Wochenspruch. Kanzelgruß. Predigttext
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- Beate Seidel
- vor 7 Jahren
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1 Wochenspruch 19. Sonntag nach Trinitatis, 22. Oktober 2006 Heile Du mich, Herr, so werde ich heil; hilf Du mir, so ist mir geholfen! Jeremia 17,14 Kanzelgruß Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus! Predigttext Jacobus-Brief, 5. Kapitel, die Verse 13-16: Das Gebet für die Kranken 13 Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. 14 Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. 15 Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. 16 Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Herr öffne Ohren und Herzen und heilige meine Lippen, dass ich Dein Wort verkündige. Amen! Hauptsache gesund!? Liebe Gemeinde, Wie oft hört man diesen Satz. Hauptsache gesund! Ab einem gewissen Alter ist das oft der einzigste Wunsch! Ob auf Geburtstags-Feiern, Jubiläen oder bei Wiedersehen- Treffen, wir hören es, und wir sagen es auch selber Bleib gesund. Sicher, die Jüngeren sind da weniger betroffen, aber irgendwann kommen die Gebrechen. Unaufhaltsam werden wir älter, überschreiten den Zenit unserer Kraft und nähern uns dem Lebensabend, mehr oder weniger krank. Und, es soll auch Menschen geben, die sterben, obwohl sie auf den ersten Blick ganz gesund schienen, so sagen es jedenfalls die Pathologen. Aber auch wirklich gesunde Menschen können plötzlich sterben. Nicht, weil sie krank wären, sondern weil Unfall, Katastrophen oder Verbrechen auch töten können. Trotzdem: Ja, Gesundheit ist ein kostbares Gut. Und wohl dem, der es hat. Aber, ist das die ganze Wahrheit unseres Lebens? Nein, offensichtlich gehört Sterben mit oder ohne Krankheit zum Leben. Krank-Sein und Gesund-Sein sind wie die zwei Seiten einer Münze? Ich werde Ihnen in meiner heutigen Predigt also keine Wunder versprechen. Dass, wenn sie nur richtig beten oder richtig glauben, gesund würden. Natürlich kann Gott das tun, Gott kann durchaus durch ein Wunder gesund machen. Ich wäre kein Christ, wenn ich nicht die Durchbrechung natürlicher Grenzen durch das übernatürliche Eingreifen Gottes für wahr halten würde. Aber, schon Martin Luther sagte, das mache Gott nur bei einem von Und so stehen dem Hoffen auf ein Wunder, diesem die Realitäten der Krankheitsnöte entgegen.
2 Ich weiß wovon ich rede. Ich arbeite in einem Krankenhaus, genauer, als Referent für Öffentlichkeitsarbeit in der Klinik Hohe Mark, einer christlichen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Oberursel im Taunus. Meine Wehrdienstzeit habe ich als Sanitätsunteroffizier der Reserve abgeschlossen. Krankenpflege habe ich in der Uni-Klinik Gießen gelernt, Mein Studium als Sozialpädagoge habe ich u. a. durch Nachdienste in den Städtischen Kliniken Fuldas finanziert. Unser Glaube ist stärker als jede Krankheit Ich weiß also wovon ich rede und Sie wissen es auch. Krankheit betrifft uns alle. Wenn Sie krank sein sollten, oder in Ihrer Familie kranke Angehörige pflegen müssen, dann gilt Ihnen mein tiefes Mitgefühl. Doch ich werde Ihnen kein Rezept geben können, Krankheiten zu besiegen. Aber, ich hoffe Ihnen mehr geben zu können und das ist das Ziel dieser Predigt: Die Gewissheit zu stärken, dass unser Glaube stärker ist als Krankheit und Sterben. Wir haben in Jesus Christus einen Trost und eine Kraft, die uns im Leben und im Sterben trägt und dereinst vollendet. Unseren Predigttext interpretiere ich in drei Abschnitten: Teil I Die gesunde Glaubenshaltung Vers 13 Leidet jemand unter Euch, der bete! Ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Bevor Jacobus das Thema Krankheit anspricht, stellt er etwas Grundsätzliches an den Anfang: Mit Gott in Freud und Leid. Die Art, wie ich mein normales Leben lebe bestimmt auch, wie ich mit Leid umgehe, mit Krankheit. Dann wenn sie mich erwischt. Jakobus sagt nichts anderes als dass, wie immer es uns geht, wir es mit Gott besprechen sollten. Mal ernsthaft im Gebet, mit gefalteten Händen. Mal fröhlich und voller dankbarer Gefühle, im Lied, im Singen. Also: Entweder wir leben unser Leben ganz in der Erkenntnis der Wirklichkeit Gottes, dass er da ist, wo immer wir sind, wie immer es uns geht. Oder wir ignorieren ihn. Und die größte Form der Ignoranz Gott gegenüber ist die, ihn nur dann anzubetteln, wenn es uns mal schlecht geht. All das Gute und Schöne für selbstverständlich zu Erachten, so als hätte ich es mir verdient und als hätte ein Recht auf Glück aus eigener Vollkommenheit, das ist Selbstbetrug. Wahr ist, die Sache ist umgekehrt. All das Schöne, Wahrhaftige, Gute, Vollkommene kommt von Gott. Von uns Menschen kommen so oft Neid, Hass, Lüge, Gewalt, Zorn und Unrecht. Zum Beispiel: Wenn Menschen viel Geld haben, sie reich sind und es Ihnen gut geht, sie guten Mutes sind, dann sollten sie Gott dafür dankbar sein und teilen. Aber dann schweigen viele! Der Aufkleber auf dem dicken Auto: Den habe ich mir verdient! Von Gottes Güte keine Rede. Doch was ist, wenn das dicke Auto mit dem gottlosen Aufkleber einen Unfall hat?
