Rechte und Pflichten der Beistände und Beiständinnen
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- Bernd Weiss
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1 Rechte und Pflichten der Beistände und Beiständinnen Kurt Affolter, lic. iur., Fürsprecher und Notar, Institut für angewandtes Sozialrecht, Ligerz, Lehrbeauftragter Hochschule Luzern Soziale Arbeit Fachtagung «Einführung ins neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht» vom 22./23. August 2012 Inhaltsübersicht I. Kernleistungen der Mandatsführung II. Aufgaben bei Übernahme des Amtes III. Verhältnis zur betroffenen Person IV. Eigenes Handeln der betroffenen Person V. Vermögensverwaltung VI. Beiträge zur freien Verfügung VII. Besondere Geschäfte VIII. Mandatsführung und Aufsicht der KESB Kurt Affolter, IAS Ligerz 1
2 I. Kernleistungen der Mandatsführung (nart. 405 ff. Einstieg Beziehungsgestaltung Betreuungsleistung Wohl des Schwachen II. Aufgaben bei Übernahme des Amtes (nart Informationsbeschaffung ostudium der Vorakten (Akten der KESB), soweit nicht im KESB-Beschluss verarbeitet opräzise Erfassung des Auftrages (Dispositiv des Anordnungsbeschlusses und der Ernennungsurkunde) o«im Bilde sein» über Grund und Ziel der Massnahme - Persönliche Kontaktaufnahme mit der verbeiständeten Person - Aufnahme des Inventars, wenn Vermögensverwaltung zum Auftrag gehört overmögen kann auch Einkommen umfassen overmögen heisst auch Schulden Kurt Affolter, IAS Ligerz 2
3 II. Aufgaben bei Übernahme des Amtes (nart. 405 obei Verheirateten: Massgeblich ist Güterstand Bei Gütertrennung: Vermögenszuteilung klar ausser Miteigentum (meist Objekte des täglichen Gebrauchs) Bei Errungenschaftsbeteiligung: Gesamtvermögen erfassen, aber davon das zu verwaltende Vermögen im Einvernehmen mit Ehegatten ausscheiden Bei Gütergemeinschaft: Gesamtvermögen erfassen, Vermögen zu freier Verfügung an Ehegatten ausscheiden (sinngemäss nart. 409 II. Aufgaben bei Übernahme des Amtes (nart. 405 ofehlt Informationswille des Ehegatten: Anordnungen der KESB (nart. 405 Abs. 4 und 448 ofehlt es an Einigung mit Ehegatten über auszuscheidendes Vermögen: Entweder gerichtliche Gütertrennung verlangen (Art. 185 Abs. 3, bedingt Urteilsunfähigkeit der verbeiständeten Person oder Gütertrennung mittels Eheschutzmassnahmen (Art. 176 Abs. 1 Ziff. 3 o Mitwirkungspflicht Dritter (nart. 405 Abs. 4 kann durch die KESB durchgesetzt werden (nart. 448 Abs. 1 Allenfalls öffentliches Inventar verlangen (nart. 405 Abs. 3 Kurt Affolter, IAS Ligerz 3
4 III. Verhältnis zur betroffenen Person (nart Auftrag liegt im Interesse der Person, d.h. oschwächezustand lindern, Verschlimmerung verhüten ostreben nach Vertrauensverhältnis oschutz der Menschenwürde oachtung der Individualität ohilfe zu selbstbestimmter Lebensführung orücksicht auf eigene Meinung ointeressenwahrung osoziale Sicherheit obalance zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung suchen («Zwangsbeglückung») III. Verhältnis zur betroffenen Person (nart Je nach Auftrag opersönliche Fürsorge ointeressenwahrung overmögensverwaltung Persönliche Fürsorge betrifft Wahrung der Gesamtheit der auf die Persönlichkeit bezogenen Interessen ounterkunft ounterhalt im umfassenden Sinn (Ernährung, Kleidung, Transport, Freizeit/Kulturbedürfnisse etc) oausbildung, Beruf ophysische und psychische Gesundheit osoziales Umfeld und Bezugspersonen Kurt Affolter, IAS Ligerz 4
