Wir lieben Kaffee. Den Duft

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1 Lust am Genuss Ob in München oder Melbourne, ob in Rotterdam oder Rostock, ob in Cafés oder auf dem heimischen Sofa: Eine Tasse Kaffee wird längst nicht mehr nur getrunken, sie wird genossen. Über den weiten Weg von der Ernte bis zum Aufbrühen. 102 Einfach Hausgemacht I 01 I 2016

2 Wir lieben Kaffee. Den Duft seiner gemahlenen Bohnen mögen auch Menschen, die ihn selbst nicht trinken. Besonders viele können es eigentlich nicht sein, die grundsätzlich auf einen Schluck Kaffee verzichten: Laut einer Studie des Deutschen Kaffeeverbandes ist Kaffee mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von rund 162 Litern das Lieblingsgetränk im Land. Die Plätze zwei und drei gehen an Heil- und Mineralwasser mit 143,5 und Bier mit 107 Litern. Nicht nur in Deutschland, sondern rund um die Welt widmen sich Menschen mit Begeisterung dem Kaffee. Sie experimentieren mit Zubereitungsmethoden wie dem Kaltbrühen und entdecken das Handfiltern neu. Auch Einfach Hausgemacht hat die Lust am Genuss gepackt. Kaffee wird in der Redaktion ständig getrunken. Aber wie schön wäre es, einen eigenen Kaffee zu haben, für uns und unsere Leser? Gedacht, geplant, gemacht: Zusammen mit der roestbar in Münster entstand unser Kaffee. Er kommt aus Guatemala, aus der Nähe von Villa Canales. roestbar -Gründer Mario Joka und sein Team kennen die Finca El Catuai gut. Sie waren vor rund einem Jahr vor Ort. Aber wie wird der Kaffee dort angebaut und was geschieht, bis er heiß und schwarz in unseren Tassen dampft? Zeit, sich ein wenig mit Kaffee zu beschäftigen Blütenweiß Ohne die Kirschen des Kaffeebaums gäbe es keine Bohnen für Filterkaffee, Espresso, Cappuccino und Co. Coffea, wie die Kaffeepflanzen botanisch heißen, gedeihen nur im sogenannten Kaffeegürtel rund um den Äquator, in Ländern wie Brasilien, Äthiopien und Vietnam. Die Nachtschattengewächse vertragen direkte Sonne nicht gut. Besser wachsen sie an Hängen oder zwischen anderen Pflanzen, die ihnen Schatten geben. Auch der Boden ist entscheidend und sollte möglichst durchlässig und nährstoffreich sein. Der Kaffeebaum ist immergrün und braucht gute Pflege und Geduld: Erst nach drei bis vier Jahren beginnt er zu blühen. Aus den süßlich duftenden, weißen Blüten wachsen schließlich die Kaffeekirschen. Die zunächst harten, grünen Früchte werden mit zunehmender Reife weicher und färben sich je nach Varietät feuerrot oder gelb. Es gibt unzählige Arten und Sorten der Coffea, doch nur zwei der ursprünglichen Arten werden für den weltweiten Kaffeeanbau hauptsächlich verwendet: Arabica (Coffea arabica) und Robusta (Coffea canephora). Der Einfach Hausgemacht-Kaffee wird aus Arabica-Bohnen der Varietät Catuai hergestellt, erklärt Mario Joka. Von der Kirsche zur Bohne Jede Kirsche enthält in der Regel zwei Samen, die wir geröstet als Kaffeebohnen kennen. Sie sind von einer schützenden Pergamenthaut umgeben und in einer klebrigen Schicht eingebettet, dem Fruchtfleisch. Dieses Drumherum ist vor allem beim späteren Aufbereiten der Kaffeebohnen wichtig. Eine Bohne kann mehrere Hundert verschiedene Stoffe enthalten, darunter Koffein, Zucker, Fette und Proteine. Alle sind mehr oder weniger verantwortlich für die unterschiedliche Geschmacks vielfalt des Kaffees. Besonders bedeutend ist dabei der Zucker, der erst in der reifen Kaffeekirsche voll ausgebildet wird und für die Süße und Säure extrem wichtig ist, so Joka. Deswegen gilt: Je mehr reife Früchte, desto besser die Qualität des Kaffees. Unreife und überreife Kirschen beeinträchtigen den Geschmack und werden bei der Ernte oder zur Aufbereitung möglichst aussortiert. Einfach Hausgemacht I 01 I

