Osteopathische Medizin. Die Lungen und das Diaphragma. Grégoire Lason & Luc Peeters
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- Richard Lange
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1 Osteopathische Medizin Die Lungen und das Diaphragma Grégoire Lason & Luc Peeters
2 Die Lungen und das Diaphragma Grégoire Lason & Luc Peeters Copyright von Osteo 2000 bvba Diese Publikation darf ohne schriftliches Einverständnis des Verlags weder kopiert noch in sonstiger Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder jegliche andere Form) veröffentlicht werden. Kontakt: Osteo 2000, Kleindokkaai 3-5, B 9000 Gent, Belgien Mail: info@osteopathie.eu Web: und Tel: Fax: ISBN: The International Academy of Osteopathy I.A.O. 2
3 Inhalt Inhalt Einleitung Anatomie Lungen Bronchien Hilus Diaphragma Aufhängung Druckkräfte Blutversorgung der Lunge Innervation der Lungen Ventilation wird reguliert von: Regulation durch das zentrale Nervensystem Regulation durch das autonome Nervensystem Chemorezeptoren Mechanorezeptoren Schmerz Physiologie Atmung Atmungskontrolle Faktoren die die Atmung verändern können Lungenvolumen Gasaustausch Relation Durchlüftung - Durchblutung Blut - Gas - Barriere Endokrine Funktion Beweglichkeit Die Lungen Das Diaphragma Anamnese und physische Diagnose Inspektion Abnormale respiratorische Muster Lungenembolie Pneumothorax Asthma Belastungsinduziertes Asthma Lungenödem Pneumonie Emphysem Atelektase
4 5.11. Hyperventilation Respiratorische Azidose Asbestose Pulmonale Hypertension Mucoviszidose (Zystische Fibrose) Bronchitis Chronische Obstruktive Lungenerkrankung (COPD) Tuberkulose Lungenkrebs Verklebungen Syndrom des Ligamentum arcuatum medianum Ausnahmesituationen Bronchodilatoren Mucolytische produkte Entzündungshemmende Produkte Klinische Diagnose Perkussion Auskultation Untersuchung der Fingernägel Palpation Osteopathische Untersuchung Test des Diaphragmas Test auf Stauung der darunter liegenden Organe Test der intrathorakalen Faszien Subdiaphragmale Provokation Palpation der ventralen muskuläre Anteil des Diaphragmas Palpation der ventralen muskuläre Anteil des Diaphragmas in Rückenlage Palpation der Crura Test für die Kraft des Diaphragmas Allgemeiner Test für Widerstand und Kraft Perkussion des Diaphragmarandes Test der Atmung in Bauchlage Palpation des Lungenapex Mobilitätstest des Lungenapex Test des Lig. cervicopleurale im Sitzen Test des Lig. cervicopleurale (suspensorium) in Rückenlage Allgemeiner Mobilitätstest der oberen Rippen in der Frontalebene Allgemeine Mobilitätstests der oberen Rippen in der Sagittalebene Allgemeiner Mobilitätstest der oberen Rippen in der Horizontalebene Allgemeiner Elastizitätstest des Thorax Allgemeiner Mobilitätstest der unteren Rippen in der Frontalebene Allgemeiner Mobilitätstest der unteren Rippen in der Sagittalebene
5 Allgemeiner Mobilitätstest der unteren Rippen in der Horizontalebene Osteopathische Techniken Allgemeinzustand Zähneputzen Ernährung Techniken Ausatmung mit gespitzten Lippen Tiefe Atmung und Husten Bauchatmung Lagerungsdrainage, Vibration und Perkussion Osteopathische Techniken Dehnung der Cupula pleurae, der oberen Pleura und des lig. cervicopleurale (suspensorium) Dehnung des Lig. cervicopleurale Dehnung der Cupula pleurae, des Lig. cervicopleurale und der oberen Faszie Dehnung des Lig. cervicopleurale in sitzender Position Dehnung der intrathorakalen Faszien Mobilisation der Fissura horizontalis Mobilisation der Fissura obliqua Mobilisation der oberen Rippen in der Frontalebene Mobilisation der oberen Rippen in der Sagittalebene Mobilisation der oberen Rippen in der Horizontalebene Mobilisation der unteren Rippen in der Frontalebene Mobilisation der unteren Rippen in der Sagittalebene Mobilisation der unteren Rippen in der Horizontalebene Stärkung des Diaphragmas Friktionen auf den Ursprung des Diaphragmas Rückstoß-Technik für das Diaphragma Stärkung des Diaphragmas Wölbungstechnik ( Doming ) Wölbungstechnik mit gehobenen Rippen Entspannung des Diaphragmas Allgemeine subdiaphragmale Drainage Neurolymphatische Reflexpunkte Bibliographie Über die Autoren Danksagung Viszerale Osteopathie Einführung Bewegungsphysiologie Die Bewegungen des muskuloskelettalen Systems