3 Oft erst dann, wenn es Menschen schlecht geht und sie leiden, dann klagen viele der vorher Überheblichen und Stummen ihn an. Sicher, Gott hat ein Ohr für unser Klagen, aber wir sollten ihm nicht die Schuld geben an unserer Situation, sondern ihn anrufen im Gebet und um Hilfe bitten. Denn Gott will nicht unser Leid. Deswegen:.. Teil II Was tun, wenn man krank ist? Vers 14 Ist jemand unter Euch krank, der rufe die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Das hört sich in unseren heutigen Ohren etwas fremd an. Bei uns ist das so. Ist jemand unter uns krank, dann rufen wir den Arzt! Sicher war das Gesundheitssystem der damaligen Zeit nicht so ausgebaut und effizient wie heute. Trotzdem gab es auch zur Zeit des Jacobus Ärzte oder heilkundige Menschen, die man rufen konnte, wenn jemand krank war. Und es ist davon auszugehen, dass deren Kompetenzen auch von der damaligen christlichen Gemeinde durchaus genutzt wurden. Jesus selbst hat gesagt: Die Kranken brauchen den Arzt (Lukas u.a.) Unser Bibeltext ist von daher nicht so zu verstehen, als bräuchte ein Christenmensch keinen Arzt. Es geht nicht um die Alternative Arzt oder Pfarrer, Priester oder Älteste wie sie hier im Text genannt sind. Es geht um etwas ganz anderes: Nämlich darum, dass über alle Möglichkeiten der menschlichen Hilfe hinaus, Gott ganz andere Möglichkeiten der Hilfe hat. Nämlich in der Situation der Krankheit. innere Stärkung zu erfahren. zu Erfahren, nicht vergessen zu sein. Gottes Nähe spürbar zu erleben, Trost in Angesicht des Todes zu erfahren. Dafür sollen wir Christen untereinander da sein. Im Besuch der Kranken, im Gebet für sie und mit ihnen und in der Begleitung auf ihrer letzten Reise, den Tod. Dazu sollten wir uns untereinander rufen. Überlassen wir doch das lügnerische Gerede von der ewigen Jugend den falschen Propheten der Schönheit, der Wellness und denen der Gesundheit um jeden Preis. Wir jedoch glauben an einen Gott, der in Jesus Christus auch die/den vermeintlich Hässliche/n, Kranke/n, Behinderte/n, Schwache/n liebt. Doch bevor ich im dritten Teil der Predigt noch einmal auf die Liebe Gottes zu uns zu sprechen komme, interessiert uns natürlich das mit der Ölung. Das ist ja wirklich spannend. Ist jemand unter Euch krank, der rufe die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn
4 Ja, sie haben Recht, sofern Sie den nächsten Gedanken auch hatten: aus diesem Jakobus-Text ist die Praxis der Letzten Ölung in der katholischen Kirche entstanden. Ein Sterbe- Sakrament. Wie kam es dazu? Wie sieht die liturgische Praxis der Krankensalbung heute aus? Exkurs: Geschichte der Krankensalbung 1 Zunächst zur Geschichte: In den ersten Jahrhunderten nach Christus werden zwar Kranke gesalbt, aber ohne Liturgie und besondere Weihe. Man bezieht sich dabei immer auch auf unseren Predigttext Jakobus 5. Dann wird ab dem 5. Jhdt. - die Frage gestellt, ob es auch das richtige Öl ist. Das heißt, es muss vom Bischoff geweiht sein und darf kein Mittel magischen Ursprungs sein. Doch bis ins 8. Jahrhundert ist klar: Die Krankensalbung ist ein Ritus, von dem körperliche (Gesundheit) und seelische (Sündenvergebung) Heilung erhofft wird. Salben darf jeder Christ. Mögliche Empfänger sind alle Kranke im weitesten Sinne (Kinder, Alte, Sterbende, psychisch Kranke). Es gibt keine bestimmte Liturgie und die Krankensalbung wird laut historischer Quellen rege genutzt. Danach kommt es zur Wende. Nur noch Priester dürfen Kranke salben. Die Priester sind zu wenig, die Entfernungen sind zu groß, es können nicht mehr alle Kranken gesalbt werden. Was macht die Kirche? Die Krankensalbung