3 Ernte Damit aus den Kirschen köstlicher Kaffee werden kann, müssen sie vom Baum. Nördlich des Äquators wird von September bis Februar geerntet, in südlicheren Anbauländern von April oder Mai bis August. Nur in Äquatornähe kann lokal- und höhenlagenbedingt das ganze Jahr über Kaffee produziert werden. Ein Kaffeejahr dauert etwa vom 1. Oktober bis zum 30. September. Pro Saison können gute Bäume etwa ein bis fünf Kilogramm Kirschen tragen. Fünf Kilogramm Kirschen ergeben rund ein Kilogramm Kaffee. Je nach Sorte und Wachstumsbedingungen sind die Kaffeebäume unterschiedlich lang ertragreich: zwischen 20 und 40 oder sogar 60 Jahre. Bei der Ernte werden zwei verschiedene Verfahren angewendet: Zum einen das sogenannte Stripping, bei dem alle, auch unreife, Kirschen in einem Rutsch abgestreift werden. Beim Picking ernten Helfer hingegen nur reife Früchte oder sammeln sie am Boden von geschüttelten Bäumen auf. Für die besten Kaffees werden nur reife Kirschen oft einzeln per Hand gepflückt, was viel Arbeit bedeutet, aber auch eine höhere Qualität garantiert. Das ist häufig bei Arabica-Kaffee der Fall. Die Kirschen für den Einfach Hausgemacht-Kaffee werden auf der Finca El Catuai ausschließlich von Hand gepflückt, weiß Mario Joka von seiner Reise. Trotz der aufwendigen Ernte legt der roestbar -Chef Wert auf eine faire Bezahlung der Bauern vor Ort: Die Kaffeebauern werden gemäß der hohen Qualität ihres Produktes bezahlt dieser Preis entspricht einem Vielfachen des Börsen und Fairtradepreises. Die beiden wichtigsten Arten: Arabica Bergland- oder Hochlandkaffee: Arabica ist die bedeutendste Kaffeeart und macht zwischen 60 bis 70 Prozent der weltweiten Kaffeekulturen aus. Dabei ist sie durchaus anspruchsvoll. Sie mag es warm, bloß nicht frostig, aber auch nicht zu heiß. Da ist sie sensibel, vor allem, wenn es dann auch noch zu nass wird. Dafür ist sie aber ein wahrer Gipfelstürmer und liebt Höhen zwischen 900 und Metern. Erkennbar sind die eher ovalen Arabica-Sorten an ihrer Größe und der geschwungenen Kerbe auf ihrer abgeflachten Seite. Insgesamt werden vom Arabica-Kaffee mehr als 80 Sorten und Varietäten unterschieden. Eine Arabica-Bohne enthält zwischen 0,8 bis 1,5 Prozent Koffein und 15 bis 18 Pozent Fett. Robusta Der Flachland-Kaffee: Die restliche Kaffeeproduktion entfällt fast vollständig auf Robusta. Sie ist, wie der Name schon sagt, härter im Nehmen als Arabica. Sie verträgt höhere Temperaturen und ist auch bei mehr Regen nicht zimperlich, dafür hat sie es nicht so mit der Höhe. Robusta-Bohnen lassen sich dunkler rösten, schmecken allgemein kräftiger und sind säurelastiger. Daher sind sie oft in Espresso-Mischungen zu finden. Lange waren Robustas als billig und minderwertig verschrien aber das hat sich geändert. Mittlerweile gibt es auch feine Robusta-Sorten. Mit der Aromavielfalt von Arabica-Bohnen können sie dennoch nicht mithalten. Beim Reifen bilden sie weniger Süße, aber mehr Koffein aus als Arabica: Eine Robusta-Bohne enthält zwischen 1,7 bis 3,5 Prozent Koffein und 8 bis 9 Prozent Fett. 104 Einfach Hausgemacht I 01 I 2016

