Suchtmittelkonsum und substanzbezogene Störungen bei Kindern und Jugendlichen in stationärer Jugendhilfe und Einschätzungen der Fachkräfte dazu
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- Jutta Fuchs
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1 Suchtmittelkonsum und substanzbezogene Störungen bei Kindern und Jugendlichen in stationärer Jugendhilfe und Einschätzungen der Fachkräfte dazu DHS Fachkonferenz Potsdam, Martina Schu Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbh, Köln
2 Gliederung Vorgehen Ergebnisse Befragung Jugendliche Ergebnisse Befragung Fachkräfte Folgerungen 1
3 Vorbemerkung Auftrag und Förderung der Studie: LWL-Koordinationsstelle Sucht Ein großer Dank gilt den Leitungen und Beschäftigten in den LWL- Jugendhilfeeinrichtungen und im Landesjugendamt, ohne deren aktive und konstruktive Mitwirkung diese Untersuchung nicht hätte realisiert werden können. Danke! 2
4 Befragungen 9/ /2013 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren: Vollerhebung in drei stationären Jugendhilfeeinrichtungen des LWL sofern Zustimmung der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten vorlag N = 91 (39 %); 67 % und 33 % Jahre; 51,6 % männlich fragebogengestützte Interviews (65 Fragen) vor Ort plus ergänzende schriftliche Befragung (1 Seite mit 32 Fragen) Vergleichbarkeit zu anderen Studien! anonyme schriftliche Befragung aller Fachkräfte in den Einrichtungen N = 65 Fachkräfte (40 %); 61,5 % weiblich und 38,5 % männlich, 38,5 % bis 29 Jahre und 41,5 % 30 bis 45 Jahre, 25 % leitend tätig 16 Fragen zu Einschätzungen, Einstellungen, Interventionen 3
5 Nikotin und Alkohol Jugendliche in stat. Jugendhilfe beginnen 3 Jahre früher zu rauchen (Ø 11,4 J.), fast 3x so viele wie in der Drogenaffinitätsstudie der BZgA haben jemals geraucht, etwa 5x so viele rauchen ständig, 6x so viele so viele rauchen täglich und 10x so viele stark (10 Zigaretten und mehr/tag), auch die Jüngeren. Mädchen! Regelmäßiger Alkoholkonsum 13,6 11,0 stat. JH 8,5 14,2 9,9* BZgA insgesamt weiblich männlich 18,2 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 29,7 40,9 stat. JH 19,1 Tägliches Rauchen 4,8 Tägliches Rauchen 5,2 BZgA 4,5 Jugendliche in stat. Jugendhilfe haben öfter Alkohol probiert, Jungen trinken weniger und weniger regelmäßig, aber Mädchen in stat. JH deutlich mehr und regelmäßig als in der BZgA- Studie bis hin zu viel häufigeren krankenhausbehandlungsbedürftige Alkoholintoxikationen. 4
6 Drogenkonsum ,5 31,8 Jugendliche in stat. JH haben 4x öfter: Drogen probiert, in den letzten 12 Monaten und in den. letzten 30 Tagen konsumiert. Mädchen sind wieder stärker belastet ,4 20,9 20,5 21, ,2 5,1* 9,1 4,9 stat. JH BZgA stat. JH BZgA Lebenszeitprävalenz 12-Monats-Prävalenz insgesamt weiblich männlich 3,1* 6,6 5
7 Cannabis 30-Tages-Prävalenz ,6 8 8,8 6 6, LWL 1,9 1,2 BZgA 2,5 insgesamt weiblich männlich 6
8 Computer-Nutzung, Glücksspiel etwa 9 von 10 Jugendlichen spielen Computerspiele (30-Tages-Präv.), überwiegend offline, im Mittel gut 2 Std. pro Gelegenheit (Jungen häufiger und länger), am meisten Sport-, Adventure-/Rollen- und Jumpand-run-Spiele 80 % sind in sozialen Netzwerken unterwegs (Mädchen mehr und länger) 11 % der Jugendlichen fällt es nach eigenen Angaben häufig oder sehr häufig schwer, mit dem Internetgebrauch aufzuhören (21 % ab und an) fast keine Teilnahme an Glücksspielen mit Geldeinsatz (n = 1) 7
9 Suchtbezogene Hilfen 39,6 % der Jugendlichen kennen Sucht- oder Drogenberatungsstellen, 19,8 % kennen (ambulante) Psychotherapie drei Mädchen (3,3 % aller Befragten und 6,8 % der Mädchen, kein Junge) hatten in Zusammenhang mit ihrem Suchtmittelkonsum ein Hilfeangebot genutzt (Alkohol, Rauchen) Falls man Hilfe suchen würde: Wie? 53,8 % Internet 17,6 % Betreuungspersonen im Wohnheim 13,2 % Familienmitglieder 8
