INTERVIEW 2 - Nadja Bungard

Transkript

1 INTERVIEW 2 - Nadja Bungard Zendepot: Hallo Nadja, es freut mich sehr, dass du Zeit für das Interview gefunden hast. Nadja Bungard: Ja Holger, vielen Dank für die Einladung! Zendepot: Sehr gerne! Vielleicht stellst du dich für unsere Hörer ganz kurz vor - wie alt du bist und was du beruflich machst. Nadja Bungard: Mein Name ist Nadja Bungard, ich bin knapp über 40, und ich bin freiberufliche PR-Beraterin unter dem Geschäftsnamen "mondpropaganda". Und mit meiner Geschäftspartnerin habe ich noch eine Unternehmensberatung gegründet für Existenzgründer, die startbox Unternehmensberatung. Zendepot: Ihr seid selbständig? Nadja Bungard: Genau, wir sind beide selbständig. Zendepot: Und was war bei dir der Auslöser zu sagen, "ich mache das jetzt mit dem Geld Anlegen auf eigene Faust"? Nadja Bungard: Auslöser war bei mir auf jeden Fall auch die Finanzkrise, und dann als ich deinen Podcast, dein Angebot gefunden habe, da habe ich vermehrt darüber nachgedacht, dass alle Anlagemodelle, die es bisher gab, Versicherungen, Banken und so weiter, wo ich schon immer ein schlechtes Bauchgefühl hatte, dass das eigentlich nicht viel bringt, und dass ich die ganze Geschichte doch mal selber auf eigene Füße stellen kann und das so ein bisschen selbst steuern kann. Und den Inhalt, den ich bei dir gefunden habe, der hat mich davon überzeugt, dass das möglich ist, dass es doch auch für normal Sterbliche ein gangbarer Weg sein kann. Zendepot: Der Auslöser war schon so ein bisschen, dass das Misstrauen in etablierte Institutionen wie Banken, Versicherungen zu groß geworden war, jetzt im Rahmen der Finanzkrise vielleicht? Nadja Bungard: Absolut, und eigentlich auch schon früher. Ich hatte schon Anfang der 90er Jahre einen der berühmt-berüchtigten AWD-Berater da, und 1 von 8 zendepot 2015

2 da hatte ich sofort ein ganz schlechtes Bauchgefühl und konnte es aber nicht so richtig mit Wissen unterlegen. Und das ist auch so ein Thema, Geldanlage, mit dem ich mich nie besonders gerne beschäftigt habe. Ich war immer froh, wenn das vom Tisch war. Und ich habe ihn dann aber auch nicht mehr kontaktiert, weil ich das einfach unangenehm fand. Und dann gab es diese ganz normalen Lösungen, Konto, und dann da mal ein paar Zinsen mehr, und was habe ich noch? Eine Riesterrente habe ich dann mal abgeschlossen, um das Jahr 2000 herum. Das war's eigentlich, womit ich mich bisher so im Rahmen der Geldanlage beschäftigt habe. Zendepot: Jetzt bist du ja selbständig, was ist mit der Riesterrente passiert, wenn ich fragen darf? Nadja Bungard: Dadurch, dass ich als Freiberuflerin in der KSK [Künstlersozialkasse] versichert bin, läuft die ganz normal weiter, also da habe ich diesen Angestelltenstatus erhalten. Zendepot: Okay, also bist du jetzt weiter förderberechtigt. Nadja Bungard: Genau, ich bin weiter förderberechtigt, und vorher war ich über meinen Mann mittelbar förderberechtigt. Und von daher ist das dann einfach weiter gelaufen. Wie wir jetzt alle gelernt haben, war das letztendlich auch so eine Finte, mehr oder weniger, mit dieser Riesterrente. Ich fühle mich inzwischen ein bisschen veralbert. Allerdings lasse ich das natürlich weiter laufen, weil das bringt jetzt auch nichts, da auszusteigen. Zendepot: Und du hast jetzt meinen Blog genannt, hast du noch andere Quellen gehabt, wo du dich informiert hast? Nadja Bungard: Ich hatte damals in der Tat so ein Heft gekauft, ich glaube "Finanztest" oder so und habe mich vorher nochmal genauer damit beschäftigt, bevor ich diese Riesterrente abgeschlossen habe. Und ansonsten hatte ich mal ein Buch über den Finanzcrash, aber mehr eigentlich nicht. Zendepot: Also nach der Riesterrente gab es, nehme ich an, eine Pause, wo du das Thema wahrscheinlich gar nicht groß angegangen bist? Nadja Bungard: Richtig, allerdings hatte mein Mann Aktien gekauft, und die liefen dann auf irgendeinem Depot. Aber da habe ich mich auch nicht drum gekümmert, ehrlich gesagt. 2 von 8 zendepot 2015