5 III. Verhältnis zur betroffenen Person (nart. 406 Für das Öffnen der Post und das Betreten der Wohnung hat die KESB die Ermächtigung zu erteilen, wenn die betroffene Person nicht einverstanden ist (Art. 391 Abs. 3 Verpflichtung zu persönlichem Handeln des Beistandes Recht auf finanzierbaren Beizug von Dritten für ozeitaufwändige Aufgaben (Begleitung, Transport etc) oaufgaben, die Spezialkenntnisse erfordern (Steuererklärungen, Spitex, Liegenschaftsverwaltungen, Gärtnerarbeiten etc) III. Verhältnis zur betroffenen Person (nart. 406 Sorgfaltspflicht wie ein Beauftragter (nart. 413 ZGB, Art. 398 OR) Verschwiegenheitspflicht, soweit nicht überwiegende Interessen vorliegen (nart. 413 Abs. 2 Orientierung Dritter, soweit für die Mandatserfüllung erforderlich (nart. 413 Abs. 3 ZGB > Vermieter, Arbeitgeber, Bank, Versicherungen, Arzt etc. je nach Mandat) Orientierung der Behörde, wenn wegen veränderter Verhältnisse Anpassungen nötig sind (nart. 414 Recht auf Zeugnisverweigerung im Strafprozess (Art. 168 Abs. 1 StPO) und Verweigerung der Mitwirkung im Zivilprozess (Art. 165 Abs. 1 lit. e ZPO). Kurt Affolter, IAS Ligerz 5
6 IV. Eigenes Handeln der betroffenen Person (nart Voraussetzung eigenen Handelns ist grundsätzlich Handlungsfähigkeit (nart. 13, d.h. ourteilsfähigkeit ovolljährigkeit (zurückgelegtes 18. Altersjahr) okeine umfassende Verbeiständung (nart Personenrecht (nart d ermöglicht darüber hinaus Handeln bei blosser Urteilsfähigkeit omit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (nart. 19 Abs. 1 oohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters Erlangen unentgeltlicher Vorteile und geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens (nart. 19 Abs. 2 IV. Eigenes Handeln der betroffenen Person (nart. 407 oausübung von Rechten, die der Person um ihrer Persönlichkeit willen zustehen (nart. 19c > höchstpersönliche Rechte, Verweis auf aussergesetzliche Erkenntnisquellen (Art. 1 Absolut höchstpersönliche Rechte sind vertretungsfeindlich (Errichten eines Testaments, Eheabschluss, Anfechtung der Vaterschaft, Religionszugehörigkeit ab 16. Altersjahr, Bezeichnung einer Begünstigung in Lebensversicherung, Suizid etc.) Relativ höchstpersönliche Rechte sind bei Urteilsunfähigkeit wahrnehmbar durch gesetzlichen Vertreter (Persönlichkeitsschutz, Vaterschafts- und Unterhaltsklagen, gängige medizinische Entscheide etc) Kurt Affolter, IAS Ligerz 6
7 IV. Eigenes Handeln der betroffenen Person (nart. 407 Absolut wie relativ höchstpersönliche Rechte bedürfen zuweilen der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters z.b. Kindesanerkennung [Art. 260 Abs. 2 ZGB], Abschluss eines Ehevertrages [Art. 183 Abs. 2 ZGB]) z.b. Namensänderung [BGE 117 II 6], Sterilisation einer umfassend verbeiständeten, urteilsfähigen Person [Art. 6 Abs. 1 Sterilisationsgesetz] IV. Eigenes Handeln der betroffenen Person (nart. 407 Höchstpersönliche Rechte (hpr) Absolut hpr Relativ hpr Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (gv) nötig (Ausnahme) Autonomes Handeln ohne Zustimmung des gv (Regel) Zustimmung des gv nötig (Ausnahme) Autonomes Handeln ohne Zustimmung des gv (Regel) Kurt Affolter, IAS Ligerz 7
8 V. Vermögensverwaltung (nart Primäre Verantwortung zur Verwaltung bei Beistand, auch wenn Vermögen bei der KESB hinterlegt ist oentgegennahme von Dritten geschuldeter Leistungen mit befreiender Wirkung oschulden bezahlen (soweit angezeigt!) overtretung der betroffenen Person für die laufenden Bedürfnisse Massgeblich: Errichtungsbeschluss KESB (nart. 391 Abs. 1, 395 Vermögensbegriff: Kann Einkommen und Vermögen sein V. Vermögensverwaltung (nart. 408 Ziele: owohl und Schutz der betroffenen Person (nart. 388 Abs. 1 osorgfältige Vermögensverwaltung (Verwaltungs-, Anlage- und Aufbewahrungsstrategie) osicherung des gewohnten Lebensstandards oförderung von Begabungen opflege sozialer Beziehungen oeruierung und Geltendmachung aller rechtlichen Ansprüche, insbesondere auch sozialversicherungsrechtlicher Natur) ounterhalt von Mobilien und Immobilien oabschluss der nötigen Versicherungen Zuständigkeiten beachten! (nart. 412, 416, 417 Kurt Affolter, IAS Ligerz 8