10 Gewalterfahrungen 69,2 % waren schon einmal Opfer von Körperverletzung oder Misshandlung, davon 17,5 % in den letzten Monaten vor der Befragung. 39,6 % der Jugendlichen berichteten von Gewalt in der Familie 58,2 % haben bereits selbst Gewalt ausgeübt, davon 49,1 % in den letzten Monaten (Tatverdächtige Körperverletzung Allgemeinbevölkerung J.: 2 %, BKA 2013) 29,7 % der Befragten sind schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten: 38,3 % der Jungen und 20,5 % der Mädchen (bundesweit Jährige: 8 %, BKA 2013) 9
11 Psychische Situation (stat. JH) Allgemeinbev.: 84 % 56,7 70, ,9 Normbereich 8 % 26,7 37,2 17,0 Leichte psychische Probleme 12,2 14,0 10,6 4,4 4 % 2 % Mittelschwere psychische Störung insgesamt weiblich männlich 7,0 2,1 Schwere psychische Störung 10
12 Befragung Fachkräfte 11
13 Befragung Fachkräfte 65 von 164 (39,6 %) Fachkräften nahmen teil 61,5 % weiblich und 38,5 % männlich 38,5 % der Befragten war bis 29 alt 41,5 % zwischen 30 und 45 Jahren ein Fünftel älter als 45 Jahre 55,4 % haben Sozialarbeit/-pädagogik studiert 24,6 % sind Erzieher/innen ein Viertel der Befragten ist in leitender Funktion tätig 12
14 Bereitschaft und Beispiel 90,5 % der Fachkräfte sind bereit, mit suchtgefährdeten Jugendlichen zu arbeiten und sich mit suchtbezogenen Themen auseinanderzusetzen 92,1 % sehen auch bei den Kolleginnen und Kollegen die Bereitschaft, sich auf konsum- bzw. suchtbezogene Probleme einzulassen. Einsteigesalter: 51,6 % sehen es als Aufgabe der Jugendhilfe an (und 29,7 % eher ), auf einen möglichst späten Einstieg in den Konsum von Suchtmitteln hinzuwirken. Vorbildfunktion: 85,6 % der Befragten finden es wichtig, bzgl. des Rauchens und 95,4 % bzgl. des Alkoholtrinkens mit gutem Beispiel voranzugehen. 13
15 Einschätzungen zum Konsum 60,0 Einschätzungen der Fachkräfte 50,0 48,6 40,0 30,0 32,2 26,2 20,0 10,0 0,0 13,0 6,0 Tabak Computer u.ä. Alkohol* Cannabis Konsum problem Spielen problem. Konsum problem. Konsum problem. Konsum Spielen Konsum Konsum 4,2 6,5 2,1 14
16 Einschätzungen FK vs. Angaben KiJu 80,0 70,0 60,0 69,2 65,9 Schätzung der Fachkräfte Angaben der Jugendlichen 50,0 48,6 49,5 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 13,0 29,7 32,2 6,0 22,0 Tabak Computer u.ä. Alkohol* Cannabis Konsum problem Spielen problem. Konsum problem. Konsum problem. Konsum Spielen Konsum Konsum 26,2 4,2 15,4 6,5 20,9 2,1 7,7 * Rauschtrinken: 15,4 %, Krankenhauseinlieferung wegen Alkoholintoxikation: 7,8 % 15
17 Aktivitäten/Interventionen der Fachkräfte personale Aufklärungsmaßnahmen bzgl. der Jugendlichen im letzten Jahr: 49 % Informationen zu Suchtmitteln 23 % Beratung 43 % motivierende Gespräche 20 % pädagogische Suchtberatungsgespräche 12 % berichten davon, Eltern/Bezugspersonen sensibilisiert zu haben 5 % von Elterngesprächen zu Konsum-/Suchtthemen 98,3 % der Fachkräfte sprechen Jugendliche an, wenn sie Suchtmittelkonsum oder suchtbezogene Verhaltensweisen wahrnehmen! 16
18 Fortbildung(sbedarf) 15 % der Befragten haben in den letzten 5 Jahren Fortbildung zu suchtbezogenen Themen genutzt, vor allem Leitungskräfte 51,6 % berichten von regelmäßigem Austausch über Suchtthemen, 30,8 % von einer Reflexion suchtbezogener Aspekte in Gesamtteam 90,8 % befragte Fachkräfte wünschen sich mehr Kenntnisse zu suchtbezogenen Themen (Fachliteratur, Fortbildungen), 84,4 % mehr Reflexion dazu im Team, mehr Regeln in der Einrichtung und mehr Kooperation mit Suchthilfe 17
