Erste Hilfe / Notfallorganisation
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- Viktoria Schuler
- vor 7 Jahren
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1 16 Schwerpunkt Erste Hilfe / Notfallorganisation Jede Minute ereignen sich im Schnitt in den gewerblichen Betrieben zwei meldepflichtige Arbeitsunfälle mit teilweise schweren Verletzungen. Aber Notfälle sind nicht immer Unfälle. Auch lebensbedrohliche Erkrankungen wie Kreislaufversagen, Zuckerschock oder Herzinfarkt können einen Erste-Hilfe-Einsatz erfordern. Eine durchdachte Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb kann lebensrettend sein. Foto: Deutsches Rotes Kreuz, Generalsekretariat Berlin
2 Schwerpunktthema April VMBG Zur Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe im Betrieb haben die Berufsgenossenschaften nach 15 Sozialgesetzbuch VII (SGB) die hierzu erforderlichen Maßnahmen in der Unfallverhütungsvorschrift BGV A1 Grundsätze der Prävention erlassen. Hiernach sind vom Unternehmer Vorkehrungen zu treffen, damit nach einem Unfall sofort erste Hilfe geleistet werden kann und eine evtentuell erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst wird. Er muss die personellen, sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Umfang und Organisation der ersten Hilfe haben sich dabei nach Art und Größe des Betriebes sowie nach Art, Schwere und Zahl der Unfälle zu richten. Der Unternehmer steht mit der Umsetzung seiner Aufgaben nicht alleine da. Die Betriebsärzte sind nach dem Arbeitssicherheitsgesetz verpflichtet, ihn und die sonst für den Arbeitsschutz zuständigen Personen bei der Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb zu beraten. Bestellung von Ersthelfern Jeder ist zur Ersten Hilfe verpflichtet unabhängig davon, ob er ausgebildeter Ersthelfer ist oder nicht. Keiner kann zur Verantwortung gezogen werden, so lange er nach seinen Möglichkeiten vorgeht. Hilft er aber nicht, kann er nach Strafgesetzbuch 323 c unterlassene Hilfeleistung - bestraft werden. Das betriebliche Rettungswesen ist nur dann erfolgreich, wenn für die Versorgung der Verletzten gut ausgebildetes Personal in ausreichender Anzahl im Betrieb vorhanden ist. Diese Voraussetzungen erfüllen insbesondere die Ersthelfer, die in einer acht Doppelstunden umfassenden Grundausbildung geschult worden sind. Der Erste-Hilfe- Kurs Sofortmaßnahmen am Unfallort für Führerscheinbewerber, den fast alle Mitarbeiter haben, reicht für den Einsatz als betrieblicher Ersthelfer nicht aus! Der Ersthelfer bleibt trotz seiner Ausbildung ein Laienhelfer, er kann und soll also keine ärztliche Behandlung ersetzen. Er soll vielmehr bis zum Eintreffen des Arztes, des Betriebssanitäters oder des Rettungswagens lebensrettende Sofortmaßnahmen einleiten und durch sachgerechtes Handeln die Folgen des Unfalls so gering wie möglich halten und eine Verschlimmerung verhindern. Betriebsgröße entscheidend In der BGV A1 ist geregelt, wie viele Ersthelfer mindestens in einem Unternehmen zur Verfügung stehen müssen. Jeder kleinere Betrieb mit zwei bis zu 20 anwesenden Beschäftigten braucht mindestens einen Ersthelfer. Darüber hinaus muss die Anzahl der Ersthelfer zehn Prozent der anwesenden Mitarbeiter betragen. Bei Verwaltungs- und Handelsbetrieben liegt die Quote