Haftungsrisiken nach dem Umweltschadengesetz alles versicherbar?

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1 Haftungsrisiken nach dem Umweltschadengesetz alles versicherbar? Rechtsanwalt Bernd Jürgens Kiel, den 4. Oktober

2 Die Kanzlei Rechtsanwalt Thomas Ehmke, auch Fachanwalt für Verkehrsrecht, und Rechtsanwalt Bernd Jürgens, auch Fachanwalt für Versicherungsrecht, arbeiten seit 2003 zusammen. Seit Anfang 2006 ergänzt Rechtsanwalt Erich Kramer, auch Fachanwalt für Familienrecht, unser Team. Wir beraten und vertreten Sie speziell in folgenden Rechtsgebieten: Verkehrsrecht Versicherungsrecht Privates Baurecht Ehe- und Familienrecht Forderungsbeitreibung / Inkasso Sozial- und Sozialversicherungsrecht Kauf- und Werklohnansprüche Erbrecht Wir sind ein zuverlässiger Partner für Sie auch in den sonstigen Bereichen des Zivilrechts, z.b. Arbeitsrecht, Mietrecht und allgemeinen Vertragsangelegenheiten Bernd Jürgens, 2007 Seite 2

3 Bernd Jürgens Geboren 1959 in Kiel Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 1995 Fachanwalt für Versicherungsrecht seit 2006 Versicherungsrecht Rechtsanwalt Jürgens betreut Sie als Fachanwalt für Versicherungsrecht außergerichtlich und gerichtlich in Fragen des Versicherungsrechts in allen Bereichen der Personen-, Sach- und Haftpflichtversicherung. Durch seine mehrjährige Mitarbeit bei der Firma Aon Jauch & Hübener hat Rechtsanwalt Jürgens eine reichhaltige Erfahrung in der Abwicklung von Schadensfällen aus den Bereichen Haftpflicht / Kraftfahrzeug / Unfall insbesondere von verwirklichten Großrisiken im Bereich Haftpflicht (auch Umwelt) sammeln können Bernd Jürgens, 2007 Seite 3

4 Gliederung 1. Historie 2. Das Umweltschadengesetz (USchadG) 1. Was ist ein Umweltschaden? 2. Wen betrifft es? 3. Welche Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz? 4. Wer hat welche Befugnisse? 5. Zusammenfassung 3. Umweltschadenversicherung 1. Grundsätzliches 2. Risikoexposition 3. Unverbindliche Musterbedingungen des GdV 4. Die Grunddeckung - was ist versichert? 5. Ausschlüsse 6. Zusatzbausteine - Was kann zusätzlich versichert werden? 7. Wie ist die Abgrenzung zu anderen Umweltversicherungen zu sehen? 4. Fazit alles versicherbar? Bernd Jürgens, 2007 Seite 4

5 1. Historie USchadG setzt EU-Richtlinie um Entstehungsgeschichte der EU-Umwelt-Richtlinie Anfang: 1993 Grünbuch über die Sanierung von Umweltschäden Warum? Seveso-Unglück Bophal-Unglück Sandoz-Unfall Höchst-Unfall Bernd Jürgens, 2007 Seite 5

6 2000 Weißbuch zur Umwelthaftung Verabschiedung der EU-Umweltrichlinie Veröffentlichung der Umweltrichtlinie Ablauf der Umsetzungsfrist Veröffentlichung des USchadG im Bundesgesetzblatt (BGBl I 07,S.666ff) in Kraft treten des Gesetzes mit Rückwirkung zum !!! Bernd Jürgens, 2007 Seite 6

7 2. Das Umweltschadengesetz, die Weiterungen Ausweitung der Verursacherverantwortlichkeit für Umweltschäden Durch z. T. verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung Erweiterung der Definition des Umweltschadens nicht nur Boden/Wasser auch so genannte Biodiversitätsschäden Ausweitung der Pflichten auf Sanierungs-, Gefahrabwehr- und Informationspflichten Verbandsklage und Anspruch auf Einschreiten Bernd Jürgens, 2007 Seite 7

8 2.1. Was ist ein Umweltschaden im Sinne des Gesetzes? Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen, der Gewässer und des Bodens Was heißt Schädigung? direkte oder indirekt eintretende feststellbare nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource oder die Beeinträchtigung deren Funktion Gewässer und Boden (Altlasten) bereits aus Wasserhaltsgesetz und Bundesbodenschutzgesetz bekannt Bernd Jürgens, 2007 Seite 8

