Gesundheitswesen. Allgemeinmedizin im Gesundheitswesen. Statistik
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- Kajetan Feld
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1 Allgemeinmedizin im Gesundheitswesen MR Dr. Wolfgang Ziegler Statistik In Österreich gab es im August Ärzte für Allgemeinmedizin. Sie stellen somit die größte Fachgruppe innerhalb der Ärzteschaft dar und sind das tragende Element der medizinischen Basisversorgung in Österreich. Von den Allgemeinmedizinern sind 57,94 % Frauen und 42,06 % Männer. Die Schwankungsbreite dieses Verhältnisses zeigt ein erhebliches Ost-West-Gefälle zugunsten der Männer. Allgemeinmedizin im Gesundheitswesen Allgemeinmediziner (August 2016) 17
2 Die Altersverteilung zeigt, dass in etwa sechs Jahren der Gipfel an Ärztinnen und Ärzten erreicht wird, die 65 Jahre alt werden und damit in Pension gehen können. Die Zahl jener, die über dieses Alter hinaus berufstätig bleiben, nimmt allerdings stark zu, wohl größtenteils deswegen, weil es immer schwieriger wird, Nachfolger zu finden. Junge Menschen, die sich heute für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin entscheiden, haben demnach beste Berufsaussichten. Vertragsärzte AM Altersprofile 2006 und 2016 Seit 1999 hat die Bevölkerung in Österreich um etwa 7,5 % zugenommen, während die Zahl der Ordinationen von Allgemeinmedizinern mit Kassenverträgen um etwa 6 % abgenommen hat. Auf einen Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag kamen Patienten, heute sind es etwa Dies ist umso bedeutender, als dass steigende Lebenserwartung, Multimorbidität und Migration den Arbeitsaufwand zusätzlich erhöhen. Steigend ist lediglich die Anzahl an Wahlarztordinationen. Sie haben in dieser Zeitspanne um 82 % (!) zugenommen. Zwar werden nicht alle Wahlarztordinationen Vollzeit geführt, dennoch übernehmen Wahlarztordinationen einen nicht unerheblichen Teil der medizinischen Basisversorgung der österreichischen Bevölkerung. 18
3 Entwicklung der Allgemeinmediziner mit Ordination nach Vertragsausstattung (jeweils Dezemberstand) Allgemeinmedizin im Gesundheitswesen Die Generalität des Hausarztes Die letzten Jahre und Jahrzehnte haben einhergehend mit einem rasanten Fortschritt der Medizin eine immer stärkere Spezialisierung auch innerhalb einzelner Fachrichtungen gebracht. Entsprechend hoch ist der Bedarf an Generalisten, an einem Arzt des Vertrauens, der in der Komplexität und der Fülle der Informationen den Überblick bewahrt und in Kenntnis der Lebensumstände und Lebensgeschichte seiner Patienten gemeinsam mit diesen versucht, einen optimalen Behandlungspfad zu finden. Eine alternde Gesellschaft leidet zusehends an Multimorbidität. Jeder der zahlreichen Spezialisten therapiert Symptome mit fachspezifischer Medikation. Polypharmakotherapie ist die Folge, mit teils völlig unübersichtlichen und folgenschweren Nebenwirkungen für die Patienten. Hier ist es Aufgabe des Hausarztes, gemeinsam mit den Patienten und in Kenntnis ihres Lebensumfeldes und ihrer Persönlichkeit, im Sinne einer verträglichen Medikation auch mal Mut zur Lücke zu beweisen und weniger bedrohliche Symptome alternativ zu behandeln oder im Bewusstsein eines gewissen Restrisikos nicht medikamentös zu therapieren. 19
4 Familienmedizin Die dafür erforderliche Einschätzung resultiert aus jahrelanger Kenntnis der Patienten und meist auch derer Familien. Wir wissen heute um die familiäre Häufung gewisser Erkrankungen, wir wissen um die Bedeutung psychischer Belastungen für unsere Gesundheit und um psychosomatische Krankheitsbilder. Gewiss, manches kann anamnestisch erhoben werden. Die generationenübergreifende Zusammenschau, über die Hausund Vertrauensärzte verfügen, kann jedoch kaum ersetzt werden und hat in der Entscheidungsfindung über die jeweilige Behandlungsmethode einen unschätzbaren Stellenwert. Familienmedizin meint in einer sich wandelnden Gesellschaft aber nicht nur Familie im herkömmlichen Sinn, sondern den Patienten in Bezug zu seinem primären Lebensumfeld, zum Arbeitsplatz, zur Freizeitgestaltung, zu seinem ihn umgebenden sozialen Gefüge. Diese Betreuung in unterschiedlichen Lebenssituationen, im Krankheitsfall, in Krisensituationen oder in der Palliativ- und Sterbebegleitung erfordert eine langfristige vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung. Keineswegs ist dies unidirektional gemeint, nicht nur der Patient muss dem Arzt vertrauen, auch der Arzt muss sich darauf verlassen können, dass der Patient keine krankheitswesentlichen, genesungshinderlichen Details verschweigt und die gemeinsam getroffenen Therapiemaßnahmen auch befolgt. Vertrauen baut auf Ehrlichkeit. Auch der beste Hausarzt