Erfahrungsbericht Venedig WS 2010/2011

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1 Erfahrungsbericht Venedig WS 2010/2011 Persönliche Daten: Julia Schenk B.A. Sprache und Kommunikation Gastuniversität: Università Ca Foscari Venezia Vor dem Aufenthalt in Venedig: Nachdem ich mich für ein ERASMUS- Aufenthalt in Italien entschieden hatte, ging es darum die passende Universität für mein Studienfach zu finden, um die Wahl im Motivationsschreiben zu begründen. Dazu schaut man sich die Homepages der verschiedenen Uniseiten sowie die jeweiligen Vorlesungsverzeichnisse an. Zu der Zeit sind nur die Vorlesungsverzeichnisse vom vorigen Semester veröffentlicht, aber meist ist das Angebot sehr ähnlich. Die Homepage der Universität in Venedig ist folgende: Als ich für Venedig genommen wurde, musste ich genauer mit dem Vorlesungsverzeichnis der Uni arbeiten, um mir mein Learning Agreement zusammenzustellen. Für Erasmusstudenten ist es möglich Kurse aus allen vier Fachbereichen (Facoltà) zu wählen. Meine Kurse wählte ich aus den Fachbereichen Lettere e Filosofia und Lingue e Letterature Straniere. Dabei musste ich drauf achten nur Kurse aus dem Wintersemester (1. und 2. Periode) zu nehmen, da das Vorlesungsverzeichnis schon für das ganze akademische Jahr veröffentlicht wird und es in Italien in vier Perioden eingeteilt ist, ich aber nur ein Semester dort war. Nachdem ich in Marburg alle Unterschriften meiner Professoren zusammen hatte, schickte ich das Learning Agreement zusammen mit einem Anmeldeformular, einem Transcript of Records, einer Kopie meines Ausweises und zwei Passbildern nach Venedig. Dort sollte es ebenfalls unterschrieben werden und vor meiner Ankunft in Venedig wieder an mich zurückgeschickt werden. Da meine Fachbereichskoordinatorin in Venedig zu der Zeit allerdings im Urlaub war (obwohl ich das LA bereits im Mai abgeschickt hatte), konnte ich es erst bei Beginn meines Auslandaufenthaltes unterschreiben lassen und wieder zurückschicken. Alles Weitere gab aber keine Probleme. Unterkunft: Die Suche nach einer Unterkunft gestaltete sich recht schwierig, da die meisten lieber für ein ganzes Jahr vermieten, als nur für ein halbes. Ich hatte schon von

2 zuhause aus angefangen im Internet zu suchen, jedoch ohne Erfolg. Daher reservierte ich mir für die erste Woche ein Zimmer in einer Jugendherberge in Venedig (Domus Civica). Als positiv stellte sich heraus, dass auch die meisten der anderen Erasmusstudenten, die mit mir den Sprachkurs in diesen ersten Wochen besuchten, in dieser Jugendherberge untergebracht waren und ich somit schon schnell Kontakte knüpfen konnte. Negativ daran war, dass wir dort keine Küche und somit keinen Kühlschrank und ferner keine Waschmaschine nutzen konnten. Da ich es nicht schaffte innerhalb dieser Woche eine andere Unterkunft zu finden, musste ich zunächst bis zum Ende des Monats August verlängern, was zusätzliche Kosten bedeutete. Ich erweiterte meine Suche dann auch auf das Festland und fand letztendlich über das Internet bei ein günstiges Einzelzimmer in einer Wohnung in Spinea, wo ich mit einer Italienerin in meinem Alter zusammen wohnte. Von dort musste ich allerdings jeden Tag 30-40min mit dem Bus nach Venedig fahren. Aber eine entsprechend billige Variante in Venedig gab es nunmal nicht. Für mein Italienisch erwies es sich als sehr hilfreich mit einer Italienerin zusammenzuwohnen und sie und ihre Familie haben mir während meiner Zeit in Italien sehr geholfen, mich zurecht zu finden. Einige Erasmusstudenten sind über die ganze Zeit im Domus Civica geblieben, da die Jugendherberge ab September ein Wohnheim für Studentinnen ist. Dann bekommt man dort auch Essen und kann die Küche nutzen. Im Gegenzug hat man einmal im Monat einen Dienst. Doch auch diese Variante wäre ziemlich teuer gewesen. Allgemein muss man sich immer im Klaren sein, dass häufiger Doppelzimmer angeboten werden als Einzelzimmer und die Wohnungen in Venedig teuer sind. Es gibt auch ein Studentenwohnheim von der Uni, die einige Plätze für Erasmusstudenten frei halten. Darüber kann man sich bei der Seite vom E.S.U. (Ente per il Diritto allo Studio) informieren. Als ich dort im Mai nachgefragt hatte, waren allerdings schon alle Plätze vergeben. Bei Nachfrage im International Relations Office bekommt man aber auch eine weitere Liste mit Unterkünften für eine Übergangszeit oder länger. Studium: Ein Monat vor Studiumsbeginn war ich bereits in Venedig, um dort einen Sprachkurs (EILC) zu absolvieren. In diesem Kurs wurden zwar meiner Meinung die mündlichen Sprachkompetenzen etwas zu wenig gefördert, aber es war für den ersten Kontakt

