Balearen, Palma de Mallorca Juni 2010

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1 Balearen, Palma de Mallorca Juni 2010 Revier: Balearen Yacht: Jeanneau Sun Odyssey 49 DS, "4 Estrellas" m L.ü.a 34 t Verdrängung 168 m² Segelfläche 75 PS Motor. 3 Toiletten 14,73 to Kielgewicht 4,49 m Breite 2,15 m Tiefgang Ankerkettenlänge 70 m 700 lt. Frischwassertank (vor Gebrauch, bitte Filteranlage inspizieren) 400 lt. Diesel Treibstoff GFK-Rumpf Charter: Bestsail Nautikonrad, Palma de Mallorca, Spanien Seemeilen: 219.6, davon 57 unter Segel u.a. M3, Islas Beleares Kartenmaterial An Bord Pavel Karpf / Skipper Ingrid van Leeuwen / Co-Skipper und Multitalent (>>1000sm) Peter "Pedrito" Lienert (2. Co-Skipper, >982 sm) Sandra und Stefan Rein (2. Törn, blau trifft auf rot) Stephanie Schrader (1. Törn, von der Asymmetrie zur Mitte) Roger Müller (2. Törn, im Zwischenspurt, ein Ziel vor Augen) Die Freiheit auf 34 m², verteilt über eine Länge von 49 Fuss, viel Wasser und vor allem kein Handy und keine s. I am sailing, I am sailing, Home again 'cross the sea I am sailing, stormy waters To be near you, to be free...

2 Blind-Date beim Brezelkönig Vorbereitung Mit grosser Spannung treffe ich die Crew, deren Mitglieder ich alle zum ersten Mal sehe, erst am Abreisetag auf dem Flughafen in Kloten. Herzlich aber auch bestimmt werde ich mit einem holländischen Akzent begrüsst, Ingrid stellt sich als Co-Skipperin und meine erste Blind-Date- Begegnung vor. An seiner Grösse und dem braungebrannten Kopf erkenne ich Pavel, den Skipper und meine Lebensversicherung für die nächsten fünf Tage. Stefan und Sandra, das einzige Paar auf dem Schiff, werden unter anderem auch für den sprachlichen Ausgleich zwischen Bayern und der Eidgenossenschaft besorgt sein. Freuen tue ich mich auch über den Blondschopf, deren Gesicht ich im Moment nur zur Hälfte erkennen kann, es ist Stephanie. Mit einem Zweitagebart als Markenzeichen, wird mir auch das sechste Mitglied noch vorgestellt, Peter "Pedrito", für mich der vermeidliche Co- Skipper No. Due und meine Rückendeckung. Während einem ruhigen Flug über die Schweizer Alpen, der direkten Passage von Marseille mit einem Sprung vom Festland über das Mittelmeer und in einer grossen Rechtskurve über Menorca nach Mallorca, lernen wir uns gegenseitig kennen und freudige Erwartung macht sich breit. Landen - Gepäck suchen - die nur für Schweizer bestimmte Security-Zone passieren - Entscheidung treffen für Bus oder Taxi - Marina finden- Gepäck verstauen - wir sind in Palma de Mallorca angekommen. Temperatur 26 C. Start Checkliste - Theorie und Praxis Die Übernahme der Yacht klappt sehr gut. Deutsche Gründlichkeit macht sich bezahlt, effektiv und effizient auch die bereitgestellten Wasservorräte, unser Proviant für die ersten paar Tage und natürlich die Grundlagen für einen schönen Sun-under. Böse Zungen behaupten, dass wir zu einer Kneipp-Kur aufbrechen wollen, während wir die x-six-packs Mineralwasserflaschen an Bord hieven. Wir verstauen mit vereinten Kräften den Proviant und die eben getätigten Einkäufe so gut es auf dem begrenzten Raum eben geht. Der Kielbalast wird schwerer und das Schiff stabiler. Nachdem auch das persönliche Gepäck verstaut ist, spürt man die wohnliche Atmosphäre langsam in diesem Logie, das für die nächsten fünf Tage unser zu Hause sein wird. Nach getaner Arbeit gönnen wir uns einen Ankunftsapéro im Hafen und anschliessend ein gutes Nachtessen in der Altstadt von Palmas. Dank Pavel und Ingrid, die sich in den Lokalen der einheimischen Gastronomie gut auskennen, geniessen wir ein erstes Sea-Food-Festessen. Dass dies aber für einzelne Crewmitglieder nicht der absolute Favorit ist, hören wir erst am letzten Tag. Offensichtlich freute man sich dann nämlich auf ein saftiges Steak, wie es aus unseren Breitengraden bekannt ist. Unsere Yacht Ein Mann im Hause ersetzt den Handwerker bzw. Kampf am Fahnenmasten Das Schiff ist in einem recht guten Zustand und für kleinere Reparaturen ist immer ein handwerklich versiertes Crew-Mitglied an Bord. So reparieren wir erst mal die Wantenspanner bzw. die Sicherheitsringe. Später gehen wir an die Bordleiter, die wir trotz einem Überangebot an Ingenieurkenntnissen und Pfadi-Wissen nicht zum Funktionieren bringen. Auch für einen heimeligen Touch wird fleissig gesorgt und nach einer kurzen Diskussion zwischen den Nationen, ist sogar das Hissen der Flaggen geklärt.