4 Aufbereitung Ankunft Möglichst schnell nach der Ernte müssen die Samen der Kaffeekirschen weiterverarbeitet werden, um die höchste Qualität der vollreifen Kirschen zu bewahren. Viele Erzeuger bereiten sie daher gleich selbst auf und verwenden dazu verschiedene Methoden. Diese unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, dass die Kirschen intensiv gewaschen oder nur abgewaschen und getrocknet werden. Wie und wie gut der Kaffee aufbereitet wird, beeinflusst später auch seinen Geschmack. Bei der Aufbereitung werden Fruchthaut, Fruchtfleisch, Pergamenthaut, Silberhaut und möglichst viel Wasser aus der Kirsche entfernt, sodass saubere, trockene Kaffeebohnen übrig bleiben. Die trockene Aufbereitung ( natural ) ist die älteste und natürlichste Methode. Durch kurzes Abwaschen oder Schwimmenlassen der Kirschen im Wasser werden Dreck, Blätter und Zweige entfernt. Auf Böden oder Gestellen trocknen die Kirschen mitsamt Fruchtfleisch (Pulpe) und den Bohnen anschließend etwa zwei Wochen in der Sonne. Dabei müssen sie regelmäßig gewendet werden, damit sie nicht faulen und gleichmäßiger trocken. Dadurch schrumpfen sie und werden brauner, fermentieren aber nicht. Das Fruchtfleisch wird entfernt, sobald sie trocken genug sind je nach Land kann das bis zu fünf Wochen dauern. Die halbtrockene Aufbereitung wird auch als pulped natural oder semi washed bezeichnet. Hier werden die Kirschen vom Fruchtfleisch befreit und die Kerne mit der umgebenden Schleimschicht unter ständigem Wenden in der Sonne getrocknet. Mit der nassen Aufbereitung, auch washed genannt, lassen sich erstaunliche Qualitäten aus den Kaffees herausholen. Dafür werden unreife und schlechte Kaffeekirschen aussortiert, danach das Fruchtfleisch entfernt. Dann kommen die Bohnen für 18 bis 40 Stunden in Wassertanks, wo sie fermentieren, also gären, bis sich die letzten Reste des Fruchtfleischs lösen. Bleiben die Bohnen zu lange im Wasser, überfermentieren sie und können als sogenannte Stinkerbohnen den Geschmack des Kaffees ruinieren. Nach dem Fermentieren werden die Bohnen noch einmal gewaschen. Sie sind jetzt nur noch von der Pergamenthaut und der darunterliegenden Silberhaut umhüllt. Auch der Einfach Hausgemacht-Kaffee wird nass aufbereitet, erklärt der Münsteraner Kaffee-Experte Joka. Die trocken, halbtrocken oder nass behandelten Bohnen ruhen ein bis zwei Wochen, manchmal auch länger, bevor sie in Mühlen weiterverarbeitet werden. Der sogenannte Pergamentkaffee wird dort geschält, gereinigt und per Hand oder maschinell nach verschiedenen Qualitäten sortiert. Spitzenqualitäten kommen anschließend in spezielle Schutzsäcke für den Transport, während übrige Qualitätsstufen als Schüttgut in sogenannten Inlays verladen werden. Danach gelangen sie überwiegend per Schiff zu Kaffeeimporteuren weltweit. Die roestbar bezieht ihren Kaffee unter anderem über den Rohkaffeehändler InterAmerican Coffee, der zur international agierenden Neumann Kaffee Gruppe (NKG) gehört. Sie handelt etwa jede siebte Kaffeebohne weltweit und hat in fast allen Ursprungsländern eigene Farmen, Mühlen und Aufbereitungsbetriebe. Mirella Cielek leitet den Spezialitäten-Kaffee-Bereich in Hamburgs Hafencity: Wir versorgen Europas Spezialitätenröster mit hochwertigen Rohkaffees aus aller Welt. Das Unternehmen kümmert Der persönliche Kontakt zu den Farmern ist mir wichtig. Mario Joka sich um Transport, Versicherung, Lagerung, Bemusterung und Beratung der Kunden. Um diese und Kaffeefarmer zusammenzubringen, organisiert InterAmerican Coffee regelmäßig Reisen, auch den Mittelamerikatrip von Mario Joka und seinem Team. Der persönliche Kontakt zu den Farmern ist mir wichtig, um die Produktionsbedingungen vor Ort zu erleben, betont der Röster. Er kennt Mirella Cielek schon lange und schätzt ihr Unternehmen als Partner. Er erklärt, warum bei Kaffee ein direkter Handel nicht immer möglich ist: Logistik und Zollbestimmungen sind in vielen Ländern schwierig allein zu regeln. Außerdem wären die Transportkosten für kleinere Mengen unverhältnismäßig hoch. Der Röster und die Kaffeehändlerin fahren mit uns raus in den Süden der Hansestadt, zum modernen Einfach Hausgemacht I 01 I