3 Zendepot: Und was hast du als größte Hürde empfunden auf dem Weg zu sagen, "ich mach das jetzt selbst, ich kümmere mich selbst"? Nadja Bungard: Ich fand es am schwierigsten, mich immer wieder zu motivieren, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil ich das doch sehr komplex und sehr undurchdringlich finde. Wenn man zum Beispiel Finanznachrichten hört, entweder Radio oder Fernsehen, das ist ja immer nur ein Ausschnitt, und man versteht nie das Ganze. Ich habe immer verstanden, dass ich ein bisschen mehr Zeit investieren muss, um da hineinzukommen, und dein Angebot hat es mir letzten Endes leichter gemacht. Ich hatte [bei dir] das erste Mal den Eindruck, das ist jetzt umfassender, da ist niemand, der mir irgendwie etwas verkaufen will, sondern das ist jemand, der auch nicht aus der Finanzbranche kommt und von dem ich dieses Thema ein bisschen umfassender bearbeitet bekomme. Und das war am schwersten für mich, und das hat es mir vereinfacht, mich häufiger damit zu beschäftigen. Zendepot: Also ein bisschen so ein Widerstand, einfach was das Thema angeht. Das ist ja jetzt auch nicht so super spannend, je nachdem, wie man es sieht. Für viele, die nicht täglich mit Zahlen operieren, ist es einfach auch eine sehr nüchterne, analytische Geschichte. Nadja Bungard: Genau, das war für mich ungewohnt, dieser analytische Blick. Andererseits habe ich mir angewöhnt in der Selbständigkeit, ich bin jetzt seit 2007 selbständig, dass es einfach bestimmte Dinge gibt, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, und das mache ich dann auch ganz konsequent. Ich sage nur das Thema Steuern, das muss man einfach im Blick behalten, auch wenn man es nicht gerne macht, Rechnungen schreiben und so weiter, sonst kann man sich aus der Selbständigkeit verabschieden. Und dann muss man daran einfach ganz rational rangehen und sagen, okay, das ist für mich wichtig, und damit beschäftige ich mich jetzt. Zendepot: Selbständig hat man sowieso auch eine etwas größere Verantwortung, auch für seine Altersvorsorge. Man muss sich da schon erst einmal selbst drum kümmern. Nadja Bungard: Ich glaube, das hat dann dabei auch noch eine große Rolle gespielt, dass ich gesagt habe, ich stehe jetzt auf meinen eigenen Füßen, ich kann das nicht auf irgendeinen Arbeitgeber oder eine Betriebsrente oder was auch immer abschieben. 3 von 8 zendepot 2015

4 Dann auch im Hinterkopf, dass man eigentlich gar keine große staatliche Rente mehr zu erwarten hat. Das kenne ich eigentlich schon, seitdem ich im Berufsleben stehe, diesen Spruch, ob wir überhaupt noch Rente bekommen, von daher war eigentlich diese Idee auch immer latent schon vorhanden und verstärkt natürlich nochmal durch die Selbständigkeit. Zendepot: Hast du denn mittlerweile jetzt schon ein eigenes Depot eröffnet und führst das? Nadja Bungard: Ich habe noch kein eigenes Depot eröffnet, aber ich habe heute meine Anlagestrategie gemacht nach deiner Anleitung. Und das finde ich, ist schon ein großer Schritt. Ich hatte lange Zeit auch Probleme überhaupt zu verstehen, was ein ETF eigentlich ist. Ich habe da bestimmt drei, vier Anläufe gebraucht und habe auch immer diese ganzen Begriffe hin und her durcheinandergeworfen, Dividende, Rendite und was es da noch so alles gibt. Und ich habe jetzt den Eindruck, dass ich das doch so ein bisschen verstehe. Ich habe noch kein Depot, aber ich habe schon ein Konto, wo ich ein Depot anlegen kann, und das finde ich, ist auch schon viel wert. Zendepot: Okay, also du stehst jetzt sozusagen an dem Punkt... Nadja Bungard:...ich stehe an der Schwelle... Zendepot:...an der Schwelle, wo du sozusagen noch in der Planungsphase bist und das tust, was ich immer empfehle, nämlich eine Anlagestrategie zu entwickeln. Nicht einfach irgendetwas anzulegen oder zu kaufen, sondern einen Plan zu machen und sich wirklich etwas zu überlegen, was man dann auch langfristig umsetzen kann. Nadja Bungard: Genau, richtig, also etwas, was auch langfristig funktioniert. Zendepot: Und wie ist das mit deiner Familie? Du hast gesagt, dein Mann hat Einzelaktien, ist das Thema bei euch oder auch im Freundes- und Bekanntenkreis? Wie sind da so die Gespräche, wenn die Börse das Thema ist? Nadja Bungard: Das ist eine ganz interessante Sache, also aus meiner Familie kenne ich das so, dass das eher ein Buch mit sieben Siegeln ist, nach dem Motto, "da blickt sowieso niemand durch und das machen wir nicht, und wir verlassen uns auf die Angebote, die ich von meinem 4 von 8 zendepot 2015

