Resolutionen, z.b. der Resolution Counter-Terrorism vom September 2001 bedient sich der Sicherheitsrat bei der Resolution 1325 einer politisch schwachen, wenig nachdrücklichen und bestimmenden, Sprache. Es ist ein offenes Geheimnis, dass durch die Ereignisse vom 11. September andere politische Prioritäten nach 2001 gesetzt worden wären und eine Resolution zu genderspezifischen Dimensionen von Gewaltkonflikten nicht durch den Sicherheitsrat gegangen wäre. Die generelle und grösste Schwäche der Resolution 1325 ist, dass konkrete Kriterien und Indikatoren für die Implementierung, das Monitoring und die Evaluation der Resolution fehlen. Klar abgesteckte Quoten und Zeithorizonte werden nicht genannt. 2
3 Was sind Schwierigkeiten und Erfolge in der Umsetzung? Die weltweite Umsetzung und die lokalen Auswirkungen der Resolution müssen als sehr gemischt eingeschätzt werden: Auf der einen Seite ergibt ein Blick auf die momentanen Gewaltkonflikte im Sudan und auf die internationale Praxis der Friedensschaffung, wie z.b. auf die Verhandlungen zum Sudan und Kosovo, eine ernüchternde Bilanz. Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen sind nach wie vor ein systematisches Gewaltinstrument in allen bewaffneten Konflikten. Frauen und Mädchen bleiben genderspezifischer Gewalt in Flüchtlingslagern ausgesetzt und werden zum Sexhandel gezwungen. Die Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen in Sri Lanka in den ersten Stunden nach der Flutkatastrophe Tsunami und in Übergangslagern sind ein besonders tragisches Beispiel. Die UN Institutionen, viele Nationalregierungen und weite Teile der Zivilgesellschaft im Norden und Süden wissen nicht oder nur sehr rudimentär über den Inhalt der Resolution 1325 Bescheid. Internationale Frauenorganisationen haben darüber hinaus mehrmals auf den mangelhaften systematischen Informationsfluss zwischen dem UN Hauptsitz in New York und den weltweiten Feldbüros hingewiesen. Gender-spezifische Fragestellen werden in vielen Foren und Strategien der Friedensförderung nach wie vor marginalisiert oder ignoriert. Bei Friedensverhandlungen finden die Konsultationen von Frauengruppen und -netzwerken nur punktuell, wenn überhaupt, statt. Sehr oft fehlt den UN Missionen und den lokalen und internationalen Friedensförderungsprojekten ein gender-spezifisches Mandat: In den peace-keeping Operationen haben bis 2005 nur die Operationen in Osttimor, Kosovo, Kongo, Elfenbeinküste und Sierra Leone sich explizit mit Genderfragen beschäftigt. Die Durchführung von Gender Trainings und die Berücksichtigung von Genderfragen in Missionen bleiben abhängig vom politischen Willen der Verantwortlichen. Von dem Erfolgsbeispiel Liberia abgesehen werden bei internationalen Prozessen der Entwaffnung und Demobilisierung nach wie vor oft die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern ignoriert. Der Frauenanteil auf Führungsebene in der UN stagniert: Die UNO selber setzte sich das Ziel einer 30%- Frauenquote bis zum Jahr 2005, von dem sie in vielen Entscheidungsgremien noch weit entfernt ist. Im Jahre 2006 sind unter den 50 Special Representatives des UN-Generalsekretärs oder Special Envoys in Peace-keeping-Operationen sechs Frauen. Bis dato waren nur in den UN-Missionen Angola, Südafrika, Zypern, Georgien und Bosnien Frauen Heads of missions. Diese negative Teilbilanz muss auf der anderen Seite im Hinblick auf die folgenden positiven Entwicklungen kontextualisiert und relativiert werden: Die Gewaltkonflikte und ihre Bearbeitung finden sehr oft im Kontext tief verwurzelter gesellschaftlicher Machtasymmetrien und Geschlechterverhältnissen in der Privat- und Öffentlichkeitssphäre statt. Die Resolution 1325 hat zweifelsohne im Norden und Süden einen wichtigen Sensibilisierungsprozess über die Betroffenen und die Friedens- und Gewaltakteure in Konflikten ausgelöst. Die vielsprachigen Übersetzungen - inzwischen liegt die Resolution 1325 in 73 Übersetzungen vor, u.a. in Hausa, Punjabi und Filipino - haben zweifelsohne die Umsetzung auf der lokalen Ebene erleichtert. In vielen Ländern des Südens hat die Resolution 1325 die wichtige Friedens- und Netzwerkarbeit von Frauen anerkannt und legitimiert. 3
4 Die Resolution 1325 erlaubt es gerade lokalen, zivilgesellschaftlichen Akteuren mit Verweis auf internationale Verpflichtungen ihren Forderungen nach stärkerer Teilnahme von Frauen mehr politisches Gewicht und Verhör zu verschaffen. So haben sich Frauenorganisationen 2004 in Sri Lanka landesweit organisiert und durch öffentliche Veranstaltungen auf ihre Vorstellungen zu einer nationalen Umsetzung von 1325 und dem aktuellen Friedensprozess hingewiesen. In Westafrika hat das West Africa Network for Peacebuilding (WANEP) die Resolution 1325 in ihre Projekte, wie. z.b. in ihren lokalen Frauenradios, Trainings und Trainingsmaterial integriert. Die Berufung auf Resolution 1325 erlaubt lokalen wie internationalen Mitarbeitenden in der praktischen Friedens- und Entwicklungsarbeit, besser