5 Lagerung Kaffeelager mit Silo der NKG für Industriekaffee, der in großen Mengen gehandelt wird. Der hier gelagerte Kaffee würde den Konsum in Deutschland für vier Tage decken, so die Händlerin. Auf dem Areal vor dem stattlichen Gebäude stehen mehrere Hundert Container, die mit Großstaplern umgeschichtet und verladen werden. Einer wurde bereits an die Rampe vor der Lagerhalle gebracht. Hier prüfen wir die angelieferte Ware für unsere Kunden, erläutert Mirella Cielek. Speziell geschulte Mitarbeiter unterziehen die Container, je nach Saison zwischen zehn und 50 am Tag, einem Rundumcheck. Hier klärt sich, ob eine Ladung angenommen oder zum Versicherungsfall wird. Sind die Siegel am Container unbeschädigt und sein äußerer Zustand gut, öffnen ihn die Fachkräfte. Der erste Gesamteindruck zählt, vor allem der Geruch. Frischer Rohkaffee riecht nach Getreide oder Gras. Bei einem Fehlgeruch wird der Container versiegelt, erläutert die Expertin das Vorgehen. Ist alles gut, wird das Innere der Container kontrolliert. Sind zudem Säcke oder Inlays unbeschädigt, entnehmen die Mitarbeiter ein Kaffeemuster mit einem Probenstecher, der im Prinzip wie ein Staubsauger funktioniert. Das entnommene Muster wird zur Zentrale geschickt und die Ware ein gelagert. Hier findet vor allem lose Massenware, die in Silos und Großbehältern lagert und einen hohen Durchsatz hat, für kurze Zeit eine Bleibe. Spezialitätenkaffees wie der Einfach Hausgemacht-Kaffee gehen noch einmal auf eine kurze Reise, in das Lager der Schwarze und Consort. GmbH. Mario Joka und Mirella Cielek treffen hier Stefan Riesner, einen der Geschäftsführer des 1844 gegründeten Traditionsunternehmens. Hier lagern Spezialitäten in geringeren Stückzahlen und vor allem in Säcken, die je nach Herkunftsland zwischen 60 und 70 Kilogramm wiegen, erklärt er. Diese Norm hat bestimmt kein Mensch erfunden, der je so einen Sack geschleppt hat. Das Entladen der Säcke aus den Containern ist Knochenarbeit: Bei 300 Säcken pro Container dauert das bis zu einem halben Tag. An den Verladerampen stapeln die Mitarbeiter zu zweit je zehn Säcke auf Paletten, die dann ins Lager gefahren werden. Es bietet Platz für Säcke. Ähnlich wie im Supermarkt stellen die Logistiker hier auch Lieferungen nach Kundenwünschen zusammen: Ein Sack von diesem Kaffee, ein Sack von jenem und dann vielleicht noch eine exklusive Spezialität wie Diamond Mountain aus Panama, der nur auf Auktionen verkauft wird. Auch in diesem Lager ziehen die Mitarbeiter Proben und schicken sie an verschiedene Rohkaffeehändler, wie etwa InterAmerican Coffee. Diese verkosten die neue Ware und vergleichen sie mit den Mustern, die mit den Kunden festgelegt wurden. Mirella Cielek und Mario Joka (rechts) lassen sich von Stefan Riesner zeigen, wie die Rohkaffeebohnen für Spezialitäten wie den Einfach Hausgemacht- Kaffee gelagert werden. 106 Einfach Hausgemacht I 01 I 2016

6 2. Riechen Beim Aufguss bildet sich eine Kruste an der Oberfläche, die hellbraun aufschäumt. Der Kaffee zieht etwa vier Minuten lang. Dann verschafft sich der Profi durch Riechen einen ersten Eindruck: Ist ein Fehlgeruch festzustellen? Dann wird die Aromenvielfalt analysiert: Riecht der Kaffee zum Beispiel karamellig, nussig, erdig oder fruchtig? Cupping Die Verkostung der Kaffeemuster heißt im Fachjargon Cupping. Um festzustellen, ob die gelieferte Ware der bestellten entspricht, fahren Mirella Cielek und Mario Joka zurück in die Zentrale an der Coffee Plaza. Vor dem Gebäude lässt eine große Skulptur in Form einer Kaffee-Bohne keinen Zweifel daran, womit hier gehandelt wird. Für das Cupping gehen die beiden Kaffee-Experten ins Heiligtum, das Musterzimmer: In einem mobilen Regalsystem lagern Boxen mit Rohkaffee-Proben im Schnitt etwa 70 bis 90 Sorten. Sie werden rund zwei Monate aufgehoben und machen dann Platz für neue Muster. Sie sind das Grundmaterial für Cuppings und die für die Kunden aufbewahrten Reserven, um mit ihnen Cuppings wiederholen zu können. Rückstellmuster von Bio-Kaffees werden zwei Jahre lang vorgehalten. 