Spurenanalytik und Toxikologie als Grundpfeiler der Spurenstoffelimination
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- Thomas Goldschmidt
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1 Spurenanalytik und Toxikologie als Grundpfeiler der Spurenstoffelimination Prof. Dr. Lothar Dunemann, Gelsenkirchen 13. IFWW-Fachkolloquium, 29. Mai
2 Gründung: 1902 auf Initiative von Robert Koch nach einer schweren Typhusepidemie in Gelsenkirchen historischer Auftrag: Überwachung der Wasserver- und -entsorgung Träger: Verein zur Bekämpfung der Volkskrankheiten im Ruhrkohlengebiet e.v. Schwerpunkte heute: Umwelthygiene und Toxikologie ca. 130 festangestellte Mitarbeiter (Chemiker, Lebensmittelchemiker, Biologen, Ingenieure, Techniker etc.) An-Institut der Ruhr-Universität Bochum 2
3 Gesundheitliche Risiken (chem.) für den Menschen Tabakrauchen (ca Tote/a in D) Alkoholmissbrauch (ca Tote/a in D), ähnl. Medikamente Passivrauchen (ca Tote/a in D) Hobbys, privater Umgang mit Gefahrstoffen Innenraumbelastung Luftbelastung durch Verkehr und Industrie (Wasser-/Bodenbelastung???, Altlasten???) Lebensmittel (Inhaltsstoffe, Zusatzstoffe, Zubereitung etc.) Materialien und Werkstoffe, Verpackungen, Bedarfsgegenstände Trinkwasser (aus öffentlicher Versorgung) 3
4 Schadstoffelimination Trinkwasser-Reinigung Abwasser-Reinigung Vermeidung des Eintrags (auch hier gilt ein Minimierungsgebot!) gezielte Einträge - Einleitungen aus Industrie, Mittel- und Kleinbetrieben diffuse Einträge - wir alle: Urin (Medikamente), Kleidung (PFTs), Waschmittel, Kosmetika, Plastikabfälle etc. neue Stoffe - teilweise als Ersatz für gefährliche Stoffe 4
5 Beispiel Ruhrgebiet Ballungsraum mit 5 Mio. Einwohnern auf km 2 Eisenhütten ab Mitte des 18. Jahrhunderts 1850 gab es bereits 300 Zechen und zahlreiche Kokereien viele Dörfer wurden in kürzester Zeit zu Großstädten im Rahmen des Strukturwandels (ab 1957) wirtschaftliche Diversifikation mit stark belasteten Abwässern und Abfällen Schwerindustrie, extreme Verkehrsbelastung Staubniederschlag, Feinstaub, hohe Luftbelastung der Himmel über der Ruhr muß wieder blau werden (1961) heute: Altlasten, diffuse Einträge etc. 5
6 Instrumentelle Analytik (Auswahl) Analytik von Elementen und anorg. Ionen Atomspektrometrie (AAS, ICP-OES) anorg. Massenspektrometrie (ICP-MS) Ionenchromatographie (IC), Elektrochemische Verfahren Analytik organischer Verbindungen Gaschromatographie (GC, für unpolare Verbindungen) Flüssigkeitschromatographie (HPLC, für polare Verbindungen) Kopplungsmethoden: GC-MS, GC-MS-MS, HPLC-MS, HPLC-MS-MS Analytik von Feststoffen und Oberflächen Raster-Elektronenmikroskopie (REM) Einzelmolekülspektroskopie, Röntgendiffraktometrie, Laser-Ablation-Techniken spezielle Analytik Sensoren, Bildgebende Verfahren 6
7 Arten von Proben Probenarten Feststoffe Flüssigkeiten, Lösungen Luftproben Oberflächen Beispiele Boden, Materialien Trinkwasser, Oberflächenwasser, Abwasser Außenluft, Innenraumluft Materialien wertvolle Proben Blackbox Gemälde, Ötzi Inneres eines Körpers 7
