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Transkript

1 2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Mi Kim und Zheng Xu haben die falschen Augen Der Kampf asiatischer Opernsänger auf deutschen Bühnen Autorin: Redaktion: Sendung: Wiederholung: Anja Kempe Ellinor Krogmann Montag, um Uhr in SWR2 Mittwoch, um Uhr in SWR2 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte der Sendungen SWR2 Tandem auf CD können wir Ihnen zum größten Teil anbieten. In jedem Fall von den Vormittagssendungen. Bitte wenden Sie sich an den SWR Mitschnittdienst. Die CDs kosten derzeit 12,50 Euro pro Stück. Bestellmöglichkeiten: 07221/ Einfacher und kostenlos können Sie die Sendungen im Internet nachhören und als Podcast abonnieren: SWR2 Tandem können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter oder als Podcast nachhören: Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/ oder swr2.de 1

2 MANUSKRIPT Chi Gang: Also Anfang hab ich keine Erfahrung über Deutschland gehabt. Hab ich keine Ahnung über den Lieder und deutsche Oper gehabt. Nur mein Professor hat mir empfohlen. In Deutschland Opernsänger verdient ein bisschen besser als in Korea. Ich möchte gern in Deutschland weiter bleiben, damit ich auf der Bühne mein Leben genießen können. Migam Kim: In Korea ist zu klein als Deutschland. Deswegen Opernhäuser ist natürlich zu wenig. Und natürlich auch die Stellen wenig. Deswegen viele Koreaner bleibt in Deutschland. Möchte. Mi Hoi Shang: Zuerst ich mag Deutschland. Ist sehr schön. Und meine Lieblingsopern sind die Zauberflöte und die Fledermaus. Sehr gern. Mi Hoi Shang, Migam Kim, Chi Gang und Zheng Xu ziehen ihre Trolleys hinter sich her. Sie möchten gern in Deutschland arbeiten, als Opernsänger. Deutschland ist schön. Ich hab Meistersinger gesungen, Meistersinger von Nürnberg. Da hab ich Lederhosen, im Staatstheater Darmstadt. Und da haben wir auch getanzt. Platt, dieser bayerischer Tanz, Schuhplatt-Tanz. Zwei Japanerinnen und drei Koreaner und ich, ein Chinese. LACHT. Sechs Asiaten. Das ist sehr großartig. Für mich, ich weiß nicht, wie für andere, aber für mich, ich bin ein Sänger und finde es ganz wunderbar. Atmo: Vorsingraum / Agentin läuft Agentin Solo: Da gehen Sie in ein urdeutsches Stück wie Freischütz und es öffnet sich der Vorhang und Sie sehen 40 lederbehoste Asiaten da. Aber das bleibt immer in der Entscheidung des Opernhauses. Und dass da jetzt ganz explizit nach gesucht wird, kann ich eigentlich nicht bestätigen. Ganz sicher nicht! Also wir müssen schon, wenn wir unsere Vorschläge machen an die Häuser, im Vorfeld darüber sprechen, es handelt sich um einen Asiaten, eine Asiatin, möchten Sie den kennenlernen? Bundesagentur für Arbeit, zentrale Vermittlungsstelle Oper. 2

3 Maria Leyer-Fäth, die Agentin, stimmt sich auf den heutigen Bewerbungstermin ein. Mehrmals im Jahr lädt die Arge zum Vorsingen ein, in den Fachvermittlungen Köln, Berlin und Stuttgart. Die Opernagentin schaut in ihren Computer. Agentin Solo: Jetzt zeigt mir das zum Beispiel 169 Datensätze an von koreanischen Bewerbern aller Stimmengattungen, die hier von uns vertreten werden, da käme ich hier auf 169, obwohl, das ist nur ein grober Überblick, das ist nur ein Schnitt. Das würde jetzt Korea betreffen. Maria Leyer-Fäth ist vom Fach. Bis vor ein paar Jahren hat sie selbst auf den deutschen Opernbühnen gesungen, im Chor, mit großer Freude. Hier in der Bundesagentur ist sie zuständig für asiatische Solosänger. Agentin Solo: Die stellen sich also vor, dass es nirgendwo so ein tolles subventioniertes Theater gibt wie in Deutschland, das wissen die natürlich auch, und stellen sich vor, jetzt marschiere ich los und singe überall vor, und irgendwo wird es schon klappen. Atmo: Schritte / Hier ist der Vorsingraum. Atmo: Fenster zu. Lee Gyoung Han: Heute erstes Vorsingen. Die Agentin schließt das Fenster und Lee Gyoung Han aus Südkorea knöpft sein Jackett zu. Zum Vorsingen trägt er heute einen schwarzen Anzug. Den Rodolfo aus La Boheme wird er geben. Links neben dem Fenster ist die Bühne, rechts der Schreibtisch der Gutachter. Ja. Deutschland ist ein Paradies für Opernsänger, es gibt kein einziges Land auf der Welt, wo so viele Opern auf so engem Raum stehen, also kommt die ganze Welt nach Deutschland, um zu singen. Agent Chor: Der Grundtenor ist bei den asiatischen Sängern, dass sie musikalisch gut vorbereitet sind, sie sind ganz oft mit einem großen Herzblut bei der Sache, und dass alle asiatischen Sänger sehr sehr fleißig sind. Das finden Sie in Deutschland gar nicht mehr in dem Sinne. Axel Mendrock und Ursula Jochmus betreuten die Bewerbungen für den Chor. Auch sie sind von Haus aus Opernsänger. 3