bei fünf Prozent. Die Erste Hilfe ist stets sicherzustellen. Mit anwesenden Beschäftigten sind diejenigen gemeint, die sich zu den betrieblichen Arbeitszeiten am Arbeitsplatz im Unternehmen befinden. Es ist also nicht wie häufig angenommen die Anzahl der Beschäftigten eines Unternehmens gemeint. Um die Erste Hilfe immer sicherzustellen, muss bei Wechselschichten, Sonn- und Feiertagsarbeit und in der Urlaubszeit darauf geachtet werden, dass eine ausreichende Anzahl an Ersthelfern vor Ort ist. Bei der Bestimmung der Anzahl spielen auch die örtlichen Gegebenheiten eine Rolle. So ist zu bedenken, wie viel Zeit vergeht, bis der Ersthelfer den Unfallort erreichen kann. Diese Frage stellt sich vorwiegend auf Bauund Montagestellen. Deshalb kann die notwendige Anzahl von Helfern dort erheblich höher liegen. Jedem Mitarbeiter muss bekannt sein, wer in seinem Arbeitsbereich Ersthelfer ist. Es ist daran zu denken, auch Frauen ausbilden zu lassen, wenn in dem Betrieb Frauen arbeiten. Foto: Schubert
3 18 In großen Betrieben (BGV A 1 27) müssen Betriebssanitäter eingesetzt werden. Ihre vornehmliche Tätigkeit liegt auf dem Gebiet der erweiterten ersten Hilfe. Im Gegensatz zu den Ersthelfern, die sich an den möglichen Unfallorten oder in deren Nähe aufhalten und somit unmittelbar und sofort für eine Erste-Hilfe-Leistung zur Verfügung stehen, wird der Betriebssanitäter an den Unfallort gerufen oder vom Verletzten aufgesucht. Unterweisung Alle Beschäftigten eines Unternehmens müssen informiert sein, was im Notfall zu tun ist. Deshalb müssen die Unternehmer bzw. die Vorgesetzten die Mitarbeiter/innen über das Verhalten in Notsituationen unterweisen und zwar vor Aufnahme der Beschäftigung, danach mindestens einmal jährlich. Jeder weiß, dass erworbene Kenntnisse mit der Zeit in Vergessenheit geraten. Dies gilt auch für Inhalte von Erste-Hilfe-Lehrgängen. Deshalb schreibt die Unfallverhütungsvorschrift auch eine Fortbildung in regelmäßigen Abständen vor. Dieses so genannte Erste-Hilfe-Training (Dauer: vier Doppelstunden) ist nach jeweils zwei Jahren zu wiederholen. Die Ausbildung und Fortbildung können u. a. von folgenden Stellen durchgeführt werden: Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland Deutsche-Lebens-Rettungs- Gesellschaft Deutsches Rotes Kreuz Johanniter-Unfall-Hilfe Malteser-Hilfsdienst Unter den in der BGV A1 festgelegten Bedingungen kann die Berufsgenossenschaft auf Antrag auch andere Stellen für die Aus- und Fortbildung anerkennen. Dadurch kann z. B. ein großes Unternehmen seine Versicherten in eigener Verantwortung schulen. Die Berufsgenossenschaft übernimmt die vereinbarten Teilnahmegebühren für den Erste-Hilfe-Lehrgang und das Erste-Hilfe-Training. Die Ausbildungsträger rechnen unmittelbar mit der Berufsgenossenschaft ab. Der Arbeitgeber trägt die übrigen Kosten (z. B. Entgeltfortzahlung, Fahrtkosten). Für die Rettung und Versorgung sowie den fachgerechten Transport des Verletzten müssen geeignete Rettungsgeräte und -transportmittel im Betrieb zur Verfügung stehen. Es hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab, welche Einrichtungen bereitgehalten werden. Hierzu zählen z. B. Löschdecken, Rettungsgurte, Rettungsleinen, Sprungtücher, Atemgeräte, Krankentragen, Vakuummatratzen, gegebenenfalls Krankentransportwagen oder Rettungswagen. Rettungstransport Der fachgerechte Transport des Verletzten ist das notwendige Bindeglied zwischen der ersten Hilfe am Un- Fotos: Deutsches Rotes Kreuz, Generalsekretariat Berlin
