Das Mietverhältnis im Todesfall

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1 149 Das Mietverhältnis im Todesfall MISSRATENER SOHN DES VERSTORBENEN WIRD NEUER MIETER Der verwitwete Harald Keller ist alleiniger Mieter. In der Wohnung lebt außerdem sein 18-jähriger Sohn Timo. Der hat gerade die Schule abgebrochen und außerdem einige Male im Hausflur randaliert. Harald Keller stirbt am 10. September Von Gesetzes wegen tritt Timo automatisch in den Mietvertrag ein. Doch dem Vermieter ist das gar nicht recht. Irgendwo hat er schon einmal gehört, dass er einem Mieter aus wichtigem Grund kündigen kann. Aber liegt der beim Vandalen Timo vor? Nicht nur die Vorsorge für den eigenen Todesfall oder der Antritt einer Erbschaft führt zu Beratungsbedarf. Rechtliche Komplikationen können auch beim Tod eines Vertragspartners eintreten, zu dem gar keine persönlichen Beziehungen bestehen. Insbesondere wenn eine Partei eines Mietvertrages verstirbt, sind Besonderheiten zu beachten. Was passiert beim Tod des Mieters? Ein weitverbreiteter Irrglaube hat mit dem geltenden Recht nichts zu tun: Ein Mietvertrag endet nicht mit dem Tod des Mieters! Verstirbt der Mieter einer Wohnung, ergeben sich deshalb für seinen Vermieter drängende Fragen, insbesondere nach dem Ansprechpartner für die laufende oder rückständige Miete sowie Kündigungsmöglichkeiten. Auch für die Angehörigen des verstorbenen Mieters tauchen Fragen auf, z. B. nach Fortbestand und Kündbarkeit sowie dem Verhältnis von mietvertraglichen Beziehungen zur Erbfolge. Wichtige Weichenstellungen ergeben sich je nachdem, wer genau Partei des Mietvertrags ist und wer außerdem noch in der Wohnung wohnt.

2 150 Das Mietverhältnis im Todesfall Wer tritt an die Stelle des Mieters? Wenn ein Mieter verstorben ist, muss unterschieden werden: War er eine von mehreren Personen, die die Wohnung gemeinsam gemietet haben? Oder war er laut Mietvertrag alleiniger Mieter? Und wenn er alleiniger Mieter war: Wer hat bei seinem Tod tatsächlich noch in der Wohnung gelebt? Wenn der Verstorbene alleiniger Mieter war War laut Mietvertrag nur der Verstorbene Partei des Mietvertrags, kann die Lage dennoch sehr unübersichtlich sein. Es muss nämlich weiter differenziert werden, je nachdem, ob er die Wohnung als Single bewohnt hat oder ob auch noch andere Menschen regelmäßig in der Wohnung gelebt haben. Dabei sind die rein tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Wenn der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner im selben Haushalt lebt, dann tritt dieser automatisch unabhängig von der Erbfolge in das Mietverhältnis ein. Er hat allerdings das Recht, innerhalb eines Monats (gerechnet ab der Kenntnis vom Tod) gegenüber dem Vermieter zu erklären, dass er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will. Dabei handelt es sich juristisch nicht um eine Kündigung. Deshalb muss die Erklärung nicht zwingend schriftlich erfolgen. Trotzdem empfiehlt sich zu Beweiszwecken die Textform. Gibt es im Haushalt Kinder, dann treten diese (nur) dann automatisch in das Mietverhältnis ein, wenn der Ehegatte es nicht fortsetzt. Auch die Kinder haben aber das Recht, die Fortsetzung durch Erklärung gegenüber dem Vermieter abzulehnen. Bei minderjährigen Kindern ist die Erklärung vom gesetzlichen Vertreter (Sorgeberechtigten) abzugeben. War der Verstorbene der einzige Sorgeberechtigte und hat das Kind deshalb keinen gesetzlichen Vertreter mehr, dann ist die Monatsfrist zunächst gehemmt. Diese Hemmung wird behoben durch Eintritt der Volljährigkeit oder Bestellung eines Vormunds.