3 bereits sehr hilfreich. Hier habe ich den Großteil meiner Freunde kennengelernt, mit denen ich später am meisten zu tun hatte. Vor dem eigentlichen Beginn veranstaltete die Universität drei Welcome Days, um über Angebote an der Uni zu informieren und eine Führung durch die Bibliotheken anzubieten. Außerdem konnte man hier auch italienische Studenten der Universität kennen lernen, die einem zur Hilfe stehen würden bei Fragen. Dies gehörte zum Meet a Mate Programme und schon vor Ankunft in Venedig war es möglich sich aus einer Liste einen Mate auszusuchen und per anzuschreiben. Nach diesen Einführungstagen begann die erste Periode des Semesters und anschließend hatte ich bereits im November meine ersten Klausuren. Da ich nur eine geringe Eingewöhnungszeit hatte und das Lern- und Lesepensum ziemlich viel war, hatte ich zunächst große Schwierigkeiten mit dem Lernen auf italienisch (der Großteil meiner Kurse war auf italienisch). Vorallem konnte ich mich bis zum Ende nicht daran gewöhnen, dass es nur solche Vorlesungen gab, in denen der Professor 90min am Stück redete und die Studenten ohne Hilfe von Power Point Präsentationen einfach nur mitschreiben mussten. Die Italienier beherrschten diese Tätigkeit sehr gut, aber da ich während der Vorlesung auch nicht immer alles verstanden habe aufgrund der fremden Sprache, kam ich nicht so gut damit zurecht. Von den Professoren konnte man auch nur bedingt Hilfe erwarten. Dennoch war es immer gut sich ihnen zumindest mal als Erasmusstudent vorzustellen, damit sie mein Gesicht kannten. In der zweiten Periode war ich dann schon etwas eingespielter, aber die Arbeit war vergleichsweise immer noch kaum schaffbar. Daher war ich ziemlich glücklich, dass ich am Ende doch tatsächlich alle Klausuren bestanden hatte. Vom International Relations Office konnte man immer Hilfe erwarten und die Mitarbeiterinnen dort waren auch immer sehr lieb und freundlich. Man musste allerdings vorher einen Termin vereinbaren. Bei kleineren Fragen standen die Mitarbeiterinnen aber immer per kontakt mit Rat zur Seite und haben immer sofort geantwortet. Außerdem bekam man am Anfang vom Office eine Broschüre, in der viele hilfreichen Tipps zu finden waren und die wichtigsten Fragen beantwortet wurden, auch was das Leben in Venedig anging. Alltag und Freizeit: Wie bereits erwähnt wohnte ich auf dem Festland und musste daher jeden Tag mit dem Bus nach Venedig fahren. Dafür eignete sich ein Abonnement der Imobkarte,