6 Die Bewegungen des viszeralen Systems Das Diaphragma Das Herz Peristaltik Viszerale Wechselwirkungen Generell Beziehungen Gleitende Oberflächen Ligamentäres Aufhängungssystem Das Mesenterium Die Omenta (Omentum major und minor) Der Turgor-Effekt und die intrakavitären Drücke Mobilitätsverlust Dysfunktion des Diaphragmas Adhäsionen / Verklebungen Verkürzungen Trophische Gewebeveränderungen Stauungen Haltungsbedingte Abweichungen Viszeraler Mobilitätsverlust Viszerale Hypermobilität Osteopathische viszerale Untersuchung Bibliographie Viszerale Osteopathie Abkürzungen Glossar Alle Videos
7 1. Einleitung Der Osteopath wird oft mit respiratorischen Problemen, thorakalen und zervikalen Beschwerden konfrontiert. In vielen Fällen haben die Lungen eine Dysfunktion. Das erste Zeichen für den Osteopathen ist die Identifizierung einer oder mehrerer somatischer Dysfunktionen in der Region T 1 -T 5. Die Thorax-Organe müssen bei diesen Patienten osteopathisch geprüft werden. Die Beschwerden, die ihren Ursprung in einer Lungendysfunktion haben, sind verschieden, von Atemschwierigkeiten, thorakalen und zervikalen Beschwerden bis zu generellen Beschwerden wie Müdigkeit und Kopfschmerzen. Der Osteopath behandelt keine Lungenerkrankung, aber er kann funktionelle Probleme maßgeblich beeinflussen. Sogar bei Patienten mit speziellen Lungenerkrankungen kann der Osteopath auf besondere Art und Weise zur Gesamttherapie des Patienten beitragen. Das Ziel dieses E-Books ist es, die osteopathische Sichtweise der Lungenprüfung und funktionellen Behandlung der Lungen, der Pleura und des Diaphragmas zu zeigen, als Mittel, die Atmung, den Sauerstofftransport und die Vitalkapazität des Patienten zu verbessern. Der Leser, der mit dem osteopathischen viszeralen Ansatz nicht vertraut ist, kann Kapitel 11 am Ende dieses E-Books hinzuziehen. 7
8 2. Anatomie (Dalley & Agur 2004, Gray 1918, Netter 2006, Sobotta 2001, Tortora 1989) 2.1. Lungen Die Lungen sind intrathorakale Organe, die links und rechts des Mediastinums zu finden sind. Die obere Kante reicht hinauf bis zur ersten Rippe. Bei tiefem Einatmen steigt der Gipfel der Lunge bis 1 cm oberhalb der ersten Rippe. Die untere Kante der Lungen liegt auf der Diaphragma-Wölbung. Die untere Kante reicht posterior bei der Ausatmung bis auf Höhe von T 10, bei der Einatmung bis auf Höhe von T 12 hinunter (Abbildung 1). Die rechte Lunge hat zwei Fissuren (Abbildung 1): Eine horizontale Fissur (Fissura horizontalis), sie verläuft vom Processus spinosus von T 3 und folgt dann der vierten Rippe. Eine schräge Fissur (Fissura obliqua), die etwa vom Processus spinosus von T 3 zur sechsten Rippe (ventral) verläuft. Die rechte Lunge hat drei Loben: superior, medius und inferior. Die linke Lunge hat eine Fissur (Abbildung 1): Die schräge Fissur, die identisch mit der rechten schrägen Fissur verläuft. Die linke Lunge hat zwei Loben: superior und inferior. Die Position der Fissuren ist wichtig, weil der Osteopath sie verwendet, um die Mobilität zu testen. Die Bedeutung hiervon wird später erläutert. Die linke Lunge hat eine Vertiefung auf ihrer kaudalen/medialen Oberfläche für das Herz. Auf der medialen Seite der rechten und linken Lunge ist der Hilus, welcher die Bronchien, Lymphknoten und die venösen und arteriellen Gefäße enthält. 8
