1 Geschichtlicher Exkurs in die Römerzeit
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- Sofie Krause
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1 1 Geschichtlicher Exkurs in die Römerzeit 1.1 Römische Hegemonialbemühungen in Germanien Ursprünglich war Germanien in den Jahrhunderten vor Christi Geburt keltisch besiedelt. Etwa um die Zeitenwende rückte dieses Gebiet immer mehr in den Interessenbereich des römischen Imperiums ( Imperum Romanum ). Durch die Hegemonialbestrebungen von Julius Cäsar fiel das westlich von Germanien bis an den Rhein grenzende Gallien (59 61 v. Chr.) unter römische Kontrolle. Doch diese natürliche Grenze wurde oft gewaltsam von rechtsrheinischen Germanenstämmen heimgesucht oder gar überschritten. Dabei wurde dem damaligen Kaiser Augustus (27-14 v. Chr.) bzw. dem verantwortlichen Statthalter Lollius v. Chr. schwere Niederlagen beigebracht. Als Gegenreaktion verstärkten die Römer in den Jahren v. Chr. die linke Rheinseite in der Weise, daß sie entlang des Rheinlaufs und speziell an den Mündungen von Main und Lippe in den Rhein riesige Basislager, wie z.b. Xanten ( Vetera ) und Mainz ( Mogontiacum ) errichteten, von denen aus Feldzüge auf die Gebiete jenseits der rechten Rheinseite bis an die Elbe stattfinden sollten. Schließlich wurden diese im Jahre 12-9 v. Chr. von Drusus realisiert, die nach dessen Tod von seinem Bruder Tiberius von 8-7 v. Chr. bis zur Unterwerfung der starken germanischen Stämme zwischen Rhein und Elbe führtgeführt wurden. Ein wichtiger Faktor dabei war nicht die bloße militärische Unterwerfung, sondern auch die vertraglich-politische Kooperation der besiegten Germanenstämme, die verschiedene Gebiete zugewiesen bekamen, trotzdem aber Rom als Ordnungsmacht unterstanden. Nach und nach wurden jetzt im Rhein-Weser-Land weitere Festungen errichtet, so daß dieses weiträumige Gebiet vollkommen kontrolliert werden konnte. Die Wende kam aber 9 n. Chr., als der germanische (cheruskische) Adelige und römische Bürger in Personalunion Arminius ein starkes Heer aus einer Vielzahl von regional zerstreuten germanischen Stämmen rekrutierte und in der legendären Schlacht im Teuteburger Wald das römischen Heer unter Führung des Statthalters Varus vernichtend schlug. 1
2 Diese Niederlage war so verheerend, daß die römischen Hegemonialbestrebungen kläglich zum erliegen kamen, obwohl der Herrschaftsanspruch weiterhin erhoben wurde. Der nahezu vollkommene Verzicht auf das rechtsrheinische Germanien kam erst nach der Abberufung des Varus-Nachfolgers Germanicus 16/17 n. Chr. in der Ära des Tiberius (14-37 n. Chr.). Die römischen Besatzer begannen nun sich successive in westliche und südliche Richtung zurückzuziehen. Ein erneutes Aufbäumen der römischen Truppen fand erst viele Jahre später in der Claudius-Ära mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. statt. Nach dem Feldzug gegen die Chatten (83-85 n. Chr.) unter Domitian wurde der Ausbau des obergermanischen Limes (lat.: Grenzweg, Grenze, Grenzwall) mit zahlreichen Kastellen und Wachtürmen forciert, um die neu gegründete Provinz Germania Superior (Obergermanien) mit Mogontiacum (Mainz) als Provinzhauptstadt vor germanischen Übergriffen zu schützen. Die letzte Vorverlegung der Grenze in östlicher sowie der Ausbau des Limes in nördlicher Richtung (Rätischer Limes) wurde unter Antonius Pius in der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. vorangetrieben, so daß die Gesamtausdehnung des obergermanisch rätischen Limes ungefähr 550 km betrug. Bingen Villa Rustica Abb. 1-1 Im Laufe des 3. Jahrhunderts war der Limes dem wachsenden Druck der allemannischen Stämme nicht mehr gewachsen. In der Neujahrsnacht 406 n. Chr. überquerten die germanischen Stämme der Vandalen, Sueben und Alemannen im Bereich Mainz-Bingen auf breiter Linie den Rhein. Dabei wurde die Provinzhauptstadt Mogontiacum von den Vandalen fast völlig dem Erdboden gleich gemacht. Dieses Ereignis läutete das Ende der römischen Herrschaft am Rhein ein. Die Römer behaupteten sich danach noch etwa 100 Jahre, bevor ihre Herrschaft am Rhein ca. 500 n. Chr. endete. 2
3 Die Franken traten das Erbe der Römer im Raum Rheinhessen, Pfalz und Elsaß an und legten ihr Hauptaugenmerk auf die Gründung ländlicher Siedlungen, was durch die Endung "-heim" als Indiz für fränkische Siedlungen belegt wird. Die Städte blieben offensichtlich weitgehend unberührt. 