Hrsg.: Harald Meyer: Akira Yoshimura: Die großen Tsunami der. aus dem Japanischen übersetzt von Harald Meyer

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Karoline Vogel
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1 ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Hrsg.: Harald Meyer: Akira Yoshimura: Die großen Tsunami der Sanriku-Küste aus dem Japanischen übersetzt von Harald Meyer Iudicium Verlag Seiten 32,-- Euro Rezension von Katharina Borchardt Dienstag, (14:55 15:00 Uhr)

2 Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/ oder swr2.de

3 Von Katharina Borchardt Heute vor drei Jahren wurde die nordostjapanische Küste von einem schweren Tsunami getroffen. Dabei wurde auch das Kernkraftwerk Fukushima schwer beschädigt, was diesen Tsunami exzeptionell machte. Doch auch früher schon wurde die rund 600 km lange Sanriku-Küste immer wieder von Monsterwellen heimgesucht. Yoshimura Akira, der Meister der japanischen Dokumentarliteratur, hat in seinen Büchern die Tsunamis der letzten hundert Jahre beschrieben: die Tsunamis von 1896, 1933, 1960 und Immer wieder ist er an die Sanriku-Küste gefahren und hat dort mit Augenzeugen gesprochen. Dort traf er auch zwei alte Männer, die den Tsunami von 1896 noch erlebt hatten. Er notierte: 1. Zitat aus Die großen Tsunami der Sanriku-Küste (S. 76) Anfang Juni [ ] stellte sich an der gesamten Sanriku-Küste ein beeindruckender Fischfang ein. Mit jedem vergangenen Tag nahm dieser noch zu, und die Gesichter der Fischersleute leuchteten hell auf. Parallel dazu wurden an der Küste sonderbare Lichterscheinungen und Strömungen beobachtet. Außerdem tauchte ungewöhnlich viel Seegras auf, und das Wasser in den Brunnen verfärbte sich. Es ereigneten sich auch zahlreiche kleinere Erdbeben, die die Menschen jedoch nicht weiter beunruhigten. Sie feierten gerade das japanische

4 Knabenfest und die Siege der aus dem Chinesisch- Japanischen Krieg zurückgekehrten Soldaten. Sie bemerkten nicht, wie sich abends das Meer langsam zurückzog: 2. Zitat aus Die großen Tsunami der Sanriku-Küste (S. 82) An einer der Buchten zog sich das Wasser um ganze tausend Meter bis zur Hafeneinfahrt zurück und gab einen trocken gelegten Strand frei. Als sich die zurückgegangenen Wasser draußen in der dunklen See bis zum Äußersten auftürmten, entstand daraus [ ] eine grandiose Wasserwand, die sich in Richtung Küste in Bewegung setzte. 3. O-Ton Harald Meyer Die historischen Tsunami sind nicht weniger katastrophal als derjenige von 2011, nicht? sagt Harald Meyer, Japanologe und Herausgeber der Texte von Yoshimura Akira: 4. O-Ton Harald Meyer Bereits 1896, da gab es sogar mehr Tote als 2011: um die Menschen an diesem Küstenstreifen, der damals ja noch viel dünner besiedelt war! Das muss man sich wirklich so vorstellen, dass die ganzen Dörfer einfach ausradiert wurden. Auf der Basis von Interviews zeichnet Yoshimura Akira vier zerstörerische Tsunamis nach. Auch wenn Tsunamis im Grunde alle ähnlich verlaufen, gerät ihm doch jede Schilderung

5 anders, denn er beschreibt auch seine Gesprächspartner und die jeweilige historische Situation sehr plastisch. Yoshimura ist 5. O-Ton Harald Meyer ein Spezialist fürs Sterben und vor allem auch für den gewaltsamen Tod, sagt der Harald Meyer. Der Japanologe hat die rund 150 Seiten umfassenden Tsunami-Beschreibungen in Form eines Lesebuches übersetzt und herausgegeben. Angereichert hat er die Texte von Yoshimura mit etlichen Zusatzmaterialien: Er stellt Yoshimura Akira in Leben und Werk vor ein reiches literardokumentarisches Werk, das sich vor allem der Aufarbeitung historischer Katastrophen in Japan widmet, und er berichtet von persönlichen Begegnungen mit dem Autor und seiner Frau, der Lyrikerin Tsumura Setsuko. Auch Meyers Schilderungen sind, wie die Yoshimuras, sehr lebendig. So erzählt er auch, wie man in Japan nach dem Tsunami von 2011 in der Politik plötzlich auf die Werke des fünf Jahre zuvor verstorbenen Yoshimura zurückkam: 6. O-Ton Harald Meyer Das war ein Mitglied der Demokratischen Partei. Der stand plötzlich da, vor dem Premierminister und hielt dieses Taschenbuch von Yoshimura Akira in die Höhe und sagt: Premierminister, kennen Sie dieses Buch nicht? Hätten Sie dieses Buch gelesen, hätten Sie alles schon vorher gewusst, was bei einer solchen Katastrophe für Folgen entstehen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, dieses Buch endlich zu lesen!

6 Dieser leidenschaftlichen Empfehlung folgten schließlich auch viele andere Japaner: 7. O-Ton Harald Meyer Es dauerte nicht sehr viel mehr als ein Jahr, da wurden über Exemplare verkauft. Und das ist eine ziemlich stattliche Zahl für einen uralten Text, nicht? Enorme Naturgewalten ein bisschen begreiflicher zu machen das schafft Yoshimura Akira in seinem Buch. Es heißt auf Deutsch Die großen Tsunami der Sanriku-Küste. Dokumentarische Literatur von Yoshimura Akira. Harald Meyer hat es übersetzt, herausgegeben und reich mit Bildern und Hintergrundmaterialien ausgestattet Der Band ist im auf Japan spezialisierten Iudicium-Verlag erschienen, umfasst 298 Seiten und kostet 32 Euro.

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