wird rationiert. Auf ein Ziel hin, auf den Tod. Man versucht also durchzusetzen, dass Gläubige wenigstens am Lebensende 1 Nach: Sabine Soffner, University of South Afrika, May 2005 eine Salbung erhalten. An die Stelle des Kranken tritt der Sterbende. Und das Ganze kostet Geld. Sieben Priester müssen an sieben Tagen hintereinander den Kranken salben und zwar mit geweihtem Olivenöl. Die Gebühren? Z.B. zwei Kühe oder die gesamte Bettwäsche. Die Salbung wird zur heiligen Handlung erklärt, das Sakrament der letzten Ölung wird geboren, das Konzil von Florenz erklärt 1439 Die letzte Ölung darf nur einem Kranken gegeben werden, dessen Tod man befürchtet. Nicht nur deswegen wird es Zeit für die Reformation. In der Tat, Martin Luther wettert u.a. auch gegen diese Praxis der Salbung. Er lehnt die Festlegung der Krankensalbung als Sakrament ab und auch die Begrenzung auf Sterbende. Interessant ist seine Begründung zur Ablehnung der Salbung als Sakrament. Luther argumentiert: Wenn die Salbung nach Jakobus 5 ein Sakrament sei, dann müssten die Kranken auch gesund werden. Doch, so Luther Wer sieht aber nicht, dass die Verheißung des Apostels an wenigen, ja an keinem erfüllt wird? Denn unter tausenden wird kaum einer wieder gesund! Doch Luther gibt der ursprünglichen Krankensalbung keinen neuen Schub. Erst in unseren Tagen entdeckt man den Segen der Krankensalbung neu. Die ev. Seelsorge in Krankenhäusern und Pflegeheimen scheint diese Entdeckung aufzugreifen, wie ein Anruf beim Zentrum Seelsorge und Beratung der EKHN vor einer Woche ergab: Die Literatur zur Krankensalbung boome.
5 Liturgien, Gebete etc. seien sehr gefragt, um Kranke zu begleiten, so Wolfgang Kinzinger, stellv. Leiter und Psychologe der Friedberger Einrichtung. Auch die katholische Kirche hat sich verändert. Das 2. vatikanische Konzil beschließt, den Namen letzte Ölung in Krankensalbung zu ändern und den Empfang auf Vorstadien des Todes zu erweitern und nicht auf die Todesstunde allein zu begrenzen. Allerdings, es bleibt Sakrament. Was geht das alles uns an? Sie und mich? Ich glaube sehr viel. Nämlich das Wissen, das wir auch in schweren Krankheitsnöten nicht allein sein müssen. Wir können in Krankheitsnöten andere Menschen, christliche Freunde, den Pfarrer oder Angehörige bitten, mit uns zu beten. Wir können selbst für andere und mit anderen beten. Mit und ohne Liturgie, mit oder ohne Öl. Bett. Ein Arzt? Nein, der hatte sie schon abgeschrieben und wollte nur über ihren Tod informiert werden. Ich sprach mit ihr über Gott. Sie glaubte an ihn, aber trotzdem voller Furcht, wirklich erlöst zu sein. Glaubens- und Heilsgewissheit? Nein, die hatte sie nicht. Mein Angebot mit Ihr zu beten und ihr die Hände aufzulegen, nahm sie voller Dankbarkeit an. Wir beteten das Vater-Unser, sie bekannte ihre Sünden, ich sprach ihr Vergebung zu und danach konnte ich sie allein lassen. Voller Frieden lag sie da, kein Vergleich zu ihrer Angst vorher. Sie starb am frühen morgen an meiner Hand. Hautsache gesund? Nein, Hauptsache Jesus Christus! Und der Friede Gottes welcher Teil III. Was tun? Vers 16. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen Während mancher Nachtdienste während meines Studiums in Fulda, begleitet ich einige auf ihrem letzten Weg. Darunter auch eine Frau, voller Angst davor. In der Nacht ihres Todes riss sie alle Infusionen und Katheder von sich und kletterte (blutend) übers Bettgitter. Ich fand sie am Fenster, zitternd vor Furcht und Panik. Sie krallte sich an mich und wollte nicht alleine sein. Behutsam führte ich sie wieder ins
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