Film ist Wahrheit 24 mal in der Sekunde. JLG

Transkript

1 Film ist Wahrheit 24 mal in der Sekunde. JLG 1

2 Film ist... Erzählen in Bildern was passiert im nächsten Bild...? die Abfolge von Bildern Einstellung...Sequenz...Szene 2

3 I. Die Kamera Caméra Stylo (Alexandre Austruc 1948) Der Filmemacher schreibt seinen Film mit der Kamera wie ein Schriftsteller mit seinem Stift einen Roman schreibt. 3

4 Kameraeinstellungen Buch: einfache Skala Die Totale, Panorama Person oder Personengruppe ist ganz zu sehen und ein großer Teil ihrer Umgebung Die Halbtotale Person oder Personengruppe ist ganz zu sehen in ihrer unmittelbaren Umgebung 4

5 Die Halbnahe, Amerikanische Personen von Kopf bis zu den Knien, unmittelbare Umgebung ist zu erkennen, vom Kopf bis zum Pistolengürtel Die Nahe Personen mit Oberkörper, bis max. zum Bauchnabel, Umgebung gerade noch zu erkennen Die Großaufnahme, Detail Subjekt oder Objekt füllt das Bild völlig aus, evt. angeschnitten 5

6 Erzählhaltung der Kamera Buch: Erzählhaltungen A und B A) die beobachtende Kamera statisch oder durch Aktionen im Bild motivierte Kamerabewegung Zentralperspektive und Normaloptik B) die lebende Kamera auch die entfesselte Kamera (Karl Freund 20er Jahren), die expressionistische oder die autonome Kamera: Die Kamera agiert als eigenständiger Akteur. Perspektiven, die von der Zentralperspektive abweichen, Point of view shot (subjektive, Buch: Perspektiven, nach Spiel mdlvt), Overshoulder (Buch: Perspektiven Overshoulder), Schuss-Gegenschuss 6

7 die bewegte Kamera Kamerafahrten Dolly, Schienen, an Fahrzeugen (vgl. phantom ride), Kran Steadycam mit Gewichten austariert, glatte Bewegung z.bsp. beim Laufen Buch: Steadycam, Kranfahrt Handkamera seit Ende der 50er Jahre tragbare 16mm Kameras 7 7

8 ein neuer Stil im Dokumentarfilm direct cinema (USA) Leacock und Pennebaker, dramatische Momente werden mit einer beobachtenden, bewegten - aber unsichtbaren Kamera mitverfolgt: echt, lebendig, wahr und authentisch Buch: Handkamera, Wahlkampf JFK, cinéma vérité (F) Jean Rouch, nach Dziga Vertov, Autor und Kamera greifen in das Geschehen ein, Wahrheit wird unterhalb der nur abgebildeten Wirklichkeit gesucht. Man muss in die Wirklichkeit eingreifen, um zur Wahrheit vorzudringen. 8

9 Heute Videokameras, Handykameras, leicht, klein, günstig, allzeit bereit, Demokratisierung der Produktionsmittel, weniger Drehdisziplin Zoom (ab 50er Jahre) kontinuierlicher Wechsel der Einstellungsgrößen, ist wie eine Fahrt auf ein zweidimensionales Bild, weil sich die Perspektive nicht ändert Buch: Zoom, Zoom imitiert Kamerafahrt, Vertigo-Effekt 9

10 II. Schnitt/Montage die Schule von Brighton George Albert Smith (ab ca 1899), youtube: a kiss in the tunnel, Grandma s reading glass - subjektive und insert- Schnitt, oder die Maus in der Zeichenschule James Williamson the big swallow 1901, Erfinder der Parallelmontage, last minute rescue ( Angriff auf eine China- Mission )...dann: David W. Griffith (USA, ab 1908) Erfinder der Filmmontage, übernimmt die Experimente der Brighton school und entwickelt sie weiter, er entwickelt die Montage Regeln - das Continuity -System, das bis heute das narrative, realistische Erzählkino dominiert. 10

11 die Filmmontage ist... das aneinander Schneiden unterschiedlicher Einstellungen die zeitliche Organisation der Bilder die Rhythmisierung der Bilder Sinn entsteht aus der Beziehung der Bilder zueinander (youtube: Kuleshov-Effekt) Indikator der künstlerischen Handschrift 11

12 Das Kontinuitätssystem zur Perfektionierung der Illusion Vergessen machen, dass Film etwas Konstruiertes ist simuliert Natürlichkeit und Realismus einer Erzählung 180-Grad-Regel, Blickachsenanschluss Schuss-Gegenschuss-Verfahren Ellipse: Auslassungen werden durch Sehgewohnheiten der Zuschauer mit Sinn gefüllt, bzw. gar nicht bemerkt match cut: unmerklicher Schnitt durch gleiche Bewegung, Buch: match cut 12

13 Jump Cut Diskontinuität, Zerstört 1960 die heile Welt des continuity-systems durch Zerschneiden einer langen Sequenz durch Einfügen nicht passender Einstellungen durch Verletzung der 180 Regel, und andere Regeln des Continuity-Systems Buch: jump cut Dieser expressive Eingriff zerstört die Illusion, der Autor bringt sich als auktorialer Erzähler ein. (Autorenfilm: Eingriffe auch durch Text, auf Ebene der Tonspur. Allg.: Offenlegung der Mittel) 13

14 Assoziations- und Kontrastmontage assoziative Bilder oder Gegensätze aneinander schneiden, Montage der Attraktionen, Sergej Eisenstein (1923) Buch: Assoz. und Kontrastmontage Cross Cutting, Parallelmontage Rettung in letzter Sekunde, show down Buch: cross cutting, bei der Parallelmontage wird zwischen größeren Handlungslinien hin und her geschnitten, die zeitlich und räumlich weit auseinander liegen können Schachtelmontage eine verschachtelte Erzählung, etwa durch verschiedene Zeitebenen ( Rashomon ) oder auch ohne durchschaubare Ordnung ( pulp fiction, Mulholland drive ) 14

15 Die Kultur ist die Regel, die Kunst ist die Ausnahme. JLG Entdeckt hinter jeder Regel den Missbrauch. (Barthes über Brecht) Buch: 180 Regel, 15

16 Letter to my Friends to Learn how to Make Films Together I play You play We play At cinema You think there are Rules for the game Because you are a child Who does not yet know What is a game and what is Reserved for grownups Which you already are Because you have forgotten That it is a child s game What does it consist of There are many definitions Here are two or three Looking at oneself In the mirror of other people Forgetting and learning Quickly and slowly The world And oneself Thinking and speaking Odd game That s life by JLG 16