9 Völlig neu! Biodiversitätsschäden Biodiversität Neuer Schutzbereich des Gesetzes: Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen Erstmalig also der Schutz von natürlichen Lebensräumen vor Umweltschäden verbunden mit umfassenden Sanierungspflichten Ausnahme: Kein Schaden, wenn es sich um zuvor ermittelte nachteilige Auswirkungen im Rahmen einer behördlichen Planung handelt Bernd Jürgens, 2007 Seite 9

10 Was ist damit genau gemeint? Verweisung auf einschlägige EU-Richtlinien Schutz der Tier- und Pflanzenarten nach den Anhängen II und IV FFH-Richtlinie und des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie sowie ca. 130 besonders unter Schutz gestellte Tier- und Pflanzenarten ( z. B. Feldhamster, Laubfrosch, Haselmaus, Fledermaus, Küchenschelle ) Bundesnaturschutzgesetz Informationen hierzu: Bernd Jürgens, 2007 Seite 10

11 2.2. Wen betrifft es? A) Gefährdungshaftung (also ohne Verschulden) für jeden, der gefährlichen beruflichen Tätigkeiten nachgeht gem. Anlage 1 USchadG Das sind: Risiken, die mit umweltgefährdenden Anlagen/Betrieben wie Mülldeponien, Müllverbrennungsanlagen usw. verbunden sind oder spezielle berufliche Tätigkeiten wie Herstellung, Nutzung, Lagerung oder Verarbeitung von Gefahrstoffen usw. Keine Unterscheidung nach Stellung im Betrieb es haftet z. B. sowohl der Mineralölunternehmer als auch sein angestellter Tankwagenfahrer bei einer Überfüllung eines Heizöltanks oder Tankwagenunfalls B) Verschuldenshaftung für jede andere berufliche Tätigkeit, die nicht speziell in der Anlage 1 aufgezählt ist für Schäden an der Biodiversität Bernd Jürgens, 2007 Seite 11

12 2.3. Welche Pflichten? Pflichten nach zeitlicher Abfolge: Informationspflicht an Behörde bei unmittelbar bevorstehenden oder bereits eingetretenen Umweltschaden ( 4 USchadG) Verstoß derzeit sanktionslos Gefahrenabwehr-/begrenzungspflicht = unverzügliche Einleitung erforderlicher Vermeidungsmaßnahmen ( 5 USchadG) Von besonderer Bedeutung: Sanierungspflichten ( 6 USchadG) Sanierung heißt, der Verursacher muss der Behörde ein Sanierungskonzept zur Zustimmung vorlegen Primär-, Ergänzungs- und Ausgleichssanierungspflichten Bernd Jürgens, 2007 Seite 12

13 2.4. Wer hat welche Befugnisse? Nach Landesrecht zuständige Behörde hat umfassende Befugnisse Sämtliche aus den Pflichten sich ergebende Schadenvermeidungs/-begrenzungs- und Sanierungsmaßnahmen können per Verwaltungsakt durchgesetzt werden einschließlich Ersatzvornahme + Überwachungsbefugnisse (Nach Umwelt-Rechtbehelfsgesetz) zugelassene Verbände und Betroffene können Einschreiten und Sanierungspflichten auf dem Klageweg durchsetzen! Bernd Jürgens, 2007 Seite 13

14 2.5. Zusammenfassung Erhebliche Ausweitung der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit für Umweltschäden Gesetzlich festgelegter Schutz von Tier- und Pflanzenarten und geschützten Lebensräumen (Biodiversität) als öffentlich-rechtlicher Anspruch Umfassende Sanierungspflichten, die über Jahrzehnte andauern können Möglichkeit der entsprechend zugelassenen Umweltverbänden nötigenfalls das Handeln der Behörde zu erzwingen Rückwirkung des Gesetzes für alle ab eingetretenen Schäden (Schadenverursachung) Bernd Jürgens, 2007 Seite 14

15 3. Umweltschadenversicherung 3.1. Grundsätzliches Probleme der Versicherungswirtschaft: Risikoerfassung Datenerhebungsprobleme z. T. bekannte Gebiete durch Bundes-/EU-weite Erfassung aber wo sind in der Nähe des VN u. U. geschützte Arten und deren Lebensräume? temporäre Zonen: Zugvogelrast- und nistplätze Biodiversitätsschäden absolutes Neuland, keinerlei Schadenerfahrung, d.h. man kennt mögliche Aufwendungen nicht wohl kaum Frequenzschäden aber im Einzelfall hohe Schadenaufwendungen, gerade auch bei Schadenabwehr (Gutachterkosten!) Bernd Jürgens, 2007 Seite 15