ist natürlich nicht allwissend und gerade in einer Zeit rasanter Entwicklung in der Medizin ist es trotz regelmäßiger Fortbildung nicht nur keine Schande, sondern geradezu ein Teil der Verantwortung, spezialisierte Kollegen und andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen beizuziehen, um schließlich im Team und mit den betroffenen Patienten gemeinsam bestmögliche Entscheidungen zu treffen. Hausarzt sein bedeutet heute in zunehmendem Ausmaß auch Teamarbeit, moderne Kommunikationsmöglichkeiten erleichtern dies ganz wesentlich. In Kenntnis dieser Tatsachen ist im Zuge der Gesundheitsreform zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung und in Abstimmung mit der Österreichischen Ärztekammer ein Konzept zur multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgung in Österreich mit dem Titel Das Team rund um den Hausarzt verabschiedet worden, dessen Ziel eine Neuausrichtung der Primärversorgung in Österreich ist. Festgehalten ist darin, dass Hausärzte die primäre Anlaufstelle in gesundheitlichen Fragen sind, sie stellen eine qualifizierte und umfassende Grundversorgung sicher, bestreiten einen Großteil der Behandlungen 20
5 selbst, koordinieren den Versorgungsprozess und gewährleisten so eine ganzheitliche und kontinuierliche Betreuung. Die Koordination des Versorgungsprozesses verlangt in zunehmendem Ausmaß Qualitäten in Management und Teamführung und damit teilweise auch über die bisherigen Möglichkeiten (Gruppenpraxen) hinausgehende Formen der Zusammenarbeit. Über diese Formen und damit verbundenen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die zum Teil weit in die Selbstbestimmung des freien Berufsstandes eingreifen sollten (Stichwort Primary Health Care/PHC-Gesetz) gab und gibt es jedoch teils gravierende Meinungsverschiedenheiten. Es ist Ziel der Standesvertretung, einerseits die Rahmenbedingungen für (Kassen-)Ärzte in einem sozialen Gesundheitssystem zu verbessern und zu stabilisieren, andererseits aber auch den freien Arztberuf als solchen zu erhalten. Positiv festzuhalten am Konsensuspapier Das Team rund um den Hausarzt ist jedoch ein deutliches Bekenntnis zu Gesundheitsförderung und Prävention. Da wir länger leben werden, ist es von eminenter Bedeutung und unverzichtbar für unsere Gesellschaft, auch länger gesund zu leben. Insofern ist dieses Bekenntnis einerseits entscheidend für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems, andererseits ist bereits jetzt zu erkennen, dass in diesen Markt auch zahlreiche Berufe drängen, die mit dem Gesundheitswesen oft nicht mal am Rande zu tun haben. Hier wird es Aufgabe der Hausärzte sein, ihre Patienten umsichtig zu beraten und in der Folge zu seriösen Anbietern zu vermitteln. Allgemeinmedizin im Gesundheitswesen Ökonomische Sicht und Handlungsweise Nicht zuletzt ist es Aufgabe und Verantwortung der Hausärzte, die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens in einer alternden Gesellschaft mitzudenken und entsprechend auch ökonomische Aspekte in ihre Handlungen einfließen zu lassen. Hier steht der Hausarzt zweifellos zwischen der Entscheidung gegen unnötige Diagnostik oder überzogene Therapie einerseits und der mitunter durch Halbwissen aus dem Internet genährten Begehrlichkeit der Patienten in einem Gesundheitswesen, das zumindest bis heute nahezu alles kostenfrei und jederzeit bieten konnte. So gesehen ist die Allgemeinmedizin wohl das Kernfach im Medizinstudium, der umfassendste und vielseitigste Arztberuf und die tragende Säule in der primären Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in der Zukunft. 21
6 Allgemeinmedizin ist nicht EINfältig, sondern VIELfältig Kein anderes Fach bietet dermaßen viel Flexibilität und Entfaltungsmöglichkeit über das ganze Berufsleben hinweg wie die Allgemeinmedizin. Beginnend mit dem Beibehalten eines Anstellungsverhältnisses im Krankenhaus als Sekundar- oder Stationsarzt, über Spezialisierungen sowohl im Anstellungsverhältnis als auch selbstständig (Akupunktur, Osteopathie, Psychosomatische Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin, Schmerzbehandlung, Altersmedi zin ) bis hin zu haupt- oder nebenberuflich auszuübenden Bereichen wie Amtsarzt, Betriebsarzt, Chefarzt, Kurarzt, Notarzt, Polizeiarzt, Schularzt und Tätigkeiten in Industrie, Forschung und Lehre. Persönliche Interessen, vor allem aber auch persönliche, finanzielle oder gesundheitspolitische Rahmenbedingungen mögen sich im Laufe eines doch etwa 35- bis 40-jährigen Berufslebens durchaus ändern. Spätestens dann erhält die Vielfältigkeit der Gestaltungsmöglichkeiten als Allgemeinmediziner unschätzbaren Wert. 22
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