9 Recessus costomediastinalis 1. Rippe 1. Rippe T 3 T 3 FH FH FO FO FO FO FO T 8 -T 9 T 8 -T 9 T 12 T 12 FH: Fissura horizontalis FO: Fissura obliqua Recessus costodiaphragmaticus Abbildung 1 - Topographie der Lungen und der Fissuren 2.2. Bronchien Der Lufttransport findet in den Bronchien und Bronchioli statt. Die Bifurkation ist auf der Höhe von T 4-5 (ventrales Hervorragen) und dem Sternumwinkel (Abbildung 2). Die Zugkraft der Lungen auf die Bronchien ist auf der rechten Seite größer, weil die Bifurkation rechts der Mittellinie ist. Zweige (Abbildung 2): linker und rechter primärer Bronchus, sekundäre Bronchi in den Loben (2 links und 3 rechts), tertiäre Bronchi (in den Segmenten), Bronchi vierter Ordnung, Bronchi fünfter Ordnung, im Ganzen gibt es 23 Ordnungen von Abzweigungen, Bronchiolen: kleiner als 1 mm Durchmesser, je näher zu den Bronchiolen, desto mehr glatten Muskeln (weniger Knorpel), die Alveolen sind von Blutgefäßen umschlossen (Abbildung 3), der ganze Komplex ist umgeben von elastischen Fasern, der am meisten distale Teil der Alveolen enthält keine Muskelfasern. 9
10 3. Physiologie (Marieb 1988, West 1990, West 1992, Guyton & Hall 2005) 3.1. Atmung Ruhige Einatmung geschieht unter Einfluss des Diaphragmas. Tiefe Einatmung geschieht unter dem Einfluss des Diaphragmas und der Mm. intercostales externi. Sehr tiefe Einatmung geschieht unter dem Einfluss des Diaphragmas, der Mm. intercostales externi, der M. scaleni, Mm. pectorales und der Mm. sternocleidomastoidei. Ruhige Ausatmung geschieht aufgrund der elastischen Rückstellkräfte des Diaphragmas und der Lungen und der Oberflächenspannung der Alveolen. Dies ist eine passive Aktion. Tiefe Ausatmung geschieht unter dem Einfluss der internen Intercostalmuskeln und der Abdominalmuskeln. Während ruhiger Einatmung sinkt das Diaphragma um 1 cm und die Lungen dehnen sich mit 500 ml Luft aus. Während tiefer Einatmung sinkt das Diaphragma um 10 cm und die Lungen dehnen sich mit 2 3 l Luft aus. Nach einer forcierten Ausatmung können 5 l Luft eingeatmet werden, trainierte Athleten können sogar noch mehr einatmen. Es gibt einen toten Raum von 150 ml. 25
11 3.2. Atmungskontrolle Ziel der Atmungssteuerung: Organisation eines automatischen Rhythmus für die Atemmuskulatur. Dieser Rhythmus kann sich an folgende Faktoren anpassen: metabolische Änderungen (Gasgehalte und ph-wert des Blutes), mechanische Änderungen (postural, d.h. Änderungen der Lagebeziehungen), nicht respiratorische Aktivitäten wie schnuppern, sprechen, essen, singen,... SENSOREN: Chemorezeptoren zentrale (Hirnstamm), periphere (Sinus carotis und Aortenbogen). Mechanorezeptoren Lungen und Luftröhre/Bronchien(N. Vagus) langsame Reaktion (empfindlich für anhaltende Dehnbelastung), schnelle Reaktion (empfindlich für Reize wie z.b. Rauch, ), C-Fasern (empfindlich für Entzündungen und Kongestion). ZENTRALE KONTROLLE: Hirnstamm (automatisch), Medulla spinalis (Informationsweiterleitung), Cortex (bewusste Atmung und nicht atmungsbezogene Aktivitäten). EFFEKTOREN: Atemmuskulatur (Diaphragma, Zwischenrippenmuskeln, M. sternocleido-mastoideus, Mm. scaleni) Faktoren die die Atmung verändern können (Abbildung 19) Schmerzen und Emotionen. Störende physikalische und chemische Substanzen. Dehnung der Lungen: dies aktiviert Dehnungsrezeptoren, die an das Stammhirn zurückmelden. Vom Stammhirn wird die Atmung gehemmt (Hering-Breuer-Reflex). Blutdruckveränderungen, die von den Barorezeptoren im Aortenbogen und in der A. carotis erkannt werden. Ein Abfall des Blutdrucks senkt die Atemrate und tiefe. Veränderungen im Plasma (ph, ). 26