16 3.2. Risikoexposition Flächen Gebiete mit 3,3 Millionen ha der BRD als FFH-Gebiete ausgewiesen, entspricht 9,3% der Fläche (Stand ) S-H 271 Gebiete mit ca ha = 7,2% 658 Vogelschutzgebiete mit ca. 3,3 Millionen ha = 9,4% (Stand ) S-H 46 Gebiete mit ca ha = 6,1% Insgesamt damit ca. 14% geschützte Gebiete (EU-weit ca. 15%) Zusätzlich 130 geschützte Tier- und Pflanzenarten außerhalb dieser Gebiete Bernd Jürgens, 2007 Seite 16

17 3.2. Risikoexposition Industriestandorte 4,2% aller Industriegebiete liegen innerhalb eines FFH-Gebietes 11% sind weniger als 100 m vom Schutzgebiet entfernt 38,9% weniger als 1 km entfernt 67,3% weniger als 2.5 km entfernt 97,6% weniger als 10 km entfernt Diverse Straßen und Schienen durchkreuzen/-schneiden FFH-, Vogelschutzgebiete Bernd Jürgens, 2007 Seite 17

18 3.3. Die unverbindlichen Musterbedigungen des GdV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.) Reaktion der Versicherungswirtschaft: Verbandsempfehlung Musterbedingungen für die Umweltschadenversicherung als unverbindliche Verbandsempfehlungen ähnlich aufgebaut wie UHV als zusätzliches Produkt zur UHV und Bodenkaskoversicherung erstmalige Versicherung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen Bernd Jürgens, 2007 Seite 18

19 3.4. Die Grunddeckung Was ist versichert? Versicherungsschutz besteht für während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages plötzlich und unfallartig eingetretene Störfälle, d. h. Keine Versicherung von Normalbetriebsschäden! Gedeckt sind genannte Sanierungskosten von geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen und von Oberflächengewässern außerhalb des eigenen Grundstückes Sanierung des Bodens nur bei erheblichem Risiko der Gesundheitsbeeinträchtigung des Menschen Ersetzt werden alle im Zusammenhang entstehenden Kosten (Gutachter-, Anwalts-, Verwaltungsverfahrens- und Gerichtskosten etc.) Versicherungsfalldefinition: erste Feststellung des Umweltschadens Bernd Jürgens, 2007 Seite 19

20 3.5. Ausschlüsse Kfz Ausschluss! Wichtig, da auch über derzeitige KH-Versicherung nicht versichert Schäden an eigenem/gepachteten Grundstück/Gewässer (durch Zusatzbaustein versicherbar) Grundwasser (durch Zusatzbaustein versicherbar) Vorschäden Schäden durch Verkleckerung/Verplantschung notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen Elementarschäden (insbesondere Überschwemmung etc.) Zwischenlagerung von Abfällen (z. B. Altöle) ohne behördl. Genehmigung Bernd Jürgens, 2007 Seite 20

21 3.6. Die Zusatzbausteine A) Zusatzbaustein 1 Versicherungsschutz wird auf das eigene Grundstück/Gewässer (auch gemietet/gepachtet) ausgedehnt eigener Boden nur bei Gefahr der Gesundheitsbeeinträchtigung Schäden am Grundwasser kann innerhalb dieses Bausteines zusätzlich vereinbart werden B) Zusatzbaustein 2 eigener Boden ohne Gefährdung = Bodenkaskoversicherung Bernd Jürgens, 2007 Seite 21

22 3.7. Wie ist die Abgrenzung zu anderen Umweltversicherungen zu sehen? Versicherung ist notwendige Erweiterung bestehender Umwelthaftpflicht- und Bodenkaskoversicherungen alte Versicherungen nicht vorschnell kündigen Kfz-Ausschluss unbedingt beachten und KH erweitern (wird auf dem Markt bereits angeboten) Bernd Jürgens, 2007 Seite 22

23 4. Fazit alles versicherbar? Nur Störfälle versichert, keine Normalbetriebsschäden Marktentwicklung noch nicht absehbar Vergleichbar mit UHV-Problematik Mitte 1990 An Rückwärtsdeckung denken KH nicht vergessen Makler einschalten Bernd Jürgens, 2007 Seite 23

24 Weissagung der Cree-Indianer: Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, das man Geld nicht essen kann Bernd Jürgens, 2007 Seite 24

25 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Bernd Jürgens, 2007 Seite 25

26 Kontakt Bernd Jürgens Rechtsanwälte Ehmke.Jürgens.Kramer Fleethörn Kiel Tel Fax Bernd Jürgens, 2007 Seite 26