25 Jahre Kanzel-und Abendmahlsgemeinschaft zwischen EKD und EmK Predigt am in der Friedenskirche Durlach

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1 1 25 Jahre Kanzel-und Abendmahlsgemeinschaft zwischen EKD und EmK Predigt am in der Friedenskirche Durlach Predigtteil 1 (Pfarrer Johannes Kurz) Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Brüder und Schwestern, liebe Silberhochzeitsgäste: Wir danken Gott, dass er uns einander näher gebracht hat. Wir haben erfahren: In Christus sind wir eins. So oder ähnlich klingen auch Dankgebete, die in Festgottesdiensten zu silbernen Ehejubiläen gesprochen werden. Und tatsächlich gibt es ja die eine oder andere Parallele zwischen einer Silberhochzeit und dem Jubiläum, das wir heute feiern. Es wurde Gemeinschaft versprochen und gehalten, es wurde miteinander ein Weg gegangen und das ist Anlass zum Danken und noch einmal bewusst Hinzuschauen auf das, was uns verbindet. Wir danken Gott, dass er unsere Kirchen einander näher gebracht hat. Wir haben erfahren: In Christus sind wir eins. Gemeinsam dürfen wir das Wort Gottes verkündigen. Gemeinsam haben wir Teil am Mahl des Herrn. So lesen wir in der Deklaration zur Gewährung der Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft, die vor 25 Jahren in der Nürnberger St. Lorenzkirche gemeinsam von Vertretern der Evangelisch-methodistischen Kirche und den Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland verabschiedet wurde. Die Schlüsselworte dieser Deklaration: Danken / Gott und Christus / Wort Gottes und Mahl des Herrn greifen auf, was uns dabei wesentlich, und nicht nur vom Namen her, miteinander verbindet: dass wir evangelische Christen sind;

2 2 Menschen, die sich vom Evangelium her verstehen, rufen und leiten lassen wollen. Menschen, die von Gott beschenkt wurden, Gnade erfahren haben, Menschen, die im Hören auf sein Wort und im Blick auf Jesus Christus Wege der Nachfolge suchen in unserer Zeit und Gesellschaft. Maßgeblich beigetragen zur Ausbildung dieses gemeinsamen evangelischen Selbstverständnisses hat sicherlich die Zeit der Reformation. Und diese wiederum ist wesentlich verbunden mit dem Namen Martin Luthers. Auch wenn es noch andere bedeutsame Reformatoren gab; sein Wirken ragt heraus und hat die Basis gelegt. Immerhin entfiel ein Drittel der gesamten deutschsprachigen Buchproduktion in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf seine Schriften. Eine dieser Schriften, entstanden 1520, trug den Titel: Von der Freiheit eines Christenmenschen. Gewidmet war sie übrigens Papst Leo V., denn noch immer war die Hoffnung da, die Kirche von innen her zu erneuern. In Form von kurzen Thesen beginnt sie mit den Worten: Erstens. Damit wir von Grund auf erkennen mögen, was ein Christenmensch ist und wie es mit der Freiheit bestellt ist, die ihm Christus erworben und gegeben hat (wovon Sankt Paulus so viel schreibt), will ich folgende zwei Sätze aufstellen: Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan. Ganz im Sinne des Apostels Paulus spricht Luther hier. Er sagt: Durch Christus sind wir Kinder Gottes. Wir sind frei. Und er spricht von der zweifachen Ausrichtung der christlichen Freiheit. Zuallererst fragt er: Frei wovon? Und sagt im Blick auf Gott und das ewige Heil: Frei von der Angst! Wenn wir der Gnade Gottes vertrauen, müssen wir nicht voller Angst fragen: Was kommt danach? Werde ich für Gott ok sein, vor ihm bestehen können?