12 Temperatur: Temperaturanstieg der Luft dehnt sie aus. Die Luft bewegt sich mehr innerhalb der Alveolen (kinetische Energie) und es geschieht mehr Gasaustausch. Temperaturabfall führt zum gegenteiligen Effekt. Höheres Hirnzentrum (Cortex) Andere Rezeptoren (z.b. Schmerz) und emotionale Stimuli über den Hypothalamus + + Periphere Chemorezeptoren Dehnungsrezeptoren in den Lungen Zentrale Chemorezeptoren O 2 CO 2 H Irritant Receptor Rezeptoren in Muskeln und Gelenken Atmungszentren (Medulla und Pons) Abbildung 19 - Faktoren, die die Atmung verändern können 27
13 3.4. Lungenvolumen (Abbildung 20) Vitalkapazität (VK): Sie ist das maximale Volumen von ausgeatmeter Luft nach einer maximalen Einatmung. Sie ist die Maßeinheit für die Elastizität der Lungen und des Thorax und ebenso für die Kraft der Atemmuskeln. Dieser Wert ist unter verschiedenen Bedingungen reduziert. Funktionelle Residualkapazität (FRK): Sie ist das Volumen, das in den Lungen nach normaler Ausatmung zurückbleibt. Sie ist die Maßeinheit für Gasaustausch in den Alveolen. Sie ist z.b. bei Asthma erhöht. Peak flow: Dies ist die maximale Ausatmungsgeschwindigkeit. Forciertes Exspirationsvolumen (FEV) (Schapira et al 1993): Normalwert = FEV1.0 sec = ungefähr 80% der forcierten Vitalkapazität. Bezeichnet die Menge Luft, die in 1 Sekunde ausgeatmet werden kann J J J. Inspiratorisches Reservevolumen Inspiratorische Kapazität Totalkapazität Vital- Kapaztät Atemvolumen 5,1 L 4,4 L 4,4 L Exspiratorisches Reservevolumen Funktionelle Residualkapazität Residual-volumen 1,6 L 2,2 L 1,4 L Abbildung 20 - Das Lungenvolumen 28
14 6.5. Osteopathische Untersuchung Test des Diaphragmas (Abbildung 41) Der Patient ist in Rückenlage mit gestreckten Beinen. Der Osteopath palpiert knapp kranial der Symphysis pubica und fordert den Patienten auf, tief zu atmen. Wenn der Druck des Diaphragmas nicht ins Becken hinabsteigt, ist das Diaphragma in Ausatmungs- oder hoher Position. Wenn der Druck des Diaphragmas nicht ins Becken hinabsteigt, fordert der Osteopath den Patienten auf, besonders mit dem Bauch einzuatmen. Wenn der Druck nun das Becken erreicht, bedeutet das, dass das Diaphragma besser trainiert werden sollte, wie ein Muskel. Wenn der Druck immer noch nicht ins Becken hinabsteigt, ist ein Diaphragma in Ausatmungs- oder hoher Position vorhanden, meistens mit intrathorakalen Einziehungen in eine craniocaudale Richtung (Lig. pulmonale). Danach palpiert der Osteopath die laterale Seite der unteren Rippen und fordert den Patienten auf, tief zu atmen. Wenn die Rippen sich nicht ausreichend nach lateral bewegen, weist dies darauf hin, dass die Wirbelsäule in T 6 -T 10 nicht in die volle Extension gehen kann und dies korrigiert werden muss. Dann palpiert der Osteopath das Sternum und fordert den Patienten auf, tief zu atmen. Das Sternum sollte sich nach kranial und ventral bewegen. Geschieht dies nicht ausreichend, bedeutet das, dass die oberen Wirbel T 1 -T 5 nicht in die volle Extension gehen können und korrigiert werden müssen. Jede intrathorakale Einziehung in eine antero-posteriore Richtung sollte auch korrigiert werden. Dann palpiert der Osteopath die oberen 5 Rippen und fordert den Patienten auf, tief zu atmen. Die Rippen sollten sich vollständig und symmetrisch in die Einatmung bewegen auf der Ventralseite nach kranial. Wenn dies nicht in ausreichendem Maß geschieht, ist eine Ausatmungsstörung der Rippen wahrscheinlich und muss korrigiert werden. 65