3 Was passiert beim Tod des Mieters? 151 WER TRITT BEI VERHEIRATETEN IN DAS MIETVERHÄLTNIS EIN? Viktor Volkmann hat eine Wohnung an Martin Müller vermietet. Mit Herrn Müller leben dessen Frau Michaela und die Kinder Julia und Artur in der Wohnung. Julia ist 15, Artur 18 Jahre alt. Wenn Herr Müller stirbt, dann wird (im ersten Schritt) seine Frau Michaela automatisch zur alleinigen neuen Mieterin, auch wenn sie nicht im Mietvertrag aufgeführt war. Sollte Michaela zu dem Schluss kommen, dass ihr die Wohnung zu teuer ist, lehnt sie die Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Erklärung gegenüber Herrn Volkmann ab. Dann werden (im zweiten Schritt) Julia und Artur zu neuen Mietern, wiederum automatisch. Michaela hat das Sorgerecht für die minderjährige Julia. Sie kann deshalb in Julias Namen die Fortsetzung des Mietverhältnisses verweigern. Der volljährige Artur entscheidet dagegen selbst. Meldet er sich nicht bei Herrn Volkmann, bleibt er alleiniger Mieter. Andere Familienangehörige (auch Pflegekinder), die im selben Haushalt leben, treten nur dann in das Mietverhältnis ein, wenn weder Ehegatte noch eingetragener Lebenspartner das Mietverhältnis fortsetzen. Das gilt auch für den nicht ehelichen Lebensgefährten, wenn die Haushaltsführung auf Dauer angelegt ist. Wenn kein Eintrittsrecht eines Ehegatten besteht, haben Lebenspartner, Kinder, andere Familienangehörige und Lebensgefährten Gleichrang. WER TRITT BEI NICHT VERHEIRATETEN IN DAS MIETVERHÄLTNIS EIN? Vincent Vetter hat eine Wohnung an Liane Lustig vermietet. Liane wohnt zusammen mit ihrem Lebensgefährten Gerald Grundmann, mit dem sie aber nicht verheiratet ist. Beide haben zusammen zwei gemeinsame Kinder, nämlich Aaron und Ben. Außerdem hat Gerald aus einer früheren Verbindung zwei Kinder, Christopher und Dennis. Liane hat aus einer früheren Verbindung eine Tochter, Elisabeth. Wenn Liane stirbt, werden Gerald, Aaron, Ben und Elisabeth zu neuen Mietern, Christopher und Dennis hingegen nicht. Dabei spielt das Alter der Kinder keine Rolle.

4 152 Das Mietverhältnis im Todesfall Immer mehr häufen sich Fälle, in denen alleinstehende Personen ohne nahe Angehörige sterben. Die Zahl der Single-Haushalte nimmt statistisch betrachtet stark zu. Hier werden die Erben des Mieters zum Mietvertragspartner. WER TRITT BEI EINEM ALLEINSTEHENDEN IN DAS MIETVERHÄLTNIS EIN? Vanessa Kaufmann hat eine Wohnung in Dortmund an Erich Einsam vermietet. Herr Einsam bewohnt seine Wohnung allein. Er hat keine Kinder, und seine Eltern sind beide bereits verstorben. Herr Einsam hatte zwei Geschwister, Wilhelm und Xaver. Wilhelm ist schon vorher verstorben, hat aber zwei Kinder hinterlassen, nämlich Norbert, der in Nürnberg lebt, und Natalie, die nach Neuseeland ausgewandert ist. Xaver lebt noch, und zwar in einem Pflegeheim in Ulm. Herr Einsam stirbt. Ein Testament hat er nicht gemacht. Deshalb gilt die gesetzliche Erbfolge. Xaver, Norbert und Natalie werden darum als Erben zu den neuen Mietern der Wohnung. Wenn der Verstorbene einer von mehreren Mietern war Wenn der Verstorbene nicht alleiniger Mieter war und die Wohnung zusammen mit anderen Personen bewohnt hat, dann gilt etwas anderes. Dann nämlich wird das Mietverhältnis nur mit den Personen fortgesetzt, die bereits zuvor gemeinsam mit dem Verstorbenen Mitmieter gewesen waren. Darauf, wer den Mieter beerbt, kommt es nicht an. GEMEINSAMER MIETVERTRAG Hendrik und Simone sind miteinander verheiratet und haben als Mieter beide gemeinsam den Mietvertrag unterschrieben. Wenn Hendrik stirbt, wird Simone alleinige Mieterin. Das gilt auch dann, wenn Hendrik per Testament einen anderen Erben eingesetzt haben sollte.