3 3 Was muss ich tun, damit ich gerettet werde?" Nein, weil Gott uns in Christus aus reiner Gnade erlöst, müssen wir keine Angst um uns selbst haben. Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Frei von Herren jeder Art und Natur. Geistlich frei. Das ist da eine. Dazu kommt das andere, nämlich die Frage frei wofür? Wir müssen nicht immer nur um uns selber kreisen, sagt Luther. Wir sind Kinder Gottes, Priester und Heilige, darum lasst uns in der Christusnachfolge dem Mitmenschen, ja aller Kreatur zum Zeugen der Liebe Gottes werden. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan. Freiheit das war das evangelische Schlüsselwort der Reformation, liebe Gemeinde. Bei Paulus hatten sie es entdeckt. In seinen Briefen. Im Römerbrief, aber auch sonst. So hören wir den Predigttext für den Reformationstag aus Gal 5: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade gefallen. Denn wir warten im Geist durch den Glauben auf die Gerechtigkeit, auf die man hoffen muss. Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist. Beschnitten sein war für Paulus kein Problem. Ihm ging es um die Frage, warum ein Christ das wollen sollte und was er sich davon versprach.

4 4 Ging es nicht doch wieder darum, auf einer Anerkennungsskala bei Gott vorzurücken und Pluspunkte zu sammeln durch das eigene Tun? Lugten da nicht wieder Werkgerechtigkeit und frommes Leistungsdenken zum Fenster herein und verdunkelten die freie Gnade Gottes? Freiheit ist immer gefährdet, liebe Schwestern und Brüder. Als einige Gemeindeglieder meinten, sich zusätzlich zu ihrem Bekenntnis zu Jesus als dem Messias Gottes noch beschneiden lassen zu müssen als Zeichen der Zugehörigkeit zu Gott und des Gehorsams gegen sein Gesetz, antwortet Paulus ihnen: Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Wenn sich trotzdem jemand beschneiden lässt, dann gibt er diese Freiheit auf. Dadurch, dass er dem Gesetz gehorchen will, lehnt er gleichzeitig doch die Gnade, die Gott ihm geschenkt hat, ab. Er macht sich selbst wieder unfrei. Das geht nicht! Darum seine Ermahnung: So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!" Freiheit ist immer gefährdet. Sie muss sich bewähren. Ein kleines Gedicht von Thorsten Latzel heißt: Am Tag danach Am Tag danach Die eigentliche Revolution beginnt am Tag danach. Wenn der Qualm verraucht ist, der Sekt getrunken, und die gewonnene Freiheit bewahrt sein will. Dann schauen die alten Mächte zum Fenster rein. Und schicken charmante Gesandte vorbei - Sicherheit und Gewohnheit, Ordnung und Tradition. "War denn wirklich alles schlecht an den Fleischtöpfen Ägyptens?" "War denn wirklich alles schlecht an den Fleischtöpfen Ägyptens?" Wir machen die Erfahrung selber, liebe Gemeinde. Freiheit muss sich bewähren. Am Tag danach. Im Jetzt und hier. Was kann uns Richtschnur sein in solchen Fragen? Darüber nachzudenken will uns der zweite Predigtteil einladen.

5 5 Predigtteil 2 (Pastor Gottfried Liese) Die Freiheit der Kinder Gottes, die allein im Glauben an Jesus Christus zu finden ist, das war die umwälzende Entdeckung der Reformation. Dieser befreiende Glaube an das Evangelium war auch das einschneidende Erlebnis für John Wesley, den Begründer der methodistischen Erneuerungsbewegung in der Kirche von England. Wesley ging es zeitlebens um das gelebte christliche Leben. Was bedeutet es denn konkret, im Glauben zu leben? Wofür hat uns Christus frei gemacht? Die Antwort lieferte ihm das Wort aus Galater 5: In Christus gilt der Glaube, der durch die Liebe tätig ist. So wurde für Wesley und die Methodisten die Liebe zum Schlüsselbegriff des Glaubens, zum Kennzeichen des Christseins. In einer kleinen Schrift, die John Wesley 1738 veröffentlichte mit dem Titel Die Kennzeichen eines Methodisten, entfaltet er diesen Gedanken. Wesley schreibt: Methodisten sind keine Menschen, die irgendwelche christlichen Sonderlehren pflegen oder eine Geheimsprache haben. Sie leben keine besondere Frömmigkeit aus im Unterschied zu anderen Christen und betonen keine Einseitigkeiten. Ein Methodist ist ein Mensch, in dessen Herz die Liebe Gottes ausgegossen ist durch den Heiligen Geist; ein Mensch, der Gott liebt von ganzem Herzen und der darum auch seinen Nächsten liebt wie sich selbst, ja sogar seine Feinde. Und Wesley vermerkt am Ende: Wollte nun jemand sagen: Nun, das sind doch nur die allgemeinen Grundwahrheiten des Christentums! so hat er recht. Es geht Wesley allein um jenes einfache alte Christentum ; um diese Religion der Liebe, der Liebe zu Gott und allen Menschen. Darum waren Wesley und die Methodisten auch von Anfang an ökumenisch gesinnt. Wie kaum ein anderer in der Geschichte der Christenheit hat Wesley eine Theologie der Liebe entfaltet und gelebt.

