Tierschutzlabel: Greenwashing oder sinnvoller Beitrag zum Tierwohl
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- Dagmar Baumhauer
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1 Tierschutzlabel: Greenwashing oder sinnvoller Beitrag zum Tierwohl 3. Bundestreffen des Netzwerks Bauernhöfe statt Agrarfabriken Prof. Dr. Achim Spiller Lehrstuhl Marketing für Lebensmittel
2 Die Fleischwirtschaft in der Öffentlichkeit Massentierhaltung Der Hähnchenkrieg von Sprötze Brandstiftung, Protestcamp, Drohbriefe eine Bauernfamilie im Visier radikaler Tierschützer Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 2
3 Punkte Branchenimage im Vergleich (2008) ,4 Fleisch 71,0 Auto 54,2 Chemie 58,8 Bau 67,4 Süßw. 66,4 Milch 62,6 Banken Fleischsektors Autoindustrie 1 Chemieindustrie Bauindustrie Süßwarenindustrie Milchsektors Bankenwesen Quelle: Eigene Studie 2008 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 3
4 Wo fängt für Verbraucher Massentierhaltung an? Wie viele Schweine werden heute durchschnittlich auf Bauernhöfen in Deutschland gehalten? 19,4 Vermutet: rund 600 real: ,7 11,4 6,4 12,8 21,6 11,8 Bei wie vielen Tieren pro Betrieb beginnt für Sie Massentierhaltung? 68 % halten Ställe > 500 für Massentierhaltung 33,3 13,5 9,0 2,5 10,6 15,3 10,1 0% 20% 40% 60% 80% 100% <100 Tiere <200 Tiere <300 Tiere <400 Tiere <500 Tiere <1.000 Tiere <5.000 Tiere < Tiere > Tiere Quelle: Eigene Erhebung 2008 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 4
5 Mehr als 400 Label auf dem deutschen Markt und jetzt auch noch ein Animal Welfare Label? Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 5
6 Zum Begriff Label Bild-/Wortzeichen I. d. R. verdichtete, bewertende Aussage Label im weitesten Sinne Umfasst auch unternehmsbezogene Marketing-Zeichen, aber nicht die Markierung Label im weiteren Sinne = Form der überbetrieblichen Produktkennzeichnung Staatlich vorgeschriebene Warenkennzeichnung Freiwillige Warenkennzeichnung auf gesetzl. Basis Freiwillige Warenkennzeichnung durch Gemeinschaftsmarketing Label im engeren Sinne Nur gesetzlich geregelte Kennzeichnungssysteme (obligatorische und freiwillige) Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 6
7 Agenda Vertrauenskrise und Tierschutzlabel Verbraucherpräferenzen und Marktangebot Zur ökonomischen Bewertung eines Tierschutzlabels Ausblick Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 7
8 Ernährungskäufer-Typen der GfK Ernährungstypen Beschreibung Haushalte in D in % Kritischer Ökologe Lebenserfahrener Gourmet Traditioneller Gewohnheitskoch Figurbewusster Gelegenheitskoch Gemütlicher Couch Potato Unkritischer Fast Fooder Nicht nur bei der Ernährung mit Blick auf Nachhaltigkeit Ernährung genießen, frisch und natürlich Gelernte Ernährung, kochen und backen ist normal und man tut s gerne Stellt Ansprüche an die Ernährung aber mehr im Sinne von functional, ist entdeckerfreudig Kaum Ansprüche an die Ernährung, setzt auf altbewährtes Setzt sich kaum mit seiner Ernährung auseinander, z. T. zeitknapp Quelle: GfK 2007 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 8
9 Eigene Studie zu Tierschutzeinstellungen Cluster Zahl der Befragten Merkmale Besorgte Tierschützer/ -innen Tierschutzbewusste Fleischesser Sorglose Fleischesser Desinteressierte Tierschutz- Genervte Ethische Grundhaltung Tierschutz sehr defizitär preisbereit Ausgeprägte ethische Grundhaltung aber Tierhaltung im Grundsatz o. k. Kein Inolvement aber Tierhaltung defizitär Tierhaltung ist o. k. kein Involvement hoher Fleischkonsum Ablehnung von Tierschutz Geschmack zählt Kernzielgruppe= knapp 20 % der Bevölkerung Erweiterte Zielgruppe Quelle: Schulze/Spiller 2008 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 9