5 Was passiert beim Tod des Mieters? 153 Kann der Vermieter kündigen? Welche Rechte hat nun der Vermieter, wenn er nicht damit einverstanden ist, dass das Mietverhältnis mit einem anderen Mieter fortgeführt wird? Auch das hängt wiederum von der Ausgangskonstellation ab. Wenn der Verstorbene alleiniger Mieter war, hat der Vermieter ein Sonderkündigungsrecht. Es gilt eine dreimonatige Kündigungsfrist. Für die Ausübung des Kündigungsrechts gilt aber eine Überlegensfrist von nur einem Monat. Außerdem kann der Vermieter nicht nach Belieben kündigen, sondern nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Der wichtige Grund muss in der Person des Eintretenden liegen. Treten mehrere Personen in den Vertrag ein, dann genügt es, wenn der wichtige Grund bei einer von ihnen vorliegt. Persönliche Zerwürfnisse, Zahlungsunfähigkeit, Alkoholismus und Vandalismus gehören zu den wichtigen Gründen. Im Beispiel vom Anfang des Kapitels dürfte der Vermieter Timo also kündigen. SOZIALKLAUSEL Der Mieter hat dabei die Möglichkeit, sich auf die Sozialklausel des 574 BGB zu berufen. Er ist deshalb auf sein befristetes Widerspruchsrecht hinzuweisen. MUSTER: HINWEIS AUF WIDERSPRUCHSRECHT Vorsorglich weise ich Sie darauf hin, dass Ihnen das Recht zusteht, dieser Kündigung bis spätestens durch schriftliche Erklärung zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für Sie, Ihre Familie oder Ihre Haushaltsangehörigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Sollten Sie dies tun, fordere ich Sie schon jetzt zur Darlegung Ihrer Gründe auf. Wenn im Fall des Single-Haushalts das Mietverhältnis mit den Erben fortgesetzt wird, haben beide Seiten das Recht, eine außerordentliche Kündigung mit dreimonatiger Frist auszusprechen, also auch der Vermieter. Um