1. Brühen Die Bohnen der Kaffeemuster werden im Idealfall einen Tag vor dem Cupping geröstet, damit sie noch ausgasen können. Für die Verkostung kommt eine genau abgewogene, immer gleiche Menge Kaffeepulver in die Tassen. Sie werden mit gefiltertem, 94 Grad heißem Wasser randvoll aufgegossen. Pro Kaffeemuster werden mindestens vier Tassen zum Vergleich gebrüht, bei manchen Kaffees auch bis zu Brechen und Verkosten Die Kruste aus Kaffeemehl wird kunstvoll abgeschöpft. Nach kurzem Abkühlen schlürfen Kenner den Kaffee mit viel Luft geräuschvoll von einem Löffel und spucken ihn aus. Beim Verkosten unterscheiden sie Aroma, Geschmack, Säure, Süße, anhaltende Wirkung, Harmonie und Gleichmäßigkeit in der Tasse. Wichtig sind auch die Vollmundigkeit sowie der Körper (Viskosität) des Kaffees. Kaffee-Abc 146,7 Millionen Sack Rohkaffee à 60 kg % Rohkaffeeproduktion 2014: top 5 Kaffeeproduzenten 2014: Brasilien: 32 % Welchen Tranken die Deutschen 2014 unterwegs?* * ohne Arbeitsplatz/Schule/Kantinen Durchschnittlicher KiloPreis 2014: 7,46 Euro 9,28 Euro 14,64 Euro ph-wert* von Filterkaffee nach Warmhaltedauer auf WärmeplattE: 5,28 5,05 4,93 4,90 Frisch nach 30 nach 60 Minuten nach 3 Stunden Minuten *variiert je nach Sorte Vietnam: 19,4% Kolumbien: Indonesien: Äthiopien: 8,8% 6,4% 4,7% Traditioneller Kaffee 60,3 % Milchkaffee 10,6 % Latte Macchiato 16,2 % Espresso 0,4 % Cappuccino 12,5 % Quellen: Deutscher Kaffeeverband, Tchibo, GfK Consumer TrinkTrends, ICO Einfach Hausgemacht I 01 I

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8 Produktionsleiter Vitor de Sousa zieht ab und an Proben, um den Röstgrad und die Größe der Bohnen zu kontrollieren. Per Geruchstest kann er das Aroma so aussteuern, wie er möchte. Text: Sonja Böder, Marion Feldhaus I Fotos: Thomas Anderson, roestbar I Grafik: Stefan Emmrich Kommt der Kaffee aus Hamburg dann in Münster an, geht es für ihn in die Röstung. Die große Probat-Röstmaschine steht in der Mitte des Produktionsraumes der roestbar. Von ihr breitet sich ein köstlicher Duft aus. Erst durch das Rösten entfalten Kaffeebohnen ihre gesamte Aromen- und Geschmacksvielfalt, erklärt Mario Joka. Wie der Kaffee später schmeckt, hängt besonders vom Gespür des Röstmeisters und der Röstmethode ab. In rohen Kaffeebohnen sind um Aromastoffe vorhanden, die vielfach erst durch Hitze in der sogenannten Maillard-Reaktion freigesetzt werden. Durch das Rösten wird der Geschmack des Kaffees herausgearbeitet und ihm zudem noch enthaltene Feuchtigkeit entzogen. Eine Probe jedes Rohkaffees, der ankommt, wird einmal durchgeröstet, um eine computergespeicherte Profilkurve für das Rösten zu Die Röstung entwickeln. Das ist eine Aufgabe für Chefröster Carsten Wolters, denn sie erfordert viel Erfahrung: Drei bis vier Jahre braucht man, um reinzukommen. Danach röstet Produktionsleiter Vitor de Sousa mit der Röstkurve als Referenz weiter. Der Rohkaffee wird jeweils zu maximal 25 kg abgewogen und in einen Trichter gefüllt. Von dort wird er über ein Rohr in die Röstmaschine gesaugt. Innen rotiert eine Trommel, die von unten von einer Gasflamme beheizt