19 Kontakt mit Suchthilfe Etwa ein Viertel der Befragten hatten schon mal mit Suchthilfe zu tun, i. d. R. im Kontext konkreter Probleme mit Konsum (meist von Alkohol) und der Vermittlung von Jugendlichen in Beratung, Klinik. Wo doch sind die Erfahrungen mal gut, mal wurde Desinteresse von Seiten der Suchthilfe festgestellt. Zweifel, ob Suchthilfe dieses Klientel will. 18
20 Kooperation mit Suchthilfe (potentieller) Stellenwert von Kooperationselementen für die Befragten 0% 20% 40% 60% 80% 100% tatsächlich umgesetzt: Vermittlung an SH (n = 65) 92,3 7,7 4 Personen (6 %) Co-Beratung (n = 65) 87,7 10,7 5 Personen (8 %) Gemeinsame Aktionen (n = 65) 84,6 13,8 4 Personen (6 %) Kollegiale Beratung (n = 64) 82,8 10,9 6,2 4 Personen (6 %) TN an AK mit SH (n = 65) 56,9 36,9 6,2 niemand Hospitation in SH-Einr. (n = 65) 41,5 58,5 1 Person (eher) wichtig in % (eher) unwichtig in % weiß nicht in % 19
21 Fazit Suchtbezogene Probleme sind in der Jugendhilfe keine Ausnahme und kein Randthema, dazu bestehen weitere psychische Auffälligkeiten. Beides gilt besonders für Mädchen! Problematischer Konsum (von Suchtmitteln, Spielen, PC ) ist ein Risikofaktor für die Persönlichkeitsentwicklung und häufig mit weiteren Problemen verbunden. Die Beschäftigung mit Suchtgefährdung ist also notwendiger Teil eines ganzheitlichen Blicks und die Bereitstellung entsprechender Hilfen gehört zur Abwendung von Gefahren und Schäden zwingend zu den pädagogischen Aufgaben der Jugendhilfe. Die Jugendlichen kamen vor der stationären Unterbringung in Kontakt mit Suchtmitteln (und mit Gewalt ), vielfach (auch) im Elternhaus. Oft vor der aktuellen Erziehungshilfe, (mehrere) amb. und stat. Jugendhilfemaßnahmen, aber kaum suchtbezogen Hilfe (3 %). Suchtgefährdung und -entwicklung werden über einen längeren Zeitraum bzw. wiederholt nicht wahrgenommen bzw. keine entsprechenden Hilfen hinzugezogen. 20
22 to do in der Jugendhilfe Jugendhilfeeinrichtungen brauchen entsprechende Aufträge, aber auch Ausstattung, Personalentwicklung, Reflexion, QS: Leitlinien, Konzepte aktive Haltung Qualifizierung und Reflexion Instrumente (Screening, Anamnese ) Interventionsmodell, Methoden (pädagogische Suchtberatung, motivierende Gesprächsführung, Co-Beratungen, institutionsübergreifende Fallbesprechungen ) Kooperation und Vernetzung Landesjugendamt und LWL-Koordinationsstelle Sucht können durch Bereitstellung von Fortbildungen, Interventionsprogrammen, Instrumenten, Organisationsberatung etc. unterstützen ( und viele andere Stellen). 21
23 to do im Weiteren Zentrale Rolle von Jugendamt/ASD: Wahrnehmung von Suchtgefährdung in den Familien (Eltern und Kinder und Jugendliche). Grundsätzlich Einbezug von Suchtaspekten in Anamnese/sozialpädagogische Diagnose und Hilfeplanung, aktives Ansprechen von Konsumund Suchtthemen, Qualifizierung der Beschäftigten, Übernahme von Interventions- und Überleitungsverantwortung, ggf. mit (direktiver) Einleitung von adäquaten Hilfen. Verankerung o. g. Aspekte über Instrumente und Qualitätsstandards. Beauftragung der Jugendhilfe und Weiterentwicklung von (Standards, Instrumente, Anamnesen, Interventionen, Reflexion, Fortbildung) Kooperation und Vernetzung u. a. mit Suchtprävention, Suchthilfe, Kinder- und Jugendpsychiatrie (vgl. LWL, 2011). 22
24 Download der Studie Arbeitsfelder und Projekte Jugendhilfe und Publikationen publikationen/fs_sonderband8_fogs-studie.pdf 23
25 Kontakt Martina Schu FOGS Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbh Prälat-Otto-Müller-Platz Köln schu@fogs-gmbh.de Doris Sarrazin Landschaftsverband Westfalen- Lippe, LWL-Koordinationsstelle Sucht Warendorferstr Münster doris.sarrazin@lwl.org 24
26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 25
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