6 154 Das Mietverhältnis im Todesfall dies zu tun, besteht auch eine Überlegensfrist von einem Monat. Danach ist keine außerordentliche Kündigung mehr möglich. Zum Schutz des Vermieters beginnt die Frist erst zu laufen, wenn ihm bekannt ist, dass kein Mitbewohner in das Mietverhältnis eintritt, und wenn ihm die Person des Erben bekannt ist. Trotzdem ist die Lage für den Vermieter misslich, denn es vergeht Zeit, in der er die Wohnung nicht weitervermieten kann und nicht weiß, ob er die auflaufende Miete jemals vom Erben erhalten wird. Schließlich steigt die Zahl der Menschen, die überschuldet versterben, was die Erben meist zur Ausschlagung des Erbes veranlasst. DREI ERBEN DREI KÜNDIGUNGEN Dem Vermieter wird ein Erbschein vorgelegt. Daraus geht hervor, dass sein verstorbener Mieter von seinen drei Kindern Luca, Matteo und Hannah beerbt wurde. In diesem Fall muss der Vermieter gegenüber jedem einzelnen Kind die Kündigung erklären, sonst ist sie nicht wirksam. Anders ist es, wenn der Verstorbene nicht alleiniger Mieter war. Der Vermieter hat in dieser Konstellation kein außerordentliches Kündigungsrecht. Er bekommt schließlich keinen neuen Vertragspartner vorgesetzt, den er sich vorher nicht selbst ausgesucht hatte. Kann der neue Mieter das Mietverhältnis beenden? Wenn der Verstorbene als alleiniger Mieter die Wohnung nicht alleine bewohnt hat, können Familienangehörige in den Mietvertrag eintreten. Wollen sie das nicht, besteht die Möglichkeit, durch einfache Erklärung innerhalb eines Monats die Fortsetzung abzulehnen. Es handelt sich dabei juristisch nicht um eine Kündigung. Deshalb ist auch keine schriftliche Erklärung erforderlich, zu Beweiszwecken aber trotzdem sinnvoll. Die Erklärung wirkt für jeden einzelnen, der sie abgibt. Anders verhält es sich beim verstorbenen Single-Mieter: Hat der Mieter einen Alleinerben, kann dieser ohne Schwierigkeiten mit dreimonatiger Frist kündigen. Das gilt auch bei einem Zeitmietvertrag.

7 Was passiert beim Tod des Mieters? 155 Existiert hingegen eine Erbengemeinschaft, kann dies zum ernsthaften Problem werden: Eine Kündigung ist nur dann wirksam, wenn sie von allen Erben ausgesprochen wird. Sind die Erben untereinander zerstritten, kann ein einzelner Erbe die Kündigung blockieren. Kündigt ein einzelner Miterbe, hängt die Wirksamkeit von der Genehmigung aller Miterben ab. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme, die das Problem in vielen Fällen behebt: Wenn nämlich die Beendigung des Mietverhältnisses aus Sicht der Erben das einzige Mittel ist, zusätzliche Verbindlichkeiten gegenüber dem Vermieter zu vermeiden, und wenn offensichtlich kein wirtschaftliches Interesse am Erhalt der Wohnung besteht, dann wird auch die von nur einzelnen Erben ausgesprochene Kündigung als sog. Maßnahme der Notverwaltung wirksam. Wenn der Verstorbene nicht alleiniger Mieter war, können die überlebenden Mieter das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist kündigen, und zwar innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des bisherigen Mitmieters. Dies gilt sowohl im unbefristeten Mietverhältnis als auch beim Zeitmietvertrag. Sinnvoll kann dies zum Beispiel dann sein, wenn der Verstorbene für die Miete ganz oder zumindest überwiegend aufgekommen ist und die verbleibenden Mieter nicht wissen, wie sie die Miete jetzt noch aufbringen sollen. Wer muss die Miete zahlen? Wenn der Verstorbene alleiniger Mieter war, stellt sich für den Vermieter die Frage, von wem er die Zahlung der Miete verlangen kann. Dabei muss unterschieden werden zwischen laufender Miete, die nach dem Tod fällig wird und Mietrückständen, die schon vor dem Tod des Mieters aufgelaufen sind. Die laufende Miete kann der Vermieter nur von seinem neuen Vertragspartner verlangen. Im Hinblick auf Mietrückstände ist die Rechtslage für den Vermieter günstig: Ihm gegenüber haften sowohl die eingetretenen Mieter als auch der Erbe auf den vollen Rückstand. Die eingetretenen Mieter können ihrerseits vom Erben Ersatz in voller Höhe verlangen.