4 Agentin: Herr Lee, haben Sie einen Lebenslauf mitgebracht? Lee: Ha? Agentin: Einen Lebenslauf, eine Vita. Holen Sie sie schnell bitte? Atmo: Schritte Während Herr Lee seinen Lebenslauf aus dem Auto holt, wird Herr Gang vorsingen. Chi Gang, auch aus Südkorea. Atmo: Chi Gang singt Agentin: Vielen Dank. Agent: Man muss schon konzedieren, dass der Sängermarkt prinzipiell immer etwas internationaler zugeschnitten war als der normale Arbeitsmarkt. Wir haben insbesondere nach den Zweiten Weltkrieg zum Beispiel eine Unmenge von amerikanischen Sängern in Deutschland gehabt. Und das Publikum in Deutschland hat sich eine Zeitlang sehr daran gewöhnt, dass auf den deutschen Bühnen mit großem Akzent deutsch gesprochen wurde. Wenn ein amerikanischer Tamino in der Zauberflöte aufgetreten ist, hat man eben einen amerikanischen Akzent gehört. Heute haben wir dasselbe, dass eben aus den asiatischen Ländern so viele Bewerber nach Deutschland kommen. Weil wir hier so viele Arbeitsplätze haben. Atmo: Klavier Agentin / Chor: Also fast immer Pflicht ist die Pamina oder der Tamino. Das singen die meistens nicht gerne, weil es wahnsinnig schwer ist, aber es ist eben Pflicht. Mozart. Zauberflöte. Atmo: Chi Gang singt. Agentin: Danke schön, kommen Sie zu mir. Chi Gang aus Südkorea nimmt Platz am Schreibtisch der Agentin. Er schwitzt. Eine Oper zu singen, ist Hochleistungssport. Atmo: Agentin: Und den Tamino hätte ich noch gern. Atmo: Chi Gang singt 4

5 Viele denken, dass ausländische Sänger billiger wären, oder Asiaten, das stimmt überhaupt nicht, das ist tariflich geregelt, und jeder im Opernchor verdient dasselbe Gehalt. Es ist eine Geschichte, wo man manchmal etwas billiger kriegt, wenn man sagt, ich brauche einen ganzen geschlossenen Chor, der bei irgendeinem Projekt mitmacht, und deswegen als geschlossener Chor dann rüber kommen. Mengenrabatt. Mengenrabatt genau. Aber als Einzelsänger würde der Chorsänger aus Korea hier genau dasselbe bekommen wie der deutsche Kollege. Atmo: / Agentin Solo: Bleiben Sie dort. Redet weiter. Ich bin Mi Kyung Kim, 26 Jahre alt, ich komme aus Südkorea und ich studiert in Heidelberg, Kirchenmusikhochschule absolviert. Viel gelernt. Mi Kyung Kim, Sopran. Sie möchte die Musette aus der Boheme von Puccini vortragen und hofft auf eine freie Stelle in einem deutschen Opernchor. Ich wohne in Seoul. Mein Vater ist Pfarrer in der Kirche. Meine Mutter ist Gesang studiert. Aber nur studiert. Aber die singt sehr schön. Mi Kyung Kim lebt halb in Seoul und halb in Heidelberg, seit drei Jahren. Hier ist viele Stellen, viele Theater. Arbeit ist viel. LACHT In Deutschland ist die Geld auch besser. Sie positioniert sich auf der kleinen Bühne und holt Luft. Atmo: Mi Kim singt Die Koreaner unter sich, der Zusammenhalt ist sehr groß. Es war teilweise bei mir beim Vorsingen, wenn ich einem Asiaten eine Vakanz gegeben habe, dann ist er in den Aufenthaltsraum und hat an sämtliche Kollegen diese Vakanzen weiter gegeben. Bis ich denen mal klar gemacht hab, ihr schaufelt euch die eigene Konkurrenz ran. Und ganz schlimm für koreanische Sänger ist, sie stehen unglaublich unter Druck. Die werden von zuhause bezahlt, dass sie hier her kommen können, und können aber nicht wiederkommen, bevor sie nicht was erreicht haben im Leben. Und wenn eine Aufführung nach Korea gekommen ist, sind die nicht mitgefahren, wenn die nicht mindestens eine Solorolle da drin hatten, sonst hätten sie ihr Gesicht verloren. 5