auf geschlechtsspezifisch begründete oder angeblich kulturell bedingte Abwehrhaltungen gegenüber geschlechtsspezifischen Komponenten in Entwicklungs- und Friedensarbeit zu reagieren. In vielen Ländern des Nordens ist das generelle Bewusstsein für gender-spezifische Dimensionen von Gewaltkonflikten und der Friedensförderung auf höchsten politischen Regierungsebenen gestiegen. Aus Anlass des fünften Jahrestages der Resolution haben die UNO und ihre Mitgliedstaaten ihr Engagement zugunsten der Förderung der Rolle der Frauen in Friedensprozessen wiederholt und die Staaten dazu aufgerufen, nationale Strategien zur Umsetzung der Resolution auszuarbeiten. Bis jetzt haben die Regierungen von Norwegen und Grossbritannien, ihre nationale Umsetzungspläne einem breiteren, nationalen und internationalem, Publikum vorgestellt. Und was passiert in der Schweiz? Die Resolution 1325 ist seit 2003 ein regelmässiges Thema des Gender & Friedensförderung Rundtisches, der vom Kompetenzzentrum Friedensförderung (KOFF) organisiert wird. Das KOFF hat zu diesem Thema Schweizer Nichtregierungsorganisationen, Akademikerinnen und die Verwaltung zusammen gebracht und den politischen Handlungsbedarf und gemeinsame Strategien diskutiert brachte die Nationalrätin Barbara Häring eine Interpellation zum Stand der Umsetzung von Resolution 1325 in das Parlament ein. Im gleichen Jahr lancierten die cfd-frauenstelle für Friedensarbeit, Amnesty International Schweiz und HEKS die Postkartenaktion. Sie lobbyierten beim Bundesrat für die zügige, nationale Umsetzung der Resolution und schafften in der Schweiz bei einer breiteren Öffentlichkeit eine Sensibilisierung für Diese Aktion forderte auch eine kohärente zivile Friedens- und Sicherheitspolitik, die die Interessen und Bedürfnisse von Frauen auch in militärischen und wirtschaftlichen Bereichen ernst nimmt: Es sei ein Widerspruch, wenn das EDA die Resolution 1325 als grundlegendes Dokument für die schweizerische Politik bezeichne, aber gleichzeitig Kriegsmaterial an Staaten wie Saudiarabien, die systematisch Frauenrechte missachten, geliefert würden. Die offizielle Schweiz ist seit ihrer Mitgliedschaft in der UNO Mitglied der Friends of the Resolution, einer adhoc inter-gouvernmentalen UN Arbeitsgruppe, die sich als Advokat für die Umsetzung von Resolution 1325 vor allem auf UN Ebene versteht. Die Resolution 1325 gilt für das Eidgenössische Department für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) als normativer Referenzrahmen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik. Aktuell wird im EDA die nationale Umsetzungsstrategie für die Resolution erarbeitet. Zu diesem Zweck hat sich in der Schweiz die inter-departmentale Arbeitsgruppe "Uno Resolution 1325 CH" konstituiert: Sie besteht aus Vertretern und Vertreterinnen des VBS und des EDA. Sie wird geleitet von der Politischen Abteilung IV Menschliche Sicherheit (Frieden, Menschenrechte, Humanitäre Politik und Migration). Das bi- und multilaterale Policy Engagement der Schweiz im Sinne der Resolution 1325 beinhaltet die entsprechende Projektarbeit, durch Expertenentsendungen sowie durch interne Massnahmen wie die Rekrutierung, Ausbildung und interne Gleichstellungspolitik. Was bedeutet dies konkret im Hinblick auf die Forderung von 1325 nach der verstärkten Teilnahme von Frauen in der Friedensförderung? Im Kontext der UNO Reformen richtete im Herbst 2005 Frau Bundesrätin Calmy-Rey mit ihren Aussenministerkolleginnen einen Brief an den UNO Generalsekretär, in welchem sie den Einschluss von Gender- Expertise und eine ausgewogene Repräsentation von Frauen in der neu zu schaffenden Peacebuilding Commission fordern. Die Forderung nach verstärkter Frauenrepräsentation in Gremien der UNO wie auch in der OSZE wird in laufende Verhandlungen eingebracht. 4
5 Das EDA unterstützt Projekte zur Förderung der Teilnahme von Frauen in der Friedensförderung wie beispielsweise die Initiative "1000 Frauen für den Friedensnobelpreis 2005". Unterstützt werden auch lokale Frauennetzwerke von Friedensfrauen wie etwa in Kolumbien und Kongo. Der nationale Umsetzungsplan soll Ende des Jahres verabschiedet und einer grösseren Bevölkerung vorgestellt werden. Die Erfahrungen aus Norwegen und Kanada zeigen, wie wichtig die frühzeitige Einbeziehung der Zivilgesellschaft in Umsetzungsüberlegungen und institutionalisierte Formen des Monitoring sind. Das EDA hat Anfang April eine erste Version ihres Umsetzungsplanes beim KOFF Gender Rundtisch vorgestellt und mit Schweizer NROs diskutiert. Wieweit die Diskussion zur Resolution 1325 Möglichkeiten für gemeinsame Strategieplanungen von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen ergibt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist getan. Weitere Informationen unter: - KOFF- Gender websites, - UN Sicherheitsratsresolution 1325 als pdf, siehe - PeaceWomen, - Unifem, - CFD/DEZA Newsletter als pdf, siehe 5
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