5 Finanzberater von der Bank bekomme. Der kennt sich da aus, und das mache ich und fertig! Und ich will das alles gar nicht genau wissen." Und mein Mann hat sich eben mehr dafür interessiert, und seine Familie, vor allem sein Vater, der investiert auch in Aktien, aber dann eher in große, namhafte Unternehmen, "dieser Marke kann man vertrauen, das machen wir jetzt mal" und so weiter und so fort. Und was wir jetzt bei diesen Aktien gesehen haben, die auch über längere Zeit investiert waren oder immer noch sind in eine namhafte Firma, da funktioniert das Prinzip übrigens auch. Dass man es lange liegen lässt und möglichst nicht bewegt. Das ist vielleicht nicht im Sinne des Erfinders von der aktiv gehandelten Aktie, aber da funktioniert es auch, dass das Geld in dem Fall besser angelegt war, als wenn es auf irgendeinem Bankkonto gelegen hätte. Ich habe den Effekt eigentlich schon gesehen. Aber ich kenne keinen, der eine aktive Anlagestrategie hat, und der sich genau darüber Gedanken gemacht hat, okay, wofür will ich sparen, wie viel Geld brauche ich dafür? Wie viel muss ich dafür jeden Monat zurücklegen? Welche ETFs sind für mich interessant? Und wie kann ich das Risiko minimieren, indem ich es besser streue? Da kenne ich niemanden in meinem Bekanntenkreis, der das macht, außer vielleicht einem, der aber auch aus dem Bereich Brokerage kommt, der lebt inzwischen davon. Aber das ist ja eine andere Geschichte. Zendepot: Das wäre etwas Anderes. Aber systematisch geht da kaum jemand vor, in deinen Augen? Nadja Bungard: Keiner, ich kenne niemanden. Das wird immer nur nach "ah, das ist ein guter Name, jetzt kaufe ich da mal ein paar Aktien, und dann gucke ich mal, was passiert". Und ich kenne auch genug, die dadurch Schulden gemacht haben und dann pleite gegangen sind. Gerade um das Jahr 2000 herum, als es liberalisiert worden ist, alle wollten Aktien haben und dachten, jetzt geht es los, jetzt sind wir dabei, und viele sind damit auch richtig auf die Nase gefallen. Zendepot: Ja, das ist wirklich so, dass sich da viele die Finger verbrannt haben und dann gesagt haben, "nie wieder Aktien!" Nadja Bungard: Ja, ja, genau, richtig. Zendepot: Das Jahr 2000 hast du genannt, danach kam ja der große Crash. Wir wissen nicht, wann so etwas wiederkommt, ob so etwas in dem Ausmaß 5 von 8 zendepot 2015