15 Danach palpiert und beobacht der Osteopath die Schultern des Patienten und fordert ihn auf, tief zu atmen. Die Schultern sollten auf der Behandlungsliege bleiben. Wenn dies nicht der Fall ist, gibt es auf der Seite, auf der die Schulter sich hebt nach ventral, intrathorakale Verkürzungen. Der Osteopath palpiert und untersucht dann die zervikale Lordose. Während der tiefen Einatmung sollte sich diese Lordose nicht verändern. Wenn sich die Lordose verstärkt, sollten Flexionsläsionen der gesamten Brustwirbelsäule behandelt werden. Wenn sich während des gleichen Tests die lumbale Lordose verstärkt, bestätigt dies den Verdacht auf eine thorakale Flexionsläsion. Wenn eine Diaphragma-Läsion in Hochstand-Position zu finden ist, werden die möglichen Ursachen getestet: Stauung der darunter liegenden Organe, intrathorakale Verkürzungen, Innervation des Diaphragmas. Video 1 - Test des Diaphragmas * Läsion: ein funktioneller Mobilitätsverlust. Der Begriff Läsion hat in der Osteopathie eine andere Bedeutung als in der klassischen Medizin, wo es einen strukturellen Defekt in der menschlichen Struktur bezeichnet. 66
16 Test auf Stauung der darunter liegenden Organe Der Patient sitzt. Der Osteopath testet während der Ausatmung: rechts subdiaphragmal nach kranial, Mitte subdiaphragmal nach kranial, links subdiaphragmal nach kranial, Mitte subdiaphragmal nach posterior. Der Test bewertet Widerstand und Schmerz. Erhöhter Widerstand spricht für Stauung. Video 2 - Test auf Stauung der darunter liegenden Organe 67
17 Test der intrathorakalen Faszien Der Patient ist in Rückenlage, beide Beine sind gestreckt. Die thorakale Zone T 2-3 ist an der Tischkante, der Kopf liegt nicht mehr auf dem Tisch. Der Osteopath unterstützt den Kopf des Patienten unter dem Occiput und gibt eine leichte occipitale Traktion. Der Osteopath hält diese Traktion und fordert den Patienten auf, tief zu amten, zuerst in den Bauch, dann in den Thorax. Während der abdominalen Einatmung beobachtet der Osteopath, ob der Druck des Diaphragmas in das Becken hinabsteigt und sich die unteren Rippen nach lateral bewegen. Während der thorakalen Einatmung beobachtet der Osteopath, ob sich das Sternum nach ventral/kranial bewegt, ob die Schultern auf der Behandlungsliege bleiben und ob der Kopf die Tendenz hat, in den Thorax gezogen zu werden. Zuerst wird der Test in Neutralposition durchgeführt, dann mit dem Kopf in entgegengesetzter Seitneigung und homolateraler Rotation; beidseitig. Die gleichen Charakteristika wie zuvor werden beobachtet. Video 3 - Test der intrathorakalen Faszien 68
18 7. Osteopathische Techniken 7.1. Allgemeinzustand Zähneputzen Oralhygiene ist von grundlegender Bedeutung für Patienten mit Verdacht auf Lungen- und Atemwegsinfektionen. Am wichtigsten ist die Entfernung von Plaque, weil Methillicin-resistente Staphylococcus und Pseudomonas die am häufigsten auftretenden Bakterien sind, die diese Infektionen verursachen. Putz Deine Zähne ist die Botschaft. Oralhygiene-Produkte (Mundwässer) sind in diesem Fall von begrenztem Nutzen Ernährung Patienten mit Lungenkrankheiten müssen die Ernährung besonders beachten: Unzureichende Aufnahme von Proteinen kann zu Muskelschwäche der Atemmuskulatur führen. Zu hoher Verbrauch von Kohlenhydraten erzeugt eine Überproduktion von Kohlendioxid, was höhere Ausscheidung von Kohlendioxid durch die Lungen über forciertere Atmung erfordert. Schwache gastrointestinale Funktion muss bei diesen Patienten auch in Betracht gezogen werden und Medikamente wie Antacid sollten vermieden werden. Krankheiten, die die Ernährung und die Lungenfunktion beeinflussen, sind: Mangelernährung (Alkoholabusus, Anorexie, lang anhaltende Übelkeit, Verwirrung und schlechte Zähne). Unzureichende Verdauung oder Absorption (Operationen, Antacid-Gebrauch, H2-Rezeptor-Antagonisten, Cholestyramine und Medikation gegen Krämpfe). Signifikanter Verlust von aufgenommener Nahrung (Erbrechen, Blutverlust, Durchfall, Fisteln, Wunden, Dialyse, Corticosteroid-Therapie). Verstärkter Nahrungsbedarf (Fieber, Operationen, Trauma, einige Krebsarten, Schwangerschaft, Stillen, Wachstumsphasen). Diese allgemeinen Zustände sollten überprüft werden um zu vermeiden, dass die Lungen für Krankheiten und daraus folgende Beschwerden empfindlicher werden. 82