8 Verantwortungsvolle Spurenanalytik Uns stehen fast ausschließlich indirekte Messmethoden zur Verfügung, d.h. es ist eine Kalibrierung erforderlich! Dazu müssen Standardsubstanzen in hoher Reinheit verfügbar sein Kontaminationen sind zu minimieren, Kontaminationsgefahr steigt mit sinkender Konzentration des Analyten und steigender Komplexität der Probe Anreicherungsverfahren sind notwendig, wenn Bestimmungsgrenzen der Messmethoden nicht ausreichen Anreicherungen können z.b. bei reinen Wässern (Trinkwasser, Meerwasser?) bis zu einem Faktor erfolgen 8
9 Was sind Spuren? 1 Würfelzucker (3 g) gelöst in Wasser mit einem Volumen von... im Alltag 2 Tassen Kaffee (0,3 l) 1 % (10-2 ) = 10 g/l 4 Flaschen Wein (3 l) 0,1 % (10-3 ) = 1 g/l in der Spurenanalytik Tanklastwagen (3.000 l) 1 ppm (10-6 ) = 1 mg/l Tankschiff (3 Mio. l) 1 ppb (10-9 ) = 1 µg/l Talsperre (3 Mrd. l) 1 ppt (10-12 ) = 1 ng/l Starnberger See (3 Bill. l) 1 ppq (10-15 ) = 1 pg/l - ppb = parts per billion, ppt = parts per trillion (amer.!) 9
10 Harkortsee (Speicherraum: ca. 3 Mio. m 3 ) L. Dunemann, 2012 L. Dunemann,
11 Genauigkeit = Präzision und Richtigkeit Quelle: 11
12 Risiko (allgemeine Definition) Standarddefinition (z.b. Versicherungen) Risiko = Eintrittswahrscheinlichkeit * Schadensausmaß Risiko: berechenbar (zahlenmäßig bekannt) Restrisiko: Ereignis sehr unwahrscheinlich (Eintrittswahrscheinlichkeit sehr gering) Ungewissheit: Auswirkungen bekannt, Ereignis aber nicht berechenbar Unkenntnis: Auswirkungen nicht bekannt 12
13 Risiko in der Toxikologie Risiko = Gefahr (hazard) * Exposition - statt Gefahr wird auch Gefahrenpotential verwendet - Exposition =: innere Belastung = Dosis * Verweildauer im Organismus Toxizität = Stoffeigenschaft - qualitative Toxizität: Wirkmechanismus, Toxikokinetik, -dynamik - quantitative Toxizität: Dosis-Wirkungs-Beziehung - Ableitung eines NOAEL aus Tierversuch (= Dosis-Extrapolation) - Übertragung des am Tier abgeleiteten Risikos auf den Menschen (= Interspezies-Extrapolation) - Unterschiede innerhalb der Spezies Mensch (= Intraspezies-Extrapolation) 13
14 Dosis-Wirkungs-Korrelation (Toxikologie) Wirkung Schwellenwert 0 niedrige Dosis hohe Dosis 14
15 Das gefühlte Risiko subjektiv überschätzte Risiken - Naturgewalten (Gewitter, Erdbeben, Hochwasser, Tsunami) - Kriminalität (Terroranschläge, Überfälle) - Chemie und Technik (Umweltgifte, Kernkraftwerke, Industrieanlagen) subjektiv unterschätzte Risiken - Lebensstil (Rauchen, Alkohol, Adipositas, Ernährung, Bewegung) - Unfälle: Haushalt (7500), Freizeit (7200), Straßenverkehr (3606 in D) - Extremsportarten Unsere Aufgabe: die Risiken identifizieren und der Bevölkerung vermitteln! Wissensvermittlung als Mittel gegen Angst! - nützlich, aber ein schwieriges Unterfangen 15
16 Quelle: Peter M. Sandman, EPA Journal 11/1987, pp The risks that kill you are not necessarily the risks that anger and frighten you 16
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