8 156 Das Mietverhältnis im Todesfall Außerdem kann der Vermieter von den eingetretenen Mietern selbst dann eine Kaution verlangen, wenn diese mit dem verstorbenen Mieter nicht vereinbart gewesen war. Hierfür haftet der Erbe allerdings nicht. Im Fall des Single-Haushalts sind die Erben zugleich die neuen Partner des Mietvertrags. Sie haben deshalb sowohl die laufende als auch die rückständige Miete zu bezahlen. Allerdings kann der Vermieter in diesem Fall keine Kaution verlangen, wenn dies nicht schon vorher im Mietvertrag vereinbart war. Wenn der Verstorbene einer von mehreren Mietern war, stellt sich für den Vermieter auch hier die Frage, von wem er die Zahlung der Miete verlangen kann. Dabei muss ebenfalls zwischen laufender Miete und Mietrückständen unterschieden werden. Die laufende Miete kann der Vermieter nur von seinen verbleibenden Vertragspartnern verlangen. Im Hinblick auf Mietrückstände ist die Rechtslage für den Vermieter wiederum günstig: Ihm gegenüber haften sowohl die verbleibenden Mieter als auch der Erbe des verstorbenen Mieters auf den vollen Rückstand. Die eingetretenen Mieter können dafür ihrerseits vom Erben Ersatz in voller Höhe verlangen. Außerdem kann der Vermieter auch hier von den Mietern, mit denen das Mietverhältnis fortgesetzt wird, selbst dann eine Kaution verlangen, wenn diese zuvor mit dem verstorbenen Mieter nicht vereinbart gewesen war. Hierfür haftet der Erbe allerdings nicht. Was passiert beim Tod des Vermieters? Wer tritt an die Stelle des Vermieters? Im Regelfall wird der Vermieter durch den oder die Erben ersetzt. Wer Erbe des Vermieters wird, beurteilt sich rein erbrechtlich. Es gilt die gesetzliche Erbfolge, solange nicht ein Testament oder ein Erbvertrag vorliegt. Sinnvollerweise sollten sich die Erben an den Mieter wenden, ihn über den

9 Was passiert beim Tod des Vermieters? 157 Todesfall informieren und die Erbenstellung belegen, z. B. durch einen Erbschein oder ein eröffnetes notarielles Testament. Es gibt aber eine wichtige Ausnahme von der Regel. Hat der Vermieter eine letztwillige Verfügung hinterlassen, mit der er den Nießbrauch an der vermieteten Wohnung jemand anderem als dem Erben vermacht, tritt der Nießbraucher an die Stelle des Vermieters, nicht der Erbe. NIESSBRAUCH VOR ERBE Robert Reich setzt per Testament seinen Sohn Richard als Alleinerben ein. Außerdem ordnet er aber an, dass seine Frau Rita den lebtäglichen Nießbrauch am Hausgrundstück Danziger Straße 37 in Plettenberg haben soll. Dieses Haus ist vermietet. Beim Tod von Robert Reich tritt nicht Richard Reich auf Vermieterseite in den Mietvertrag ein, sondern seine Witwe Rita. Kann der neue Vermieter kündigen? Anders als beim Tod eines Mieters gibt es keine Sonderkündigungsrechte. Das Mietverhältnis besteht unverändert fort mit der Besonderheit, dass der bisherige Vermieter durch seine Erben ersetzt wird. Wenn die Erben des Vermieters kündigen wollen, ist das darum nur möglich, wenn ein allgemeiner mietrechtlicher Kündigungsgrund vorliegt. Die wichtigsten und bekanntesten Kündigungsgründe sind der Zahlungsverzug des Mieters mit mindestens zwei Monatsmieten (fristlose Kündigung), der Eigenbedarf des Vermieters oder seiner Familienangehörigen (ordentliche Kündigung) und die Kündigung zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung (ebenfalls ordentliche Kündigung). Wurde der Vermieter von einer Erbengemeinschaft beerbt, ist die Kündigung nur dann wirksam, wenn sie von sämtlichen Erben erklärt wird. Eigenbedarf kann entstehen, wenn ein Miterbe die Wohnung selbst nutzen möchte.