10 Zwischenfazit: Verbraucher und Tierschutz Marktvolumen 100% Positives Image 75% Zahlungsbereitschaft für Tierschutz 20% Marktpotenzial Heute: Kauf von Tierschutzprodukten Heute: Anteil Stammkäufer 2% 1% Marktangebot Quelle: Eigene Darstellung Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 10
11 Marktversagen bei Tierschutz? Informationsdefizite der Verbraucher aufgrund mangelnder Produktkennzeichnung: Tiergerechtheit als Vertrauenseigenschaft adverse Selektion Unterschiede zwischen Bürgerpräferenzen und Nachfragerverhalten: Trittbrettfahrerproblem: Wahrgenommener eigener Beitrag zu mehr Tierschutz Pfadabhängigkeiten: Lange Investitionszyklen verhindern eine Umstellung der Produktion Herdenverhalten: Sehr ähnliche Wahrnehmung der Branchenbedingungen ( Verbraucher achten nur auf den Preis ) verhindert innovative Ansätze; Dominanz des Preiswettbewerbs Vielfältige Zielkonflikte in der Agrarproduktion: Zielantagonismen und Grading-Systeme in der Supply Chain Geringe Differenzierung von Fleisch und Fleischwaren im Markt Blockierte Märkte: Marktmacht einzelner Akteure kann innovative Angebote verhindern Branchenkultur in der Fleischwirtschaft Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 11
12 Ist Tierwohl-Label das geeignete Instrument Verschärfung der gesetzlichen Tierschutzbestimmungen (sowie Verbesserung der Rechtsdurchsetzung) Finanzielle Förderung besonders tiergerechter Haltungsverfahren Entwicklung einer Marke für artgerecht Produkte durch Verarbeiter oder Handelsunternehmen Herausbildung von De-facto-Standards auf Druck (a) nachfragemächtiger Abnehmer oder (b) von NGOs Etablierung eines Tierschutzlabels Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 12
13 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 13
14 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 14
15 Ökonomische Bewertung des Labellings (Relativ) preiswertes Instrument (Nur) Verbraucher mit Qualitätspräferenzen bezahlen Anregung des Qualitätswettbewerbs indirekte Labeleffekte oft entscheidend Steigende Wertschöpfung Langfristige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft aber: Einführung in Supply Chain komplex (Multi-Channel, Kuppelproduktion usf.) Anfällig für Rent Seeking Prozesse Missbräuchliche Nutzung: Labelwirrwar statt Verbraucherinformation Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 15
16 Was tut sich in anderen Ländern? Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 16
17 Beter Leven Fleisch und Wurstwaren von Hähnchen, Schwein und Rind Eier Anwendungsbereiche: Haltung, Transport Bewertungsbereiche: Haltung, Management, Tiergesundheit Das Beter Leven -Label wird in drei Kategorien vergeben: Stern = Tierschutzstandards oberhalb des Gesetzes Sterne = Zwischensegment mit Auslauf Sterne = Bio bzw. auf ähnlichem Niveau wie Bio Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 17
18 Beter Leven im LEH Albert Heijn, Bas, C1000, CoopCodis, Deen, Digros, Dirk van den Broek, EM-TE, Golff, Hoogvliet, Jan Linders, Jumbo, Plus, Poiesz, Spar, Super de Boer, Vomar Auch beim Fleischer: Groene Weg slagers, Slagerij van der Gracht, A'dam (nur 3 Sterne) Food Service und Catering: Hanos, Deli XL, Ecofields, De Koning Vlees Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 18
19 Anforderungsgrad Animal Welfare Label: Positionierung hoch Goldstandard Idealpositionierung Massenmarkt gering Gesetzlicher Mindeststandard gering Marktdurchdringung Hoch (Potenzialausschöpfung) Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 19
20 Anforderungsgrad Vorteil eines mehrstufigen Standards hoch Goldstandard Idealpositionierung Massenmarkt gering Gesetzlicher Mindeststandard gering Marktdurchdringung hoch Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 20
21 Marktpositionierung Fleisch in Deutschland Preis Bio plus Neuland Bio Positionierungslücke Herstellermarke Fleischerfachgeschäfte % Preiseinstieg Differenzierung mit Nachhaltigkeitskriterien Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 21