wird. Die Bohnen werden bei dieser Methode durch indirekte Hitze geröstet, die bis 200 Grad gehen kann. Das dauert länger als bei Industriekaffee, ist aber auch schonender für die Bohne. Ein Röstvorgang dauert im Schnitt 13 bis 17 Minuten, abhängig von Röstgrad und Sorte. Geröstet wird meistens bis kurz nach dem ersten Crack : Ein Knacken verkündet, dass der Innendruck der Bohne so hoch ist, dass sie hörbar aufplatzt. Bei dunkleren Röstprofilen, wie z. B. Die ursprünglich hellgrünen Bohnen verändern in den einzelnen Röststufen ihren Geschmack und ihre Farbe, über gelbliche, bräunliche bis dunkelbraune Schattierungen. Aktuell gibt es einen Trend hin zu hellen, fruchtbetonten Röstungen. Der reinsortige Einfach Hausgemacht- Kaffee aus Guatemala ist nicht zu dunkel geröstet, hat aber dennoch Körper und Volumen, eine leichte Säure und schmeckt schokoladig mit Mandel, so Mario Joka. klassischer italienischer Espresso, kann auch über den Crack hinaus geröstet werden. Sobald der gewünschte Röstgrad erreicht ist, lässt der Produktionsleiter per Hebel alles in das darunterliegende Sieb rieseln. Das ist im Grunde eine große Metallschüssel mit Rührarm, um die Bohnen schnell auszukühlen, damit sie nicht nachrösten. Anschließend werden sie über ein Rohrsystem durch einen Filter geleitet, der Fremdpartikel heraussortiert. Dann kommen die Bohnen in Metallschütten, die an große Kaugummiautomaten erinnern. Hier bleiben sie, um Kohlenstoffdioxid ausgasen zu können. Dadurch erhalten die Bohnen ein komplexeres Aroma. Aus den Schütten werden sie per Hand abgefüllt, genau abgewogen und in Tüten verpackt. Mario Joka: Unseren Kaffee rösten wir immer frisch und rufen ihn nur nach Bedarf ab. Er schmeckt also auch als Pulver fast wie frisch gemahlen. Wer zu Hause keine Kaffeemühle hat, kauft den Kaffee gemahlen und dem Genuss steht nichts mehr im Weg. Einfach Hausgemacht I 01 I

9 Abgebrüht Die amtierende Deutsche Barista-Meisterin Erna Tosberg weiß, wie aus Kaffee mehr wird als ein schneller Muntermacher. Sie schwört vor allem auf eines: Frische! E rna Tosberg hat es geschafft: Zum zweiten Mal nach 2013 ist sie Ende des letzten Jahres zur Deutschen Barista-Meisterin gekürt worden. Sie überzeugte die Jury mit einem Kaffee aus Nicaragua, den sie extra auf einer Auktion ersteigerte. Derzeit leitet die 31-Jährige eine Kaffeeschule ( In ihren Kursen für Einsteiger und Fortgeschrittene können Kaffeeliebhaber alles über seine Geschichte, den Anbau, die Aufbereitung, das Rösten und natürlich die Zubereitung lernen. Frau Tosberg, wie wird man Leiterin einer Kaffeeschule? Erna Tosberg: Durch Zufall. Ich habe Klassische Archäologie studiert, unter anderem in Italien. Da habe ich mein Herz für Espresso entdeckt und bin dann durch einen Nebenjob in meinem Lieblingscafé zu der Kaffeeschule gekommen. Genießen ist das Wichtigste. Erna Tosberg Was ist eine der ersten Lektionen, die Sie in den Kursen vermitteln? Tosberg: Ich kann nur dazu raten, immer ganze Bohnen zu kaufen und selbst zu mahlen. Das Mahlen vergrößert die Oberfläche und fördert die sogenannte Oxidation. Dadurch geht mit der Zeit Aroma verloren. Das kann jeder selbst mit frischgemahlenem und vorgemahlenem Kaffee derselben Sorte testen. Sie werden überrascht sein! Das Filtern per Hand kommt wieder in Mode: Was raten Sie, um zum perfekten Filterkaffee zu kommen? Tosberg: Das frische Aufbrühen von Kaffee ist einfach unschlagbar. Ich nehme dafür 55 bis 60 Gramm Pulver auf einen Liter Wasser. Den Filter spüle ich vorher mit lauwarmem Wasser durch und gebe dann das Pulver hinein. Wichtig: Lassen Sie das Pulver mit etwas Wasser rund 30 Sekunden lang quellen und gießen erst anschließend das Wasser in Intervallen oder kontinuierlich darüber. Das Wasser sollte zwischen 92 und 98 Grad heiß sein. Einige Wasserkocher zeigen einem die Temperaturen an. Ansonsten würde ich kurz vor dem Kochen den Topf vom Herd nehmen oder den Wasserkocher ausmachen. Am besten ist es nämlich, wenn das Wasser gar nicht 110 Einfach Hausgemacht I 01 I 2016