6 6 Liebe ist heute ein Allerweltswort geworden, ein Massenartikel. Für Wesley war in der Tradition des Paulus die Liebe bestimmt durch Jesus Christus. Ein Leben in der Liebe, das heißt: so gesinnt sein, wie Jesus Christus auch war, Jesus nachfolgen, sich umgestalten lassen in das Bild, das Gott von uns Menschen hat. Den Weg der Liebe zeigt Jesus z.b. in der Bergpredigt auf. Was braucht unsere Welt heute mehr als einen Glauben, der durch die Liebe tätig ist. Dies sollen wir Christen in die Welt tragen. Wir erzählen von dem Gott, der die Liebe ist. Kein fernes, außerweltliches Wesen, sondern Gott bei uns Menschen, der in dieser Welt, in unserer Geschichte, in unseren Erfahrungen wirkt. Gott, der mitleidet im Elend der Welt. Gott, der keinen aufgibt. Gott, der sich aus Liebe für uns zerreißt. Gott, der uns heilsam begegnet. Wo ich geliebt werde, kann ich frei sein. Die Liebe gibt der Freiheit einen Sinn und ein Ziel. Als Menschen, die der Geist Gottes angesteckt hat mit der Flamme der Liebe, können wir anderen mit Liebe begegnen: achtsam und respektvoll, wertschätzend und vertrauensvoll, hilfsbereit und solidarisch. Menschen der Liebe Christi sind mehr als nostalgische Romantiker, sie sind engagierte Streiter für Gerechtigkeit und Frieden in unserer Welt. Ein Glaube, der durch die Liebe tätig ist. Wesley und die methodistische Bewegung haben vor allem auch immer wieder das Tätig sein betont. Es geht um die Wirksamkeit der Liebe in konkreten Taten. Zur Zeit Wesleys waren das die Sozialarbeit unter den Bergarbeitern, der Einsatz für Bildung und Gesundheit, der Kampf gegen die Sklaverei.

7 7 Heute engagieren sich ebenfalls viele christliche Gemeinden und Kirchen in unserer Gesellschaft. Tätige Liebe auch in unserer Beziehung zu Gott in konkreten Formen gelebter Frömmigkeit: das gottesdienstliche Feiern, Gebet und Bibelstudium, in der persönlichen Stille und in der Gemeinschaft mit anderen. Kann man zur Liebe aufrufen, Liebe fordern, Liebe gebieten? Sind wir permanent liebesfähig, liebe-voll? Liebe als Gesetzesforderung verfehlt ihr Wesen. Liebe als Daueraufgabe führt zum burn out. Gott lädt uns ein, uns füllen zu lassen mit seiner Liebe. In Gottes Gegenwart können wir aufatmen und frei sein. Aus seiner Quelle der Liebe können wir neue Kraft schöpfen für unseren Weg. Gott schenkt uns ganz handfeste Stärkung für ein Glaubensleben, das durch die Liebe tätig ist: miteinander an seinem Tisch Brot und Wein teilen, Abendmahl feiern. Wunderbar, dass wir das als evangelische und methodistische Christen seit nunmehr 25 Jahren ganz offiziell miteinander tun können. Denn es verbindet uns Jesus Christus und dieser freiheitliche Glaube, der in der Liebe tätig ist. Und wenn wir Methodisten in Gefahr geraten, die Liebe gesetzlich oder zu aktivistisch oder perfektionistisch zu sehen, dann brauchen wir euren evangelischen Ruf zur Freiheit und den Hinweis auf unsere menschliche Unvollkommenheit. Solltet ihr Evangelischen in Gefahr geraten, die Freiheit mit Beliebigkeit oder bloßer Gesinnung zu verwechseln, dann könnt ihr vielleicht unseren methodistischen Hinweis gebrauchen, dass es um Jesus Christus und die konkreten Taten der Liebe geht. Gut, dass wir einander haben. Amen.