22 Herausforderung: Outpacing-Strategie Ziel: Überragende Qualitäts-Preis-Kombination raus aus dem Teufelskreis der Nische Simultane Bedienung der drei zentralen Absatzkanäle (Koppelproduktion managen) Lebensmittelhandel (FFG, Supermärkte, ggf. Discount) Wurstproduktion Außer Haus-Markt Komplettumstellung eines großen Schlachthofs Mutige Marketinginvestitionen und Öffentlichkeitswirkung Hohe Glaubwürdigkeit Denken vom Markt Target Pricing Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 22
23 Animal Welfare Label in Deutschland: Stand der Diskussion Politische Entwicklungen für ein staatliches (freiwilliges) Label laufen, werden aber noch etwas Zeit brauchen Animal Welfare Label daher (zunächst) als freiwilliges, privates, von der Wirtschaft und Tierschützern getragenes Label Arbeitsgruppe in Göttingen: Wissenschaft: Gauly, Knierim, Schrader, Theuvsen, Spiller Tierschutz: Deutscher Tierschutzbund, Neuland Unternehmen: Edeka Minden-Hannover, Tegut, Tengelmann, Vion, EGO Ziel: Zunächst Zertifizierungsstandards für Schwein und Geflügel Glaubwürdiger, mehrstufiger Standard Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 23
24 Herausforderungen bei der Etablierung eines Tierwohl-Labels Was ist Tierschutz? Stand der wiss. Forschung Wie stehen Landwirte zum Tierschutz? Ergebnisse einer Befragung von Schweinemästern Wie Tierschutz zum Business Case machen? Positionierung des Labels Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 24
25 Bewertungskriterien für Tierschutz: Ergebnis des EU-Welfare Quality-Projektes Haltungssystem Management Tierverhalten Tiergerechtheit Genetik Tiergesundheit Haltungssystem Management Quelle: Eigene Darstellung Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 25
26 Haltungssystem Quelle: Knierim 2010 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 26
27 Management Quelle: Knierim 2010 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 27
28 Tiergesundheit (Beispiele) Abwesenheit von körperlichen Schäden tierbezogen: Verletzungen, Lahmheiten Abwesenheit von Krankheit tierbezogen: Anteil hustender Tiere, mit Nasenverkrümmungen, Durchfall, Mortalität managementbezogen: Kriterien für Euthanasie ressourcenbezogen: Krankenställe Abwesenheit von Schmerzen durch Eingriffe (z. B. Schwanzkürzen, Nasenringe, Zahnabschleifen) Quelle: Knierim 2010 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 28
29 Tierverhalten (Beispiele) Ausführung von Sozialverhalten Ausführung anderer Verhaltensweisen: tierbezogen: Explorationsverhalten, Stereotypien ressourcenbezogen: Anreicherung der Haltungsumgebung Gute Mensch-Tier-Beziehung tierbezogen: Ausweichdistanz vor Menschen in Tests Quelle: Knierim 2010 Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 29
30 Ausblick Labelling als Instrument zweischneidig Prinzipielle ökonomische Vorteile aber realiter Tendenz zur weiteren Verwirrung der Konsumenten Gutachten der wissenschaftlichen Beiräte für Verbraucherund für Agrarpolitik zu Politikstrategie Food-Labelling in Vorbereitung Konzentration auf wenige Label (jeweils für zentrale Nachhaltigkeitsdimensionen) Mehrstufige Label wg. Positionierung und Anreizwirkung Notwendigkeit der Begleitung durch umfassend Öffentlichkeitsarbeit Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 30
31 Fachtung Initiativgruppe Tierwohl-Label Fachtagung zur Präsentation erster Kriterienvorschläge für ein Tierwohl-Label in Göttingen mehr Informationen unter Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte 31
32 DANKE Kontakt: Prof. Dr. Achim Spiller Georg-August-Universität Göttingen Lehrstuhl "Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte" Platz der Göttinger Sieben 5, Göttingen Tel: 0551/ ; Fax: 0551/
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