10 Auf einen Blick: Der richtige Mahlgrad zur Brühmethode Mokkakanne: staubfein Espressomaschinen und Siebträger: sehr fein Herdkanne (Caffettiera oder Moka): fein Handfilter und klassische Kaffeemaschinen: mittel, sichtbare Partikel Chemex: mittel, etwas gröber als Handfilter Karlsbader Kanne: grießartig Stempelkanne/French Press: grobes Granulat erst gekocht hat, weil es dann Sauerstoff verliert und weniger Geschmack aufnehmen kann. Aus demselben Grund sollte sehr hartes Wasser auch gefiltert werden. Stempelkanne, Chemex oder Aeropress: Neben dem einfachen Handfilter gibt es inzwischen etliche andere Möglichkeiten, Kaffee aufzubrühen. Was sind die wichtigsten Unterschiede? Tosberg: Die Chemex funktioniert wie ein Handfilter. Die Karaffe ist eine Zierde für jeden Tisch und ich benutze sie gern, wenn ich Besuch habe. Die Bayreuther Kanne sollte man mit Ruhe verwenden und die untere Kanne vorwärmen. Der Porzellanfilter ergibt ein unverfälschtes Aroma. In der Stempelkanne oder French Press werden die Aromastoffe sehr gleichmäßig aus dem Pulver herausgelöst. Mein Tipp: Nach vier Minuten Ziehenlassen sollte man den Kaffee dekantieren. Wer eine klare Tasse bevorzugt, kann den Kaffee alternativ auch filtern. Bei Stempelkanne und Aeropress rechne ich pro Liter Wasser mit 75 Gramm Pulver. Die Aeropress ist übrigens perfekt für unterwegs. Ich habe sie auch schon im Flugzeug benutzt. Das hat sehr gut funktioniert nur wollten dann alle Passagiere auch frischen Kaffee haben (lacht). Was legen Sie neuen und alten Kaffee-Liebhabern ans Herz? Tosberg: Genießen ist das Wichtigste. Es ist einfach viel zu schade, Kaffee als bloßen Wachmacher zu missbrauchen. Interview: Sonja Böder I Foto: Thomas Anderson Was ist was? Neben Filterkaffeemaschine, Kapsel- und Vollautomat gewinnt das Aufbrühen von Hand wieder mehr Anhänger. Handfilter für Puristen; aus Porzellan, Glas oder Kunststoff. Letzterer kann einen Beigeschmack erzeugen. Eine gleichmäßige Extraktion erfordert etwas Übung. Bayreuther Kaffee maschine nach Vorbild der Karlsbader Kanne. Der integrierte Porzellanfilter macht Papierfilter überflüssig und beeinflusst das Aroma nicht, erfordert aber eine grobe Mahlung. Chemex Designklassiker für besonders klaren und aromatischen Kaffee aufgrund der dickeren Spezialpapierfilter, die es fast nur im Internet zu kaufen gibt. Stempelkanne oder French Press. Der Metallfilter belässt Öle im Kaffee, der so geschmacklich mehr Fülle hat. Für alle, die einen Kaffee mit kräftigem Körper bevorzugen. Nachteil: Man kann nicht nur eine Tasse zubereiten. Aeropress für jeweils immer nur eine Tasse, die über Mahlgrad, Kaffeemenge, Brühtemperatur und -zeit stark variiert werden kann. Das Wasser wird mit Handdruck durch einen Papierfilter gepresst. Einfach Hausgemacht I 01 I