3 Für Hafenmanöver eignen sich Regentage bestens. Diese gibt es leider, oder vielleicht auch glücklicherweise, trotz sonnigem Süden auch immer wieder mal. So hat die Mannschaft die Gelegenheit, wichtige Manöver(MoB) zu üben oder mit dem Austesten der Schwimmwesten eine filmreife Wassershow zu bieten. Route Gut geplant ist halb gesegelt. Am ersten Tag steuern wir die Illa de Cabrera (Ziegeninsel) an. Diese liegt in einem Naturschutzgebiet, weshalb auch das Ankern nicht erlaubt ist, um den Boden nicht unnötig zu belasten. Angelegt wird an einer beschränkten Anzahl Bojen, welche man sich vorgängig in Madrid reservieren muss. Am Abend machen wir einen Ausflug zur Burg und bewundern bei einem Glas Wein den ersten Sonnenuntergang. Dass Ingrid Kunstturnen unterrichtet und nicht nur die Theorie versteht, beweisst sie in einer eindrücklichen Darbietung hoch oben auf dem Castello. Hut ab und eine grosse Bewunderung für ihre Beweglichkeit, die Kraft und die Grazie. Damit ist die Messlatte gesetzt, keines der Crewmitglieder wird diese in den nächsten Tagen angreifen oder gar Ingrid vom Thron stossen. Respekt. Nicht lange, nachdem wir die Sonne verabschiedet haben, möchten wir sie auch wieder begrüssen und quälen uns für Ferientage verboten früh aus den Kojen. Wir machen uns auf den Weg Richtung Cala Portals. Doch das Wetter macht heute nicht mit und wir kehren gezwungenermassen zurück in den Hafen von Palma. Ein neuer Tag, eine neue Chance: Aber auch am Dienstag ist das Wetter noch nicht besser und so gönnen wir uns einen etwas späteren Start. Unser Tagesziel ist Santa Ponsa und nach mehreren missglückten Versuchen schaffen wir es endlich, den Anker doch noch zu setzen. Mit dem Dingi geht s zum Hafen, wo wir, ohne einen Gedanken an die kurzfristige Zukunft mit eventuellen unangenehmen Duftschwaden, einen lustigen Hafentrunk mit Knoblibrot geniessen. Stefan macht dabei seine eigene Erfahrung, über die ich selbstverständlich nicht berichte. Am Mittwoch hat das Wetter ein Einsehen und unter mehr oder weniger strahlendem Himmel segeln wir aus der Bucht von Santa Ponsa Richtung Port de Sóller. Schon früh werden wir von Pavel auf die Seezeichen und die spezielle Einfahrt in die Bucht Port de Sóller aufmerksam gemacht. Zwei Kreuze an Land sollen übereinander stehen, diese sollen wir in eine Linie bringen und dann hätten wir den korrekten Kurs für eine sorgenfreie Einfahrt in die Bucht - ansonsten würden wir auf Grund laufen. Interessant und Anlass genug, dass sich die ganze Crew zusammenreisst und den Steuermann/-frau mit gutgemeinten Ratschlägen und Hinweisen unterstützt. Trotz den vielen Augenpaaren, die wie Radarschüsseln die ganze Bucht absuchen, finden wir nur ein Kreuz. Mut zur Lücke! Kaum angekommen steuern wir das Dingi an Land und wir fahren ganz touristenlike mit der historischen Bahn nach Sóller. Hier wird uns auch der Grund für Pavels plötzliche Eile klar: Wir schauen uns in einem einfachen Restaurant den Weltcup Fussballmatch Schweiz Spanien an. Wir gewinnen mit 1:0 und Pavel ist um ein paar "Schwiizerfränkli" reicher. Nach einer unruhigen Nacht mit recht hohem Wellengang fahren wir zurück in die Buch von Santa Ponsa. Hier bricht unser letzter Tag auf See an und das Wetter zeigt sich doch noch von seiner besten Seite. Gegen Abend müssen wir uns leider schon wieder zur Abgabe der Yacht in Palma einfinden.