19 7.2. Techniken Ausatmung mit gespitzten Lippen Der Patient wird angeleitet, langsam und tief durch gespitzte Lippen zu atmen (pusten). Diese Technik wird bei Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen wie COPD oder Emphysem benutzt. Um effektiv zu sein, muss die Technik langsam durchgeführt werden Tiefe Atmung und Husten Diese Technik wird benutzt, um die Lungen nach einer Pneumonie oder Atelektase zu weiten. Dies wird sitzend bzw. in einer Position, in der die unteren Teile der Lungen sich besser ausdehnen können, durchgeführt. Diese Technik ist nach Operationen nützlich. Dann wird ein Kissen sanft gegen die Operationswunde gehalten Bauchatmung Die obere Thoraxregion wird fixiert. Dies kann passiv durch den Osteopathen geschehen mit Hilfe eines Gürtels um den oberen Thorax. Der Patient soll in den Bauch atmen, gegen Widerstand des Osteopathen (mit den Händen unter dem Diaphragma) oder gegen ein Kissen, dass gegen den Bauch gehalten wird. Die Ausatmung geschieht durch gespitzte Lippen (pusten) und ist langsam. Diese Technik wird bei Patienten mit chronischer oder akuter obstruktiver Krankheit eingesetzt. Diese Technik kann auch für Sportler benutzt werden, um die Vitalkapazität zu verbessern Lagerungsdrainage, Vibration und Perkussion Diese Technik wird bei Fibrose, Bronchiektase, Atelektase verwendet. Das Ziel ist es, den Abfluss zu verbessern. Die Technik darf nicht bei Hämothorax oder Rippenfraktur angewendet werden. Wenn Dyspnoe oder Keuchen auftritt, muss die Technik abgebrochen werden. 83
20 Lagerungsdrainage: Der Lungenabschnitt, der drainiert werden soll, wird für mehrere Minuten hoch gelagert. Danach wird der Patient aufgefordert zu husten Osteopathische Techniken Dehnung der Cupula pleurae, der oberen Pleura und des lig. cervicopleurale (suspensorium) Der Patient ist in Rückenlage, die Beine gestreckt. Der Osteopath bringt den Kopf des Patienten in entgegengesetzte Seitneigung (C 7 ) und homolaterale Rotation (C 6 ). Eine Hand wird auf dem Gesicht des Patienten platziert, der Daumen unter dem Occiput und der 5. Finger unter der Mandibula. Die andere Hand wird auf der ventralen Seite der oberen Rippen platziert. Während einer tiefen Einatmung bewegen sich die Hände voneinander weg. Damit diese Technik effektiv ist, müssen zuerst alle muskuloskelettalen Läsionen von C 6 und/oder C 7 korrigiert werden. Die Technik wird einige Male wiederholt, bis die Bewegung und Elastizität verbessert ist. Video 24 - Dehnung der Cupula pleurae, der oberen Pleura und des lig. cervicopleurale (suspensorium) 84
21 9. Über die Autoren Grégoire Lason Luc Peeters Gent (B), Terhagen (B), Beide Autoren haben einen osteopathischen Universitätsabschluss (Master of Science in Osteopathie) und engagieren sich für Förderung und Akademisierung der Osteopathie in Europa gründeten sie The International Academy of Osteopathy (IAO) und sind bis heute deren Co-Direktoren. Die IAO ist seit einigen Jahren das größte Lehrinstitut für Osteopathie in Europa. Beide Osteopathen sind Mitglieder in diversen Berufsverbänden, beispielsweise der American Academy of Osteopathy (AAO), der International Osteopathic Alliance (IOA) und der World Osteopathic Health Organisation (WOHO). Diese osteopathische Enzyklopädie hat das Ziel, das ganzheitliche Osteopathie- Konzept der IAO vorzustellen, welches auf einer integrierten osteopathischen Untersuchung und Behandlung des musculoskelettalen, des viszeralen und des kraniosakralen Systems basiert. 106
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