11 Einfach Hausgemacht- Bio-Kaffee Die Finca EL Catuai in Guatemala ist für Einfach Hausgemacht der perfekte Ort, sich in eine eigene Kaffeesorte zu verlieben: In Metern Höhe gedeihen hier auf rund 59 Hektar die besten Kaffeepflanzen der Region. Kaffees aus so hohen Anbauregionen wachsen langsamer als Kaffees aus niedrigeren Regionen und werden dadurch komplexer in Aroma und Geschmack. Vera Pivaral leitet die Plantage in dritter Generation mit viel Herz und Leidenschaft. Mario Joka, Inhaber der Kaffeerösterei roestbar in Münster (Westfalen), hat bei ihr einige Säcke ihrer besten Bio-Bohnen der Varietät Catuai für Einfach Hausgemacht geordert, im Hamburger Hafen abgeholt und in seiner kleinen Röst-Manufaktur für uns veredelt. Herausgekommen ist ein charaktervoll kräftiger Kaffee für jeden Tag. Die röstfrischen Bohnen sind geeignet für Filterkaffee, Stempelkanne und Vollautomat. Den Einfach Hausgemacht-Bio-Kaffee gibt es zudem filterfein gemahlen. Preis: 25 Euro pro Kilo (versandkostenfrei) Lieferung: 4 x 250 g Die Packungen sind wiederverschließbar. shop.einfachhausgemacht.de Wer die nuancenreichen Aromen des schwarzen Goldes liebt, hat sicher schon über den Kauf einer Kaffeemühle nachgedacht und ist recht fix auf eine Vielzahl von Marken und Modellen gestoßen. Denn: Kaffeemühlen gibt es mit verschiedenen Mahlwerken und -graden, zum Kurbeln oder auf Knopfdruck, mit und ohne technische Finessen wie Zeit- und Gewichtseinstellungen nach Röstungsgrad und so weiter. Den entscheidenden Unterschied macht das Mahlwerk. Die zentrale Frage dabei ist: Wie gut kann die Mühle jeweils einzelne Bohnen zerkleinern, sodass eine gleichmäßige Mischung von Körnergrößen entsteht? Wie fein oder grob die Röstbohnen gemahlen werden müssen, hängt vor allem von der Zubereitungsform ab. So lassen sich zum Beispiel exzellente Espressi und Mokka nur aus sehr feinem Pulver dunkel gerösteter Bohnen brühen. Das schafft nicht jede Mühle, weshalb es auch spezielle Espresso- Mühlen gibt. Der feine Unterschied Preiswertere Modelle ab etwa 20 Euro haben zumeist ein sogenanntes Schlagmahlwerk. Die Bohnen werden vom propellerähnlichen Schlagmesser bei hoher Drehzahl zerhackt. Oft lassen sich hier keine Mahlgrade einstellen. Außerdem ist das Mahlgut relativ ungleichmäßig, sodass das Pulver Mahlzeit Ob mit Handkurbel oder mit Motor: Bei Kaffeemühlen kommt es vor allem aufs passende Mahlwerk an. zwar für Filterkaffee ausreicht, es aber nicht für Espresso geeignet ist. Bei Mühlen mit Scheibenmahlwerk treibt ein Motor zwei übereinanderliegende Mahlscheiben an, die aus Stahl oder was keinen erkennbaren Vor- oder Nachteil hat aus Keramik bestehen können. Zwischen diesen werden die Bohnen aufgebrochen und zur Seite geschleudert. Je nach Mahlgrad stehen die Scheiben unterschiedlich weit auseinander und können viel homogener mahlen als Schlagmahlwerke. Mühlen mit Scheibenmahlwerk arbeiten jedoch mit höheren Umdrehungszahlen. Das Mahlgut kann sich so eher erwärmen und an Aroma verlieren als bei Kegelmahlwerken: Denn Mühlen mit Kegelmahlwerk zerkleinern die Bohnen zwischen einem innen liegenden Kegel und der Außenwand der Mühle. Der Abstand richtet sich nach dem jeweiligen Mahlgrad und wird von oben nach unten hin immer geringer. Da hier Flieh- und Schwerkraft arbeiten, kommen die mitunter teureren Mühlen mit geringeren Drehzahlen aus. Der Kaffee bleibt so aromatischer. Vieltrinker sind mit einem Kegelmahlwerk gut beraten. Scheibenund Schlagmahlwerke sind für diejenigen interessant, die eine möglichst preiswerte Mühle suchen. Und ob die Mühle der Wahl schließlich mit einer Handkurbel oder einem Motor ausgestattet ist, ist egal. Im Ergebnis gibt's da meist kaum Unterschiede. Text: Marion Feldhaus, Sonja Böder I Fotos: Thomas Anderson, Shutterstock/Subbotina Anna, Julian Schlierkamp 112 Einfach Hausgemacht I 01 I 2016

12 B A D E N im G L Ü C K. Entdecken Sie die VIELFALT DER BÄDER von Kneipp. Wussten Sie schon, dass baden glücklich macht? Probieren Sie es aus. Noch mehr Impulse für die schönsten Momente des Tages unter