9 VI. Beiträge zur freien Verfügung (nart. 409 Ziele: Ausgleich zu grundsätzlich fehlender Handlungsmacht, soweit wirtschaftlich verantwortbar und persönlich möglich Inhalt: omittel aus dem Verwaltungsbereich des Beistandes omittel sind nicht für bestimmte vitale Zwecke (Ernährung, Kleidung, Unterkunft etc), sondern für Freiheitsbetätigung (inkl. Schenkungen an Dritte) obeinhaltet auch Sparkapital, das aus freiem Vermögen generiert wurde Überlassen ist nicht formbedürftig, zwecks Nachweis für den Beistand aber zu dokumentieren. VII. Besondere Geschäfte (nart Verboten sind odas Eingehen von Bürgschaften oerrichten von Stiftungen oschenkungen, wenn mehr als Gelegenheitsgeschenke (kein objektiver Begriff, sondern entsprechend dem bisherigen Verhalten und der persönlichen Einstellung der betroffenen Person) Wenn möglich nicht zu veräussern sind Vermögenswerte, welche für die Person oder ihre Familie von besonderem Wert sind (nart. 412 Abs. 2 > z.b. Familien-AG Der Schutz von Gegenständen ohne Vermögenswert fällt unter den Persönlichkeitsschutz (nart. 388, 406 Kurt Affolter, IAS Ligerz 9
10 VIII. Mandatsführung und Aufsicht der KESB (nart. 405 Abs. 2, 410, 411, ZGB, Art. 4 VBVV ) Wie im bisherigen Recht Beschränkung der Kompetenzen des Beistandes mittels Katalog mitwirkungs- und zustimmungsbedürftiger Geschäfte (nart. 405 Abs. 2, 416, 417 ZGB, Art. 4, 6 II, 7 II+III, 8 III, 9 VBVV) Neu: okündigung Wohnung oliquidation Hausrat (bisher ausserordentliche Verwaltungshandlung) odauerverträge zur Unterbringung onutzniessung an Vermögenswerten olebensversicherungs- und Leibrentenvertrag, wenn sie nicht dem Freizügigkeitsgesetz unterliegen und nicht in Zusammenhang mit Arbeitsverhältnis stehen Die urteils- und handlungsfähige betroffene Person kann auch selbst ihre Zustimmung erteilen (nart. 416 Abs. 2 VIII. Mandatsführung und Aufsicht der KESB (nart. 405 Abs. 2, 410, 411, ZGB, Art. 4 VBVV ) Zustimmung nötig für alle entgeltlichen Verträge zwischen verbeiständeter Person und Beistand Zustimmung nicht mehr nötig für Ehevertrag, Erwerb oder Verzicht Bürgerrecht, Wohnsitzwechsel, selbständiger Betrieb von Beruf und Gewerbe, Abschluss Lehrvertrag Generell nur noch Zustimmung durch KESB, ohne Aufsichtsbehörde Wie im bisherigen Recht Möglichkeit der Beschwerde gegen Handlungen und Unterlassungen des Beistandes an die KESB (Art. 419 Kurt Affolter, IAS Ligerz 10
11 VIII. Mandatsführung und Aufsicht der KESB (nart. 405 Abs. 2, 410, 411, ZGB, Art. 4 VBVV ) - Betriebsorganisatorisch (keine direkte gesetzliche Grundlage) oabstimmung von Arbeitsvorgaben für Beistände zwischen KESB und Diensten oqualitätszirkel unter KESB, Diensten und Aufsichtsbehörden orückfluss von Erkenntnissen der gerichtlichen Beschwerdeinstanz zu Aufsichtsbehörde, KESB und Diensten ostatistische Erfassung und Auswertung von Interventionsbereichen oentwicklung und Schulung wissenschaftlicher Methoden mit Hochschulen und Universitäten VIII. Mandatsführung und Aufsicht der KESB (nart. 405 Abs. 2, 410, 411, ZGB, Art. 4 VBVV ) Controlling KESB Auftragserteilung/ Instruktion Revision von Bericht und Rechnung Anpassung/ Aufhebung/ Entlassung Inventar/ Mitwirkung Kurt Affolter, IAS Ligerz Interventionen /Beschwerdeverfahren Vermögensverwahrung Kurt Affolter, IAS Ligerz 11
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