4 Schwerpunktthema April VMBG fallort und der Heilbehandlung. Grundsätzlich genügt der Unternehmer seiner Verpflichtung, wenn er den Verletzten dem öffentlichen Rettungsdienst übergibt. Über Art und Ziel des Transportes entscheidet bei Notfällen das Rettungspersonal unter Mitwirkung der Leitzentrale. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der öffentliche Rettungsdienst alle Transportprobleme lösen kann. Für besonders kritische Fälle steht der Rettungshubschrauber zur Verfügung. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über ein nahezu flächendeckendes Netz von derzeit 53 Rettungshubschrauberstationen. Die Noteinsätze der Hubschrauber werden von den örtlichen Leitstellen koordiniert, deshalb werden die Stationen vom Betrieb aus nicht direkt angerufen. Im Falle eines Unfalls oder Notfalls, ist eine der Notrufnummern 110 oder 112 zu wählen, dann kann in acht bis zehn Minuten ärztliche Hilfe mit dem Rettungshubschrauber am Unfallort sein. Verbandbuch führen - warum? Glücklicherweise handelt es sich bei den meisten Unfällen im Betrieb um kleinere Verletzungen. Jede noch so geringfügige und harmlose Verletzung muss notiert werden. Hierdurch wird dokumentiert, dass sich der Beschäftigte die Verletzung während der Arbeit zugezogen hat. So kann bei Spätfolgen ein Anspruch auf Versicherungsleistungen nachgewiesen werden. Die Angaben müssen fünf Jahre aufbewahrt werden. Die Aufzeichnungen der Erste-Hilfe-Leistungen können z. B. in einem Verbandbuch, einer Kartei oder per EDV gespeichert werden. Es wird empfohlen, ein Verbandbuch nach BGI bzw zu verwenden. Erste-Hilfe-Material Zum Erste-Hilfe-Material zählen Verbandstoffe, alle Hilfsmittel und medizinischen Geräte sowie Arzneimittel, so weit sie der Durchführung der Ersten Hilfe dienen. Geeignetes Erste-Hilfe-Material ist z. B. in den nach DIN (kleiner Verbandkasten C) sowie in den nach DIN (großer Verbandkasten C) inhaltlich genormten Verbandkästen enthalten. Die Anzahl der vorzuhaltenden Verbandkästen im Betrieb hängt von der Größe des Betriebes ab. Die örtlichen Gegebenheiten der Arbeitsplätze sollen dabei beachtet werden. Wird z. B. in unterschiedlichen Werkhallen mit wenigen Personen gearbeitet, für deren Mitarbeiteran- Foto: MMBG zahl nur ein Kasten vorgesehen ist, sollten aus logistischen Gründen zur Sicherstellung der Ersten Hilfe doch für jede Halle ein Verbandkasten zur Verfügung gestellt werden. Ist ein großer Verbandkasten ausreichend, kann dieser auch durch zwei kleine Verbandkästen ersetzt werden. Diese sind dann an unterschiedlichen Stellen angebracht eventuell besser für jedermann erreichbar. Erste-Hilfe-Material ist jederzeit schnell erreichbar und leicht zugänglich auf zubewahren, gegen schädigende Einflüsse, wie insbesondere Verunreinigungen, Nässe oder hohe Temperaturen geschützt unterzubringen, in ausreichender Menge bereitzuhalten, rechtzeitig zu ergänzen und zu erneuern. Wichtig ist, dass sowohl die Standorte und die Betriebsverbandkästen gekennzeichnet sind, um diese im Notfall schnell zu finden.
