Multikulti eine Gefahr für die Demokratie?

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1 Multikulti eine Gefahr für die Demokratie? Dimensionen der Beratung Essen, 11. April 2016 Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani Professor für Politikwissenschaft Robert-Koch-Straße Münster Tel Fax Das Kopftuch ist der Iro muslimischer Mädchen Anders sein Sichtbare Darstellung der richtigen Ideologie Provozieren Individualisierung Ablehnung Selbstbestimmte Abgrenzung Emanzipation 2 von 75 Aladin El-Mafaalani I Migration und Integration

2 I. Gelungene Integration: Wahrnehmung(en) und Verständnis(se) 3 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft In den letzten 15 Jahren hat sich unheimlich viel verbessert, es wird aber in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen bzw. dargestellt. 4 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft von 22 Aladin El Mafaalani I Lebenswelten muslimischer Jugendlicher in NRW

3 aber der Diskurs verschärft sich! Mediale Berichterstattung 5 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft Warum wird nicht wahrgenommen, dass die Integration von Migranten immer besser gelingt? Es setzt sich der Gedanke durch, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist (Begriff Migrationshintergrund wird 1998 eingeführt) 2001 Das Land der Dichter und Denker erlebt den PISA-Schock Durch den 11. September verstärkt sich die Skepsis gegenüber dem Islam und der Multi- Kulti-Idee Agenda 2010 und Hartz IV stehen für den (gefühlten) Abbau des Sozialstaats Deutschland Finanzmarktkrise Schulden-, EU-Krise, Zukunft Europas ist ungewiss Ende 2010: Sarrazin-Debatte Während dieses Zeitraums: NSU-Anschläge ( aufgeklärt 2011) Digitale Revolution & Krise der Printmedien Ungünstiger Zeitraum für den ersten offen geführten Diskurs über Migration und Integration 6 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

4 Warum wird nicht wahrgenommen, dass die Integration von Migranten immer besser gelingt? Gelungene Integration führt dazu, dass der Anteil der Menschen, die teilhaben können und wollen, wächst diese Menschen ihre Bedürfnisse und Interessen artikulieren (Interessenkonflikte: Kopftuchstreit, Muttersprachlicher & Religionsunterricht) die Konkurrenz zunimmt (Ressourcenkonflikte: Arbeits- & Wohnungsmarkt) die Häufigkeit von Differenz- und Fremdheitserfahrung zunimmt (Alltagskonflikte: fremd fremd fühlen im eigenen eigenen Land, Kulturangst Kulturangst ) extremistische Haltungen zunehmen können (Rassismus, Islamismus & Rechtsextremismus) Konstruktive Konfliktbewältigung = sozialer Fortschritt & Innovation 7 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft II. Wahrgenommene Diskriminierung: Widersprüchliche Zusammenhänge zwischen Teilhabechancen und Diskriminierungserfahrungen 8 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

5 Wahrgenommene Diskriminierung Internationale und nationale Befunde (USA) Dort, wo die Teilhabechancen am höchsten sind, erreicht auch die wahrgenommene Diskriminierung die höchsten Werte (ASD 2013): skandinavische Staaten sind Spitzenreiter osteuropäische Staaten sind Schlusslichter Deutschland im Mittelfeld Wahrgenommene Diskriminierung bei schwarzen US-Amerikanern korreliert mit hohem Bildungsniveau und hohem Einkommen (Borell u.a. 2006, S. 1419; ähnlich bereits Keith/Herring 1991) der Hautfarbe ( dark, medium, light ): Je heller die Befragten sich selbst einschätzten, desto häufiger und stärker das Diskriminierungsempfinden (Broell u.a. 2006) der Aufenthaltsdauer in den USA: Je länger, desto stärker die Wahrnehmung von Diskriminierung (Paradies 2006) [Latino-Studie] 9 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft Theoretisches Modell Anspruch vs. Wirklichkeit Diskriminierung auf der Erlebensebene: Eine als illegitim wahrgenommene Ungleichbehandlung El Erlebte Diskriminierung ki i i als Diskrepanz zwischen Anspruch auf Teilhabe bzw. Zugehörigkeit und erlebter Wirklichkeit Anspruch Erlebte Wirklichkeit Schwarzes Elternteil Kind Weißes Elternteil 10 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

6 III. Konzentrationen von Migranten : Gut oder schlecht? 11 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft Wo leben viele Menschen mit Migrationshintergrund? Stadt Anteil Menschen mit Migrationshintergrund Anteil bei unter 6-Jährigen Frankfurt/M. 43 % + ca. 70 % Stuttgart 38 % + ca. 60 % Nürnberg 37 % + ca. 70 % München 36 % + ca. 60 %.. Düsseldorf 32 % + ca. 60 % Köln 31 % - ca. 55 % Hannover 30 % - ca. 55 % Dortmund Duisburg Gelsenkirchen Berlin/Hamburg/Bremen Essen % (Durchschnitt für Deutschland) unter 50 % 12 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

7 Migration und Armut in deutschen Großstädten 13 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft RRI Förderschulbesuch von nichtdeutschen im Vergleich zu deutschen Schüler/inne/n Kr. Coesfeld Kr. Steinfurt Münster Schuljahr 2012/2013 Amtliche Daten Gelsenkirchen Dortmund RRI FÖS-Quote ndt. vs. dt. Schüler < 1,5 < 2,0 < 2,5 < 3,0 < 3,5 < 4,0 < 4,5 14 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

8 IV. Kinder und Jugendliche zwischen den Welten? 15 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft Die 1. Generation die ersten Jahre nach der Ankunft Einwanderer (insb. Flüchtlinge) sind überdurchschnittlich motiviert und risikobereit sind meist konservativ haben hohe Erfolgs- und Loyalitätserwartungen an ihre Kinder bringen eigene Erfahrungen mit (insb. bzgl. Erziehung & Bildung) können Strukturen und Prozesse nicht kennen, die jedes einheimische Kind kennt müssen kurzfristig denken und handeln sind in vielerlei Hinsicht überfordert sind skeptisch, weil sie schlechte Erfahrungen machen 16 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

9 Migrationsspezifika beim sozialen Aufstieg 2. Generation Aufsteiger/innen ohne Migrationshintergrund Milieudifferenz: Zwischen unten und oben Aufsteiger/innen mit Migrationshintergrund Sphärendifferenz: Zwischen innerer und äußerer Sphäre Zentrales Problem: - Geringe Bildungsaspiration - schwache Loyalitätserwartungen Zentrales Problem: - Hohe Bildungsaspirationen - Starke Loyalitätserwartungen - Ethnisierung 17 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft V. Große Gruppen haben Integrationsprobleme, kleine Gruppen sind besonders gut integriert? 18 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft

10 Staatsangehörigkeit und Bildungsbeteiligung Deutschland französisch vietnamesisch ukrainisch österreichisch deutsch iranisch russisch amerikanisch kroatisch polnisch afghanisch bosnisch-herz. griechisch portugiesisch italienisch türkisch mazedonisch serbisch marokkanisch albanisch libanesisch 0% 20% 40% 60% 80% 100% Förderschule Hauptschule Sonstige weiterführende Schulart Gymnasium Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 1, Schuljahr 2007/08, Thomas Kemper (DIPF/Frankfurt/M.) 19 von 19 Aladin El-Mafaalani I Flüchtlinge in der Migrationsgesellschaft Multikulti Eine Gefahr für die Demokratie? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani Professor für Politikwissenschaft Robert-Koch-Straße Münster Tel Fax mafaalani@fh-muenster.de