10 158 Das Mietverhältnis im Todesfall ERBE MELDET EIGENBEDARF AN Vermieter Heinz Hollmann ist verstorben. Er wurde beerbt von seiner Ehefrau Monika zu 1/2 und von seinen Kindern Jens Hollmann und Astrid Heller zu je 1/4. Sohn Jens möchte mit seiner Familie in die Wohnung einziehen, die an Peter Pfeffer vermietet ist. Die Erbengemeinschaft ist als solche keine juristische Person oder Ähnliches. Es darf deshalb nicht im Namen der Erbengemeinschaft, bestehend aus... gekündigt werden. Außerdem müssen der Eigenbedarf genau beschrieben, die Wohnung genau genug bezeichnet, die Kündigungsfrist richtig berechnet, auf das Recht zum Widerspruch gegen die Kündigung hingewiesen und die Erklärung von allen Erben (selbst oder in Vertretung) unterschrieben werden. Die gesetzlichen Kündigungsfristen betragen im Regelfall grundsätzlich drei Monate, bei einem Mietverhältnis von mehr als fünf Jahren Dauer: sechs Monate, bei einem Mietverhältnis von mehr als acht Jahren Dauer: neun Monate. MUSTER: EIGENBEDARFSKÜNDIGUNG Sehr geehrter Herr Pfeffer, hiermit erklären wir, Monika Hollmann, Jens Hollmann und Astrid Heller, als Erben Ihres verstorbenen Vermieters Heinz Hollmann, die Kündigung des Mietvertrags vom 7. Januar 2004 über Ihre Wohnung in der Emmastraße 305 in Bre-

11 Was passiert beim Tod des Vermieters? 159 men, gelegen im 1. Obergeschoss links, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad, Balkon, Flur und Abstellraum sowie Kellerabteil, ordentlich zum nächstmöglichen Termin, also zum 30. November Begründung: Die Wohnung wird benötigt für Herrn Jens Hollmann, einen der Erben, und seine Familie. Jens Hollmann lebt bislang mit seiner Ehefrau in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung und erwartet voraussichtlich im Januar 2009 sein erstes Kind. Die bisherige Wohnung wird deshalb zu klein; die bislang von Ihnen bewohnte Wohnung wird benötigt. Sie haben das Recht, dieser Kündigung bis spätestens 30. September 2008 durch schriftliche Erklärung zu widersprechen. Sollten Sie dies tun, fordern wir schon jetzt zur Darlegung Ihrer Gründe auf. Bremen, den Monika Hollmann, Jens Hollmann, Astrid Heller Ein weiterer Grund zur Kündigung ist es, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde, 573 BGB. Bekanntlich lassen sich Immobilien im unvermieteten Zustand besser verkaufen als im vermieteten Zustand. Die Verwertungskündigung ist nur dann wirksam, wenn die Verwertung von der Beendigung des Mietverhältnisses abhängt, z. B. wenn die Immobilie im vermieteten Zustand überhaupt nicht oder nur zu einem unangemessen niedrigen Preis verkauft werden könnte. Bloße Unannehmlichkeiten oder ein geringfügig niedrigerer Erlös genügen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1991 entschieden, dass selbst ein Mindererlös von damals DM durch Verkauf einer vermieteten Immobilie (im Vergleich zum Verkauf derselben Immobilie im unvermieteten Zustand) nicht automatisch zu einer Verwertungskündigung berechtigt. Der Erbe muss mit dem Argument leben, dass die vermietete Immobilie von vornherein weniger wert ist und er sie in diesem Zustand erbt. Die Kündigungsfristen sind mit denen der Eigenbedarfskündigung identisch.