6 wiederkommt. Dann gab es ja noch die Finanzkrise, wieder ging es runter. Man muss damit rechnen, dass es zu Turbulenzen an der Börse kommt. Wie gehst du damit um? Wie bereitest du dich auf so etwas vor? Hast du das auf dem Schirm? Nadja Bungard: Ich habe das auf dem Schirm, aber wenn ich mir zum Beispiel mein Bankkonto angucke, da kriege ich ja ganz wenig Zinsen oder fast gar keine, zumindest nicht so viel, dass es ausreicht, um die Inflation auszugleichen. Das empfinde ich aber auch schon als Risiko. Und ob ich jetzt in eine Versicherung investiere, das habe ich inzwischen auch gelernt, dass da vor allem nur die Versicherungen dran verdienen oder in irgendeinen geschlossenen Fonds, der wie eine Black Box ist, in die ich nicht hineinsehen kann, im Prinzip kann ich immer nur verlieren. Und ich sehe dieses Risiko eigentlich gar nicht als so hoch an, wenn ich versuche, einen Teil meines Vermögens über so ein passives Investieren aufzubauen. Ich würde nicht das gesamte Vermögen da hineintun sondern versuchen, eine Lücke damit zu schließen. Und von daher finde ich, ist das eigentlich eine sehr gangbare und sehr vernünftige Alternative, weil man eigentlich über eine lange Zeit nur gewinnen kann, so wie ich das jetzt verstanden habe. Zendepot: Aber kurzfristig eben auch, zumindest auf dem Papier, verlieren kann, aber das schreckt dich nicht ab? Dass du sagst, "oh je, dann mache ich das lieber gar nicht". Nadja Bungard: Dadurch, dass ich sowieso nicht so ein Typ bin, dass ich da ständig draufgucke, weil mich das nicht so wahnsinnig interessiert, glaube ich, macht das mich nicht so verrückt. Ich würde gar nicht so häufig hineingucken, weil ich das auch gar nicht so oft wissen möchte. Und ich glaube, ich bin auch nicht so ein Massenhysterie-Typ, ich merke das immer bei anderen Sachen. Wenn irgendetwas ein totaler Hype ist, dann muss ich mir das erst einmal ein bisschen angucken und abwarten, was passiert. Und von daher denke ich mal, kann ich das ganz gut aushalten. Zendepot: Und wenn du jetzt nochmal sozusagen von vorne anfangen könntest mit deinem Geld, was würdest du anders machen? Was war dein größter Fehler, den du gemacht hast oder dein größtes Versäumnis auf dem Weg? 6 von 8 zendepot 2015

7 Nadja Bungard: Ich weiß gar nicht, ob man das als Fehler bezeichnen kann, weil ich einfach sehe, dass es heute durch das Internet einfach viel mehr Möglichkeiten gibt, an alternative Informationen heranzukommen. Wenn ich mich zurückerinnere, Anfang der 90er Jahre, auch noch an den Anfang der 2000er Jahre, da ist man eben zu einer Bank gegangen, und der Bankberater hat einem dann die Sachen angeboten, die dort aufgelegt wurden, und mehr gab es letztendlich nicht. Und das war für mich als Laie immer extrem undurchsichtig, und ich hatte keine richtige Möglichkeit, mich da anders zu informieren. Du hast ja auch mal den Niels Nauhauser interviewt, man könnte dann wahrscheinlich zur Stiftung Warentest oder so gehen und sich da informieren lassen. Das hätte ich vielleicht früher machen können, das wäre dann der größte Fehler gewesen, dass ich das nicht intensiver und früher begonnen hatte, sozusagen. Vielleicht kann man es so nennen. Aber letztendlich denke ich, hat man immer noch eine Chance anzufangen, lieber später als gar nicht. Zendepot: Kurz zur Erklärung, Niels Nauhauser ist von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im Bereich Geldanlage und Altersvorsorge unterwegs. Genau, da gibt es ein Interview, was ich auch gerne auf meinem Blog verlinke. Vielleicht zum Abschluss, was ist denn dein Rat für alle Anleger, die jetzt noch zögern, sich selbst um ihr Geld zu kümmern? Nadja Bungard: Letztendlich hat man ja keine Wahl, ich hatte es vorhin kurz schon einmal genannt. Ob man sein Geld auf der Bank liegen lässt oder ob man es der Versicherung an den Hals wirft, ich glaube, die bessere Alternative ist wirklich, es in einen Fonds zu stecken und das Risiko zu streuen, weil man dadurch die Möglichkeit hat, den Wert des Geldes zu erhalten und auch noch zu erhöhen - besser geht es eigentlich gar nicht. Das ist, was ich erkannt habe. Zendepot: Ja super, vielen Dank Nadja, für das tolle Interview. Nadja Bungard: Ja sehr gerne. Zendepot: Ich wünsche dir weiter gutes Gelingen, dass es mit der Planung zu einem guten Ende geht, und dass du dann auch den Mut hast, es in die Tat umzusetzen und ein Depot einzurichten und es langfristig erfolgreich zu führen. 7 von 8 zendepot 2015

8 Nadja Bungard: Es wird mich noch einiges Schwitzen kosten, denke ich mal, aber nichts ist umsonst im Leben, so heißt es doch. Zendepot: Ja, aber ich denke, der Aufwand lohnt sich. Nadja Bungard: Das denke ich auch. Vielen Dank für die Unterstützung, Holger. 8 von 8 zendepot 2015