6 Atmo: Agentin: Okay, jetzt schauen wir mal. Es gibt verschiedene Probleme. Ursula Jochmus schaut die Listen mit den Anfragen deutscher Opernhäuser durch. Jeden Monat werden es weniger. Das Problem ist, viele Opernhäuser laden Koreaner nicht mehr ein. Hmm. Agentin: Einfach weil die Optik nicht stimmt. Wenn Koreaner eingeladen werden, müssen Sie die beste sein! Sie müssen am besten Deutsch sprechen, und Sie müssen am besten singen. Okay. Agentin: Besser als alle Deutschen, das ist nicht so schwierig. Aber besser als alle koreanischen Kollegen, als alle Chinesinnen, Japanerinnen, das wäre wichtig. Mi Kyung Kim aus Südkorea rollt ihre Noten zusammen. Keine Stelle im Opernchor. Damit hat sie nicht gerechnet. Ich denke, die Stimm-Material ist gut. Sehr schön und klar. Die Kiefer und die Knochen ist bisschen höher als deutscher. Großer Resonanzraum haben. Wangenknochen sind höher als deutscher. Klingt sehr schön. Aber nicht gut Gesicht. Schlechte Augen. Schlitzaugen. Die Agentin klappt die Mappe zu. Ja. Jetzt hat fast jedes Theater vier oder fünf koreanische Sänger im Chor, es gibt Publikum, das sich beschwert, die Theater sagen, es geht so nicht mehr, ist bitte erst mal Schluss. Ab und zu kommt dann doch einer vorbei, also wenn hier ein guter Tenor vorbeikommt, der europäisch aussieht, den geb ich gar nicht in den Computer ein, da hab ich den schon vermittelt. Da ruf ich an, Sie warten am längsten, wollen Sie den mal haben, das ist fast wie auf m Sklavenmarkt, komm ich mir manchmal vor, der ist sofort weg! 6

7 Gaku Sumida: Also ja, zu viele koreanische Sänger auf der Bühne im Moment. Im Türrahmen wartet Gaku Sumida. Er ist Japaner und hat heute auch einen Termin. Gaku Sumida: Besonders Wagnerstück, viele Koreaner singen diese Rolle. Aber Bühnenbild ist leider nicht so schön. Finde ich. Bildlich ein bisschen schade. Gaku Sumida aus Japan ist Tenor. In Nagoya hat er studiert, und seit 1995 singt er in Deutschland, auf den Opernbühnen Koblenz, Frankfurt, Darmstadt und Köln. Wie viele andere asiatische Operngastarbeiter hatte auch er in einer Wagnerinszenierung in bayerischen Lederhosen einen Auftritt, mit großem Erfolg. Gaku Sumida: Deutschland ist sogenannte Musikerparadies. Zum Beispiel bei uns in Heimat Japan gibt es keine Staatsoper. Obwohl man Gesangsstudium hat, aber gibt es kaum Chance, als Opernsänger zu arbeiten. Deswegen ich bin sehr dankbar. Obwohl ich ein asiatischer oder japanischer Sänger bin, trotzdem hab ich Chance hier in Deutschland als Opernsänger zu singen. Natürlich ich möchte weiter als Opernsänger Karriere aufbauen, aber überall gibt es so gute koreanische Sänger und Sängerinnen. Sie singen gut. der Koreaner oder Koreanerin sehr schöne Stimme hat, laut und hat immer solche metallische Farbe. Braucht er nicht so viel Ausbildung. Koreaner sind sehr gute Instrument, kann man sagen. Ja. Und der Koreaner sehr ehrgeizig und sehr stark Charakter hat, und Karrierewunsch haben sie auch. Deswegen können sie auch durch diese harte Ellenbogenkonkurrenz, weiter nach oben kommen. Das ist eine große Konkurrenz. Sie sind meine Konkurrenz. Herr Sumida, Sie haben sehr lange nicht vorgesungen. Nein. Es singt Gaku Sumida aus Nagoya. Dein ist mein ganzes Herz. Atmo: Gaku Somida singt. Agentin Solo: Es geht um Schmerz und Tod. Und die europäische Denkungsart ist ja doch eine andere als die asiatische, und da braucht man erst mal ein Hineinwachsen hier in die europäische Alltagskultur, um die Dinge nachvollziehen zu können. Schauen Sie es sich an, schauen Sie sich Pekingoper an, das ist einfach eine völlig andere Kunstform, als die traditionelle europäische Oper, das ist von Europäer für Europäer geschrieben. Und das ist die große Hürde, die ein Asiate da zu nehmen hat. 7