4 Zauber im Wasser und am Himmel Im friedlichen Rhythmus der Sommertage Das Wasser kräuselt sich in orangen Schattierungen: erste Anzeichen des zur Ruhe kommenden Tages. Die Bucht füllt sich mit den Schiffen, die rechtzeitig eine Bewilligung beim Amt für Schifffahrt in Barcelona eingeholt haben, planschende Besatzungsmitglieder zeigen ihre kindliche Freude über das unbeschwerten Baden in einer traumhaften Bucht, da und dort werden auch schon die Bordlichter der verschiedenen Jachten angezündet. Einige Minuten später steigt ein herrlicher Duft aus dem Schiffsinnern hoch und hüllt das Schiff in einen kulinarischen Cocon. Die Crew lässt sich dies gerne gefallen und freut sich auf die Überraschung. Wir haben kein Verlangen nach Ausgefallenem, schätzen das Natürliche und Einfache und begnügen uns trotz der Einfachheit der Pantry nicht mit einem 0815-Gericht. Auch heute, werden wir mit einem Festmenü überrascht. Dieses reiht sich ein in die grosse Palette von: Riz Casimir mit Geschnetzeltem, Spaghetti à la Pavel, Salat mit Thon, Rosmarin-Kartoffeln mit Rattatouille, Teigwarenauflauf mit Bunter-Sauce, Risotto, und so weiter Abgerundet mit einem mundigen Tropfen, geniessen wir unser Mahl und die einbrechende Dunkelheit. Die Runden der beiden Leuchttürme zählen wir nicht mehr, schätzen aber das sich wiederholende Guten Tag- und Gute Nacht-Sagen, das uns die ganze Nacht begleiten wird. Nach ein paar Stunden und auch Gläsern lassen wir unseren Gedanken freien Lauf und staunen über die Sterne auf der "Milky-Way", die direkt über unsere Bucht führt: Was ist da draussen? Wer schaut uns zu? Was passiert, wenn wir alle Sterne zu einem grossen Licht zusammenführen würden? Was ist auf der Rückseite eines Sterns? Wieviele Kabel bräuchte es, um all die Sterne zusammenzubinden? Oder: Wie fällt ein Haar auf den Boden? Auf die Bauchseite oder auf den Kopf? Mit solchen Gedanken alleine oder in sinnigen Gesprächen enden unsere Tage und manchmal auch die Nächte. Am Morgen haben wir uns wieder gesammelt und freuen uns auf die nächsten Erlebnisse. Auch dies ist Segeln, unabhängig von einer Strasse, von Vorgaben, von Internet und Handy, weit weg auf hoher See mit sich beschäftigt und zur reinen Erholung. Zum Schluss Alles hat ein Ende.. So eine Woche ist leider nur zu schnell um und schon sind wir wieder auf dem Heimweg. Wegen Verzögerungen beim Abflug dürfen wir noch ausgiebig Shoppen. Endlich im Flugzeug angekommen, quält uns langsam der Hunger. Nach dieser gemeinsamen Woche sind wir nun genügend aufgetaut, um mit unserem spontanen Tapas-Gelage auch alle Mitpassagiere auf uns aufmerksam zu machen. Und so spachteln wir einträchtig Serrano-Schinken und Vollkorn-Gebäck.

5 Vielen Dank Im Namen der ganzen Crew danke ich Pavel und Ingrid für den tollen Törn und für das Vertrauen, das sie uns bei der Führung des Bootes entgegen gebracht haben. Mit dem Song Sailing von Rod Steward im Ohr habe ich die Segel gesetzt. Mit dem gleichen Song beende ich meine Erinnerungen an den Törn und freue mich, das Lied wieder einmal gemeinsam mit einer Crew anzustimmen. We are sailing, we are sailing Home again 'cross the sea. We are sailing stormy waters, To be near you, to be free. Oh Lord to be near you, to be free Oh Lord to be near you, to be free Oh Lord...