12 160 Das Mietverhältnis im Todesfall Wie kann der Mieter kündigen? Will der Mieter nach dem Tod des Vermieters kündigen, braucht er keinen Kündigungsgrund. Er muss seine Kündigung deshalb nicht begründen. Doch wie behilft sich der Mieter, der die Erben seines Vermieters nicht kennt? Die gesetzliche Erbfolge liegt nicht immer auf der Hand; außerdem kann der Mieter nicht wissen, ob der Vermieter ein gültiges Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen hat. Der erste Gang führt ihn zum Nachlassgericht. Dabei handelt es sich um das Amtsgericht (in Baden-Württemberg: das Notariat) am Wohnsitz des Verstorbenen. Dort erfährt er, ob womöglich schon ein Erbschein existiert. Wenn das der Fall ist, kann der Mieter gegenüber allen darin genannten Erben kündigen. Er muss die Kündigung aber stets an alle Erben des Vermieters richten, sonst wird sie nicht wirksam. EINSETZUNG EINES NACHLASSPFLEGERS FORDERN Wenn auch beim Nachlassgericht die Erben noch nicht bekannt sind, dann sollte dort auf die Einsetzung eines Nachlasspflegers gedrängt werden. Ein Nachlasspfleger hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters der unbekannten Erben (vergleichbar sorgeberechtigten Eltern für minderjährige Kinder). Ihm gegenüber kann wirksam gekündigt werden. An wen muss der Mieter die Miete bezahlen? Nicht nur bei der Kündigung, sondern auch bei der Mietzahlung können praktische Schwierigkeiten entstehen, wenn dem Mieter unklar ist, wer den Vermieter beerbt hat. Die Klärung der Erbfolge kann sich über Monate, schlimmstenfalls sogar über Jahre hinziehen. Die Miete wird hingegen jeden Monat aufs Neue fällig. Der Mieter hat ein elementares Interesse zu erfahren, wer nun zur Einziehung der Miete berechtigt ist. Wenn er nämlich auf Verdacht an eine Person zahlt, der die Miete gar nicht zusteht, besteht die Gefahr, vom wirklichen Berechtigten erneut in Anspruch genommen zu werden.

13 Was passiert bei der Vermietung gewerblich genutzter Räume? 161 Wenn der Mieter bis zum Tod laufend immer auf dasselbe Konto des Vermieters gezahlt hat, sollte er dies zunächst weiterhin tun denn auch das Girokonto des Vermieters gehört zu dessen Nachlass und fällt letztlich seinen Erben zu, ganz unabhängig davon, wie lange ihre Ermittlung dauert. BERECHTIGUNG PRÜFEN Fordert ein anderer zur Zahlung der Miete auf ein neues Konto auf, ist Vorsicht geboten: Dann sollte dessen Berechtigung geprüft werden, notfalls über Erkundigungen beim Grundbuchamt und beim Nachlassgericht. Solange dies nicht sicher weiterführt, kommt die Einstellung der Zahlungen (oder die Hinterlegung der Miete beim Amtsgericht) bis zur Klärung der Erbfolge ernsthaft in Betracht. Allerdings ist es für den Mieter wichtig, die einbehaltene Miete nicht zu verbrauchen, sondern als Reserve bereitzuhalten. Denn sobald Erbenstellung und Berechtigung geklärt sind, muss der gesamte Rückstand sofort bezahlt werden. Was passiert bei der Vermietung gewerblich genutzter Räume? Im Mietverhältnis über gewerblich genutzte Räume gibt es weder das Eintrittsrecht von Haushaltsangehörigen noch die Fortsetzung des Mietverhältnisses (ausschließlich) mit den Mitmietern. Die Rechtsnachfolge gestaltet sich im Grundsatz wesentlich einfacher: Der Verstorbene wird durch seine Erben ersetzt; im Übrigen gelten die mietvertraglichen Regeln. Unterschiede bei der Rechtsnachfolge können sich im Detail aber aus der Rechtsform des Unternehmens ergeben, das die Räumlichkeiten angemietet hat.