Naturschutz im Klimawandel
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- Gerrit Holzmann
- vor 7 Jahren
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1 Naturschutz im Klimawandel Dr. Kai Frobel Was können aktive Gruppen praktisch unternehmen? BN-Referat Arten- und Biotopschutz BUND Arbeitskreis Naturschutz Gießen
2 Materialien zum Thema 2
3 Klimawandel global 3
4 Hausgemachter Klimawandel 4
5 Wir nutzen mehr als uns zusteht Deutschland ist mit 3,5% am weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid beteiligt. Die Fläche Deutschlands macht gerade einmal 0,24% der Erdoberfläche aus. Der Ausstoß ist also 15mal größer als uns von der Fläche her zusteht. 5
6 Klimatische Veränderungen Deutschland wärmeres Klima nasseres Klima im Winterhalbjahr trockeneres Klima im Sommerhalbjahr Zunahme von Extremereignissen (Starkregen, Überschwemmungen, Hitzeperioden, Dürren, Stürme) interanuelle Schwankungen 6
7 Klimawandel: Prognosen Deutschland Sommer- und Winter-Niederschlag Niederschlag im Winter (links) und im Sommer (rechts) : prozentuale Änderung zwischen dem Zeitraum und dem Zeitraum für das Szenario A1B Skala: -50% bis + 50% Quelle: UBA
8 Klimazonenverschiebung Bei + 3 C um km nach Norden bis 2100 (European Environmental Agency) Aktuell beobachtet: 6 km / Jahr (Stern Report 2006) Prognostizierte Veränderungen der Fläche/ Vegetationszonen im Vergleich zum Bestand
9 Biologische Wirkungen Streifenwanze, Graphosoma italicum 9
10 Biologische Wirkungen Phänologische Veränderungen: früherer Blattaustrieb, Blühzeitveränderungen, Verlängerung der Vegetationsperiode Verhaltensänderungen: Veränderung Brutzeiten, Entwicklungszeiten Laichverhalten, Zugverhalten, Überwinterungsverhalten etc.) Veränderter Reproduktionserfolg/ veränderte Wachstumsraten. In der Folge: Veränderte Konkurrenzverhältnisse und Dominanzverhältnisse. Häufigkeitsveränderungen: negative oder positive Populationstrends 10
11 Biologische Wirkungen Genetische Veränderungen: Verlust genetischer Vielfalt infolge Rückgang von Individuen und später auch von Populationen Arealveränderungen: Rückgang/Ausbreitung Aussterben von Arten / Neueinwanderung In der Folge: Veränderte biologische Funktionsbeziehungen und ökologische Zusammenhänge (unterschiedliche Reaktion von Arten mit funktionalen Abhängigkeiten wie Pflanze und Bestäuber, Beute und Räuber). 11
12 Erste Auswirkungen, Bsp. Alpenraum 12
13 Alpen hot spot der Artenvielfalt in Europa Oberhalb Waldgrenze % europäischer Pflanzenvielfalt auf nur 3% der Fläche Europas viele Tierarten innerhalb Deutschlands auf Alpen beschränkt (Alpensteinbock, Alpenschneehuhn, Alpenbraunelle, Mauerläufer, Alpensalamander, Hochalpen-Apollo usw.). Für viele Arten letzte Rückzugsgebiete, z.b. Auer- und Birkhuhn.
14 Endstation Alpengipfel GLORIA: Global Observation Research Initiative in Alpine Environments Alpen von Klimaänderung besonders stark betroffen GLORIA -Projekt / Untersuchungen NP Berchtesgaden weisen Wanderbewegung von Arten nach, noch Erhöhung der Artenzahl in alpinen Rasengesellschaften, Verdrängung konkurrenzschwacher Arten wird befürchtet Höhenverschiebung: Bei +3 C um ca. 600 m in 100 Jahren Wandergeschwindigkeiten alpiner Arten: <50 Höhenmeter/ 100 J., nivale Arten nur ca. 10 m/ 100 J. Alpengipfel: kein Ausweichen nach oben möglich
15 Langfristige Veränderungen der Avifauna im Landkreis Coburg (Oberfranken) Brutvögel Avifauna Coburg 140 Gründe für positive Bestandsveränderungen Periode : 13 Arten: Schutzgebiete, Neuanlage von v.a. Feuchtgebieten Artenzahl Arten: jahrzehntelanges bundesweites Jagdverbot Arten: klimatisch günstigere 80er und 90er Jahre mit milden Wintern Zeitraum 15
16 Veränderungen der Libellenfauna Wiederholungskartierungen des BN Feuerlibelle aus dem Mittelmeerraum Obermaintal Vergleich 1987 / 2003: Zunahme und Neunachweise von 9 mediterranen Arten, Verlust von 8 boreomontanen Arten (SCHLUMPRECHT, STRÄTZ, FROBEL 2004) Kleine Moosjungfer Verlierer der Klimaänderung NW-Oberfranken, Vergleich 1980 / 2006: Boreale-nordische Arten wie Torfmosaikjungfer, Speer-Azurjungfer, Große Moosjungfer, Nordische Moosjungfer und Arktische Smaragdlibelle verschwinden sukzessive in Höhen unter 400m (BEYER 2007) 16