4 die man sich als Einwohner Venedigs für 10 Euro erstellen lassen kann. Um sowohl die Busse auf dem Festland bis Mestre (für Spinea musste ich noch einen Aufpreis bezahlen), als auch die Vaporetti in Venedig nutzen zu können, bezahlte man pro Monat 24 Euro. In der Uni gestaltete es sich gelegentlich etwas schwer Kontakt mit den anderen Studenten zu schließen, weil ich in jedem Kurs mit anderen zusammen saß und ich den Eindruck hatte, dass dort jeder mehr für sich war. Auch war ich in den meisten Kurse die einzige Erasmusstudentin. Es fand sich aber dann doch meist noch eine nette Person, die sich dazu bereit erklärte mir beim Lernen etwas zu helfen. Abends traf man sich im Sommer immer auf dem Campo San Margherita oder an der Rialtobrücke, um gemeinsam einen Spritz zu trinken, was das berühmte Getränk in Venedig darstellt und auch nur um die 2 Euro kostet. Auf diesen Plätzen traf man auch immer Erasmusstudenten. Gelegentlich wurden Museumsausflüge oder sonstige kulturelle Angebote vom International Relations Office angeboten, allerdings hätten diese meiner Meinung nach noch zahlreicher sein können. Schade war auch, dass die meisten Erasmusstudenten diese Angebote kaum genutzt haben. Sehr gut bei diesen Angeboten hat mir das venezianische Rudern gefallen, was auf jeden Fall eine Erfahrung wert war und viel Spaß gemacht hat. Ansonsten habe ich meine freie Zeit mit meinen Freunden, die ich dort kennen gelernt und sehr in mein Herz geschlossen habe, verbracht. Da es in Venedig selbst nicht viele Möglichkeiten zum Feiern gab, gingen wir entweder nach Mestre oder trafen uns zum kochen. In Mestre und Umgebung gibt es auch größere Shoppingcenters, in denen man gut einkaufen kann. Außerdem versuchten wir möglichst viel auch von anderen italienischen Städten in der Nähe zu sehen, die man mit dem Zug sehr gut erreichen konnte (z.b. Verona, Padova, Ferrara, Bologna, Firenze, Pisa, Lucca, Vicenza etc.). Diese Ausflüge waren immer das Highlight einer anstrengenden Uniwoche und auch eine schöne Ablenkung. Fazit: Venedig ist eine sehr schöne Stadt und jeden Morgen genoss ich es sehr mit dem Bus auf der Ponte della Libertà nach Venedig reinzufahren aufgrund des einmaligen Ausblicks, der sich einem bot. Außerdem hatte man immer sofort das Gefühl in einer anderen Welt zu sein, weil sich Venedig von seinem Flair so sehr von anderen

5 Städten unterscheidet mit den Wasserbooten, dem Canal Grande, den kulturellen Gebäuden, all den Brücken und dem Acqua Alta (Hochwasser). Durch das Acqua Alta im November bis Dezember gestaltete es sich manchmal zwar etwas schwierig in die Uni zu gelangen, aber es war auch eine interessante Erfahrung mit Gummistiefeln durch die Stadt zu waten. Natürlich befinden sich über das ganze Jahr verteilt immer zahlreiche Touristen in Venedig, wenn man sich aber nicht immer in der Nähe des Markusplatzes aufhält, kann man recht gut damit umgehen. Die Uni war schwieriger als ich erwartet hatte, da die Professoren so viel von einem verlangten. So konnte ich am Ende umso stolzer auf mich sein, dass ich alles recht gut gemeistert hatte. Das Leben in Venedig ist recht teuer, denn auch die billigsten Supermärkte wie BILLA und COOP kann man kaum mit den billigsten in Deutschland vergleichen. In der Stadt wurde es immer teurer je näher man sich dem Markusplatz näherte. Mein Italienisch hat sich während meines Auslandaufenthaltes auf jeden Fall sehr verbessert und ich bin sehr froh darüber, dass mir diese Möglichkeit gegeben wurde und ich diese Chance für prägende Erfahrungen nutzen konnte.