8 Atmo: Schönen Dank. Prima. Vom Deutschen her, ein bisschen Akzent ist noch drin, aber daran kann man noch arbeiten. Einen Punkt hätte ich, die Hände aus den Hosentaschen beim Vorsingen. Gaku Somida: Ja. Die Agentin schaut auf die Uhr. Obwohl das Vorsingen mehrmals im Jahr stattfindet, ist trotzdem ist immer die Zeit knapp. Draußen im Flur hat sich eine kleine Schlange gebildet. Angefangen hatte es mit Japan. Die wurden von Korea überrollt. Korea ist ein bisschen frecher, auch im Auftreten, und vor allem Massen, Massen, die kommen, die Koreanerschwemme, wie wir gesagt haben. Viele kommen nach dem Studium in Italien nach Deutschland, weil sie hier einen Job kriegen würden. Denn in Italien an den Opern kriegen sie keinen. Italiener sind ganz für sich. Italiener nehmen nur Italiener, dann bleibt denen nichts anders übrig. Und jetzt kommen die Chinesen und fallen natürlich hinten runter und haben kaum mehr Chancen. Atmo: Gesang Agent: Wir machen ja den Markt nicht. Wir sind ein Marktbeobachter. Das ist ja unsere Aufgabe. Wir beobachten, was passiert am Markt. Und da kann man ganz deutlich sagen, dass die Theater wenig Hemmungen haben, zu sagen, okay, wir haben jetzt in unserem Opernchor bereits vier asiatische Sänger, und mehr möchten wir einfach nicht. Das finden wir insofern interessant, weil wir uns manchmal fragen, dürften Arbeitgeber so etwas sagen, wenn es sich beispielsweise um schwarze, um farbige Sänger handelt? Das wissen wir überhaupt gar nicht. In China ist so, zum Beispiel für eine Stelle hundert Leute oder zweihundert Leute, für eine Arbeitsplatz. Das ist sehr hart. In Deutschland auch so, ich glaube. Wenn du nicht fleißig bist, dann du verlieren auch deine Leistungen. Zheng Xu aus China. Aber man lernt die Konkurrenz, als ich ein Kind war, nicht so viel. Weil in China sind seit 1980 fast alles Einzelkind. Ich bin auch Einzelkind. Zuhause wie ein König. Atmo: Agentin: Womit möchten Sie gern anfangen? 8

9 Zheng Xu kommt aus einer kleinen Hafenstadt am Ostchinesischen Meer, für chinesische Verhältnisse nicht weit weg von Peking. Hier ist er aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach meine Gymnasium in China abgeschlossen ist, dann ich hab hier in Deutschland Hochschule beworben, und habe in Frankfurt studiert drei Jahre Diplom. In meinem Studium habe ich in Darmstadt und Staatstheater Kassel gesungen, die Meistersinger von Nürnberg. Und nach dem Studium habe ich eine Chorstelle im Theater Krefeld bekommen, direkt nach Studium. Der Chorsänger möchte das Opernhaus wechseln, von Krefeld an ein größeres Haus. Krefeld, Mönchengladbach ist ein B-Haus. Ich bekomme monatlich 2400 netto. Und im A-Haus, zum Beispiel Oper Köln, das ist ein bisschen mehr, ungefähr 1000 pro Monat. Ist gut Geld. Vor fünf Jahren hat er seine Heimat verlassen, gerade als der große Wirtschaftsboom in China begann, der auch seine Eltern ergriff. Meine Eltern sind, wie kann man sagen, Business-Mann, Business, Immobilien in China. Vermieten diese Häuser und Geschäfte, so was. Mein Vater LKW-Fahrer vorher war. LACHT Dann haben die die Arbeit gekündigt, dann Business weiter entwickelt. Genießen die Leben. Ich muss arbeiten natürlich. LACHT So ist das. Mir gefällt Deutschland. Ja. Ist wirklich schön. Weil, in Deutschland dürfen keine Hochhäuser bauen, in München oder in Stuttgart, muss die ganz klassische Architektur weiter behalten. In China die machen alles neu. Alles sehr hoch und sehr metropolisch. Das ist ein Unterschied. In Deutschland kann man den Himmel sehen, blauen Himmel, ja, finde ich wunderbar. Und diese klassische westliche Musik in Deutschland ist sehr großartig, ganz toll. Und möchte ich gerne die Zauberflöte als Tamino singen. Tamino ist ein Prinz. Und er hat eine Riesenschlange getroffen. Und diese Schlange möchte ihn fressen. Und es gibt auch eine Nachtkönigin. Das ist ein Märchen eigentlich. Atmo: Agentin Für den Tamino oder die Nachtkönigin reichen leider in den meisten Fällen die Deutschkenntnisse nicht aus - klagt Maria Leyer-Fäth, die Agentin. 9