17 Verlierer Potenzielle Verlierer: Sibirische/ boreale/ alpine Arten, Kälte liebende Arten, Eiszeitrelikte Arten mit hoher Standorttreue und spezialisierung kleine isolierte Populationen und Arten mit begrenzter Verbreitung (Bergspitzen, Ränder der Kontinente etc.), Endemiten Arten mit eingeschränkter Mobilität Sich langsam reproduzierende Arten, Arten mit geringer Anzahl an Nachkommen Ökosysteme mit langer Entwicklungsdauer
18 und Kriegsgewinnler Potenzielle Gewinner: Mediterrane Arten, wärmeliebende Arten (im Mittelmeerraum selbst eher Gefährdung, weil es zu trocken wird) Euryöke und nährstoffliebende Arten Arten mit hohem Ausbreitungspotential Arten mit hoher/schneller Reproduktion Neophyten/ Neozoen
19 Alle reden vom drohenden Klimawandel Wir nicht: Borkenkäfer Zecke Malariamücke Maiszünsler 19
20 Starke Lebensraumverluste? Berggebiete: Temperaturerhöhung Quellen, Flüsse, Gletscher: veränderte Wasserführung, Sommertrockenheit, Temperaturerhöhung etc. Feuchtgebiete (regionale Unterschiede): veränderte Wasserverhältnisse, Austrocknen bei sommerlichen Hitzeperioden Meeresküsten: Anstieg Meeresspiegel
21 Vogelarten: Noch völlig offen, wie sich bei Langstreckenziehern Klimaänderungen im tropischen Überwinterungsgebiet auswirken! Biodiversitätsverlust Langstreckenflieger: Weißstorch 21
22 Biodiv & Klimawandel Veränderungen gab es in der Natur schon immer aber diesmal ist das Tempo atemberaubend! Arten haben zu wenig Zeit zur Anpassung Klima wandelt sich zu schnell Viele Arten der Roten Listen sind an kleinklimatische Sonderstandorte angepasst besonders betroffen Ökosysteme werden verwundbarer 22
23 Prognostizierte Biodiversitätsverluste % (weltweit) 5 30 % (Deutschland, BfN) Bis + 2 Grad halten sich in Deutschland Verluste und Zugewinne die Waage, darüber drastische Verluste (UFZ 2009) 23
24 Prognosen: Beispiele Verluste von Amphibienarten im Jahr 2050 Abstufung: 6-stufige Skala: je röter, desto größere Verluste Araújo et al. 2006, J. Biogeography 33: Mögliche Verlierer bei Trockenzeiten im Frühjahr: Gelbbauchunke (oben) Kreuzkröte (unten)
25 Prognosen: Beispiele Aktuelles (links) und künftiges simuliertes Verbreitungsgebiet des Fitis (Phylloscopus trochilus) in Europa, Simulation der künftigen Verbreitung für das HadCM3-Szenario (Huntley et al., 2008).
26 Prognosen: Beispiele Aktueller (links) und künftiger Vogelartenreichtum in Europa, simuliert, Simulation der künftigen Verbreitung für das HadCM3-Szenario (Huntley et al., 2008).
27 Prognose - Probleme Ausbreitungsgeschwindigkeiten von Arten oft nicht bekannt. Geschwindigkeit Klimaänderung aber wohl für viele Arten zu hoch. Bei wandernden Arten Klimafolgen in Winterquartieren schwer kalkulierbar. Die Flexibilität von Arten wie Lebensgemeinschaften hinsichtlich des Klimawandels ist unterschiedlich. Arten werden voraussichtlich sehr individualistisch, d.h. unterschiedlich reagieren! Eher unwahrscheinlich ist eine Wanderung von ganzen Pflanzengesellschaften, von Habitaten oder eine gemeinsame Wanderung von Arten in komplexen Funktionsbeziehungen. 27
28 Prognose Probleme: rudimentäres ökologisches Wissen um heimische Arten Ebenso sind lineare Veränderungen unwahrscheinlich. Es werden unerwartete negative wie positive Rückkopplungseffekte auftreten - und viele Überraschungen. It is extremely difficult to evaluate the influence of climatic factors on biological interactions involving more than two species. FORD, M.J. (1982): The changing climate: responses of the natural flora and fauna, London, p
29 Ausgerechnet noch der Klimawandel Erfolgreiche Anpassung braucht a) geeignete Habitate zum Einwandern und b) Arten müssen die Möglichkeit haben, diese zu erreichen. Der Klimawandel ist eine massive Zusatzbelastung in einer für viele Arten und Lebensräume schon kritischen Situation in einer Landschaft mit hohem Fragmentierungsgrad! bei Schweinfurt Itztal bei Coburg Niedermoor am Chiemsee Lech bei Schongau
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