5 20 1. Rettungskette Die Rettungskette bildet die Verbindung zwischen Unfallort und Krankenhaus. Sie besteht aus fünf Gliedern und sorgt dafür, dass der Verletzte innerhalb kürzester Zeit in ärztliche Behandlung 5. gelangt Notruf 3. Erste Hilfe Sofortmaßnahmen Rettungsdienst Krankenhaus Die Stärke der ersten drei Glieder ist durch den Betrieb beeinflussbar und muss besonders gestärkt werden, denn eine Kette kann nur so stark sein, wie ihr schwächstes Glied. Sofortmaßnahmen Diese bestehen darin, den Verletzten zu retten, die lebenswichtigen Funktionen wiederherzustellen oder aufrechtzuerhalten sowie zusätzliche Schädigungen zu vermeiden. Notruf Damit ein Notruf umgehend abgesetzt werden kann, muss jeder Mitarbeiter wissen, welche Telefone als Notruftelefone vorgesehen sind. Viele Betriebe telefonieren über ein firmeninternes Telefonnetz, mit dem es nicht möglich ist, eine Verbindung ins öffentliche Telefonnetz zur Rettungsleitstelle herzustellen. Es ist daher unerlässlich, die Notruftelefone zu kennzeichnen! Der Gebrauch eines Mobiltelefons hat sich schon vielfach als wahrer Segen erwiesen. Mit dem Handy konnte besonders bei Baustellen in entlegenen Bereichen schnell professionelle Hilfe mobilisiert werden. Zu beachten ist aber, dass die Mobiltelefonnetze nicht überall flächendeckend sind, und es in Einzelfällen vorkommen kann, dass keine Verbindung zum Rettungsdienst zustande kommt. Damit der Rettungsdienst schnellstmöglich den Einsatz durchführen kann, muss die Unfallmeldung richtig übermittelt werden. Hierzu sollte man nach dem Schema der W-Fragen vorgehen: Wo Was ist der Unfallort? ist passiert? (Brandunglück, Elektrounfall u. a.) Wieviel Verletzte brauchen Hilfe? Welche Art von Verletzung / Erkrankung? (Atemstillstand, starke Blutung u. a.) Wer meldet (Angabe des eigenen Namens) Wie kommt der Rettungswagen zum Verletzten (Zufahrt angeben) Warten auf Rückfragen (Notruf nicht von sich aus beenden, sondern warten, bis das Gespräch von der Rettungsleitstelle beendet wird) Bei korrekter und vollständiger Beantwortung der Fragen enthalten die Antworten die wichtigsten Informationen, um helfen zu können. Denn auf Grund dieser Meldung entscheidet die Rettungsleitstelle, welche Maßnahmen eingeleitet werden, ob z. B. ein Notarzt zur Unfallstelle geschickt wird. Diese Fragen sollten zusammen mit den Notrufnummern im Bereich des Notruftelefons angebracht werden. In der Aufregung des Notfalls kann schnell die eine oder andere Angabe vergessen werden. Durch Nachfragen der Rettungsleitstelle geht dann wertvolle Zeit verloren. Erste Hilfe Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes ist der Verletzte weiter zu betreuen und zu versorgen, z. B. durch bequeme und sachgerechte Lagerung, beruhigenden Zuspruch, Ruhigstellung von Knochenbrüchen, Anlegen von Verbänden. Rettungsdienst Der Rettungsdienst übernimmt an der Notfallstelle den Verletzten und führt den schnellen und fachgerechten Transport zur nächsten geeigneten Klinik durch. Welches Transportmittel eingesetzt wird, entscheidet die Rettungsleitstelle bereits bei Eingehen des Notrufs. Krankenhaus Die Rettungskette endet mit der Aufnahme des Verletzten im Krankenhaus. Hier werden die eingeleiteten Maßnahmen fortgesetzt, die endgültige Diagnose gestellt, die begonnene Versorgung weitergeführt und die Heilbehandlung durchgeführt. Der behandelnde Arzt entscheidet, ob die Heilbehandlung in einem auf diese Verletzung spezialisierten Krankenhaus erfolgen muss. Für die Behandlung besonders schwerer Verletzungen oder für Versicherte, die an einer Berufskrankheit leiden, unterhalten die Berufsgenossenschaften neun Unfallkliniken, zwei Kliniken für Berufskrankheiten sowie drei Unfallbehandlungsstellen (Ambulanzen). Dipl.-Ing. Horst Steinker Dipl.-Ing. Annette Schubert VMBG - Onlineservice Die Vereinigung der Metall-Berufsgenossenschaften hält für Interessenten eine Liste mit den BG-Kliniken und deren Fachabteilungen auf ihrer Internetseite unter de/sites/ infosammlung/bg6_tabellebg-kliniken.doc zum Herunterladen bereit.
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