10 Agentin Solo: Es gibt natürlich ganz eklatante Beispiele, wo das ganz wunderbar funktioniert. Die koreanische Sopranistin Hellen Kwon hat in rasender Geschwindigkeit Deutsch gelernt. Man hätte sie hinstellen können als Zar-und-Zimmermann-Marie, das hat die einfach transportieren können. Und sie hat ihren Weg gemacht, sie ist eine weltberühmte Königin der Nacht geworden, wo sie natürlich auch deutschen Dialog zu sprechen hatte, deutsch zu singen hatte, und hat hier eine Riesenkarriere gemacht. Aber es ist nicht die Regel. Das muss man ganz klar sagen. Mi Hoi Shang: In Hongkong oder China brauchen wir nur chinesisch. Dann wir können arbeiten. Mein Deutsch ist nicht so gut. Ja. Mi Hoi Shang aus Hongkong. Mi Hoi Shang: Das ist ein Problem für China-Singer. An der Uni gibt s ein bisschen Deutsch, Sprachenunterricht, aber das ist nicht genug. Ich lernen. Seit drei Wochen ist sie in Deutschland. Mi Hoi Shang: Meine Eltern arbeiten in Hongkong, im Büro. Meine Familie sind alle in Hongkong. Und ich bin alleine in Deutschland. Visum gilt nur ein Jahr, wenn ich einen Job habe, dann okay, ich kann hier bleiben. Aber wenn ich habe nicht Job gefunden, dann ich muss zurück nach Hongkong. Ja. Atmo: Agentin Solo und Mi Hoi Shang: Also, wie sprechen Sie sich aus, Frau Mmm? Ja! Seit wann studieren Sie in Deutschland? Nein! Nicht? Nicht! Sondern Sie haben in Ihrer Heimat studiert, in China? In Hongkong. In Hongkong. Und wie viele Jahre schon? Acht Jahre. Mi Hoi Shang hat die Carmen einstudiert. Atmo: Agentin Solo und Mi Hoi Shang: Sie haben nichts in deutscher Sprache? Die Agenten von der zentralen Vermittlungsstelle Oper der Bundesagentur für Arbeit möchten eine Mozart-Arie hören - ohne Akzent. Agentin Solo: Ja, das ist eben unsere Aufgabe, den Sängern aus aller Welt den deutschen Markt näher zu bringen, ihnen klar zu machen, was sind die Voraussetzungen, um überhaupt hier in Deutschland Fuß fassen zu können. Agent: Die sagen sich vielleicht auch einfach, als asiatischer Sänger komme ich eigentlich mit englisch auf der ganzen Welt gut rum. Im Prinzip bei uns auch. 10

11 Aber eben nicht an den Theatern. Die Arbeitssprache ist nun mal leider deutsch bei uns. Und das ist eine schwere Aufgabe. Also wenn ich mir vorstellen sollte, ich müsste eine asiatische Sprache so gut im Dialog lernen, dass ein Chinese das nicht mehr merkt, dass ich Deutscher bin, dann hätte ich aber viel zu tun. Das ist harte Arbeit. Ich möchte sie nicht machen. Lee Gyoung Han aus Südkorea streicht seinen schwarzen Anzug glatt. Zu ihrem Lebenslauf. Er ist zurück, mit dem Lebenslauf in der Hand. Der Lebenslauf ist in Deutschland ganz ganz wichtig. In Korea nicht, das weiß ich. Wenn ein Chordirektor dieses Blatt bekommt, das ist am Rand abgerissen, es steht quasi nichts drauf, es ist eine schlechte Kopie, es ist kein Foto, das geht gar nicht. Ein Lebenslauf muss in einer schönen Bewerbungsmappe sein. Lee: Ahh so! Agentin: Auf perfektem Deutsch. Dies geht in Deutschland gar nicht. Lee: Jaja. Atmo 11