1.2 Zivile Besatzung in Germanien Nach der Eroberung der Gebiete der späteren römischen Provinz Obergermanien mit Mainz als Provinzhauptstadt wurde eine zivile Administration geschaffen, welche der Region einen gewaltigen Aufschwung der Privatwirtschaft mit durchaus beachtlichen Ansätzen der Großproduktion von Konsumgütern bescherte. Doch im Grunde genommen war das Römische Reich ein Agrarstaat. Die Mehrzahl der linksrheinischen Bevölkerung war agrarwirtschaftlich orientiert, da die gesamte Wirtschaft von vornherein auf die Versorgung der römischen Truppen und des nachrückenden Gefolges, vorwiegend in den Städten lebte, ausgelegt war. Allein die römische Armee in Obergermanien benötigte pro Jahr Tonnen Brotgetreide bzw. ein noch größere Anzahl an Futtergetreide. Trotz dieser immensen Menge wurde die römische Provinz im Laufe der Zeit wirtschaftlich autark und abgesehen von ein paar Luxusgütern, war man auf keinerlei Importe angewiesen. Vor allem für Obergermanien war die fortgeschrittene Infrastruktur mit dem sehr gut ausgebauten Straßennetz, den Wasserleitungen, den Abwasserkanälen und den Aquädukten mitunter die größte Errungenschaft. Die Straßen bildeten ein hierachisch gegliedertes Netz, das durch den Ausbau weitere Straßen immer engmaschiger wurde. Neben den öffentlichen Straßen ( Viae publicae ) entstanden Privatstraßen ( Viae privatae ) und Provinzstraßen ( Viae vicinales ).Diese ermöglichten dem römischen Reich die Option, große Truppenverschiebungen durchzuführen, um somit einigermaßen flexibel auf die alltäglichen Übergriffe der Germanenstämme reagieren zu können. 3
4 Darüber hinaus wurde die Nachrichtenübermittlung durch den Ausbau des Cursus publicus (Kaiserliche Post) stark forciert, wodurch Rom als Zentrum des Römischen Imperiums über die wirtschaftliche und politische Situation, speziell in Krisenregionen wie Obergermanien, praktisch permanent informiert war. So verläuft auch entlang des Areals der Villa rustica eine der großen Achsen ( Große Ausoniusastraße ), die von Trier über den Hunsrück kommend auf die Hauptachse Germaniens in Bingen mündet. Diese stellt sozusagen die kürzeste Verbindung der Rheinlande mit Italien dar und wurde mit Beginn der augusteisch-tiberischen Operationen von Mainz aus errichtet. Sie verläuft von Köln, Koblenz, Bingen, Mainz, Speyer bis zum Großen St. Bernhard. Zur Orientierung wurden Straßenkarten, wie diese hier für die Achse Köln Mainz, mit Orientierungspunkten entworfen. 4
5 1.3 Die Villa Rustica im zeitlichen Kontext Entlang der (Wasser-) Straßen entwickelten sich neben den römischen Militärlagern einige größere Siedlungen, die dem regionalen Handel dienten. Die Bewohner der Siedlungen und Städte wurden durch effizient arbeitende landwirtschaftliche Gutshöfe im Umland versorgt, deren Größe zwischen 0,6 10 ha schwankte. Diese Bauart bezeichneten die Römer als Villa Rustica, was soviel wie Landhaus bedeutet und in der damaligen Zeit einer der wichtigsten zivilen, römischen Siedlungsformen in Germanien war. Bei der Villa Rustica handelte es sich fast ausschließlich um architektonisch sehr weit entwickelte Einzelgehöfte aus der Kaiserzeit, die sich oft freistehend in der Nähe von größeren Ansiedlungen ( Vici ) oder an Fernhandelsstraßen ( Viae ) befanden. Oft wurden diese an Flüssen oder anderen Gewässern errichtet, da dort die Wasserversorgung garantiert war und zudem noch Schiffe als Transportmittel für die verschiedenen Rohstoffe eingesetzt werden konnten. Abb. 1-2 Betreiber waren einheimische Pächter oder Veteranen der römischen Armee, die nach einer Dienstzeit von 20 Jahren eine Abfindung in Form von Grundbesitz erhielten. Den Ort, an dem sie fortan leben wollten, konnten sie sich aussuchen. Wegen des Verbots wirtschaftlicher Betätigung wurde die römische Oberschicht zwangsläufig auf Landbesitz und Landwirtschaft als Erwerbsquelle verwiesen. 5
6 So wie bei einer Reihe von Villen im rheinhessischen Gebiet ist das Hofareal und dessen Ausdehnung noch genau nachvollziehbar, wohingegen man bei der Nutzung der verschiedenen Gutshöfe schlichtweg auf Indizien angewiesen ist. In der Regel waren die Hofanlagen in ebeneren Lagen agrarwirtschaflich orientiert, während in höher gelegenen Gebieten und in Waldbereichen Viehzucht oder Forstwirtschaft betrieben wurde. Die Villae rusticae lagen gerne an den Grenzen zwischen feuchten und trockenen Ökotopen, so daß der Gutshof einerseits aus einem Bereich mit feuchten Wiesen, andererseits aus einem arideren Bereich mit Ackerbau bestand. Diese Mischform war notwendig, da für den Ackerbau Zugtiere verwendet wurden, die man auf den Wiesen hielt und mit aus dem Ackerbau gewonnenem Futter versorgte. Diese Hofbezirke liegen bevorzugt an Süden exponierten Hängen oder bei stärkerem Relief auf den Bergzungen zwischen den Bachtälern. Unter der Vielzahl der Villen kristallisierten sich bezüglich der Anordnung der verschiedenen Gebäude auf dem Hofareal zwei unterschiedliche Typen heraus. Oft zu beobachten sind Gutshöfe mit zunächst wahllos auf dem Areal verteilten Gebäuden, die aber bei näherer Untersuchung zielgerecht, einem gewissen Betriebsablauf folgend, errichtet wurden. Diesem Typus ist die Villa im Binger Stadtwald nicht zuzuordnen. Vielmehr repräsentiert sie jene in der Gallia Belgica weit verbreitete Anordnung, bei der die Nebengebäude entlang der Mauer errichtet wurden. 6
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